Ausgabe 18 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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SOnDERBEiLAGE<br />
Gute Filme im Juli/August #7/2010<br />
Tradition und Moderne<br />
– was wäre das eine<br />
ohne das andere? Beide<br />
zusammen geben jedenfalls<br />
eine Menge Stoff<br />
für Filme. <strong>Das</strong> reicht<br />
locker für zwei Monate<br />
Kinoprogramm! Wir<br />
sehen uns im Schillerhof!<br />
Easy Virtue – Eine<br />
unmoralische Ehefrau<br />
Filmstart am 24. Juni<br />
England zwischen den Weltkriegen. Als<br />
John Whittaker mit seiner frisch angetrauten<br />
Frau Larita auf dem Landgut seiner<br />
angesehenen Familie auftaucht, macht<br />
sich bei seiner Mutter Veronica Entsetzen<br />
breit. Denn die ungestüme Amerikanerin ist<br />
nicht bloß aufregend hübsch und mondän,<br />
sondern auch intelligent, eloquent, raucht<br />
und fährt Rennwagen. Und damit eindeutig<br />
weder standesgemäß noch im altehrwürdigen<br />
Hause Whittaker willkommen.<br />
Krampfhaft versucht die von ihrem Sohn<br />
enttäuschte untadelige Lady Familie und<br />
Besitz zusammenzuhalten, um nach außen<br />
die Fassade zu wahren. In bestem Oxford-<br />
Englisch startet die distinguierte Grand<br />
Dame deshalb einen verbalen Angriffskrieg<br />
gegen die unerwünschte Schwiegertochter.<br />
Nur Mr. Whittaker, ein aus dem Krieg heimgekehrter<br />
Zyniker, scheint Laritas Ankunft<br />
allmählich zu amüsieren.<br />
Elliotts bissig-charmante Gesellschaftskomödie<br />
über den Niedergang einer Epoche<br />
– eine kluge Adaption des Theaterstücks<br />
von Noel Coward von 1924, dessen<br />
bissig-trockener Wortwitz an Oscar Wilde<br />
erinnert – hält trotz Slapstickeinlagen die<br />
Balance zwischen Satire und Romantic<br />
Comedy. Luitgard Koch<br />
Großbritannien 2008, Regie: Stephan Elliott, Darsteller:<br />
Jessica Biel, Kristin Scott Thomas, Colin Firth, Ben Barnes<br />
Kleine Wunder in Athen<br />
Filmstart am 22. Juli<br />
Nichts von typischer Griechenlandidylle mit<br />
strahlend blauem Himmel und weißer Architektur<br />
– die Stadt scheint in einen Dornröschenschlaf<br />
versunken und die Geschäfte von<br />
Kioskbetreiber Stavros und seiner Kumpel<br />
gehen schlecht. So sitzen er und seine<br />
Landsleute denn tagsüber vor ihren Läden,<br />
starren in die Luft, dampfplaudern, spielen<br />
Fußball oder lästern über die Fremden,<br />
insbesondere die Albaner.<br />
Als eines Tages ein Albaner aufkreuzt, der<br />
von Stavros dementer Mutter für ihren vergessenen<br />
Sohn, also seinen Bruder gehalten<br />
wird, stürzt Stavros in eine Identitätskrise.<br />
Dann fängt die Mutter beim Anblick des<br />
Fremden auch noch an, perfekt albanisch zu<br />
sprechen. Als Stavros mit seinen Kumpels ein<br />
Fußballländerspiel zwischen Griechenland<br />
und Albanien verfolgt, ist er sich schon nicht<br />
mehr sicher, für welche Seite er jubeln soll.<br />
Der Humor in dieser Komödie ist eher nachdenklicher<br />
Natur. Erst die Situation, selbst in<br />
die Rolle eines Albaners gedrängt zu werden,<br />
lässt Stavros seine von Vorurteilen geprägte<br />
Welt von einer anderen Seite betrachten. In<br />
Locarno wurde diese charmant vorgetragene<br />
Sicht 2009 mit dem Preis der ökumenischen<br />
Jury ausgezeichnet. Thomas Volkmann<br />
GR/DE 2009, Regie: Fillipos Tsitos, Darsteller: Antonis Kafetzopoulos,<br />
Anastasis Kozdine, Yorgos Souxes, Maria Zorba<br />
<strong>Das</strong> Lied von den<br />
zwei Pferden<br />
Filmstart am 8. Juli<br />
Mit ihrer „Geschichte vom weinenden<br />
Kamel“ brachte Byambasuren Davaa vor<br />
sechs Jahren das Leben der mongolischen<br />
Nomaden in die europäischen Kinosäle.<br />
Auch mit „Die Höhle des gelben Hundes“<br />
glückte ihr ein eindringliches Porträt über<br />
das Wandervolk in ihrem Heimatland, mit<br />
der mongolischen Steppe als eigentlichem<br />
Hauptdarsteller. Jetzt wagt die Regisseurin<br />
den Blick in die Stadt. Statt Jurten ragen<br />
Müllberge und endlose Plattenbauten in<br />
den Himmel. Sie zeigt Menschen, die sich<br />
auf der Suche nach etwas Verwertbarem<br />
durch die riesigen Müllfelder Ulan Bators<br />
wühlen. Davaas Protagonistin Urna aber<br />
macht sich auf in die Steppe, um das<br />
vergessen geglaubte „Lied von den zwei<br />
Pferden des Dschingis Khan“ zu fi nden.<br />
Ihre verstorbene Großmutter musste in den<br />
Wirren der chinesischen Kulturrevolution<br />
ihre geliebte Geige zerstören. Jetzt, 35<br />
Jahre später, können der Hals und der Kopf<br />
des Instrumentes neu zusammengesetzt<br />
werden, aber der Liedtext, der eingraviert<br />
werden soll, ist verschollen und Urna<br />
macht sich auf die Suche. David Siems<br />
DE 2009, Regie und Buch: Byambasuren Davaa, Darsteller: Urna<br />
Chahar-Tugchi, Hicheengui Sambuu, Chimed Dolgor<br />
Filmkritiken aus www.programmkino.de · Mit freundlicher Genehmigung der AG Kino. Fotos: Verleiher · Aufmachung: Panetta & Co. · www.panetta.de