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EDITION ANTAIOS Herbst 2009 - Sezession im Netz

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fis wendet. Der blaue reiter wurde 1995 gegründet<br />

und erscheint zwe<strong>im</strong>al <strong>im</strong> Jahr (siehe www.<br />

derblauereiter.de). Die aktuelle Ausgabe widmet<br />

sich der Metaphysik. Durch den irreführenden<br />

Untertitel »Wirklichkeiten hinter der Wirklichkeit«<br />

(seit wann gibt es mehrere Wirklichkeiten?)<br />

darf man sich nicht abschrecken lassen, der Rest<br />

ist solide, dem es allerdings nur selten gelingt,<br />

dem philosophischen Mainstream zu entkommen.<br />

Viele Beiträge haben einführenden Charakter<br />

(Was ist Metaphysik?) oder versuchen den<br />

Anschluß an Alltagsfragen (Was hat Reklame<br />

mit Metaphysik zu tun?). Hinzu kommen einige<br />

Rubriken, in denen Begriffe definiert werden<br />

und sich kurze Kolumnen finden. Natürlich darf<br />

das Spiel, dem Volk philosophisch aufs Maul zu<br />

schauen, indem man die Frisöse fragt, wie viele<br />

Wirklichkeiten es gibt, auch nicht fehlen. In der<br />

philosophischen Praxis werden Fragen beantwortet.<br />

Jedes Heft ist von einem Künstler gestaltet,<br />

was dazu führt, daß man auch mal danebenliegen<br />

kann, wie be<strong>im</strong> aktuellen Heft.<br />

Blaue Narzisse<br />

Ein kleines Jubiläum feiert diesen <strong>Herbst</strong> die<br />

Blaue Narzisse. 2004 gründeten Chemnitzer<br />

Gymnasiasten um Felix Menzel (der demnächst<br />

sein Studium als Medienwissenschaftler abgeschlossen<br />

hat und bei Edition Antaios ein Kaplaken-Bändchen<br />

über Medienrituale und Politische<br />

Ikonen veröffentlichte) diese poetisch-politische<br />

Schülerzeitung. Man veröffentlichte bald<br />

gegen zahlreiche Widerstände. Das damals von<br />

Menzel geäußerte Ansinnen, »zwischen den einzelnen<br />

Autoren und Schulen einen regen, konstruktiven<br />

Gedankenaustausch auch und gerade<br />

zwischen gegensätzlichen Anschauungen«<br />

zu etablieren, ging einigen Lehrern und städtischen<br />

Beamten zu weit. Den schreibenden Schülern<br />

wird »Rechtslastigkeit« vorgeworfen, der<br />

Vorwurf von Querverbindungen bis hin zur Abhängigkeit<br />

von diversen Parteien steht <strong>im</strong> Raum,<br />

der Verkauf des (tatsächlich stets aus eigenen,<br />

d. h. Schülermitteln finanzierten) Magazins soll<br />

unterbunden werden. Die jungen Männer und<br />

Frauen erfahren knallhart, was eine »Politkampagne«<br />

ist, es kommt sogar zu Schulverweisen.<br />

Für bundesweites Aufsehen sorgte zuletzt die<br />

spektakuläre Übermalung eines städtischerseits<br />

beauftragten Wandbildes des Künstlers und BN-<br />

Mitgründers Benjamin Jahn Zschocke.<br />

2006 geht die Narzisse online – und erfreut sich<br />

stets steigender Besucherzahlen. Das Selbstgedichtete<br />

der Anfangszeit ist seither weitgehend<br />

verschwunden, es gibt feste Redakteure und einen<br />

Autorenstamm von rund 60 Beiträgern zu<br />

politischen und kulturellen Themen. Schlagend:<br />

Die jungen Schreiber publizieren unter vollem<br />

Namen und zeigen in der jetzt erschienenen Jubiläumsausgabe<br />

sogar ihr Gesicht. Das ist – traurig<br />

genug – ein mutiger Schritt in unserem freien<br />

Land. Menzel spricht von seinem Projekt als<br />

»wichtigste konservative Nachwuchsschmiede<br />

für Journalisten in Deutschland.« Kontakt über:<br />

www.blauenarzisse.de oder Felix Menzel, Frankenberger<br />

Str. 136, 09131 Chemnitz.<br />

50. Todestag Arnolt Bronnen<br />

Er ist mehr als nur die Personifizierung der Wirrnisse<br />

der Intellektuellen <strong>im</strong> 20. Jahrhundert. Widersprüchlich,<br />

faszinierend, abstoßend: Arnolt<br />

Bronnen, der 64jährig am 12. Oktober 1959 in<br />

Ost-Berlin starb und seine Laufbahn als Kaufhausangestellter<br />

begann, war Anarchist, katholischer<br />

Konvertit, Nationalsozialist, Kommunist,<br />

ein Mitstreiter Brechts, Goebbels’ Günstling<br />

be<strong>im</strong> Rundfunk, Widerstandskämpfer in Österreich,<br />

Nachkriegsbürgermeister. Seine jüdische<br />

Herkunft ließ er gerichtlich widerlegen. Den Haß<br />

auf den jüdischen Zieh- oder Zeugevater brachte<br />

er 1920/22 auf Papier und Bühne. Er war Renegat,<br />

Opportunist und Provokateur, der »faschistische<br />

Piccolo« und die »Hyäne <strong>im</strong> Kinderzoo«.<br />

Er schockierte mit expressionistischen Theaterstücken<br />

und sexualneurotischen Exzessen, störte<br />

mit SA-Männern Thomas Manns Deutsche Ansprache<br />

in Berlin, ließ weiße Mäuse während<br />

der Kino-Premiere von Im Westen nichts Neues<br />

auf das Publikum los und fand in der DDR sein<br />

Gnadenbrot als Theaterkritiker. Er veröffentlichte<br />

1929 den wohl wichtigsten rechten Agit-<br />

Vermischtes<br />

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