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Das Textbuch des Gottesdienstes

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Grenzenlos glauben - Nähe erfahren<br />

Grenzerfahrungen von Betroffenen<br />

Maria Rothe: Diese Krankheit meines Mannes bedeutet für uns beide: Abschied<br />

von Selbstständigkeit und Selbstverständlichkeiten z.B.: Aufgabe <strong>des</strong> Berufes und<br />

der Kontakte mit anderen Menschen.<br />

Sigrid Flocken: Wir als Angehörige müssen oft kämpfen und uns zwangsläufig<br />

stark einschränken. Aber wir müssen versuchen, unsere Selbstständigkeit zu<br />

erhalten.<br />

Maria Rothe: Ja, aber wir werden immer abhängiger, wenn wir auf Hilfe<br />

angewiesen sind. Nicht mehr selbst planen zu können, kann das eigene Selbstbild<br />

zerstören.<br />

Sigrid Flocken: Wir müssen lernen, uns helfen zu lassen.<br />

Maria Rothe: Ich habe mich aus der Öffentlichkeit und aus der Gemeinschaft<br />

zurückgezogen, weil ich mich für die unhöflichen Ausfälle meines Mannes<br />

verantwortlich fühle. Er kritisiert z.B. aggressiv andere Menschen und sagt: Ihre<br />

Haare sind sehr hässlich!<br />

Sigrid Flocken: Natürlich ist das peinlich. Aber trotz aller Aggression, die der<br />

Kranke zeigt, dürfen wir nicht vergessen, dass es sich um einen liebenswerten<br />

Menschen handelt, der wie wir Ängste und Gefühle hat - auch wenn er sie nicht<br />

immer angemessen äußert.<br />

Als gut erzogene Erwachsene haben wir aber viel an Ehrlichkeit verloren.<br />

Versuche auch auf dein Gefühl zu hören, das ist wichtig! So können wir viel von<br />

den Kranken lernen.<br />

Maria Rothe: Ja, aber ich habe immer ein schlechtes Gewissen. Ich liebe<br />

meinen Mann, er braucht mich, und doch bin ich ungerecht und ungeduldig.<br />

Sigrid Flocken: Maria, jede Lebensphase ist auch von Kompromissen geprägt.<br />

Es gibt kein goldenes Zeitalter – nicht die Kindheit noch Jugend, auch nicht das<br />

Alter.<br />

Du bist letztlich nicht für das Glück deines Mannes verantwortlich.<br />

Maria Rothe: Aber es ist mein Wunsch, dass die Menschen nicht vor meinem<br />

Mann und mir auf die andere Straßenseite wechseln, weil wir ihnen lästig sind.<br />

Ich brauche auch keine guten Ratschläge, wie: „Nun denken Sie aber auch mal an<br />

sich!“<br />

Sigrid Flocken: Wenn wieder mal jemand zu dir sagt, dass du auch mal an dich<br />

denken sollst, sag ihm:<br />

„Ich kann nur an mich denken, wenn auch Sie an mich denken, wenn Sie<br />

kommen und meinem Mann oder meine Schwester für zwei Stunden betreuen.<br />

Dann verspreche ich Ihnen, in diesen zwei Stunden an mich zu denken, beim<br />

Schwimmen oder beim Spazieren gehen. Und ich werde auch an Sie denken –<br />

voller Dankbarkeit für ihre Hilfe!“.<br />

<strong>Textbuch</strong> 25. September 2006 Seite 3

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