Heft 11 (2008): Qualität in der Stadtplanung - Planersocietät
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Wie lässt sich <strong>der</strong> Erfolg e<strong>in</strong>er<br />
Geschäftsstraßengestaltung messen?<br />
Wie muss e<strong>in</strong>e Geschäftsstraße aussehen, damit Kunden sie als angenehm empf<strong>in</strong>den? Lässt sich die Wirkung von Umgestaltungen<br />
schon im Vorfeld abschätzen? Welche Wirkung haben Straßenräume mit e<strong>in</strong>er hohen Ausstattungsdichte gegenüber<br />
aufgeräumten Straßen? Innerhalb e<strong>in</strong>er DSSW-Studie wurden hierzu Methoden entwickelt und empirisch getestet.<br />
Die Schaffung von Aufenthaltsqualität<br />
und Atmosphäre trägt wesentlich zur<br />
Standortprofilierung im E<strong>in</strong>zelhandel bei.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Shopp<strong>in</strong>g-Center wird offenkundig<br />
viel Wert auf die Schaffung von<br />
solchen <strong>Qualität</strong>en gelegt und auch Immobilien-<br />
und Standortgeme<strong>in</strong>schaften<br />
streben <strong>in</strong> vielen Fällen als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten<br />
Maßnahmen e<strong>in</strong>e Aufwertung <strong>der</strong><br />
Gestaltung des öffentlichen Raums an.<br />
Hält man sich diese Vorgehensweisen vor<br />
Augen verwun<strong>der</strong>t es im Umkehrschluss<br />
nicht, dass unter Lagedefiziten oftmals<br />
auch Gestaltungsdefizite zu verstehen<br />
s<strong>in</strong>d. Viele 1b und 2er Lagen haben mit<br />
Problemen <strong>der</strong> überbordenden Werbung<br />
und Warenpräsentation im Straßenraum<br />
zu kämpfen. Die Überzeugung von E<strong>in</strong>zelpersonen,<br />
dass e<strong>in</strong>e Überfrachtung<br />
mit Werbebotschaften kontraproduktiv<br />
wirkt, erfolgte bislang mit eher weichen<br />
Argumentationsl<strong>in</strong>ien, welche aber zumeist<br />
auf Attribute wie „Geschmack“<br />
o<strong>der</strong> „Ästhetik“ aufbauen. Daher stellte<br />
sich im Rahmen e<strong>in</strong>er Untersuchung<br />
für das DSSW die Frage, <strong>in</strong>wiefern die<br />
<strong>Qualität</strong> e<strong>in</strong>er Straßenraumgestaltung<br />
objektiv messbar ist und welche Effekte<br />
unterschiedliche Ansätze <strong>der</strong> Gestaltung<br />
auf die Nutzer bzw. Kunden haben.<br />
Analyse <strong>der</strong> Wirkungen<br />
von Umgestaltungen<br />
Verschiedene Bewertungsansätze wurden<br />
von <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Workshop mit Experten<br />
aus den Bereichen Werbewirkungsforschung,<br />
Architekturpsychologie und<br />
Wahrnehmungsforschung sowie Landschaftsarchitektur<br />
und <strong>Stadtplanung</strong><br />
diskutiert. In <strong>der</strong> Pilotstadt Korbach<br />
(Hessen) wurden nach e<strong>in</strong>er umfassenden<br />
Bestandsaufnahme <strong>in</strong> mehreren<br />
Beispielräumen möglichst unterschiedliche<br />
straßenräumliche Situationen<br />
erfasst und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt<br />
verschiedene Umgestaltungsvarianten<br />
entworfen und visualisiert. Auf Basis<br />
dieser Visualisierungen erfolgte e<strong>in</strong>e<br />
Analyse <strong>der</strong> Wirkungen <strong>der</strong> Umgestaltungen.<br />
Kernpunkt waren Befragungen<br />
von Testpersonen sowohl <strong>in</strong> Korbach<br />
selbst als auch mit Kontrollgruppen<br />
welche die überprüften Bereiche nicht<br />
kannten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wurde e<strong>in</strong>e Methodik<br />
entwickelt, mit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>e Wahrnehmungseffekte<br />
durch e<strong>in</strong>e softwaregestützte<br />
Analyse von beson<strong>der</strong>en<br />
Aufmerksamkeitsbereichen ermittelt<br />
werden konnten. Diese lehnt sich an Methoden<br />
<strong>der</strong> Werbewirkungsforschung an.<br />
Wichtigstes Ergebnis <strong>der</strong> Studie ist zunächst<br />
die Tatsache, dass es durchaus mit<br />
vertretbarem Aufwand möglich ist, die<br />
Gefallenswirkung e<strong>in</strong>er Geschäftsstraße<br />
im Status Quo wie auch im Entwurf abzuprüfen.<br />
Weiterh<strong>in</strong> kann nachgewiesen<br />
werden, dass die Wahrnehmung und<br />
Nutzung des öffentlichen Raumes <strong>in</strong><br />
hohem Maße durch dessen Gestaltung<br />
bee<strong>in</strong>flusst wird. Passanten und Kunden<br />
empf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e überbordende Ausstattung<br />
von Geschäftsstraßen, etwa mit<br />
Werbeträgern und Straßenmöbeln, als<br />
unangenehm, überladen und oft auch sicherheitsgefährdend.<br />
Aufgeräumte Straßenräume<br />
steigern das gefühlte Preisniveau<br />
und wirken sich auf die allgeme<strong>in</strong>e<br />
Konsumbereitschaft aus. Werbeelemente<br />
erzielen nur bis zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Punkt <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung e<strong>in</strong>en jeweils<br />
höheren Wirkungsgrad. Daher wird für<br />
viele Kunden die e<strong>in</strong>zelne Werbebotschaft<br />
lediglich als H<strong>in</strong>tergrundrauschen<br />
wahrgenommen und geht nicht <strong>in</strong> die<br />
aktive Wahrnehmung mit e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Werbelementen könnte daher<br />
aus dem Straßenraum herausgenommen<br />
werden, ohne dass es zu Umsatze<strong>in</strong>bußen<br />
kommt. Die Studie liefert e<strong>in</strong>e Argumentationshilfe<br />
für den Umgang mit<br />
Son<strong>der</strong>nutzungen und Werbeanlagen,<br />
welche auf wichtigen empirischen Erkenntnissen<br />
beruht. Die Reaktionen <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>zelhändlerschaft aus <strong>der</strong> Pilotstadt<br />
Korbach zu den Ergebnissen s<strong>in</strong>d äußerst<br />
positiv: Durch die objektive Bewertung<br />
<strong>der</strong> Gestaltungssituationen wurden<br />
Politik und Händlerschaft aufgerüttelt.<br />
Sie wollen nun selbst aktiv werden. Die<br />
Anzahl <strong>der</strong> öffentlichen und privaten Elemente<br />
im Straßenraum sollen deutlich<br />
reduziert und die Gestaltung <strong>der</strong> Fußgängerzone<br />
angegangen werden.<br />
Die Studie wurde im Auftrag des DSSW<br />
und <strong>in</strong> Kooperation mit dem Landschaftsarchitekturbüro<br />
scape aus Düsseldorf<br />
durchgeführt. E<strong>in</strong>e Kurzfassung ist auf<br />
unserer Homepage abrufbar.<br />
Weitere Infos:<br />
Achim Tack/ Dr. Michael Frehn<br />
sowie www.dssw.de