Heft 11 (2008): Qualität in der Stadtplanung - Planersocietät
Heft 11 (2008): Qualität in der Stadtplanung - Planersocietät
Heft 11 (2008): Qualität in der Stadtplanung - Planersocietät
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Warum <strong>Qualität</strong> e<strong>in</strong><br />
Thema ist...<br />
Über <strong>Qualität</strong>en im Städtebau und<br />
im Verkehrsbereich wird viel diskutiert.<br />
Gute <strong>Qualität</strong>en s<strong>in</strong>d jedoch<br />
sowohl im Planungsprozess als auch<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gebauten Form nicht selbstverständlich,<br />
auch wenn immer mehr<br />
Kommunen e<strong>in</strong>sehen, dass alle<strong>in</strong> mit<br />
Quantitäten ke<strong>in</strong> <strong>in</strong>terkommunaler<br />
Wettbewerb zu gew<strong>in</strong>nen ist. Doch<br />
was bedeutet gute <strong>Qualität</strong> konkret?<br />
Wie kann sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> täglichen Planung<br />
realisiert werden? In <strong>der</strong> aktuellen<br />
Ausgabe <strong>der</strong> ProjektSkizzen wollen<br />
wir anhand e<strong>in</strong>iger Projekte die Relevanz<br />
dieses Themas für die konkrete<br />
Planung aufzeigen.<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht<br />
das Team <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong><br />
Wiki-Map <strong>in</strong> Frankfurt<br />
Das aus dem Internet-Lexikon Wikipedia<br />
bekannte Pr<strong>in</strong>zip wird <strong>der</strong>zeit im<br />
Projekt „Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume<br />
im Frankfurter Nordend“<br />
mit e<strong>in</strong>em Stadtplan auf Quartiersebene<br />
erprobt. Dort nutzen viele Bürger<br />
den virtuellen Stadtplan, um ihre<br />
Tipps, Kenntnisse und Me<strong>in</strong>ungen<br />
e<strong>in</strong>zutragen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>teressante o<strong>der</strong><br />
verbesserungswürdige Orte zu markieren.<br />
Mit Wikimap wird e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teraktive<br />
Quartiersplattform erstellt, um den<br />
wandelnden Kommunikationsstrukturen<br />
Rechnung zu tragen. Die Akzeptanz<br />
und die Möglichkeiten werden<br />
von <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong> ausgewertet.<br />
Weitere Infos:<br />
www.wikimap.nordend.de<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong><br />
Informationen zu Planungen und Projekten <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong> Frühjahr <strong>2008</strong><br />
<strong>Qualität</strong> ist, wenn man<br />
streiten kann!<br />
Schaut man sich die gebaute Umwelt unserer Städte an, dann wird das Bild von Zweckbauten,<br />
E<strong>in</strong>heitspflaster, trostlosen Freiflächen und re<strong>in</strong> funktional gestalteten, autogerechten<br />
öffentlichen Räumen dom<strong>in</strong>iert. Verirrt man sich <strong>in</strong> die Vororte und Eigenheimsiedlungen,<br />
erkennt man schnell, dass für die Gestaltungsdefizite nicht nur abgehobene<br />
Architekten, Stadtplaner und renditebesessene Investoren verantwortlich s<strong>in</strong>d. Mit <strong>der</strong><br />
For<strong>der</strong>ung nach mehr Baukultur wird das Ziel verbunden, die gebaute <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> den<br />
Städten zu steigern. Doch wie setzt man dieses Ziel eigentlich praktisch um?<br />
In vielen Kommunen wird <strong>der</strong>zeit darüber<br />
diskutiert, wie man sich auf zukünftige<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>stellen soll.<br />
Man hat e<strong>in</strong>gesehen, dass die „weichen<br />
Standortfaktoren“ immer wichtiger<br />
werden. Diskutiert wird über die Verbesserung<br />
von Bildungs- und Betreuungse<strong>in</strong>richtungen,<br />
über den Ausbau<br />
von seniorengerechten Angeboten, die<br />
Sicherung <strong>der</strong> Nahversorgung o<strong>der</strong> die<br />
Bereitstellung von günstigen Baulandangeboten<br />
für junge Familien.<br />
Unbestritten alles wichtige Themen für<br />
die Stadtentwicklung. Doch über mehr<br />
gebaute <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> Architektur und<br />
Städtebau reden <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
nur wenige. Das gilt für Eigenheime<br />
ebenso wie für E<strong>in</strong>kaufsstraßen,<br />
Supermärkte o<strong>der</strong> Gewerbegebiete. Die<br />
Stadtplaner sollen das Schlimmste verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
Das Ergebnis f<strong>in</strong>det man zwar<br />
nicht unbed<strong>in</strong>gt schön, aber darum geht<br />
es im Standortwettbewerb ja meistens<br />
nicht.<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong><br />
1
2<br />
Inhalt<br />
01 <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadtplanung</strong><br />
03 Gestaltung urbaner Freiräume<br />
05 Gestaltungsqualität <strong>in</strong><br />
Baugebieten<br />
06 Geschäftsstraßengestaltung<br />
07 Demografiesensible<br />
Infrastruktur<br />
08 Alternativen zur Stadtbahn<br />
09 Stadtbrachen als Potenziale<br />
09 Aktuelle Projekte<br />
10 Dase<strong>in</strong>svorsorge & Nahverkehr<br />
<strong>11</strong> Begegnungszonen<br />
12 Bude, Büdchen, Tr<strong>in</strong>khallen<br />
12 News und Kontakte<br />
Impressum<br />
ProjektSkizzen ist e<strong>in</strong>e Zeitschrift <strong>der</strong><br />
<strong>Planersocietät</strong>. Sie ersche<strong>in</strong>t zweimal im<br />
Jahr (Frühjahr und Herbst).<br />
Herausgeber<br />
<strong>Planersocietät</strong> – <strong>Stadtplanung</strong>, Verkehrsplanung<br />
Kommunikation<br />
Frehn, Schulten, Ste<strong>in</strong>berg, Partnerschaft<br />
Stadt- und Verkehrsplaner<br />
Geschäftsführung<br />
Dr.-Ing. Michael Frehn<br />
Dipl.-Ing. Marc Lucas Schulten<br />
Dipl.-Ing. Gernot Ste<strong>in</strong>berg<br />
Konzeption & Redaktion<br />
Michael Frehn<br />
Gernot Ste<strong>in</strong>berg<br />
Achim Tack<br />
Gestaltung<br />
zweizue<strong>in</strong>s – Visuelle Konzepte<br />
Druck<br />
Montania, Druck- und Verlagsgesellschaft<br />
Personenbezeichnungen<br />
Zugunsten <strong>der</strong> besseren Lesbarkeit wird auf<br />
die Schreibweise „Innen“ verzichtet. Selbstverständlich<br />
s<strong>in</strong>d immer gleichzeitig Männer<br />
und Frauen angesprochen.<br />
Falls Sie die ProjektSkizzen nicht weiter<br />
beziehen möchten o<strong>der</strong> weitere Exemplare<br />
benötigen, benachrichtigen Sie uns bitte per<br />
Fax (02 31/58 96 96-18) o<strong>der</strong> per E-Mail<br />
(<strong>in</strong>fo@planersocietaet.de).<br />
© <strong>Planersocietät</strong> <strong>2008</strong><br />
In <strong>der</strong> Außendarstellung von Städten<br />
und Geme<strong>in</strong>den f<strong>in</strong>den sich prägnante<br />
E<strong>in</strong>zelgebäude o<strong>der</strong> die Stadtsilhouette<br />
als Aushängeschild. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Summe<br />
bestimmenden E<strong>in</strong>familienhausgebiete<br />
und Wohnquartiere werden nur selten<br />
präsentiert. Wieso sollte man auch mit<br />
Bil<strong>der</strong>n werben, die <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />
aufgenommen werden können? E<strong>in</strong>familien-<br />
und Doppelhäuser, oft <strong>in</strong> Typenbauweise<br />
entstanden, reihen sich <strong>in</strong> die<br />
trostlose Gestaltung öffentlicher Räume<br />
nahtlos e<strong>in</strong>. Bauleitplanerische Festsetzungen<br />
und städtebauliche Konzepte reduzieren<br />
die Gestaltungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
auf e<strong>in</strong> akzeptiertes Mittelmaß. Individualität<br />
entsteht oftmals durch die Ausnutzung<br />
<strong>der</strong> breit gefächerten Baumarktangebote.<br />
Diese Baugebiete werden damit<br />
begründet, dass sie sich schnell und<br />
e<strong>in</strong>fach vermarkten lassen. Doch liegt es<br />
vielleicht auch daran, dass die Bauherren<br />
nicht wissen, dass es an<strong>der</strong>e Konzepte<br />
und Auswahlmöglichkeiten gibt?<br />
E<strong>in</strong> öffentliches Recht auf gute gebaute<br />
<strong>Qualität</strong><br />
Der Schriftsteller Ala<strong>in</strong> de Botton schärft<br />
mit se<strong>in</strong>em aktuellen Buch „Glück und<br />
Architektur - Von <strong>der</strong> Kunst, daheim zu<br />
Hause zu se<strong>in</strong>“,, erschienen im S. Fischer<br />
Verlag, den Blick für gute Baukunst. Er<br />
versucht zu entziffern, was gute Architektur<br />
von schlechter unterscheidet,<br />
ohne dabei abschließende Lösungen zu<br />
entwickeln. Dennoch zeigt er anschaulich,<br />
dass gebaute Umwelt die Menschen<br />
bee<strong>in</strong>flusst und for<strong>der</strong>t quasi dazu auf,<br />
sich offensiver mit den eigenen, <strong>in</strong>dividuellen<br />
<strong>Qualität</strong>sanfor<strong>der</strong>ungen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen.<br />
Damit hebt er das Recht<br />
auf gute Architektur auf e<strong>in</strong>e Ebene mit<br />
an<strong>der</strong>en Grundwerten, <strong>in</strong> dem er for<strong>der</strong>t<br />
„architektonische Mittelmäßigkeit“<br />
ebenso zu verurteilen wie „ungerechte<br />
Gesetze“. <strong>Qualität</strong> im Städtebau sollte<br />
also e<strong>in</strong> wichtiger Teil <strong>der</strong> politischen<br />
und öffentlichen Diskussion über die Zukunft<br />
<strong>der</strong> Wohn- und Lebensräume se<strong>in</strong>.<br />
Damit verbunden ist aber nicht <strong>der</strong><br />
Glaube an e<strong>in</strong>e Leitkultur o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />
E<strong>in</strong>heitsgeschmack, son<strong>der</strong>n die Auffor<strong>der</strong>ung<br />
<strong>in</strong>dividuelle Gestaltungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
Ernst zu nehmen und sich mit<br />
heterogenen Lebens- und Wohnvorstellungen<br />
auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bauleitplanung stärker<br />
ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen.<br />
Städtebau ist jedoch ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Privatsache.<br />
Dies gilt für Innenstädte genauso<br />
wie für Supermärkte und E<strong>in</strong>familienhausgebiete.<br />
Die gebaute Umwelt hat für<br />
viele Menschen e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss auf<br />
die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung und steht<br />
auf e<strong>in</strong>er Stufe mit Kulturangeboten und<br />
Erholungsräumen. Dennoch f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> öffentlicher<br />
Diskurs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur über<br />
beson<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>zelprojekte statt. Gestaltungsbeiräte<br />
können sich aus Zeitgründen<br />
oft nur mit prägnanten Hochbauten<br />
beschäftigen. Die Umgestaltung des<br />
Rathausplatzes wird von Wettbewerben<br />
und öffentlichen Diskussionen begleitet.<br />
Diese Prozesse s<strong>in</strong>d richtig und wichtig.<br />
Aber an <strong>der</strong> gebauten Masse machen Sie<br />
nur e<strong>in</strong>en Bruchteil aus. Städtebauliche<br />
Wettbewerbe o<strong>der</strong> gar öffentliche Diskussionen<br />
über „normale Wohngebiete“,<br />
die Umgestaltung und Umnutzung von<br />
Straßenräumen o<strong>der</strong> die <strong>Qualität</strong> von Gewerbeimmobilien<br />
f<strong>in</strong>det man nur selten.<br />
Auch hier werden wahrnehmbare städtebauliche<br />
<strong>Qualität</strong>en für mehrere Jahrzehnte<br />
gebaut. Und gerade hier sche<strong>in</strong>t<br />
die Akzeptanz für gebaute Geschmacklosigkeit<br />
am größten.<br />
<strong>Qualität</strong> ist, wenn man über Alternativen<br />
streiten kann!<br />
Will man langfristig <strong>Qualität</strong> generieren,<br />
sollte man sich nicht auf das akzeptierte<br />
Mittelmaß konzentrieren, son<strong>der</strong>n muss<br />
kle<strong>in</strong>teilige und zielgruppenorientierte<br />
Konzepte entwickeln. Es wäre aber falsch<br />
zu denken, dass die gebaute <strong>Qualität</strong><br />
alle<strong>in</strong> durch den fachplanerischen Diskurs<br />
verbessert werden kann. Nur die<br />
öffentliche Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung über<br />
Gestaltungs- und Nutzungsqualitäten<br />
kann langfristig gute <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
gebauten Masse erzeugen. Städtebaukultur<br />
ist also Streitkultur. Streiten kann<br />
man jedoch nur, wenn man weiß, dass es<br />
Alternativen gibt. E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe<br />
für Stadtentwicklung ist es somit, Alternativen<br />
zu entwickeln und neue Wege zu<br />
gehen. Hierzu gehören neue Architekturkonzepte<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong>novative Umgestaltungs-<br />
und Umnutzungsideen für den<br />
öffentlichen Raum genauso wie lernende<br />
Planungsprozesse, die Raum für e<strong>in</strong>e<br />
echte Alternativendiskussion, privates<br />
Engagement und die Rückkopplung mit<br />
<strong>Qualität</strong>sansprüchen und Erfahrungen<br />
<strong>der</strong> Nutzer bieten.
Gestaltung urbaner Freiräume<br />
- e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong><br />
Was bedeutet e<strong>in</strong> gestiegener Anspruch an die <strong>Qualität</strong> öffentlicher Freiräume vor dem H<strong>in</strong>tergrund aktueller Tendenzen <strong>der</strong><br />
Stadtentwicklung? Welche Anfor<strong>der</strong>ungen müssen Freiräume erfüllen, um auch von älteren Bürgern und Familien genutzt werden<br />
zu können? In e<strong>in</strong>em Forschungsfeld des ExWoSt-Programms beschäftigt sich das BBR mit diesen Fragen.<br />
Die Städte Europas s<strong>in</strong>d mit gewaltigen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen konfrontiert: dem<br />
Abschied von <strong>der</strong> Industriegesellschaft,<br />
dem weltweiten Wettbewerb um neue<br />
wirtschaftliche Grundlagen und um<br />
kreative Schichten, <strong>der</strong> sozialen Polarisierung<br />
und Alterung <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
dem Kampf gegen den Klimawandel, <strong>der</strong><br />
kulturellen Notwendigkeit <strong>der</strong> Wahrung<br />
<strong>der</strong> Tradition und zugleich <strong>der</strong> Demonstration<br />
von Innovation, den schrumpfenden<br />
Ressourcen <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Hand, den steigenden Kosten <strong>der</strong> Suburbanisierung<br />
u.v.m. Man könnte also<br />
leicht zu <strong>der</strong> Auffassung gelangen, dass<br />
an<strong>der</strong>e Fragen als die Gestaltung städtischer<br />
Freiräume ganz oben auf <strong>der</strong> Prioritätenliste<br />
des Bundes stehen sollten,<br />
wenn es um die zukünftige Ausrichtung<br />
<strong>der</strong> Stadtentwicklungspolitik geht. Und<br />
doch befasst sich das Bundesamt für<br />
Bauwesen und Raumordnung (BBR) - im<br />
Auftrag des Stadtentwicklungsm<strong>in</strong>isteriums<br />
- an mehreren Stellen <strong>in</strong>tensiv mit<br />
diesem Thema.<br />
Und wer kurz überlegt, dem fallen auch<br />
schnell e<strong>in</strong>e ganze Reihe von Verb<strong>in</strong>dungen<br />
zwischen <strong>der</strong> guten Gestaltung<br />
urbaner Freiräume und den o.g. Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
e<strong>in</strong>. Brauchen nicht gerade<br />
die zahlenmäßig zunehmenden Älteren<br />
e<strong>in</strong> angemessenes barrierefreies Wohnumfeld<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft? Und bemängeln<br />
nicht Familien mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
die <strong>Qualität</strong> <strong>der</strong> Freiräume als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />
Hauptursachen für ihren Wegzug an die<br />
Peripherie? So gesehen werden dann<br />
gut gestaltete Freiräume durchaus zu<br />
e<strong>in</strong>em wichtigen Bauste<strong>in</strong> zukunftsorientierter<br />
Stadtentwicklung.<br />
Stadtquartiere und Alltagsorte<br />
im Fokus<br />
Doch was heißt eigentlich „gut“ gestaltet?<br />
Wie lässt sich die <strong>Qualität</strong> urbaner<br />
Freiräume beurteilen angesichts e<strong>in</strong>er<br />
unüberschaubaren Vielfalt verfügbaren<br />
Mobiliars, e<strong>in</strong>er Parallelität gängiger<br />
Stile und Geschmäcker und angesichts<br />
e<strong>in</strong>er Fachdiskussion, die vor allem<br />
um die mit hohem Aufwand designten<br />
Plätze <strong>der</strong> Cities kreist – und bislang<br />
die Orte des Alltags im Quartier weitgehend<br />
ignoriert. Kann <strong>in</strong> Bezug auf<br />
die Gestaltung urbaner Freiräume noch<br />
e<strong>in</strong> Konsens über <strong>Qualität</strong>sfragen unterstellt<br />
werden? E<strong>in</strong>ige Anhaltspunkte<br />
hierzu lassen sich aus den Modellvorhaben<br />
des aktuell laufenden und mit 20<br />
Mio. Euro vom Bund geför<strong>der</strong>ten Forschungsfeldes<br />
„Innovationen für familien-<br />
und altengerechte Stadtquartiere“<br />
kondensieren.<br />
Zentrales Anliegen dieses Forschungsfeldes<br />
ist es, <strong>in</strong>nerstädtische Quartiere<br />
als Wohnort und Erlebnisraum lebenswert<br />
zu gestalten und durch bauliche<br />
Maßnahmen den gewandelten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
anzupassen. Der Themenschwerpunkt<br />
„Gestaltung urbaner Freiräume“<br />
nimmt das Wohnumfeld <strong>der</strong><br />
Stadtquartiere <strong>in</strong> den Blick. Hier geht es<br />
nicht um die herausgehobenen großen<br />
Plätze und Parks von gesamtstädtischer<br />
Bedeutung, son<strong>der</strong>n um die „Orte des<br />
Alltags“, an denen die Bürger sich auf-<br />
halten, begegnen, ihre Besorgungen<br />
erledigen und e<strong>in</strong>en Teil ihrer Freizeit<br />
verbr<strong>in</strong>gen.<br />
Vielerorts s<strong>in</strong>d diese öffentlichen Räume<br />
heute durch die Verkehrsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
und Bebauung begrenzt, gestalterisch<br />
unbefriedigend und von Vandalismus<br />
und Verwahrlosung geprägt. Die Konsequenz<br />
s<strong>in</strong>d Nutzungskonflikte sowie ger<strong>in</strong>ge<br />
Aufenthaltsqualitäten und Erlebnismöglichkeiten.<br />
Ziel <strong>der</strong> Gestaltung<br />
urbaner Freiräume muss deshalb die<br />
Nutzbarkeit für verschiedene soziale<br />
Gruppen, die Aneigenbarkeit und damit<br />
auch die Verän<strong>der</strong>barkeit se<strong>in</strong>.<br />
Mit neuen Partnerschaften<br />
zum Erfolg<br />
Zeitgemäße Antworten auf diese Fragen<br />
können nur durch e<strong>in</strong> Zusammenwirken<br />
verschiedenster Akteure gefunden werden.<br />
Damit öffentliche Räume als attraktive<br />
Angebote wahrgenommen werden,<br />
ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Planung nötig:<br />
e<strong>in</strong> offener Prozess, <strong>der</strong> schon bei <strong>der</strong><br />
Programmf<strong>in</strong>dung beg<strong>in</strong>nt, e<strong>in</strong>e umfassende<br />
Vermittlung an alle Nutzer, e<strong>in</strong>e<br />
Zurückeroberung urbaner Freiräume - Aktionstag im Frankfurter Nordend<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong><br />
3
4<br />
qualitätvolle bauliche Lösung. So können<br />
Nutzungsqualitäten auch mit ger<strong>in</strong>gem<br />
f<strong>in</strong>anziellen Aufwand entwickelt werden.<br />
Da die öffentliche Hand nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage ist, allen Anfor<strong>der</strong>ungen nachzukommen,<br />
stellt sich auch die Frage nach<br />
<strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierbarkeit des Um- und Ausbaus<br />
und <strong>der</strong> Unterhaltung. Hier ist e<strong>in</strong>e<br />
Aktivierung und Beteiligung aller Quartiersakteure,<br />
junger und alter Bewohner<br />
ebenso wie <strong>der</strong> Gewerbetreibenden nötig,<br />
die durch ihr eigenes Engagement,<br />
durch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Planung und Realisierung<br />
e<strong>in</strong> Verantwortungsgefühl für<br />
ihr Quartier entwickeln. Es braucht neue<br />
Ideen und neue Partnerschaften, um e<strong>in</strong>en<br />
solchen sozialen und räumlichen Gestaltungsprozess<br />
<strong>in</strong> Gang zu setzen.<br />
Fragen zur Projektqualität<br />
Die so angedeuteten Leitl<strong>in</strong>ien führen zu<br />
e<strong>in</strong>er Reihe von Fragen, mit denen man<br />
sich <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong> e<strong>in</strong>er Freiraumgestaltung<br />
annähern kann. Grundlage ist da-<br />
bei e<strong>in</strong>e Sicht, die nicht isoliert auf e<strong>in</strong>e<br />
funktionale Lösung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gutes Design<br />
fokussiert, son<strong>der</strong>n die die Gestaltung<br />
von Freiräumen <strong>in</strong> Stadtquartieren<br />
als <strong>in</strong>tegrierten Prozess versteht, <strong>in</strong> den<br />
Verwaltungen, Fachplaner, Bürger und<br />
<strong>in</strong>termediäre Organisationen <strong>in</strong> allen<br />
Phasen e<strong>in</strong>bezogen werden müssen:<br />
Ermöglicht die Stadtverwaltung durch<br />
Projektstrukturen welche e<strong>in</strong>e horizontale<br />
und vertikale Durchlässigkeitgewährleistet,<br />
die dem Ziel e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrierten<br />
Planungs- und Nutzungsmanagements<br />
entspricht?<br />
Stehen genügend (personelle, f<strong>in</strong>anzielle,<br />
politische) Ressourcen zur Verfügung,<br />
um das Projekt über se<strong>in</strong>e Laufzeit<br />
h<strong>in</strong>weg zu begleiten?<br />
Kann es gel<strong>in</strong>gen, die zivilgesellschaftlichen<br />
Gruppen im Quartier<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Nutzer über die Planung<br />
h<strong>in</strong>aus auch <strong>in</strong> die Pflege und<br />
Unterhaltung <strong>der</strong> Freiräume e<strong>in</strong>zubeziehen?<br />
Geplante und ungeplante Freiraumnutzungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> (oben) und Köln (unten)<br />
Wird <strong>der</strong> Planungsprozess bewusst<br />
gestaltet? Wie wird die <strong>Qualität</strong> des<br />
Projekts während aller Phasen von <strong>der</strong><br />
Zielstellung bis h<strong>in</strong> zur Realisierung<br />
und Unterhaltung sichergestellt?<br />
Initiiert das Projekt durch offene und<br />
<strong>in</strong>tegrierende Ausrichtung neue Partnerschaften?<br />
Bietet es Anknüpfungspunkte<br />
um die Kreativität und das<br />
Engagement von Bürgern und Gewerbetreibenden<br />
für die Entwicklung von<br />
Programmen und Ideen zu nutzen?<br />
Werden die richtigen Experten zum<br />
richtigen Zeitpunkt <strong>in</strong> den Prozess<br />
e<strong>in</strong>gebunden? S<strong>in</strong>d diese bereit, sich<br />
auf die vielfältigen <strong>Qualität</strong>svorstellungen<br />
<strong>der</strong> Beteiligten e<strong>in</strong>zulassen<br />
und ihr Konzept danach auszurichten?<br />
Wird die Beteiligung transparent und<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die Erreichung aller<br />
relvanten Zielgruppen differenziert<br />
gestaltet? Bestehen ausreichend Möglichkeiten<br />
für konstruktives Feedback<br />
und Umsteuerung?<br />
Ermöglicht die Gestaltung <strong>der</strong> Freiräume<br />
flexible Nutzungsmöglichkeiten<br />
für wechselnde Programme<br />
und unterschiedliche soziale Gruppen?<br />
Besteht im Projekt Offenheit gegenüber<br />
e<strong>in</strong>er Weiterentwicklung von Zielen,<br />
Wechseln von Akteuren und ihrer<br />
Mitwirkungsbereitschaft, so dass die<br />
Dynamik im Stadtquartier aufgenommen<br />
werden kann?<br />
Kann das Projekt ausgewertet und so<br />
zu e<strong>in</strong>em Bauste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lokalen Planungskultur<br />
werden, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadtentwicklung<br />
als e<strong>in</strong> kooperativer gesellschaftlicher<br />
Lernprozess verstanden<br />
wird?<br />
Das Forschungsfeld hat gerade Halbzeit.<br />
Wer sich über die bisherigen Ergebnisse<br />
<strong>in</strong>formieren möchte, kann dies unter<br />
www.stadtquartiere.de tun.<br />
Stephan Will<strong>in</strong>ger koord<strong>in</strong>iert im Bundesamt<br />
für Bauwesen und Raumordnung<br />
den Themenschwerpunkt „Gestaltung<br />
urbaner Freiräume“ im ExWoSt-Forschungsfeld<br />
„Innovationen für familien-<br />
und altengerechte Stadtquartiere“ zu<br />
dem u.a. auch das von <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong><br />
betreute Modellvorhaben „Vernetzte<br />
Spiel- und Begegnungsräume im Frankfurter<br />
Nordend“ gehört.
Gestaltungsqualität <strong>in</strong> Baugebieten<br />
Bewohnerbefragung zu Anfor<strong>der</strong>ungen an die Wohnumfeldqualität <strong>in</strong> Gütersloh<br />
Wie bewerten Bewohner ihr Neubaugebiet? Worauf legen sie bei ihrer Wohnstandort- und Kaufentscheidung Wert? Was kann für<br />
das Thema Baukultur im Zusammenspiel von Planern, Bauherren und Bürgern abgeleitet werden? Die Kenntnis von <strong>Qualität</strong>skriterien<br />
aus Nachfragersicht ist für die Stadtentwicklungsplanung und für die Abstimmung mit Bauträgern und Investoren e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Argumentationsgrundlage. Gründe genug für die Stadt Gütersloh die Gestaltung von Neubaugebieten zu thematisieren.<br />
Die städtebauliche Gestaltung von Neubaugebieten<br />
wird sowohl für Bauträger<br />
zu e<strong>in</strong>em <strong>Qualität</strong>smerkmal, mit dem<br />
sie sich auf dem Markt positionieren,<br />
als auch für Kommunen, die ihr Baulandangebot<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er zielgruppengerechten<br />
Baulandstrategie anpassen<br />
müssen. Nirgendwo ist das Thema<br />
Baukultur so spürbar wie im Alltag <strong>der</strong><br />
Städte. Obwohl es viele Beispiele für<br />
qualitätvollen Städtebau gibt, stellt<br />
sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> kommunalen Planungspraxis<br />
immer wie<strong>der</strong> die Frage, wie die Städte<br />
und Geme<strong>in</strong>den vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />
<strong>der</strong> verschiedenen privaten Marktakteure<br />
(Bauträger, Investoren, Bauf<strong>in</strong>anzierer,<br />
Nachfrager etc.) und <strong>der</strong>en Interessenlagen<br />
(hohe Renditeerwartungen,<br />
ger<strong>in</strong>ge Kaufpreise) städtebauliche<br />
<strong>Qualität</strong>en <strong>in</strong> Neubaugebieten sichern<br />
können.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund setzt sich die<br />
Stadt Gütersloh <strong>der</strong>zeit <strong>in</strong>tensiv mit<br />
<strong>der</strong> Entwicklung von städtebaulichen<br />
<strong>Qualität</strong>sstrategien für ihre Baugebiete<br />
ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und wird dabei im Rahmen<br />
mehrerer Projekte durch die <strong>Planersocietät</strong><br />
unterstützt.<br />
Evaluation von<br />
Bebauungsplänen<br />
In e<strong>in</strong>er Ende 2006 beauftragten fallstudienbezogenen<br />
Evaluation von<br />
Bebauungsplanprozessen wurde die<br />
städtebauliche <strong>Qualität</strong> von vier Baugebieten<br />
untersucht und Erfolgs- und<br />
Hemmnisfaktoren bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />
städtebaulich attraktiver Baugebiete<br />
abgeleitet. Es zeigte sich, dass die Sicherung<br />
städtebaulicher <strong>Qualität</strong>en<br />
e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Berücksichtigung<br />
<strong>in</strong> allen Phasen des Bebauungsplanverfahrens<br />
bedarf. Darüberh<strong>in</strong>aus wurde<br />
deutlich, dass für e<strong>in</strong>e Optimierung<br />
zukünftiger Bebauungsplanverfahren<br />
ebenfalls auch die Erfahrungen und<br />
Bewertungen <strong>der</strong> Bewohner e<strong>in</strong>zubeziehen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
In e<strong>in</strong>er anschließenden Befragung<br />
hat die Stadt Gütersloh deshalb die<br />
E<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Bewohner zur Gestaltungsqualität<br />
<strong>der</strong> ausgewählten<br />
Neubaugebiete erhoben. Dazu wurden<br />
Motive und Entscheidungsgründe bei<br />
<strong>der</strong> Wahl des Grundstückes und des<br />
Baukonzepts sowie E<strong>in</strong>schätzungen<br />
zum Planungsprozess abgefragt. Weiterh<strong>in</strong><br />
wurden die Zufriedenheit mit<br />
<strong>der</strong> städtebaulichen Gestaltung des<br />
Wohngebietes sowie <strong>der</strong> Stellenwert<br />
von Baukultur als Alltagsthema geprüft.<br />
Derzeit werden die Befragungsergebnisse<br />
ausgewertet, um Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
für künftige Bebauungsplanverfahren<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt Gütersloh abzuleiten. Es<br />
sollen H<strong>in</strong>weise dazu gewonnen werden,<br />
welche Wünsche die Befragten an<br />
die Gestaltung von Wohngebieten haben<br />
und <strong>in</strong>wieweit sie für verb<strong>in</strong>dliche<br />
gestalterische Vorgaben <strong>der</strong> Bauleitplanung<br />
Akzeptanz aufbr<strong>in</strong>gen können.<br />
Nachfrage- & marktorientierte Umsetzungsstrategien<br />
Die Kenntnis von <strong>Qualität</strong>skriterien aus<br />
Nachfragersicht ist für die Abstimmung<br />
mit Bauträgern und Investoren e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Argumentationsgrundlage.<br />
Der Stadt Gütersloh geht es daher nicht<br />
nur um die Formulierung e<strong>in</strong>es abgestimmten<br />
Gestaltungsleitfadens für<br />
die Bauleitplanung, son<strong>der</strong>n auch um<br />
e<strong>in</strong>e neue Perspektive <strong>der</strong> regionalen<br />
Baukultur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region Ostwestfalen-<br />
Lippe.<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> Nachbarstadt<br />
Rheda-Wiedenbrück und privaten Immobilienmarktakteuren<br />
<strong>der</strong> Region soll<br />
im Rahmen des BMVBS-Programms zur<br />
Nationalen Stadtentwicklungspolitik<br />
e<strong>in</strong>e Umsetzungsstrategie für qualitätvollen<br />
und nachfrageorientierten Städtebau<br />
entwickelt werden.<br />
Derzeit wird aufbauend auf e<strong>in</strong>er Analyse<br />
<strong>der</strong> kommunalen Steuerungs<strong>in</strong>strumente<br />
e<strong>in</strong> Diskussionsprozess mit<br />
Bauträgern und Flächenentwicklern<br />
e<strong>in</strong>geleitet, <strong>in</strong> dem geme<strong>in</strong>sam differenzierte<br />
städtebauliche <strong>Qualität</strong>skriterien<br />
entwickelt werden sollen, die auch im<br />
niedrigen und mittleren Preissegment<br />
realisierbar s<strong>in</strong>d. Denn städtebaulich<br />
attraktive Baugebiete s<strong>in</strong>d das Ergebnis<br />
e<strong>in</strong>es komplexen Entwicklungsprozesses,<br />
<strong>in</strong> dem kommunale Planer,<br />
Bauf<strong>in</strong>anzierer, Flächenentwickler, Bauträger,<br />
Architekten und auch die Nutzer<br />
e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen und tragfähigen<br />
Interessenskonsens f<strong>in</strong>den müssen.<br />
Weitere Infos:<br />
Marc Lucas Schulten / Marie Müller<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong><br />
5
6<br />
Wie lässt sich <strong>der</strong> Erfolg e<strong>in</strong>er<br />
Geschäftsstraßengestaltung messen?<br />
Wie muss e<strong>in</strong>e Geschäftsstraße aussehen, damit Kunden sie als angenehm empf<strong>in</strong>den? Lässt sich die Wirkung von Umgestaltungen<br />
schon im Vorfeld abschätzen? Welche Wirkung haben Straßenräume mit e<strong>in</strong>er hohen Ausstattungsdichte gegenüber<br />
aufgeräumten Straßen? Innerhalb e<strong>in</strong>er DSSW-Studie wurden hierzu Methoden entwickelt und empirisch getestet.<br />
Die Schaffung von Aufenthaltsqualität<br />
und Atmosphäre trägt wesentlich zur<br />
Standortprofilierung im E<strong>in</strong>zelhandel bei.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Shopp<strong>in</strong>g-Center wird offenkundig<br />
viel Wert auf die Schaffung von<br />
solchen <strong>Qualität</strong>en gelegt und auch Immobilien-<br />
und Standortgeme<strong>in</strong>schaften<br />
streben <strong>in</strong> vielen Fällen als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten<br />
Maßnahmen e<strong>in</strong>e Aufwertung <strong>der</strong><br />
Gestaltung des öffentlichen Raums an.<br />
Hält man sich diese Vorgehensweisen vor<br />
Augen verwun<strong>der</strong>t es im Umkehrschluss<br />
nicht, dass unter Lagedefiziten oftmals<br />
auch Gestaltungsdefizite zu verstehen<br />
s<strong>in</strong>d. Viele 1b und 2er Lagen haben mit<br />
Problemen <strong>der</strong> überbordenden Werbung<br />
und Warenpräsentation im Straßenraum<br />
zu kämpfen. Die Überzeugung von E<strong>in</strong>zelpersonen,<br />
dass e<strong>in</strong>e Überfrachtung<br />
mit Werbebotschaften kontraproduktiv<br />
wirkt, erfolgte bislang mit eher weichen<br />
Argumentationsl<strong>in</strong>ien, welche aber zumeist<br />
auf Attribute wie „Geschmack“<br />
o<strong>der</strong> „Ästhetik“ aufbauen. Daher stellte<br />
sich im Rahmen e<strong>in</strong>er Untersuchung<br />
für das DSSW die Frage, <strong>in</strong>wiefern die<br />
<strong>Qualität</strong> e<strong>in</strong>er Straßenraumgestaltung<br />
objektiv messbar ist und welche Effekte<br />
unterschiedliche Ansätze <strong>der</strong> Gestaltung<br />
auf die Nutzer bzw. Kunden haben.<br />
Analyse <strong>der</strong> Wirkungen<br />
von Umgestaltungen<br />
Verschiedene Bewertungsansätze wurden<br />
von <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Workshop mit Experten<br />
aus den Bereichen Werbewirkungsforschung,<br />
Architekturpsychologie und<br />
Wahrnehmungsforschung sowie Landschaftsarchitektur<br />
und <strong>Stadtplanung</strong><br />
diskutiert. In <strong>der</strong> Pilotstadt Korbach<br />
(Hessen) wurden nach e<strong>in</strong>er umfassenden<br />
Bestandsaufnahme <strong>in</strong> mehreren<br />
Beispielräumen möglichst unterschiedliche<br />
straßenräumliche Situationen<br />
erfasst und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt<br />
verschiedene Umgestaltungsvarianten<br />
entworfen und visualisiert. Auf Basis<br />
dieser Visualisierungen erfolgte e<strong>in</strong>e<br />
Analyse <strong>der</strong> Wirkungen <strong>der</strong> Umgestaltungen.<br />
Kernpunkt waren Befragungen<br />
von Testpersonen sowohl <strong>in</strong> Korbach<br />
selbst als auch mit Kontrollgruppen<br />
welche die überprüften Bereiche nicht<br />
kannten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wurde e<strong>in</strong>e Methodik<br />
entwickelt, mit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>e Wahrnehmungseffekte<br />
durch e<strong>in</strong>e softwaregestützte<br />
Analyse von beson<strong>der</strong>en<br />
Aufmerksamkeitsbereichen ermittelt<br />
werden konnten. Diese lehnt sich an Methoden<br />
<strong>der</strong> Werbewirkungsforschung an.<br />
Wichtigstes Ergebnis <strong>der</strong> Studie ist zunächst<br />
die Tatsache, dass es durchaus mit<br />
vertretbarem Aufwand möglich ist, die<br />
Gefallenswirkung e<strong>in</strong>er Geschäftsstraße<br />
im Status Quo wie auch im Entwurf abzuprüfen.<br />
Weiterh<strong>in</strong> kann nachgewiesen<br />
werden, dass die Wahrnehmung und<br />
Nutzung des öffentlichen Raumes <strong>in</strong><br />
hohem Maße durch dessen Gestaltung<br />
bee<strong>in</strong>flusst wird. Passanten und Kunden<br />
empf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e überbordende Ausstattung<br />
von Geschäftsstraßen, etwa mit<br />
Werbeträgern und Straßenmöbeln, als<br />
unangenehm, überladen und oft auch sicherheitsgefährdend.<br />
Aufgeräumte Straßenräume<br />
steigern das gefühlte Preisniveau<br />
und wirken sich auf die allgeme<strong>in</strong>e<br />
Konsumbereitschaft aus. Werbeelemente<br />
erzielen nur bis zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Punkt <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung e<strong>in</strong>en jeweils<br />
höheren Wirkungsgrad. Daher wird für<br />
viele Kunden die e<strong>in</strong>zelne Werbebotschaft<br />
lediglich als H<strong>in</strong>tergrundrauschen<br />
wahrgenommen und geht nicht <strong>in</strong> die<br />
aktive Wahrnehmung mit e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von Werbelementen könnte daher<br />
aus dem Straßenraum herausgenommen<br />
werden, ohne dass es zu Umsatze<strong>in</strong>bußen<br />
kommt. Die Studie liefert e<strong>in</strong>e Argumentationshilfe<br />
für den Umgang mit<br />
Son<strong>der</strong>nutzungen und Werbeanlagen,<br />
welche auf wichtigen empirischen Erkenntnissen<br />
beruht. Die Reaktionen <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>zelhändlerschaft aus <strong>der</strong> Pilotstadt<br />
Korbach zu den Ergebnissen s<strong>in</strong>d äußerst<br />
positiv: Durch die objektive Bewertung<br />
<strong>der</strong> Gestaltungssituationen wurden<br />
Politik und Händlerschaft aufgerüttelt.<br />
Sie wollen nun selbst aktiv werden. Die<br />
Anzahl <strong>der</strong> öffentlichen und privaten Elemente<br />
im Straßenraum sollen deutlich<br />
reduziert und die Gestaltung <strong>der</strong> Fußgängerzone<br />
angegangen werden.<br />
Die Studie wurde im Auftrag des DSSW<br />
und <strong>in</strong> Kooperation mit dem Landschaftsarchitekturbüro<br />
scape aus Düsseldorf<br />
durchgeführt. E<strong>in</strong>e Kurzfassung ist auf<br />
unserer Homepage abrufbar.<br />
Weitere Infos:<br />
Achim Tack/ Dr. Michael Frehn<br />
sowie www.dssw.de
Demografiesensible Infrastruktur<br />
Neue Herausfor<strong>der</strong>ungen für private und öffentliche E<strong>in</strong>richtungen<br />
Der demografische Wandel stellt die private und öffentliche Infrastrukturen vor enorme Herausfor<strong>der</strong>ungen. Hieraus ergeben<br />
sich zentrale Fragen für die Stadtentwicklung: Welche Probleme, aber auch Chancen ergeben sich für e<strong>in</strong>e Steigerung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
<strong>in</strong> den Städten für Jung und Alt? Wie kann sich die städtische Infrastruktur darauf e<strong>in</strong>stellen und wie kann <strong>der</strong> <strong>in</strong>nerstädtische<br />
Handel auf diese Anfor<strong>der</strong>ungen reagieren? Die NRW-City-Offensive „Ab <strong>in</strong> die Mitte“ hat sich im letzten Jahr mit dem<br />
Schwerpunktthema <strong>in</strong> vielfältiger Form ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt.<br />
Die Fakten s<strong>in</strong>d seit langem bekannt und<br />
e<strong>in</strong> Blick auf die sozialen und demografischen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> künftigen<br />
Stadtentwicklung macht klar:<br />
Je nach Kommune und Region fällt <strong>der</strong><br />
demografische Wandel unterschiedlich<br />
aus. Schrumpfung wird zwar viele, aber<br />
nicht alle Kommunen betreffen. Jede<br />
Kommune wird sich dagegen mit e<strong>in</strong>em<br />
wachsenden Anteil älterer Menschen<br />
sowie Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen müssen. Was<br />
bedeutet dies aber konkret für die Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Infrastruktur <strong>in</strong> unseren<br />
Städten?<br />
<strong>Qualität</strong>, Vielfalt und Flexibilität<br />
Der Bereich <strong>der</strong> sozialen Infrastruktur ist<br />
auf den ersten Blick recht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>zuschätzen:<br />
Schrumpfungsprozesse bedeuten<br />
e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Nachfrage nach<br />
Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen (Schulen, Kitas,<br />
Kirchen etc.) sowie e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />
Kaufkraft. Tragfähigkeits- und F<strong>in</strong>anzierungsprobleme,<br />
(Teil-)Rückbau o<strong>der</strong> sogar<br />
Schließungen von Infrastrukturen drohen.<br />
E<strong>in</strong> Rückbau von Infrastruktur ist jedoch<br />
mehr als nur e<strong>in</strong> technisch-baulicher<br />
Vorgang. E<strong>in</strong>e Infrastrukturschließung<br />
ist gleichzeitig mit e<strong>in</strong>em Verlust an Lebensqualität<br />
verbunden und wird häufig<br />
emotional von den Bewohnern auch<br />
mit e<strong>in</strong>em Gefühl des Nie<strong>der</strong>gangs des<br />
gesamten Stadtteils <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht.<br />
Daher s<strong>in</strong>d Ideen zu den Themen<br />
M<strong>in</strong>deststandards, Kosteneffizienz,<br />
Trägerstrukturen und flexible E<strong>in</strong>heiten<br />
gefragt (z.B. Mehrfachnutzung von E<strong>in</strong>richtungen).<br />
Gleichzeitig wachsen mit<br />
e<strong>in</strong>er Ausdifferenzierung <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Infrastrukturen.<br />
So paradox es kl<strong>in</strong>gt, nicht<br />
nur e<strong>in</strong> Weniger, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> Mehr<br />
an <strong>Qualität</strong>, Vielfalt und Flexibilität s<strong>in</strong>d<br />
zentrale Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> künftigen<br />
Infrastrukturplanung. Stärker noch zeigt<br />
sich die Komplexität <strong>der</strong> Herausforde-<br />
rungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> technischen Infrastruktur<br />
o<strong>der</strong> im Verkehrsbereich. Zum<strong>in</strong>dest<br />
für westdeutsche Kommunen verlaufen<br />
Schrumpfungsprozesse sehr diffus ab<br />
und s<strong>in</strong>d eher mit e<strong>in</strong>er schleichenden<br />
Entdichtung <strong>der</strong> Siedlungsgebiete ver-<br />
bunden. Dementsprechend steigt <strong>der</strong><br />
spezifische Pro-Kopf-Aufwand: Immer<br />
weniger Bevölkerung bezahlt für e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>mal<br />
geschaffenes Leitungssystem, das<br />
kaum an die demografische Entwicklung<br />
anzupassen ist. Gleichzeitig zeigt sich<br />
bei genauerem H<strong>in</strong>sehen, dass <strong>in</strong> den<br />
Kommunen Schrumpfung und Wachstum<br />
zugleich und nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ablaufen,<br />
zumeist kle<strong>in</strong>teilig sehr differenziert.<br />
So muss an e<strong>in</strong>er Stelle neue Infrastruktur<br />
geschaffen werden, während sie an<br />
e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Stelle überflüssig wird.<br />
Konsequenzen für Stadtentwicklung<br />
und Infrastruktur<br />
Für die Kommune wird es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadtentwicklung<br />
wichtig se<strong>in</strong>, zukünftige<br />
Entwicklung nicht nur abzuwarten, son<strong>der</strong>n<br />
bereits jetzt aktiv die Infrastrukturplanung<br />
den kommenden Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />
anzupassen und auf e<strong>in</strong><br />
möglichst ausbalanciertes Infrastrukturmanagement<br />
aufzubauen. Dies bedeu-<br />
tet e<strong>in</strong>e stärkere Fokussierung auf die<br />
Bestands- und Innenentwicklung sowie<br />
den Aufbau e<strong>in</strong>es ausbalancierten Infrastrukturmanagements<br />
mit Nutzung<br />
von organisatorischen Lösungen. Bei<br />
<strong>der</strong> Ausweisung neuer Baugebiete s<strong>in</strong>d<br />
im Vorfeld Kapazitätsgesichtspunkte <strong>der</strong><br />
vorhandenen Infrastruktur abzuklären,<br />
kumulierte Effekte mehrerer Baugebiete<br />
zu prüfen und möglichst auch Kosten-<br />
Effizienz-Abschätzungen für neue Baugebiete<br />
vorzunehmen (vgl. LEAN2).<br />
Bisherige Wachstumsparadigmen, die<br />
den Fokus auf e<strong>in</strong>en Zuwachs an E<strong>in</strong>wohnern,<br />
Fläche und Infrastruktur legen,<br />
sollten durch flexiblere Umbaustrategien<br />
ersetzt werden. Kosteneffiziente<br />
Bestandserhaltung, Stabilisierung und<br />
Revitalisierung sowie e<strong>in</strong>e qualitative<br />
Entwicklung (Wohnumfeld, Infrastruktur,<br />
Verkehr etc.) rücken <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Zukünftig wird die Infrastrukturentwicklung<br />
von e<strong>in</strong>er Doppelstrategie geprägt<br />
se<strong>in</strong>: E<strong>in</strong>erseits wird es darauf ankommen,<br />
Infrastruktur entsprechend den<br />
Folgen des demografischen Wandels<br />
anzupassen (z.B. multifunktionale, flexible<br />
Gebäudenutzung, Anpassung <strong>der</strong><br />
Ausstattungsstandards, barrierefreies<br />
Wohnumfeld), an<strong>der</strong>erseits ist es auch<br />
im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Kommune, dem demografischen<br />
Wandel durch familienfreundlichere<br />
Angebote und Stadtentwicklungsplanung<br />
entgegenzuwirken.<br />
Politik und Verwaltung auf kommunaler<br />
Ebene ist gut damit beraten, den demografischen<br />
Wandel mit se<strong>in</strong>en Konsequenzen<br />
transparent zum öffentlichen<br />
Thema zu machen und geme<strong>in</strong>sam mit<br />
Bürgern, Ehrenamtlichen und Infrastrukturträgern<br />
Ziele und Handlungsfel<strong>der</strong><br />
daraus abzuleiten.<br />
Der Artikel basiert auf e<strong>in</strong>em Vortrag<br />
auf <strong>der</strong> NRW-„Ab <strong>in</strong> die Mitte“-Abschlusskonferenz<br />
im Dez. 2007.<br />
Weitere Infos: Dr. Michael Frehn<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong><br />
7
8<br />
Alternativen zur Stadtbahn<br />
Möglichkeiten trassengebundener Bussysteme <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Großstädten<br />
In loser Folge stellen wir zukünftig aktuelle Diplomarbeiten studentischer Mitarbeiter unseres Büros <strong>in</strong> den Projektskizzen<br />
vor. Den Anfang dieser Reihe macht Felix Blasch. Er untersucht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Arbeit die Möglichkeiten und Grenzen des E<strong>in</strong>satzes<br />
von hochwertigen Bus-Transportsystemen und ihrer städtebaulichen Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Machbarkeitsstudie am Beispiel <strong>der</strong><br />
Stadt Regensburg.<br />
Investitionen <strong>in</strong> den Auf- und Ausbau <strong>der</strong><br />
Infrastruktur schienengebundener Nahverkehrsmittel,<br />
<strong>der</strong>en Folgekosten sowie<br />
die im Vergleich zu Bussystemen höheren<br />
Betriebskosten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Großstädten<br />
zwischen 100.000 und 200.000<br />
E<strong>in</strong>wohnern mitunter nicht durch e<strong>in</strong><br />
entsprechend hohes Fahrgastaufkommen<br />
gedeckt. Stadtbahn-relevante<br />
Querschnittsbelastungen werden meist<br />
nur auf wenigen zentralen Streckenabschnitten<br />
und nur durch die Bündelung<br />
mehrerer L<strong>in</strong>ien erreicht, während<br />
die Fahrgastpotenziale an Außenästen<br />
des Streckennetzes ke<strong>in</strong>en schienengebundenen<br />
ÖV rechtfertigen. Die Auslastung<br />
leistungsfähiger Stadtbahnl<strong>in</strong>ien<br />
durch Bus-Zubr<strong>in</strong>gerverkehre ist für<br />
den Fahrgast unattraktiv, da umsteigebed<strong>in</strong>gte<br />
Fahrzeitverluste aufgrund ger<strong>in</strong>ger<br />
durchschnittlicher Reiseweiten <strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>eren Verkehrsräumen nicht ausgeglichen<br />
werden können.<br />
Bus-Systemlösungen als<br />
Alternative zur Stadtbahn<br />
E<strong>in</strong>ige europäische Städte dieser Größenordnung<br />
greifen daher auf Lösungen im<br />
Busbereich zurück. Jüngstes Beispiel ist<br />
e<strong>in</strong> Ende 2006 im französischen Nantes<br />
<strong>in</strong> Betrieb genommenes neues Bus-<br />
Transportsystem, das mit mo<strong>der</strong>nen Erdgasbussen<br />
auf e<strong>in</strong>er ausschließlich dem<br />
Busverkehr vorbehaltenen Vorrangtrasse<br />
die südöstliche Peripherie an das Stadtzentrum<br />
anb<strong>in</strong>det. Mit e<strong>in</strong>er Beför<strong>der</strong>ungsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
von 22 km/h, e<strong>in</strong>er<br />
attraktiven Kursfolge von bis zu 4 M<strong>in</strong>uten<br />
<strong>in</strong> den Spitzenzeiten, barrierefreien<br />
Haltestellen mit gehobener Ausstattung<br />
und dynamischem Fahrgast<strong>in</strong>formationssystem<br />
sowie e<strong>in</strong>em ansprechend<br />
gestalteten Umfeld stellt die „BusWay“<br />
genannte L<strong>in</strong>ie 4 aus Sicht <strong>der</strong> Fahrgäste<br />
e<strong>in</strong> Transportsystem auf Stadtbahn- Niveau<br />
dar. Die Vorteile <strong>der</strong> busbasierten<br />
Transportsysteme liegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> schnellen<br />
Realisierbarkeit, den vergleichsweise<br />
ger<strong>in</strong>gen Kosten von ca. 4 bis 6 Mio. Euro<br />
je Strecken-km <strong>in</strong>klusive Fahrzeuge und<br />
Gestaltung des öffentlichen Raums und<br />
ihrer hohen Leistungsfähigkeit.<br />
In Utrecht beför<strong>der</strong>n Doppelgelenkbusse<br />
auf e<strong>in</strong>er Vorrangtrasse <strong>in</strong> hoher Taktdichte<br />
bis zu 3.400 Personen/Richtung <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Spitzenstunde und <strong>in</strong>sgesamt 36.000<br />
Fahrgäste am Tag. Die Bus- Systemlösung<br />
erlaubt für den Fahrgast angenehmere<br />
ungebrochene Verkehrsverb<strong>in</strong>dungen,<br />
<strong>in</strong>dem nachfrageschwächere periphere<br />
L<strong>in</strong>ienäste auf stark frequentierten zentralen<br />
Streckenabschnitten zu e<strong>in</strong>em attraktiven<br />
Angebot mit dichter Taktfolge<br />
gebündelt werden.<br />
ÖPNV-Trassen als<br />
Aufwertungsmaßnahme<br />
Die Aufgaben solcher hochwertigen Bus-<br />
Transportsysteme gehen dabei über die<br />
bloße Transportfunktion h<strong>in</strong>aus. Über<br />
e<strong>in</strong>e bewusste Komb<strong>in</strong>ation von Trassen-<br />
und Siedlungsplanung sollen ÖV-aff<strong>in</strong>e<br />
Raumstrukturen geschaffen werden, um<br />
die Verlagerung von Verkehr vom MIV<br />
auf den ÖV zu för<strong>der</strong>n. Im Bestand führt<br />
e<strong>in</strong>e qualitätvolle gestalterische Integration<br />
<strong>der</strong> Trassen zu e<strong>in</strong>er Aufwertung <strong>der</strong><br />
durchfahrenen Stadträume und trägt zur<br />
Stimulation von privaten Investitionen<br />
bei. Zwar zeichnet sich ab, dass sowohl<br />
die Verlagerungswirkung <strong>der</strong> Bussysteme<br />
als auch die Auswirkungen auf die<br />
Stadtentwicklung etwas schwächer ausgeprägt<br />
s<strong>in</strong>d als dies bei Stadtbahnsystemen<br />
mitunter <strong>der</strong> Fall ist, aber sie stellen<br />
im Vergleich zu herkömmlichen L<strong>in</strong>ienbusverkehren<br />
e<strong>in</strong>e erhebliche qualitative<br />
Verbesserung des ÖPNV dar.<br />
Die Diplomarbeit „Alternativen zur<br />
Stadtbahn“ untersucht anhand <strong>der</strong> Beispiele<br />
BusWay Nantes, TEOR Rouen,<br />
Phileas E<strong>in</strong>dhoven und HOV-System<br />
(hochwaardig openbaar vervoer) Utrecht<br />
verschiedene technische und städtebaulich-gestalterische<br />
Lösungen. E<strong>in</strong>e<br />
städtebauliche Machbarkeitsstudie am<br />
Beispiel e<strong>in</strong>er deutschen Großstadt zeigt<br />
Möglichkeiten und Grenzen des E<strong>in</strong>satzes<br />
und <strong>der</strong> städtebaulichen Integration <strong>in</strong>novativer<br />
Bus-Transportsysteme auf.<br />
Weitere Infos:<br />
Felix Blasch<br />
Gleichzeitige Erstellung von Bebauung und ÖV-Trasse <strong>in</strong> E<strong>in</strong>dhoven-Meerhoven
Flächenpotenziale auf Stadtbrachen<br />
Perspektiven des Siedlungsbestandes für die zukünftige Wohnungsnachfrage<br />
Welche Potenziale und Handlungsansätze ergeben sich für e<strong>in</strong>e auf Innenentwicklung und Flächensparen ausgerichtete Siedlungsentwicklung?<br />
Im Auftrag des Umweltbundesamtes untersucht die <strong>Planersocietät</strong> zusammen mit dem ECOLOG-Institut anhand<br />
konkreter Fallstudien Ansätze zur För<strong>der</strong>ung des Flächensparens auf dem Wochnungs- und Immobilienmarkt. Das Projekt<br />
aus dem Umweltforschungsplan hat e<strong>in</strong>e Laufzeit von Januar <strong>2008</strong> bis März 2010.<br />
Trotz <strong>der</strong> prognostizierten rückläufigen<br />
Bevölkerungszahlen gehen Modellrechnungen<br />
des Bundesamtes für Bauwesen<br />
und Raumordnung (BBR) davon aus, dass<br />
bis 2020 etwa 2,9 Mio. Neubauwohnungen<br />
zusätzlich entstehen müssen.<br />
Hauptursachen s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> steigende Wohnflächenbedarf,<br />
<strong>der</strong> Trend zu kle<strong>in</strong>eren<br />
Haushalten und die ger<strong>in</strong>ge Umzugsbereitschaft<br />
älterer Haushalte. Die Schwerpunkte<br />
<strong>der</strong> Neubautätigkeit beim Eigenheimbau<br />
wird im Umland wachsen<strong>der</strong><br />
Stadtregionen erwartet, jedoch wird<br />
sich auch <strong>in</strong> schrumpfenden und stagnierenden<br />
Stadtregionen e<strong>in</strong> erhöhter<br />
Bedarf an Neubauwohnungen ergeben.<br />
Richtet sich die Nachfrage auf Standorte<br />
<strong>der</strong> Außenentwicklung, s<strong>in</strong>d nachteilige<br />
sozio-ökonomische und ökologische<br />
Wirkungen zu befürchten: Leerstandsrisiken<br />
<strong>in</strong> den Siedlungskernen, Ausbau <strong>der</strong><br />
technischen und sozialen Infrastrukturen,<br />
Verkehrsfolgen, Emissionen und Flächenversiegelung<br />
sowie zusätzliche f<strong>in</strong>anzielle<br />
Belastungen <strong>der</strong> Kommunen. Im Gegensatz<br />
dazu könnten sich aber auch Chancen<br />
für die Wie<strong>der</strong>nutzung von Brachflächen<br />
sowie für kle<strong>in</strong>teilige Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Innenentwicklung und Bestandsqualifizierung<br />
mit stabilisierenden und sogar<br />
E<strong>in</strong>e Auswahl an <strong>in</strong>teressanten neuen Projekten<br />
Rheda-Wiedenbrück - Kommunaler<br />
Handlungsrahmen sozialer Wohnungsbau:<br />
Herausarbeitung von Vorrangflächen<br />
für den sozialen Wohnungsbau<br />
(Auftraggeber: Stadt<br />
Rheda-Wiedenbrück)<br />
OWL - Perspektiven für die Baukultur:<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>er <strong>Qualität</strong>sstrategie<br />
für qualitätvollen nachfrageorientierten<br />
Städtebau: Modellvorhaben zur<br />
Nationalen Stadtentwicklungspolitik<br />
des BMVBS (Auftraggeber: Stadt Gütersloh)<br />
effizienzsteigernden Effekten eröffnen.<br />
Die Studie geht diesen Wirkungsketten<br />
für alternative Entwicklungspfade <strong>in</strong> den<br />
drei ausgewählten Modellregionen Halle/Saale,<br />
Hannover und Stuttgart nach.<br />
Vor dem H<strong>in</strong>tergrund unterschiedlicher<br />
demographischer und wirtschaftlicher<br />
Perspektiven <strong>in</strong> den Regionen sollen<br />
Szenarien <strong>der</strong> künftigen Wohnungsnachfrage<br />
und realistische Strategien zur<br />
Steuerung des Wohnungs- und Baulandangebotes<br />
analysiert und gegenübergestellt<br />
werden. Dazu müssen E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />
<strong>der</strong> Nachfrage- (Verän<strong>der</strong>ung von<br />
Bevölkerung und Haushalten, Standortpräferenzen)<br />
und Angebotsseite (Potenziale<br />
durch Flächenrecycl<strong>in</strong>g, Nachverdichtung<br />
und im Wohnungsbestand,<br />
Flächenneu<strong>in</strong>anspruchnahme) auf ihre<br />
regionale Wirkung h<strong>in</strong> abgeschätzt werden.<br />
Instrumente zur Reduzierung des<br />
Flächenverbrauchs<br />
Die Frage nach <strong>der</strong> Steuerungswirkung<br />
von Handlungsansätzen ist eng mit den<br />
Wohnungsmarktszenarien verknüpft.<br />
Hier stehen erprobte und neuartige planerische<br />
und ökonomische Instrumente<br />
Wessel<strong>in</strong>g - Innenstadtkonzept: im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Regionalen 2010 wird für<br />
die Rhe<strong>in</strong>stadt Wessel<strong>in</strong>g die Initiative<br />
Integrierte Innenstadtentwicklung (I3)<br />
erarbeitet; <strong>in</strong> ARGE mit Büro Frauns<br />
(Auftraggeber: Stadt Wessel<strong>in</strong>g)<br />
Stadtbrachen - Neubau und Umnutzungspotentiale:<br />
Fallstudien und Instrumente<br />
zur Aktivierung von Brachflächen<br />
<strong>in</strong> unterschiedlichen Modellregionen<br />
(Stuttgart, Hannover, Halle/<br />
Saale); <strong>in</strong> ARGE mit ECOLOG-Institut<br />
(Auftraggeber: Umweltbundesamt)<br />
zur Steuerung <strong>der</strong> Flächenentwicklung<br />
auf dem Prüfstand. Dabei geht es vor<br />
allem um die Unterstützung und Aktivierung<br />
privatwirtschaftlichen Engagements<br />
zur Wie<strong>der</strong>nutzung von Stadtbrachen<br />
und zur Aufwertung bestehen<strong>der</strong><br />
Siedlungen. Insgesamt möchte das Projekt<br />
den wirtschaftlichen und sozialen<br />
Nutzen von Flächenstrategien transparent<br />
machen, die gezielt auf Flächenrecycl<strong>in</strong>g<br />
sowie flächensparsame und<br />
kosteneffiziente Siedlungsstrukturen<br />
setzen. Dabei werden Nachfragetrends<br />
bei Themen wie „Wohnen für Familien“,<br />
„Bildung von Wohneigentum“ und „Altersversorgung“<br />
berücksichtigt.<br />
Im Rahmen des Projektes werden mehrere<br />
Projektworkshops für die Fachöffentlichkeit<br />
und für <strong>in</strong>teressierte kommunale<br />
Planer durchgeführt. Sie dienen<br />
dazu, am Beispiel regionale Entwicklungskorridore<br />
auszuloten und Handlungsspielräume<br />
mit den Akteuren vor<br />
Ort zu diskutiertieren. Interessenten<br />
für diese Workshops können sich bei <strong>der</strong><br />
<strong>Planersocietät</strong> melden.<br />
Weitere Infos:<br />
Andreas Beile<strong>in</strong>/ Dr. Michael Frehn<br />
Dase<strong>in</strong>svorsorge und Nahverkehrsplanung<br />
- FOPS-Projekt: Leitfaden für<br />
die Aufstellung von Nahverkehrsplänen<br />
unter Berücksichtigung ausschreibungsfähiger<br />
Standards und Ansprüchen<br />
älterer Menschen; <strong>in</strong> ARGE mit TU<br />
Dortmund (Auftraggeber: BMVBS)<br />
Oberhausen - Verkehrsgutachten<br />
zum Bebauungsplan Am Tüsselbeck<br />
Abschätzung Verkehrsaufkommen, Bewertung<br />
Verträglichkeit & Leistungsfähigkeit,<br />
Optimierung Knotenpunkte<br />
(Auftraggeber: privater Bauträger)<br />
9<br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong>
10<br />
Belange älterer Menschen im ÖPNV<br />
Dase<strong>in</strong>svorsorge und Dienstleistungsqualität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nahverkehrsplanung<br />
Die Aufgabenträger des ÖPNV s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> zentralen Frage konfrontiert, welche Leistungen sie zukünftig (noch) f<strong>in</strong>anzieren können.<br />
Gleichzeitig verän<strong>der</strong>n sich die Struktur <strong>der</strong> Fahrgäste und <strong>der</strong>en Bedürfnisse. Wie kann unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen die Dase<strong>in</strong>svorsorge<br />
für unterschiedliche Nutzergruppen dauerhaft gewährleistet werden? Wie kann Dase<strong>in</strong>svorsorge im Nahverkehrsplan <strong>in</strong><br />
konkrete Standards für Bedienungshäufigkeiten o<strong>der</strong> Haltestellenentfernungen übersetzt werden? Diesen und an<strong>der</strong>en Fragen<br />
geht das Forschungsprojekt „Dase<strong>in</strong>svorsorge und Dienstleistungsqualität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nahverkehrsplanung unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Belange älterer Verkehrsteilnehmer“ (FOPS 73.331) im Auftrag des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
nach. Das Projekt wird vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung betreut.<br />
Nahverkehrspläne bilden die Grundlage<br />
<strong>der</strong> Angebotsgestaltung im ÖPNV<br />
und SPNV. Unterschiedliche öffentliche<br />
Ansprüche wie Dase<strong>in</strong>svorsorge, Umweltstandards<br />
o<strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tengleichstellung<br />
stehen häufig im Konflikt mit<br />
beispielsweise betrieblicher Optimierung<br />
und wirtschaftlicher Effizienz des<br />
öffentlichen Nahverkehrs. Auch die Ansprüche<br />
unterschiedlicher Nutzergruppen<br />
können zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> Konkurrenz<br />
stehen: z. B. Pendler und Schüler auf <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>en Seite, die ihren Weg mit dem öffentlichen<br />
Nahverkehr direkt und schnell<br />
zurücklegen wollen mit den <strong>in</strong> ihrer Bewegungsfähigkeit<br />
e<strong>in</strong>geschränkten älteren<br />
Menschen auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite,<br />
die kürzere Fußwege zu den Haltestellen<br />
und damit e<strong>in</strong>e engmaschigere Erschließung<br />
benötigen. Letztere nehmen für<br />
dieses Ziel auch verlängerte Reisezeiten<br />
<strong>in</strong> Kauf. Die Aufgabenträger werden<br />
daher zukünftig stärker mit <strong>der</strong> zentralen<br />
Frage konfrontiert, welche ÖPNV-<br />
Leistungen für sie realisierbar s<strong>in</strong>d und<br />
wie sie diese vor dem H<strong>in</strong>tergrund steigen<strong>der</strong><br />
Nutzeranfor<strong>der</strong>ungen und e<strong>in</strong>er<br />
sich än<strong>der</strong>nden Nachfragestruktur verträglich<br />
organisieren sollen.<br />
Erstellung e<strong>in</strong>er Arbeitshilfe für<br />
Aufgabenträger<br />
Zentrales Ziel des Projekts, das die <strong>Planersocietät</strong><br />
geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> TU Dortmund<br />
[Fachgebiet Verkehrswesen und<br />
Verkehrsplanung] bearbeitet, ist die Erarbeitung<br />
e<strong>in</strong>er Arbeitshilfe für die Aufstellung<br />
von Nahverkehrsplänen. Sie soll<br />
Aufgabenträger bei <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong><br />
Dase<strong>in</strong>svorsorge und <strong>der</strong> Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Dienstleistungsqualität unterstützen.<br />
Neben methodisch-prozessualen<br />
und <strong>in</strong>haltlichen Fragestellungen werden<br />
H<strong>in</strong>weise zur Umsetzung verkehrspolitischer<br />
Ziele und die Übersetzung <strong>in</strong><br />
ausschreibungsfähige Rahmenvorgaben<br />
gegeben. Dabei bilden die Herausarbeitung<br />
<strong>der</strong> Ansprüche älterer Menschen an<br />
den Nahverkehr und <strong>der</strong>en Übersetzung<br />
<strong>in</strong> Angebotsstandards e<strong>in</strong>en Schwerpunkt<br />
des Projekts.<br />
Die Projektbearbeitung basiert auf e<strong>in</strong>er<br />
mehrstufigen Delphi-Befragung, e<strong>in</strong>er<br />
Auswertung aktueller Nahverkehrspläne,<br />
e<strong>in</strong>er Sammlung und Analyse von Good-<br />
Practice-Beispielen sowie mehreren<br />
Expertenworkshops. Durch die Aufbereitung<br />
<strong>der</strong> relevanten rechtlichen, fachlichen<br />
und methodischen Grundlagen<br />
erfolgt e<strong>in</strong>e systematische Aufarbeitung<br />
<strong>der</strong> unterschiedlichen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an den ÖPNV, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aus den Ansprüchen<br />
älterer Nutzer.<br />
Praxisnahe Vorgehensweise und Erfassung<br />
guter Beispiele<br />
Beson<strong>der</strong>er Wert wird auf e<strong>in</strong>e praxisnahe<br />
Vorgehensweise gelegt. Anhand<br />
von Beispielen aus <strong>der</strong> Planungspraxis<br />
werden <strong>der</strong> heutige Umgang mit den<br />
aufgeworfenen Fragen zur Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Belange älterer Menschen<br />
sowie <strong>in</strong>novative Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nahverkehrsplanung<br />
untersucht und dokumentiert.<br />
Gleichzeitig erfolgt e<strong>in</strong>e Bewertung <strong>der</strong><br />
Übertragbarkeit sowie <strong>der</strong> Erfolgsfaktoren<br />
und Hemmnisse. Die aussagekräftigsten<br />
Beispiele werden <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
Handbuches aufbereitet und dienen somit<br />
auch <strong>der</strong> Information <strong>der</strong> Fachöffentlichkeit.<br />
Sie sollen nicht nur Anregungen<br />
aus <strong>der</strong> Praxis für die Praxis vermitteln,<br />
son<strong>der</strong>n auch den Erfahrungsaustausch<br />
zwischen den Aufgabenträgern, Kommunen<br />
sowie den Verkehrsunternehmen<br />
för<strong>der</strong>n.<br />
Gute Beispiele gesucht:<br />
Wenn Sie gute Beispiele o<strong>der</strong> Ansätze<br />
kennen o<strong>der</strong> Interesse an e<strong>in</strong>er Mitwirkung<br />
und Diskussion haben, melden Sie<br />
sich bitte bei<br />
Marc Lucas Schulten<br />
Infos: www.nahverkehrsplaene.de<br />
E<strong>in</strong> Beispiel <strong>der</strong> Bereitstellung e<strong>in</strong>es ÖV Angebotes im ländlichen Raum?
Begegnungszonen bald auch<br />
<strong>in</strong> Deutschland?<br />
Wer hat´s erfunden ... ? Die Schweiz hat es mal wie<strong>der</strong> vorgemacht! Seit dem 1. Januar 2002 gibt es die Begegnungszone im<br />
Schweizer Straßenverkehrsrecht. Das Konzept <strong>der</strong> Begegnungszone wird mit e<strong>in</strong>fachen Mitteln ohne große bauliche Maßnahmen<br />
umgesetzt und stellt damit e<strong>in</strong>e Alternative zur aufwändigen und teuren verkehrsberuhigten Zone <strong>in</strong> Deutschland dar. Nachdem<br />
Frankreich und Belgien die Begegnungszone ebenfalls erfolgreich übernommen haben, besteht auch <strong>in</strong> Deutschland Interesse an<br />
e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung. Die <strong>Planersocietät</strong> begleitet e<strong>in</strong>en ersten Übertragungsversuch <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.<br />
Begegnungszonen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz<br />
für Wohn- o<strong>der</strong> Geschäftsstraßen e<strong>in</strong>gesetzt,<br />
die e<strong>in</strong>e hohe Fußgängerfrequenz<br />
aufweisen und als Spiel- und Kommunikationsort<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Funktion<br />
besitzen. Fußgänger dürfen die ganze<br />
Verkehrsfläche benutzen. Sie s<strong>in</strong>d gegenüber<br />
den Kfz-Fahrern zwar vortrittberechtigt,<br />
dürfen jedoch die Fahrzeuge<br />
nicht unnötig beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Die Philosophie<br />
<strong>der</strong> Begegnungszone setzt, wie beim nie<strong>der</strong>ländischen<br />
Ansatz „shared space“, auf<br />
Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, Freiwilligkeit und Interaktion<br />
<strong>der</strong> Verkehrsteilnehmer.<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Umgestaltung<br />
<strong>der</strong> Straßenräume s<strong>in</strong>d relativ ger<strong>in</strong>g:<br />
durch Tore o<strong>der</strong> torähnliche Situationen<br />
wird dem Autofahrer <strong>der</strong> Übergang <strong>in</strong><br />
die Begegnungszone verdeutlicht. Weiterh<strong>in</strong><br />
werden flankierende Maßnahmen<br />
(Markierungen, Bänke, Spielgeräte) umgesetzt,<br />
um das Ziel <strong>der</strong> Verkehrsberuhigung<br />
zu erreichen. Wichtig ist <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Schweiz, dass das Konzept nicht von oben<br />
angeordnet wird, son<strong>der</strong>n zusammen mit<br />
den Bewohnern <strong>in</strong> Straßengesprächen<br />
entwickelt wird, denn nur dann wird die<br />
Straße auch durch die Anwohner und Besucher<br />
mit Leben gefüllt.<br />
Im Rahmen des ExWoSt-Modellvorhabens<br />
„Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume“<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt Frankfurt soll das<br />
Konzept zum ersten Mal auf e<strong>in</strong>e deutsche<br />
Stadt übertragen werden. Dazu<br />
sollen noch <strong>in</strong> diesem Jahr drei Wohnstraßen<br />
im Stadtteil Nordend zu Begegnungszonen<br />
werden. Geplant s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />
großen bauliche Maßnahmen, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>in</strong>tensive Gespräche vor Ort und <strong>in</strong>novative<br />
Elemente <strong>der</strong> Straßenmarkierung. In<br />
<strong>der</strong> Schweiz konnte sich e<strong>in</strong>e Delegation<br />
<strong>der</strong> Frankfurter Verwaltung zusammen<br />
mit <strong>der</strong> <strong>Planersocietät</strong> e<strong>in</strong> Bild von den<br />
Möglichkeiten, Wirkungen und Erfahrungen<br />
machen.<br />
Dabei standen unterschiedliche Räume<br />
und Umsetzungsbeispiele im Fokus:<br />
In Biel wurde <strong>der</strong> Zentralplatz, e<strong>in</strong> Projekt<br />
am ehesten im S<strong>in</strong>ne des nie<strong>der</strong>ländischen<br />
shared-space-Ansatzes, besichtigt.<br />
Die Umsetzung erfolgte fast<br />
ohne verkehrsordnungsrechtliche<br />
Maßnahmen, obwohl <strong>der</strong> Platz täglich<br />
von 12.000 Fahrzeugen und 1.200 Bussen<br />
befahren wird. In <strong>der</strong> Begegnungszone,<br />
begegnen und respektieren sich<br />
die Verkehrsteilnehmer.<br />
In St. Gallen wurde die StadtLounge<br />
besichtigt, e<strong>in</strong> eher künstlerisches<br />
Projekt - ganz <strong>in</strong> rot - das <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
dazu diente, e<strong>in</strong>en ehemaligen H<strong>in</strong>terhofbereich<br />
am Cityrand aufzuwerten<br />
und e<strong>in</strong>e neue Identität zu geben. Inzwischen<br />
besitzt das Projekt e<strong>in</strong>e Signalwirkung<br />
für das gesamte Quartier<br />
und wird sehr gut angenommen.<br />
In Bern wurden mehrere Straßen besichtigt,<br />
die mit e<strong>in</strong>fachen Mitteln und<br />
Markierungen <strong>in</strong> Begegnungszonen<br />
umgewandelt wurden. Wichtig war dabei<br />
- wie e<strong>in</strong> Schweizer Vertreter erklärte<br />
- immer auch die frühe Beteiligung<br />
und das Engagement <strong>der</strong><br />
Bewohner. So konnten Straßen von<br />
den Anwohnern zurück erobert und<br />
Nutzungskonflikte m<strong>in</strong>imiert werden.<br />
Die Vertreter <strong>der</strong> Stadt Frankfurt konnten<br />
sich e<strong>in</strong> Bild davon machen, wie unterschiedlich<br />
Begegnungszonen umgesetzt<br />
werden können. Es wurde deutlich, dass<br />
für den Erfolg e<strong>in</strong>er Begegnungszone das<br />
Verhältnis zwischen Fußgängerfrequenz<br />
und Kfz-Zahl relativ ausgeglichen se<strong>in</strong><br />
sollte. Zudem zeigten sich die Vorteile <strong>der</strong><br />
flexiblen Umsetzung und die hohe Akzeptanz<br />
<strong>der</strong> Bewohner. Die <strong>Planersocietät</strong><br />
bereitet die gewonnenen Kenntnisse auf<br />
und begleitet nunmehr im weiteren Verlauf<br />
mit e<strong>in</strong>er Vorher-Nachher-Untersuchung<br />
die Anwendung für das Frankfurter<br />
Modellvorhaben.<br />
Exkursionsh<strong>in</strong>weis:<br />
Das Forum Mensch und Verkehr <strong>der</strong> SRL<br />
plant vom 16.-19.7. <strong>2008</strong> e<strong>in</strong>e Fachexkursion<br />
<strong>in</strong> die Schweiz, <strong>in</strong> welcher Begegnungszonen<br />
sowie neue Maßnahmen<br />
zur Fußgängerför<strong>der</strong>ung vorgestellt<br />
werden sollen. Plätze hierzu s<strong>in</strong>d noch<br />
frei; Anmeldungen bitte unter<br />
www.srl.de o<strong>der</strong> bei Dr. Michael Frehn<br />
(0231/589696-10)<br />
Weitere Infos:<br />
Dr. Michael Frehn o<strong>der</strong><br />
www.urbanes.nordend.de<br />
<strong>11</strong><br />
ProjektSkizzen <strong>11</strong> Frühjahr <strong>2008</strong>
12<br />
Bude, Büdchen, Tr<strong>in</strong>khallen - urbane Alltagsorte<br />
Sie heißen im Ruhrgebiet Bude, <strong>in</strong> Köln<br />
Büdchen und <strong>in</strong> Frankfurt Wasserhäuschen;<br />
<strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er hat se<strong>in</strong>en Spätverkauf<br />
und <strong>der</strong> Hamburger se<strong>in</strong>e Kaffeeklappe.<br />
Der fachliche Oberbegriff für alles ist die<br />
Tr<strong>in</strong>khalle, umgangssprachlich auch Kiosk<br />
genannt. Ca. 36.000 Tr<strong>in</strong>khallen gibt es<br />
<strong>der</strong>zeit noch <strong>in</strong> Deutschland, davon rund<br />
e<strong>in</strong> Drittel im Ruhrgebiet. Die ersten<br />
Tr<strong>in</strong>khallen entstanden <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts im Zuge <strong>der</strong><br />
Industrialisierung. Um den wachsenden<br />
Alkoholismus <strong>der</strong> Arbeiter e<strong>in</strong>zudämmen,<br />
för<strong>der</strong>ten die Städte die E<strong>in</strong>richtung von<br />
Tr<strong>in</strong>khallen, an denen M<strong>in</strong>eralwasser<br />
und an<strong>der</strong>e alkoholfreie Getränke angeboten<br />
wurden. Sie entstanden meist an<br />
den Werktoren <strong>der</strong> Zechen und Fabriken.<br />
Doch im Laufe <strong>der</strong> Zeit blieb es nicht beim<br />
Wasser. Inzwischen f<strong>in</strong>det man im Kiosk<br />
News & Kontakte<br />
Willkommen im Team!<br />
Seit Anfang des Jahres begrüßt die<br />
<strong>Planersocietät</strong> als neue Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
Julia Hampe und Marie Müller:<br />
Julia Hampe (Dipl.-Ing. Raumplanung),<br />
Jahrgang 1978, hat an <strong>der</strong> TU Dortmund<br />
studiert und arbeitet u.a. am ExWoSt-<br />
Projekt Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume<br />
im Frankfurter Nordend.<br />
Marie Müller (Dipl.-Ing. <strong>Stadtplanung</strong>),<br />
Jahrgang 1979, hat an <strong>der</strong> TU Hamburg-<br />
Harburg studiert und ist zuständig für<br />
Stadtentwicklungsprojekte und Projekte<br />
zum Thema Infrastrukturentwicklung<br />
und demografische Prognosen.<br />
fast alles, was man nebenbei zum Leben<br />
braucht. Im Angebot bef<strong>in</strong>det sich alles<br />
von Klümchen (Bonbons), Dosensuppe,<br />
Wun<strong>der</strong>tüten über Bier, Tabak, Brötchen<br />
bis zu Telefonkarten, Zeitschriften, Gurken,<br />
Eis und Kaugummi.<br />
Teil des Stadtbilds, das Büdchen<br />
Patrick Hoenn<strong>in</strong>ger, langjähriger Mitarbeiter<br />
Büro, ist Anfang des Jahres<br />
zur ILS NRW GmbH gewechselt. Wir<br />
wünschen ihm für se<strong>in</strong>e zukünftigen<br />
Aufgaben weiterh<strong>in</strong> viel Erfolg!<br />
Aktuelle Vorträge<br />
Andreas Beile<strong>in</strong> sprach im Februar<br />
auf <strong>der</strong> DVAG-Tagung <strong>in</strong> Passau zum<br />
Thema „Reduktionsansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschäftsstraßengestaltung“<br />
Ebenfalls stellte er im März bei <strong>der</strong><br />
Bezirksregierung <strong>in</strong> Köln das Projekt<br />
„LEAN² – Kommunale F<strong>in</strong>anzen und<br />
nachhaltiges Flächenmanagement“<br />
vor. Die Vorträge können Sie bei uns<br />
anfor<strong>der</strong>n.<br />
Die Öffnungszeiten wurden weiter ausgedehnt,<br />
so dass viele Tr<strong>in</strong>khallen heute<br />
sogar rund um die Uhr betrieben werden.<br />
Aus Liebe zu den Tr<strong>in</strong>khallen hat sich zur<br />
WM 2006 <strong>in</strong> Dortmund e<strong>in</strong> Kioskclub (1.<br />
KCMO 06) gegründet. Ziel ist die Erforschung<br />
und Pflege <strong>der</strong> Kioskkultur sowie<br />
die Vernetzung aller Kiosk<strong>in</strong>teressierten.<br />
Kioskausflüge und Büdchenfahrradtouren<br />
<strong>in</strong> Frankfurt und Dortmund sowie<br />
auch schon e<strong>in</strong> Hafen-Kiosk-Festival <strong>in</strong><br />
Hamburg standen bisher auf dem Programm<br />
des Kioskklubs.<br />
Weitere Infos:<br />
www.kcmo.de; sowie zur Geschichte <strong>der</strong><br />
Tr<strong>in</strong>khalle: „Kommse anne Bude – Tr<strong>in</strong>khallen-Geschichte(n)<br />
aus dem Revier“<br />
von Alf Rolla, ISBN 978-3-8313-1706-6,<br />
9,90 € (Wartberg-Verlag 2006)<br />
REFINA-NRW-Regionalkonferenz<br />
Am 8. Mai f<strong>in</strong>det auf E<strong>in</strong>ladung des<br />
NRW-Umweltm<strong>in</strong>isteriums <strong>in</strong> Bochum<br />
die REFINA-Regionalkonferenz statt,<br />
bei <strong>der</strong> u.a. auch das LEAN²-Projekt<br />
vorgestellt wird. Hierbei wird e<strong>in</strong> EDV-<br />
Tool zur fiskalischen Flächenbewertung<br />
erarbeitet und erprobt.<br />
Wie erreichen Sie uns?<br />
<strong>Planersocietät</strong><br />
Chemnitzer Str. 38, 44139 Dortmund<br />
Fon: 0231/589696-0; Fax: -18<br />
Internet: www.planersocietaet.de<br />
Das nächste ProjektSkizzen-<strong>Heft</strong> Nr.<br />
12 ersche<strong>in</strong>t im Herbst <strong>2008</strong>