Die Presse Schaufenster
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Achtung Kleingedrucktes. Was steht<br />
denn da? „Huschhusch, der schönste<br />
Vokal entleert sich“, 1934.<br />
<strong>Die</strong> Kunstgeschichte hat<br />
es sich mit Meret Oppenheim<br />
(1913–1985) leicht<br />
gemacht. Nachdem ihre<br />
berühmte „Pelztasse“ –<br />
eine Skulptur bestehend<br />
aus einer pelzüberzogenen<br />
Teetasse, einem ebensolchen Löffel<br />
und einem Unterdeckchen, der André Breton<br />
den Titel „Frühstück im Pelz“ gegeben<br />
hatte – vom Direktor des New Yorker<br />
Museum of Modern Art, Alfred H. Barr Jr.,<br />
1936 direkt aus einer Ausstellung in der<br />
Pariser Galerie Ratton heraus angekauft<br />
worden war, wurde sie als Künstlerin zeitlebens<br />
darauf festgelegt. Kaum ein Kompendium<br />
über das 20. Jahrhundert, in dem<br />
dieses Objekt nicht abgebildet ist.<br />
M. O., wie sie sich selbst nannte, war damit<br />
als Surrealistin schubladisiert. Zweifelsohne<br />
war der gerade einmal 24Jährigen,<br />
die der Wunsch, Künstlerin zu werden, vier<br />
Jahre zuvor nach Paris verschlagen hatte,<br />
mit diesem poetischerotisch ambivalenten<br />
Objekt ein Geniestreich gelungen – zum<br />
Nachsehen ihres übrigen Schaffens, das<br />
vergleichsweise ein Geheimtipp blieb,<br />
zumindest außerhalb der Schweiz, wo es<br />
Das Einmaleins<br />
der Meret Oppenheim<br />
Sie gilt als Grande Dame des Surrealismus. Eine Wiener<br />
Retrospektive erkundet die Schillernde nun umfassend.<br />
32 <strong>Schaufenster</strong><br />
Text: Johanna Hofleitner<br />
Porträt mit Tätowierung 1980. <strong>Die</strong><br />
Künstlerin als Kunstwerk, Privatsammlung<br />
Bern.<br />
Maske mit Bäh-Zunge. Ohne Jahresangabe.<br />
Oppenheims Humor verweist<br />
auf Comics und die Pop-Art.<br />
viele Sammler gibt und ihr Legat im Kunstmuseum<br />
Bern beheimatet ist.<br />
„Man kennt einige wenige Werke von Meret<br />
Oppenheim“, sagt Heike Eipeldauer, Ausstellungskuratorin<br />
am Bank Austria Kunstforum,<br />
„aber das GesamtŒuvre wurde bisher<br />
wenig beleuchtet. Obwohl sie gebürtige<br />
Berlinerin ist, ist ihr Werk in Deutschland<br />
wie in Österreich kaum präsentiert worden,<br />
außer in kleineren Institutionen wie<br />
1997 in der Galerie Krinzinger in Wien und<br />
bei einer Retrospektive in Hamburg“.<br />
Oppenheims Schaffen in seiner Komplexität<br />
und Bandbreite vorzustellen hat sich<br />
nun die gemeinsam mit dem Berliner MartinGropiusBau<br />
erarbeitete Ausstellung<br />
zum Ziel gesetzt. „<strong>Die</strong>se Vielschichtigkeit<br />
hat viel mit einer eigentümlichen Verknüpfung<br />
von Kunst und Person zu tun und mit<br />
ihrer Biografie. Sie stammt aus einer extrem<br />
freiheitsliebenden und kunstaffinen<br />
Familie, ihre Großmutter war Feministin,<br />
ihre Tante eine bekannte Kinderbuchillustratorin,<br />
verheiratet mit Hermann Hesse.“<br />
Den Wunsch, Künstlerin zu werden, hegte<br />
Meret Oppenheim schon als Teenager. Eine<br />
Fotos: Kunstforum der Bank Austria, VBK, Stefanie Berretta, Verscio, Peter Lauri, Bern, Roland Aellig , Heinz Günter Mebusch