Modena - Universität Augsburg
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Studienbericht <strong>Modena</strong>, Wintersemester<br />
2004/2005<br />
Eva Tuchenhagen<br />
Während des Wintersemesters 2004/05 habe ich ein Auslandsemester an der Fakultät „Lettere e<br />
Filosofia“ der <strong>Universität</strong> <strong>Modena</strong> absolviert.<br />
Gleich nach der Ankunft in <strong>Modena</strong> stand der Weg zum „Ufficio di Rapporti Internationali“ auf<br />
dem Programm, wo die Einschreibung an der <strong>Universität</strong> vorgenommen wird. In meinem Fall war<br />
das etwas heikel, da meine offiziellen Unterlagen aus unbekannten Gründen nicht in <strong>Modena</strong><br />
angekommen waren. Da ich aber im Vorfeld meines Italien-Aufenthaltes schon Kontakt zu meiner<br />
Erasmus-Betreuerin vor Ort aufgenommen hatte, war man „vorgewarnt“ - ich musste lediglich die<br />
Erasmus-Anmeldung ein zweites mal ausfüllen. Alle waren sehr freundlich und ob meines<br />
mangelnden Italienisch verständnisvoll.<br />
Im „Ufficio di Rapporti Internationali“ gab man mir eine Informationsbroschüre mit den Adressen,<br />
die ich aufsuchen sollte, um alle notwendigen Unterlagen zu bekommen, denn da <strong>Modena</strong> keinen<br />
Campus im eigentlichen Sinne hat, sind die <strong>Universität</strong>sgebäude im ganzen Stadtgebiet verteilt und<br />
man muss von „Pontius zu Pilatus laufen“, bis man Mensakarte, Studentenausweis etc. zusammen<br />
hat. Das dauerte seine Zeit, war aber letztlich kein Problem.<br />
Das Büro informierte die ausländischen Studenten außerdem darüber, dass sie sich eine amtliche<br />
Aufenthaltsgenehmigung ausstellen lassen müssten. Zwar kam mir das aufgrund der deutschen EU-<br />
Mitgliedschaft etwas komisch vor, dennoch wurde ich in der „Questura“ vorstellig und bekam<br />
meine „Permesso di Soggiorno“. Später habe ich erfahren, dass dieses Gesetzt zwar eigentlich für<br />
alle Ausländer gilt, aber Personen aus den „Kern-EU-Ländern“ in der Praxis darauf verzichten<br />
dürfen.<br />
Diese Formalitäten hatte ich in den ersten 1,5 Wochen meines <strong>Modena</strong>-Aufenthaltes erledigt,<br />
sodass das Studium beginnen konnte.<br />
An der Fakultät für „Lettere e Filosofia“ beginnen die Lehrveranstaltungen Anfang Oktober und<br />
enden an Weihnachten. Im Januar und Februar stehen nur Prüfungen auf dem Programm. [1]<br />
Dennoch kamen wir in etwa auf die gleiche Semesterstundenzahl wie in <strong>Augsburg</strong>, da in Italien die<br />
meisten Kurse 6stündig angeboten werden. Das ist für einen deutschen Studenten zunächst<br />
gewöhnungsbedürftig, z.B. weil man nicht so viele verschiedene Veranstaltungen belegen kann wie<br />
zu Hause und Überschneidungen der einzelnen Kurse die Erstellung eines Stundenplans<br />
erschweren.<br />
Weiter stellt die Organisation der modanesischen <strong>Universität</strong> für an hiesige Verhältnisse gewöhnten<br />
Studenten eine Herausforderung dar, da z.B. die Zeitpläne, bzw. Informationen darüber, welche<br />
Veranstaltungen überhaupt angeboten werden, erst am Wochenende vor Vorlesungsbeginn im<br />
Internet veröffentlicht werden.<br />
An der Fakultät für „Lettere e Filosofia“ gibt es hauptsächlich Vorlesungen, Seminare (mit<br />
Referaten und Hausarbeiten) sind nicht üblich. Auch besteht hier keine Anwesenheitspflicht [2] -<br />
Hauptsache ist, die Studenten haben sich den Stoff der Vorlesung zum festgesetzten (mündlichen /<br />
schriftlichen) Prüfungstermin im Januar / Februar angeeignet. Allerdings müssen Studenten, die<br />
nicht regelmäßig anwesend waren, zusätzliche Bücher lesen und darüber Auskunft geben können.<br />
Da die Fakultät relativ klein ist, entstanden kaum Probleme beim Finden der Räumlichkeiten, es sei<br />
denn, es gab während des Semesters kurzfristige Änderungen, dann hieß es erst mal Suchen, bzw.<br />
im Internet nachschauen.
Ich habe insgesamt drei Vorlesungen besucht – zwei in Geschichte („Neuere Geschichte“ und<br />
„Zeitgeschichte“) und eine in Politikwissenschaft („Politikgeschichte“), die ich alle sehr interessant<br />
fand.<br />
Untergebracht waren die meisten Erasmus-Studenten in einer Erasmus-Hostel im Stadtzentrum, der<br />
„Foresteria“. Ein Bett dort konnte man im Vorfeld des Auslandsemesters beim Erasmus-<br />
Koordinator der <strong>Universität</strong> <strong>Modena</strong> bestellen.<br />
Eigentlich hieß es, wir würden nur bis Oktober in dieser Foresteria wohnen und dann in ein neues<br />
Gebäude am Stadtrand umziehen, das ursprünglich bereits ein Jahr vorher hätte fertig sein sollen,<br />
tatsächlich aber auch während des WS 2004/05 nicht beziehbar wurde. Deshalb wohnte ich statt der<br />
erwarteten zwei Wochen während des gesamten Auslandssemesters in der alten Foresteria, was mir<br />
allerdings sehr recht war: Auch wenn die neue Foresteria, was die Ausstattung anbelangt,<br />
wesentlich komfortabler sein soll (z.B. pro Zweibettzimmer ein eigenes Bad, im Gegensatz zu den<br />
großen und nicht immer ganz sauberen Gemeinschaftsbadezimmern im alten Gebäude; bessere<br />
Kochmöglichkeiten etc.), liegt sie doch sehr weit außerhalb des Stadtzentrums und damit auch von<br />
Fakultät und Sprachenzentrum entfernt.<br />
Die meisten Zimmer in unserer Foresteria waren mit zwei Studenten belegt, wobei ich<br />
zufälligerweise das Glück hatte, ein Einzelzimmer zugewiesen zu bekommen.<br />
Zwischen uns aus ganz Europa zusammengewürfelten Studenten entstand schnell eine<br />
Gemeinschaft, sodass es wirklich schön war die Abende gemeinsam im Aufenthaltsraum zu<br />
verbringen. „Kleinere kulturelle Unterschiede“, wie die lautstarke Nachtaktivität der 36 Spanier,<br />
waren nicht zu ändern und mussten einfach ertragen werden.<br />
Trotzdem würde ich die Zeit und die vielen Kontakte in der Foresteria nicht missen wollen!<br />
Bedauerlicherweise sind wir (zumindest am Anfang) den „einfachen Weg“ gegangen und haben<br />
untereinander hauptsächlich Englisch statt Italienisch gesprochen. – Zum Schließen von<br />
Freundschaften war Englisch besser geeignet und Italienisch umgab uns ja wenigstens außerhalb<br />
der Foresteriamauern ständig.<br />
Wobei jedoch zumindest der universitäre Italienisch-Sprachkurs in der Qualität nicht mit dem<br />
Angebot an der <strong>Universität</strong> <strong>Augsburg</strong> zu vergleichen war: In den vier wöchentlichen Stunden lösten<br />
wir reihum Grammatikaufgaben, die Konversation etc. kam zu kurz. Die versprochenen ausgiebigen<br />
kulturellen Aktivitäten beschränkten sich auf einen Museumsbesuch und einen Stadtspaziergang.<br />
Dennoch hat der Sprachkurs durchaus Spaß gemacht und war alles in allem o.k.<br />
Wesentlich erfolgreicher war hingegen das vom Sprachenzentrum organisierte „Tandem-<br />
Programm“. Die ausländischen Studenten konnten ein Formular mit Angaben zu<br />
Sprachkenntnissen, Interessen etc. ausfüllen und bekamen dann einen muttersprachlichen<br />
Italienisch-Tandem-Partner zugewiesen. Von da an lag das weitere Vorgehen und damit auch der<br />
sprachliche Erfolg bei den Tandems selbst, z.B. in der Entscheidung wie häufig und lange man sich<br />
traf, wie oft deutsch und wie oft italienisch gesprochen wurde etc.<br />
Sehr wichtig zum Italienisch lernen war auch der Kontakt zu den italienischen Kommilitonen. Die<br />
meisten waren sehr nett und hörten sich das italienische Geradebrechte gerne an, man musste sich<br />
nur trauen. Das ist mir am Anfang ziemlich schwer gefallen, doch am Schluss hatte ich gleich drei<br />
„private Tandems“. [3]<br />
Auch das italienische Essen machte seinem Ruf alle Ehre. <strong>Modena</strong> hat nicht wie wir eine Mensa für<br />
alle Studenten, sondern die Studenten bekommen eine „Mensa-Karte“ mit der sie in insgesamt fünf<br />
Selbstbedienungsrestaurants im Stadtgebiet verbilligt speisen können. Dort ist die Auswahl groß,<br />
das Essen ist lecker und das Preis-Mengen-Verhältnis kein Vergleich zu Deutschland: für 3,45 Euro<br />
bekommt man Brot, ½ Liter Wasser, 1. Gang, 2. Gang, Beilage, Obst.<br />
Hervorragend ist auch die geographische Lage von <strong>Modena</strong>, die Tagesausflüge nach Venedig,
Genua, Verona, Florenz und vielen anderen sehr schönen Städten erlaubt. [4]<br />
Alles in allem kann ich sagen, dass die Monate in <strong>Modena</strong> zu den schönsten meines bisherigen<br />
Lebens zählen. Ich habe mich außerordentlich wohl gefühlt und mich auch menschlich weiter<br />
entwickelt. Vor allem die Kontakte und Freundschaften mit so vielen verschiedenen Menschen aus<br />
ganz Europa und darüber hinaus waren und sind ein Geschenk.<br />
Ich kann ein Auslandssemester in <strong>Modena</strong> nur empfehlen!<br />
[1] Die übrigen Fakultäten richten sich nach anderen Zeitplänen und Semesteraufteilungen, z.B.<br />
früherer / späterer Beginn; nach einem Monat Prüfungen und dann zwei Wochen Ferien etc.<br />
[2] Es sei denn, man wollte am Ende des Studienaufenthaltes einen Sitzschein ausgestellt<br />
bekommen. Hier zeigten sich die Professoren verständnisvoll und flexibel.<br />
[3] Da die meisten Studenten an der Fakultät „Lettere e Filosofia“ den Studiengang „Kulturen und<br />
Sprachen Europas“ absolvieren, haben viele ein Interesse daran deutsch zu sprechen. An anderen<br />
Fakultäten war es wohl etwas schwieriger Kontakte zu schließen.<br />
[4] Diejenigen meiner Kommilitonen, denen das beschauliche, eher kleinstädtische Flair von<br />
<strong>Modena</strong> langweilig wurde, haben außerdem an vielen Abenden auf das mit dem Zug nur 20<br />
Minuten entfernte Bologna zurückgegriffen.