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Erfahrungsbericht Erasmussemester in Frankreich, Lyon (WS 2005 ...

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<strong>Erfahrungsbericht</strong> <strong>Erasmussemester</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Frankreich</strong>, <strong>Lyon</strong> (<strong>WS</strong> <strong>2005</strong>/06)<br />

Université Jean Moul<strong>in</strong>, <strong>Lyon</strong> III<br />

Rahel-Sophie Friedel<br />

Ich habe me<strong>in</strong> Auslandssemester <strong>in</strong> <strong>Lyon</strong> verbracht und b<strong>in</strong> schlichtweg begeistert. Um anderen<br />

diese Erfahrung näher zu br<strong>in</strong>gen, möchte ich hier kurz die wichtigsten Punkte beschreiben.<br />

Zunächst ganz am Anfang: Ich würde empfehlen, den kostenpflichtigen E<strong>in</strong>führungskurs der Uni,<br />

der zum<strong>in</strong>dest im W<strong>in</strong>tersemester angeboten wird, zu besuchen. Er be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>en Sprachkurs,<br />

Stunden über die Kultur <strong>Frankreich</strong>s und der Französischen Sprache, Hilfe bei Organisation,<br />

E<strong>in</strong>schreibung und Kurswahl, sowie verschiedene kulturelle Aktivitäten, wie z.B. e<strong>in</strong>en Abend im<br />

café theatre, e<strong>in</strong>e Stadtrundfahrt oder e<strong>in</strong>en Pub Abend. Selbst wenn der Kurs <strong>in</strong>haltlich nicht so<br />

<strong>in</strong>teressiert, ist es doch die beste Gelegenheit, Leute kennen zu lernen.<br />

Unterlagen und Kontaktpersonen<br />

Der erste Weg führt e<strong>in</strong>en Erasmusstudenten immer <strong>in</strong>s Büro rélations <strong>in</strong>ternationals, wo sich e<strong>in</strong><br />

ganzes Team um E<strong>in</strong>schreibung, Kurswahl und Wohnheime der Erasmusstudenten kümmert.<br />

Ansprechpartner dort ist Chantal Ortillez, e<strong>in</strong> bisschen launisch, aber im Grunde nett (besonders zu<br />

hübschen Jungs- ke<strong>in</strong> Scherz!). Vom deutschen Erasmustutor vor Ort, Mart<strong>in</strong> Raether, besser nicht<br />

zu viel erwarten. Er ist zwar fast nie zu erreichen, kümmert sich herzlich wenig um die<br />

Erasmusleute, unterschreibt aber letztlich doch jedes nötige Formular für die Heimatuniversität.<br />

Was man zur E<strong>in</strong>schreibung mitbr<strong>in</strong>gen muss (ke<strong>in</strong> Anspruch auf Vollständigkeit):<br />

• Besche<strong>in</strong>igung de<strong>in</strong>er Krankenversicherung, dass sie auch im Ausland gültig ist<br />

(Europäische Versichertenkarte o.ä.)<br />

• Passbilder, ca. 8 Stück<br />

• Personalausweis/ Reisepass<br />

• Geburtsurkunde (!)<br />

• Immatrikulationsbesche<strong>in</strong>igung der Heimatuniversität<br />

• ERASMUS Certification ggf. die Gebühren für den E<strong>in</strong>führungskurs, am besten <strong>in</strong> bar (war<br />

bei mir ca. 200€)<br />

Wohnen und Geld<br />

Das Wichtigste überhaupt ist e<strong>in</strong>e Wohnung zu f<strong>in</strong>den. Ohne die Angabe e<strong>in</strong>es festen Wohnsitzes<br />

bekommt man weder e<strong>in</strong>en Studentenausweis, e<strong>in</strong> französisches Handy, e<strong>in</strong> Konto noch e<strong>in</strong>e<br />

Metrokarte usw. Ich rate jedoch wirklich, nicht <strong>in</strong> die universitären oder privaten<br />

Studentenwohnheime zu ziehen. Me<strong>in</strong>e WG mit zwei Franzosen war für mich die wichtigste<br />

Möglichkeit, mit Franzosen <strong>in</strong> Kontakt zu kommen, was an der Uni doch für alle<br />

Erasmusstudierenden sehr schwierig war. Gezahlt habe ich 360Euro monatlich, was für <strong>Lyon</strong>er<br />

Verhältnisse gutes Mittelfeld ist. Außerdem s<strong>in</strong>d die Wohnheime meist <strong>in</strong> sehr schlechtem Zustand,<br />

nicht billiger als privat etwas zu suchen (im Gegenteil), verlangen meist horrende Kautionen und<br />

schließlich s<strong>in</strong>d dort die ausländischen Studierenden unter sich und man spricht eher englisch oder<br />

gar deutsch.<br />

Um e<strong>in</strong>e WG zu f<strong>in</strong>den empfehle ich das Internet:<br />

www.collocation.fr


www.appartager.fr<br />

Ich hatte schon von Deutschland aus gesucht, Kontakt mit WGs aufgenommen, war dann <strong>in</strong> die<br />

Jugendherberge <strong>in</strong> <strong>Lyon</strong> gezogen und hatte mir die Wohnungen angeschaut. In der Jugendherberge<br />

treffen sich am Anfang e<strong>in</strong>es Semesters übrigens hunderte von wohnungssuchenden ausländischen<br />

Studierenden und man f<strong>in</strong>det unheimlich schnell Kontakt. Nach e<strong>in</strong>igen WG Besichtigungen hatte<br />

ich wahns<strong>in</strong>niges Glück: Ich bekam e<strong>in</strong>e positive Rückmeldung von zwei herzigen Franzosen im<br />

neuen Gebäudekomplex der cité <strong>in</strong>ternational, zwischen Rhone und Stadtpark direkt neben dem<br />

musée d’art contempora<strong>in</strong>, dem Hilton und dem Cas<strong>in</strong>o. ;-) Wohngeld ‚aide au logement’<br />

beantragen kann jeder Student, so er e<strong>in</strong>en Mietvertrag und e<strong>in</strong> französisches Konto besitzt. Das<br />

geht relativ problemlos bei der Familienkasse (www.caf.fr). Es handelt sich meist um ca. 130 Euro<br />

pro Monat. E<strong>in</strong> französisches Konto ist für viele Gelegenheiten obligatorisch (z.B. Mietvertrag) und<br />

sonst e<strong>in</strong>fach praktisch. Ich war bei Credit <strong>Lyon</strong>nais. Diese Bank ist zwar nicht die schnellste,<br />

kooperiert aber mit der Uni, so dass man als Student Konto, Scheckheft und Visa Card kostenlos<br />

bekommt. Um das Konto e<strong>in</strong>zurichten braucht man<br />

• Wohnbesche<strong>in</strong>igung (Mietvertrag o.ä.)<br />

• Immatrikulationsbesche<strong>in</strong>igung bzw. Studentenausweis der französischen Uni<br />

• Personalausweis<br />

Nach e<strong>in</strong>em halben Jahr konnte ich das Konto problemlos wieder kündigen.<br />

Sprache<br />

Das Klischee, die Franzosen, besonders die Großstädter, wären unfreundlich zu Ausländern, die<br />

nicht perfekt französisch sprechen, habe ich als überhaupt nicht zutreffend empfunden.<br />

Die Sprache zu lernen war für mich während me<strong>in</strong>es <strong>Erasmussemester</strong>s Priorität, deshalb besuchte<br />

ich neben dem obligatorischen Sprachkurs für ausländische Studierende auch noch französischdeutsche<br />

bzw. deutsch-französische Übersetzungskurse für französische Studierende und suchte mir<br />

Tandempartner über das Goethe Institut und über die Uni, die e<strong>in</strong> Patenschaftssystem anbietet. Von<br />

dem Unisprachkurs sollte man nicht zu viel erwarten: Es kommt alles auf den Lehrer an. Me<strong>in</strong>e<br />

Empfehlung: Mme Marylène Munier (die auch die Sprachkurse im E<strong>in</strong>führungskurs gibt).<br />

Uni und Kurse<br />

Von der Uni selbst war ich größtenteils enttäuscht. Das System ist im Gegensatz zum Deutschen<br />

sehr autoritär und besteht vorrangig aus Frontalunterricht, egal ob Sem<strong>in</strong>ar oder Vorlesung. Die<br />

Studierenden s<strong>in</strong>d sehr jung und, wie ich fand, unselbständig. Es ist eher wie e<strong>in</strong>e Fortsetzung der<br />

Schule. Ich habe ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Mal e<strong>in</strong>e Diskussion <strong>in</strong> den Veranstaltungen erlebt. Ich habe an der<br />

Uni <strong>Lyon</strong> III Kurse <strong>in</strong> Literatur besucht und die Kunstgeschichtskurse an <strong>Lyon</strong> II, weil sie mir dort<br />

besser schienen. (Da ich für EKG vor allem Sitzsche<strong>in</strong>e gemacht habe, b<strong>in</strong> ich mit e<strong>in</strong>er eigenen<br />

Anwesenheitsliste nach jeder Sitzung zu den Dozenten gegangen.) Ke<strong>in</strong>e Panik, wenn der Beg<strong>in</strong>n<br />

des Semesters das allgeme<strong>in</strong>e Chaos ist; Vorlesungsverzeichnisse oder aktuelle homepages mit den<br />

Veranstaltungen, Zeiten und Orten gibt es nicht. Aber dafür ist auch niemand böse, wenn man nicht<br />

gleich zur ersten Veranstaltung zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.<br />

Stadt<br />

<strong>Lyon</strong> ist e<strong>in</strong>e sehr schöne Stadt. E<strong>in</strong> Teil ist als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt und geschützt;<br />

dazu gehört Vieux <strong>Lyon</strong>, die mittelalterliche Altstadt und e<strong>in</strong> Teil der Presqu’ile. Das Stadtviertel<br />

Croix Rousse bef<strong>in</strong>det sich auf e<strong>in</strong>em Hügel der Stadt und hat, wie ich persönlich f<strong>in</strong>de, sehr viel<br />

Charme. Dort bef<strong>in</strong>den sich viel Galerien und Cafés, es ist e<strong>in</strong>e Art Künstlerviertel. <strong>Lyon</strong> verfügt<br />

über e<strong>in</strong> gutes öffentliches Verkehrsnetz mit Metros, Trams und Bussen, die allerd<strong>in</strong>gs nur bis<br />

Mitternacht fahren. Ideal ist dann das System der Leihfahrräder, der vélovs, die ähnlich wie die


Bahn-Bikes hier funktionieren, nur viel günstiger und weitaus besser organisiert. Besitzt man die<br />

Studentenmetrokarte, 30Euro monatlich, dann fährt man gegen e<strong>in</strong>e Kaution von 150Euro immer<br />

die erste Stunde kostenlos. Allerd<strong>in</strong>gs Achtung! vor dem doch schon sehr südländischen<br />

Straßenverkehr!<br />

Kultur und Studentenleben<br />

Von der Uni werden typische Erasmus soirées angeboten, die ganz nett se<strong>in</strong> können, von denen ich<br />

allerd<strong>in</strong>gs bald genug hatte. Die Stadt bietet e<strong>in</strong> sehr vielfältiges Kulturangebot <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht.<br />

Darauf bezogen wird <strong>Lyon</strong> durchaus se<strong>in</strong>em Ruf als kle<strong>in</strong>es Paris gerecht- nach zwei Jahren<br />

Augsburg ungeme<strong>in</strong> erfrischend! Zur Koord<strong>in</strong>ation dieser Kulturfülle gibt es das wöchentliche<br />

Veranstaltungsmagaz<strong>in</strong> ‚petit bullet<strong>in</strong>’, die monatliche Zeitung ‚495’ und den Kulturführer ‚petit<br />

paumé’- allesamt kostenlos. Neben den großen Kulturstädten empfehle ich e<strong>in</strong>en Besuch im<br />

Puppentheater ‚Guignol’, Nähe Place St. Paul, <strong>in</strong> dem es auch für Erwachsene jede Menge zu<br />

lachen gibt und e<strong>in</strong>en Besuch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em typischen ‚Bouchon <strong>Lyon</strong>nais’, e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en der<br />

traditionellen und sehr speziellen Restaurants.<br />

Ausflüge<br />

Von <strong>Lyon</strong> aus ist man schnell überall <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong>: Zwei Stunden nach Paris, nach Genf oder<br />

Marseille. Für alle Wander- und Skifreunde: In ca. 1 1/2h ist man im französischen Jura oder <strong>in</strong> den<br />

Alpen. Ich empfehle, freitags ke<strong>in</strong>e Kurse zu belegen und sich die französische Bahn Card (carte<br />

12-25, kostet 50Euro) zu kaufen, um diese zentrale Lage nutzen zu können. Nach Paris fährt man<br />

damit bei früher Buchung für nur 25 Euro. Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem halben Jahr sehr viel gereist, u.a. auch<br />

nach Grenoble, an die Côte Azur oder etwas näher <strong>in</strong> das mittelalterliche Dorf Perouge oder das<br />

malerische Alpenstädtchen Annecy.

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