Radius - ZIVILSCHUTZ
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Für Andreas Simmerle war das Schönste,<br />
dass jeder sich überall einsetzte. „Die<br />
Leute hätten sich jederzeit die Uniformen<br />
auswechseln können, jeder packte<br />
einfach überall mit an.“ Das Lager war<br />
vom ersten bis zum letzten Tag ein „work<br />
in progress“. In der Erinnerung sind viele<br />
Gespräche mit Dorfbewohnern, aber<br />
auch mit anderen Gruppen. „Wir standen<br />
auch in Kontakt mit den anderen<br />
Zeltlagern.“ Auch heute bestehen noch<br />
enge Kontakte mit Menschen aus Sant´<br />
Elia. Über Ostern war eine Gruppe von<br />
Zivilschützern zu Gast in den Abruzzen.<br />
Klar, dass Andreas und Matteo mit ihren<br />
Lebensgefährtinnen auch dabei waren.<br />
Matteo vischi<br />
Notfallplanung, Verhandlungen,<br />
schwierige Situationen mit Ruhe<br />
meistern und Ordnung und Gleichgewicht<br />
ins Chaos bringen – diese Dinge<br />
sind Matteo Vischi ins DNA geschrieben.<br />
Der Zivilschützer mit Leib und<br />
Seele wurde von der Erfahrung in<br />
den Abruzzen tief geprägt. Zwei an<br />
sich kleine Ereignisse sind ihm ins<br />
Gedächtnis gebrannt: „Wir waren gerade<br />
am Überlegen, wo wir die Kieswege<br />
anlegen sollten, da kam eine<br />
Signora auf uns zu, mit einem Tablett<br />
und echten Porzellantassen und bot<br />
uns Kaffee an.“ Das andere: „Als wir<br />
ankamen, fragten uns die Leute als<br />
erstes, wie können wir euch helfen.“<br />
06/2010<br />
Z i v i l s c h u t Z i n l ‘ a q u i l a<br />
Andreas Simmerle<br />
Ein Techniker, der gerne auf Nummer sicher<br />
geht. Vorausplanend und besonnen,<br />
bewährt im Handling von Situationen, die<br />
leicht aus der Kontrolle geraten. Und deshalb<br />
in den Abruzzen zur rechten Zeit am<br />
rechten Ort. Das ist Andreas Simmerle. Er<br />
hat im Camp Sant´ Elia sein Bestes gegeben.<br />
Aber das Zeltlager hat in ihm auch<br />
etwas bewegt. „Eigentum und Wohnungsbau,<br />
das waren vorher wichtige Werte für<br />
mich. Aber alles relativiert sich. Jetzt hat<br />
das einen anderen Stellenwert.“ Ersetzt<br />
wurden diese Dinge durch persönliche<br />
Beziehungen, den Stellenwert eines sozialen<br />
Netzwerks. „Das Zeltlager in den Abruzzen,<br />
eine ebenso wichtige persönliche<br />
wie berufliche Bereicherung – für uns und<br />
für unser ganzes Land.“<br />
Keine Wurzeln schlagen<br />
Nachdem die Grundbedürfnisse der<br />
Erdbebenopfer garantiert waren, galt<br />
die Sorge der Zivilschützer auch deren<br />
psychischem Wohlergehen. „Die<br />
Notfallseelsorge und die Notfallpsychologen<br />
haben eine unglaubliche Arbeit<br />
geleistet. Und auch wir waren immer<br />
darauf bedacht, den Leuten zwar alles<br />
zu geben, was sie brauchen, gleichzeitig<br />
wollten wir aber auch verhindern, dass<br />
sie Wurzeln schlagen.“ Es wurde deshalb<br />
immer betont, dass es sich bei dem<br />
Lager nur um ein Provisorium handelt.<br />
Jede Woche wurde das gesamte Lager<br />
Vierzehn Wochen Camp Sant´ Elia,<br />
eine Erfahrung für´s Leben. „Erdbebenopfer<br />
auch wir, allerdings ohne<br />
die innere Verletzung, die ein solches<br />
Erlebnis hinterlässt.“<br />
versammelt. Mitteilungen, Bestandsaufnahme,<br />
aber auch um zu verhindern,<br />
dass die Leute sich isolierten. „Zeigen,<br />
dass alle die gleichen Probleme haben.“<br />
„Direttori“ wurden Matteo und Andreas<br />
genannt. „Eine Mischung aus Bürgermeister,<br />
Manager und Pfarrer, fixer<br />
Bezugspunkt für die Lagerbewohner.“<br />
Zuständig für Einkäufe, Planung, Beziehung<br />
zu anderen Organisationen mit<br />
direktem Draht zur Zivilschutzzentrale<br />
in Bozen und mit einem besonderen<br />
Feingefühl für die Anliegen der Bevölkerung.<br />
„Auch, wenn wir in Bozen waren,<br />
haben wir von dort die Weiterentwicklung<br />
gesteuert.“<br />
Das Schwierigste war der Abbau<br />
So wurde z. B. bereits ab Juni mit der<br />
Planung des Abbaus des Lagers begonnen.<br />
„Wir haben das den Leuten auch<br />
immer wieder mitgeteilt, damit sie sehen,<br />
es geht etwas weiter und auch um<br />
sie anzutreiben, ihr Leben wieder in<br />
die Hand zu nehmen, nach Lösungen<br />
für die Zukunft zu suchen.“ Gleichzeitig<br />
galt es nicht den Eindruck zu vermitteln,<br />
sie würden verlassen. „Das<br />
Schwierigste der ganzen Operation war<br />
nicht der Aufbau, sondern der Abbau.“<br />
Für beide ganz wichtig: auch am Schluss<br />
dabei zu sein. „Wir mussten das Ganze<br />
auch für uns persönlich abschließen<br />
können. Deshalb haben wir auch am<br />
31. Oktober gemeinsam mit den anderen<br />
das letzte Zelt mit abgebaut und das<br />
Lager geschlossen.“<br />
Im Oktober war sie mit dem letzten<br />
Hilfstrupp beim Camp-Abbau<br />
in den Abruzzen beteiligt, vom 2.<br />
bis 11. Oktober 2009. Nur wenige<br />
Monate später hat Elisabeth Peer,<br />
Krankenschwesterschülerin der<br />
Claudiana in Bozen, ihr Leben<br />
bei einem Unglück verloren, das<br />
ebenfalls einen Großeinsatz des<br />
Zivilschutzes zur Folge hatte.<br />
Am Morgen des 12. April saß die<br />
22-Jährige in einem Wagen des<br />
Vinschgerzugs, der um 9.03 Uhr von<br />
einer Schlammlawine erfasst wurde.<br />
Auch der Südtiroler Sanitätsbetrieb<br />
war in die Hilfsleistungen in den Abruzzen<br />
eingebunden. Um die Freiwilligen<br />
des Roten Kreuzes, die im Camp<br />
Sant´ Elia das Lazarett führten, zu<br />
entlasten, wurden auch Krankenpfleger<br />
bzw. Schüler der Krankenpflegerschule<br />
Claudiana ins Erdbebengebiet<br />
entsandt. Häufig waren diese ohnehin<br />
auch Mitglieder des Roten Kreuzes,<br />
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Z i v i l s c h u t Z i n l ‘ a q u i l a<br />
Nach 6 Monaten selbst ein Opfer<br />
wurden aber offiziell vom Sanitätsbetrieb<br />
für eine Woche in den Außendienst<br />
geschickt. Der Einsatz des Südtiroler<br />
Sanitätspersonals wurde über<br />
den Landesrettungsdienst organisiert,<br />
der sozusagen als Schnittstelle zwischen<br />
Zivilschutz und Sanitätsdienst<br />
fungierte. Der Primar des Landesrettungsdienstes,<br />
Manfred Brandstätter<br />
und sein Mitarbeiter Walther Dietl<br />
koordinierten den Außendienst des<br />
Sanitätspersonals. Brandstätter nahm<br />
außerdem an den wöchentlichen Krisensitzungen<br />
der Zivilschutzeinheiten teil.<br />
Insgesamt waren sieben Krankenpfleger<br />
für jeweils neun Tage im Camp Sant´ Elia<br />
eingesetzt, d.h. sie versahen sieben von<br />
insgesamt 29 Turnussen.<br />
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h.r. Elisabeth Peer