Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kontrapunkt zu studieren. Seine musikpraktische<br />
Ausbildung an der renommierten<br />
Hochschule ergänzte er mit Vorlesungen in<br />
Musikwissenschaft und Literaturgeschichte<br />
an der Berliner Universität. Die Karriere des<br />
ehrgeizigen Studenten nahm ihren ersten<br />
Anlauf: 1906 wurde er Meisterschüler von<br />
Max Bruch, zu dessen Schülern auch Oscar<br />
Straus und Ralph Vaughan Williams zählten.<br />
Es folgten, teilweise parallel zum Studium,<br />
verschiedene Anstellungen als Dirigent<br />
und Pianist an diversen Berliner Theatern<br />
und Plattenfirmen. Künnekes erklärtes Ziel<br />
war, sich als Dirigent und vor allem als<br />
Komponist auf den großen Konzert- und<br />
Opernbühnen zu etablieren. Ein nächster<br />
Karriereschritt in diese Richtung war im<br />
Mai 1909 die erfolgreiche Uraufführung seiner<br />
einaktigen Oper robins ende am Nationaltheater<br />
in Mannheim, die zumindest mit<br />
Blick auf die Musik uneingeschränkt positiv<br />
aufgenommen wurde. Künneke blieb seinem<br />
künstlerischen Selbstverständnis und<br />
dem Anspruch, Ernste Musik zu schreiben,<br />
treu und komponierte neben einer zweiten<br />
Oper (coeur-as, 1913) Orchesterwerke und<br />
Lieder. Zwei seiner Kompositionen kamen<br />
sogar in Konzerten durch Richard Strauss<br />
und Arthur Nikisch zur Aufführung. Einen<br />
festen Platz im Konzertrepertoire erhielt<br />
Künneke jedoch nicht.<br />
Einen entscheidenden Impuls gab ihm das<br />
Singspiel das dreimäderlhaus von Heinrich<br />
Berté mit Musik von Franz Schubert,<br />
dessen Erfolg den jungen Kapellmeister<br />
am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater<br />
Berlin offenkundig nachhaltig beeindruckte.<br />
Er äußert sich rückblickend: „Es [das<br />
dreimäderlhaus] blieb drei Jahre hindurch<br />
auf dem Spielplan, ich selbst dirigierte das<br />
Werk mindestens fünfzigmal. Das ermutigte<br />
mich, ebenfalls ein Singspiel zu schreiben,<br />
denn ich hatte nun mal den starken Drang,<br />
gehört zu werden.“ Diesem Drang folgend,<br />
wandte Künneke sich zunehmend dem<br />
einträglichen Unterhaltungstheater zu, das<br />
im Berlin der Zeit grassierte, und komponierte<br />
mit das dorf ohne Glocke sein erstes<br />
Singspiel, das er als seinen „Übergang zur<br />
Operette“ bezeichnete. In den Rezensionen<br />
der erfolgreichen Uraufführung im Mai 1919<br />
am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater<br />
begegnet man den Urteilen, die sich für<br />
die Künneke-Rezeption als prägend herausstellen<br />
sollten und bis heute Bestand<br />
haben: Die Musik sei „geschickt gemacht“<br />
und zeuge von „technischem Können“,<br />
„bühnendramatischer Begabung“ und dem<br />
melodischen Talent des Komponisten. das<br />
dorf ohne Glocke wurde im gleichen Jahr<br />
noch von 14 Bühnen nachgespielt und war<br />
sein erstes Werk, das in den USA aufgeführt<br />
wurde.<br />
Wenngleich das Urteil der Öffentlichkeit<br />
eindeutig positiv war, haderte Künneke<br />
weiterhin mit seiner künstlerischen Ausrichtung:<br />
„Nach meinem dorf ohne Glocke<br />
konnte ich immer wieder zur Oper zurückkehren.<br />
Anders lag der Fall, wenn ich eine<br />
richtige Operette versuchte und keinen<br />
Erfolg damit hätte; dann sah die Sache so<br />
aus, als hätte ich mich als Opernkomponist<br />
nicht durchsetzen können und ebenfalls<br />
nicht bei dem Versuch, eine Operette zu<br />
schreiben. Ich wäre als Komponist zunächst<br />
einmal erledigt gewesen.“ Doch der<br />
Erfolg von das dorf ohne Glocke war zu<br />
verlockend, zumal Hermann Haller, der einflussreiche<br />
Theaterdirektor, Regisseur und<br />
Librettist, auf den jungen Komponisten und<br />
dessen hochgelobte Musik aufmerksam<br />
wurde. Haller leitete mit dem Theater am<br />
Nollendorfplatz von 1914 bis 1923 eine der<br />
wichtigsten Bühnen für die Uraufführung<br />
von Operetten. Er brachte Künneke mit dem<br />
Textdichter Rideamus (lat. für „Lasst uns<br />
9