Work-Life-Balance für Unternehmensleitung ... - Wirtschaftsmagazin
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Starke Manager dürfen<br />
Schwächen zeigen<br />
Praxis<br />
Erschöpft bis zur Depression – niemand brennt über Nacht aus.<br />
Es ist ein schleichender Prozess, der sich über Monate oder gar Jahre hinzieht.<br />
Stark gefährdet sind Manager, die das Wort «Schwäche» aus ihrem Vokabular<br />
gestrichen haben.<br />
Thomas Knapp<br />
Journalist und Autor des Buches<br />
«Burn-out – In den Krallen des Raubvogels»,<br />
Olten<br />
Es trifft vor allem die Engagierten, die sich<br />
<strong>für</strong> die Arbeit begeistern, die Verantwortung<br />
übernehmen, die sich in hohem Mass mit<br />
ihrem Job identifizieren. Menschen also, die<br />
bei der Arbeit aufblühen und sich <strong>für</strong> andere<br />
einsetzen: Ärzte, Hausfrauen, Seelsorger,<br />
Krankenschwestern, Journalistinnen, Unternehmer,<br />
Lehrer oder auch Manager. Das<br />
Burn-out-Syndrom ist eine Erkrankung der<br />
Leistungsträger. Der psychische und physische<br />
Zusammenbruch trifft die ehrgeizigen,<br />
pflichtbewussten und helfenden Menschen.<br />
Auch solche, die sich <strong>für</strong> unentbehrlich<br />
halten. Am Druck, den sie sich selber auferlegen,<br />
zerbrechen viele. Insbesondere<br />
Führungskräfte sind überdurchschnittlich<br />
häufig seelisch ausgebrannt und leiden an<br />
Depressionen. Sie werden von Angstatacken<br />
verfolgt. Ängste sind ihre ständigen<br />
Begleiter. Ängste sind nach Alkoholmissbrauch<br />
und Depressionen die dritthäufigste<br />
psychische Störung bei Managern.<br />
«Irgendwann hat mich die Arbeit so sehr eingenommen,<br />
dass andere Bedürfnisse keinen<br />
Platz mehr hatten», erzählt Valentin Meier<br />
(Name geändert). Vor zwei Jahren wurde der<br />
Topmanager von einer Erschöpfungsdepression<br />
niedergerissen. Er hat noch heute nicht<br />
den Mut, darüber zu sprechen und seine<br />
Schwäche öffentlich zu machen, auch<br />
wenn er längst einen neuen Lebensweg eingeschlagen<br />
hat. Lapidar stellt er fest:<br />
«Manager haben alles trainiert – nur nicht<br />
die Niederlage». Er schliesst sich nicht aus.<br />
Er führte einen Konzern mit über 600 Mitarbeitenden.<br />
Er stellte Leute auf die Strasse,<br />
schaffte neue Stellen, strukturierte hin und<br />
her, er sei manchmal bei seinen Entscheidungen<br />
nicht zimperlich gewesen. Als Einge-<br />
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ständnis will er das nicht verstanden wissen,<br />
vielleicht als späte Rechtfertigung, alles zum<br />
Wohle des Unternehmens getan zu haben.<br />
Doch irgendwann wurde der psychische<br />
Druck zu gross. «Ich habe gemerkt, dass<br />
ich langsam ausbrenne. Aber ich habe es<br />
zugelassen. Ich habe mit niemanden reden<br />
wollen.» Manager können einsam sein.<br />
«Ich bin nicht schwach:<br />
ich doch nicht»<br />
Psychische Störungen werden noch immer<br />
tabuisiert. Der Mensch ist ein Meister im<br />
Verdrängen. Es braucht viel, um sich eine<br />
Schwäche einzugestehen. Es ist ein langer<br />
Weg bis zur Feststellung: «Ich kann nicht<br />
mehr.» Die Angst vor gesellschaftlicher<br />
Ächtung hindert viele daran, sich rechtzeitig<br />
behandeln zu lassen. Sie verschweigen ihr<br />
Leiden. Sie reden sich ein, Licht zu sehen,<br />
auch wenn um sie herum bereits alles in<br />
schwarzer Nacht versunken ist. Betroffene<br />
stürzen sich in die Arbeit. Der Einsatz steigt,<br />
die Leistung sinkt. Wie bei einem unerfahrenen<br />
Sportler, der verbissen trainiert und<br />
trainiert, aber dann im Wettkampf kläglich<br />
versagt. Die Kluft zwischen eigenem<br />
Anspruch und der Wirklichkeit wird immer<br />
grösser. Ausgebrannt! Burn-out! Depressionen!<br />
Psychische Störungen können zum Verlust<br />
des Arbeitsplatzes und/oder zu einer beruflichen<br />
Neuorientierung führen. In unserer<br />
Leistungsgesellschaft ist bereits letzteres <strong>für</strong><br />
viele ein undenkbarer Abstieg mit Prestigeverlust.<br />
Für so genannte Erfolgsmenschen<br />
eine erhebliche psychische Belastung. Das