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von<br />
Dirk<br />
Vogelsang<br />
der fl ugleiter 2009/06<br />
Aktuell<br />
6<br />
Quo vadis, GdF?<br />
Eine Organisation im Spagat zwischen<br />
Beute- und Solidargemeinschaft<br />
Nach jüngsten Schätzungen haben die DGB-Gewerkschaften in den Spartengewerkschaften müssen<br />
letzten zehn Jahren ca. 30 Prozent ihres Mitgliederbestandes ein- Auseinandersetzungen „mit sich<br />
gebüßt. Im selben Zeitraum sind eine Reihe so genannter Sparten- selbst“ führen<br />
gewerkschaften entstanden, die entgegen dem allgemeinen Trend Andererseits ist mit dem Wegfall von<br />
kontinuierlich Mitglieder, Einfl uss und damit letztlich auch (Tarif-) DAG/ver.di und deren tarifpolitischer<br />
Macht hinzugewonnen haben.<br />
Bedeutungslosigkeit in der Flugsiche-<br />
Photo: DFS<br />
rung (wie in den meisten Bereichen<br />
des Luftverkehrs) auch eine Projektionsfl äche entfallen,<br />
auf die früher sämtlicher Unmut und die zunehmende<br />
Unzufriedenheit über Tarifergebnisse, die in<br />
vielerlei Hinsicht <strong>als</strong> defi zitär empfunden wurden,<br />
gerichtet werden konnten. Genauso wie andere Spartengewerkschaften<br />
ist die GdF auch in dieser Hinsicht<br />
auf sich alleine gestellt und muss die unvermeidliche<br />
Auseinandersetzung über die Resultate der gewerkschaftlichen<br />
– hier vor allem tarifl ichen – Interessenvertretung<br />
„mit sich selbst“ führen. Dabei sind Tendenzen<br />
erkennbar, welche die Besorgnis begründen,<br />
dass die GdF Gefahr läuft, sich durch zunehmende<br />
Unzufriedenheit, interne Konfl ikte und rivalisierenden<br />
Gruppenegoismus ohne nennenswerte Einwirkung<br />
des Gegners selbst zu schwächen.<br />
✈ Eine Koalition gut ausgebildeter und selbstveranwortlicher<br />
Mitglieder kann dem Arbeirgber in gleicher<br />
Augenhöhe entgegentreten oder sogar eine Überparität<br />
erreichen.<br />
Die GdF gehört dazu. Seit ihrer Anerkennung <strong>als</strong> tariffähige<br />
Koalition im Jahre 2004 hat sie die vermutlich<br />
dynamischste Entwicklung aller „Spezialistengewerkschaften“<br />
vollzogen und in atemberaubendem Tempo<br />
ein Tarifwerk geschaffen, dessen Qualität und Regelungsdichte<br />
selbst in der über Jahrzehnte verfeinerten<br />
deutschen Tarifl andschaft einen Ausnahmecharakter<br />
haben dürfte.<br />
Die Lösung aus der langjährigen Kooperation mit<br />
DAG/ver.di und der endgültige Schritt in die völlige,<br />
<strong>als</strong>o auch tarifl iche Selbstständigkeit hat zu einem<br />
neuen Bewusstsein und auch – daraus zwangsläufi g<br />
folgend – Selbstbewusstsein geführt. Mit der Etablierung<br />
der GdF <strong>als</strong> Flugsicherungsgewerkschaft für die<br />
Flugsicherungsarbeitnehmer (satzungsgemäß derzeit<br />
aber auch nur diese) waren die Gefahren und Erfahrungen<br />
der Fremdsteuerung, des Primats übergeordneter<br />
tarifpolitischer Interessen, der zunehmenden<br />
fachlichen Inkompetenz und der Ausnutzung <strong>als</strong> Zugpferd<br />
für Trittbrettfahrer dauerhaft beseitigt.<br />
Einige Beispiele:<br />
• Vergleichsweise marginale Zugeständnisse wie etwa<br />
die Verschiebung der 2,2% Tabellenerhöhung um<br />
sechs Monate werden (nicht nur im ATC-net) zum<br />
Anlass für Beschimpfungen der GdF-Tarifabteilung<br />
und Austrittsdrohungen genommen;<br />
• Tarifergebnisse, die nicht für jede Gruppe, die direkt<br />
oder indirekt betroffen ist, das absolute Maximum<br />
herausholen, werden pauschal einer negativen<br />
Bewertung unterzogen, selbst wenn 80 oder 90 Prozent<br />
der insgesamt gesteckten Ziele erreicht wurden;<br />
• „Gerechtigkeits“-Debatten und Neiddiskussionen<br />
werden teilweise erbittert und emotionalisiert bei<br />
zahlreichen Gelegenheiten geführt, obwohl in den<br />
jeweiligen Einzelthemen – etwa Belastungsausgleich<br />
– die beanstandete „Benachteiligung“ nicht<br />
erkennbar oder zumindest bezweifelbar ist;<br />
• Unlautere oder unsachliche Motive werden – oftm<strong>als</strong><br />
der Verhandlungsführung, aber nicht nur dieser –<br />
vielfach ohne nähere Befassung mit dem gesamten<br />
Sachverhalt oder gründliche Informationen mit moralischem<br />
Zeigefi nger unterstellt, sobald eine Regelung<br />
den eigenen Interessen nicht zu entsprechen scheint.<br />
Diese Erscheinungen führen zwangsläufi g zu der<br />
Frage, wie es möglich ist, dass eine hoch gekaderte,