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der fl ugleiter 2009/06<br />
Aktuell<br />
8<br />
Die Diskrepanz zwischen dem objektiv Erreichten (dessen<br />
Güte im weiteren Umfeld längst anerkannt ist!) und dem<br />
Mangel an subjektiver Zufriedenheit ist in vielen Fällen so<br />
augenfällig, dass die Frage nach den Gründen drängend<br />
geworden ist. Worauf sind die eingangs geschilderten<br />
Erscheinungen, die ja keine zufälligen Einzelfälle sind,<br />
sondern auf eine verbreitete Grundeinstellung hindeuten,<br />
letztlich zurückzuführen? In einer unlängst geführten<br />
privaten Unterhaltung lautete die Antwort eines GdF-<br />
Funktionärs kurz und trocken so: „Kombination aus Gier<br />
und kurzem Gedächtnis“. Mag sein, dass beides auch<br />
eine Rolle spielt, aber der Hauptgrund dürfte woanders<br />
liegen. Denn die Nörgler, Neider, Unzufriedenen und allzeit<br />
bereiten Kritiker im Herbst 2009 sind zum Großteil<br />
dieselben, die gemeinsam mit anderen (ehemaligen)<br />
Mitgliedern von VdF und FTI im Herbst 2004 in einer<br />
harten Auseinandersetzung die Anerkennung der GdF<br />
durchgesetzt haben. Allenfalls dem ganz jungen Nachwuchs,<br />
der nach 2004 von der Akademie oder direkt von<br />
außen gekommen ist, könnte man die Unwissenheit und<br />
Ignoranz der „im Schlaraffenland geborenen“ unterstellen<br />
– ein Teil dieses Nachwuchses betrachtet sicherlich<br />
Besitzstände und Zuwächse <strong>als</strong> selbstverständlich, die<br />
es in keinster Weise sind. Aber die Masse derjenigen,<br />
die den Ablösungsprozess zwischen 2002 und 2004, vor<br />
allem aber den Kraftakt im November 2004, selbst erlebt<br />
haben, müsste sie es nicht besser wissen?<br />
Bei genauer Betrachtung ist schon diese Frage f<strong>als</strong>ch<br />
gestellt, denn die Masse gibt es so nicht. Das Flugsicherungspersonal<br />
und damit auch die GdF besteht aus<br />
zahlreichen größeren und kleineren Gruppen, deren<br />
Interessen keineswegs überall deckungsgleich sind:<br />
operative Mitarbeiter/ administrative Mitarbeiter /<br />
Centerlotsen / Towerlotsen / APRON-Lotsen / Flugdatenbearbeiter<br />
/ Flugberater / Techniker / Ingenieure /<br />
beurlaubte Soldaten / Übergangsversorgte etc. etc.<br />
Die meisten dieser Mitarbeitergruppen sind weit überdurchschnittlich<br />
organisiert, gut vernetzt und wachen<br />
eifersüchtig über die Berücksichtigung ihrer Belange.<br />
Grundsätzlich ist dies in Ordnung, ja stärkt eine<br />
Gewerkschaft sogar eher und sollte keine Schwierigkeiten<br />
bereiten. Allerdings sind nach und nach Faktoren<br />
hinzugekommen, die diese Haltung immer mehr<br />
zu einem Problem werden ließen; im Wesentlichen<br />
sind dies die folgenden Punkte:<br />
• Die Überbetonung von Partikular- (Einzel-) Interessen<br />
hat traditionell einen hohen Stellenwert in der<br />
GdF, damit ist latent immer die Gefahr verbunden,<br />
den Gesamtkontext aus den Augen zu verlieren.<br />
• Die historische Erfahrung, dass gute Tarifergebnisse<br />
erkämpft werden müssen, ist verblasst und einer<br />
„come and serve“-Mentalität gewichen, die den<br />
Erfolg <strong>als</strong> vorprogrammiert und garantiert ansieht.<br />
• Die relative Ohnmacht des Arbeitgebers, wie sie<br />
u.a. in bislang sechs Schlichtungen (!) zum Ausdruck<br />
kam, hat zunehmend das Missverständnis<br />
befördert, dass bloße Vorhandensein des enormen<br />
Potenti<strong>als</strong> der GdF reiche aus und dies müsse nicht<br />
auch subjektiv abgerufen werden.<br />
Im Ergebnis all dieser Entwicklungen verbraucht die GdF<br />
heute einen stetig größer werdenden Teil ihrer materiellen<br />
und personellen Ressourcen für innere Kämpfe<br />
oder Streitigkeiten (selbst wenn diese vielfach verdeckt<br />
geführt werden) und einen immer geringeren Teil<br />
für die Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber sowie<br />
dem weiteren Umfeld. Dieser „nach innen“ gerichtete<br />
Energieverzehr, der nicht mit der wünschenswerten<br />
inhaltlichen Diskussion verwechselt werden darf, führt<br />
zu einer latenten Schwächung auch nach außen, selbst<br />
wenn vorerst noch keine drastischen Auswirkungen<br />
spürbar scheinen. Perspektivisch droht eine Abkopplung<br />
von realen Entwicklungen, die besorgniserregend<br />
genug sind. Erklärtermaßen wollen die Arbeitgeber die<br />
Macht der Spartengewerkschaften brechen, unter der<br />
jetzigen neuen Regierung erst recht. Szenarien für ein<br />
„divide et impera!“ (teile und herrsche) sind längst in<br />
der Schublade, das Spektrum reicht von der Abspaltung<br />
kompletter Belegschaftsteile (administrative/operative<br />
✈ Die GdF besteht aus<br />
zahlreichen Gruppen,<br />
deren Interessen keineswegs<br />
überall deckungsgleich<br />
sind – Augsburger<br />
Regionallotsen.<br />
Photo: W. Fischbach