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Armut und Umwelt in Burkina Faso und NO-Brasilien - WBGU

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<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Vulnerabilität 4 Petschel-Held et al.<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er dynamischen Beschreibung def<strong>in</strong>iert <strong>und</strong> <strong>in</strong>terpretiert werden? Welche Rolle spielen<br />

langsame Prozesse im Gegensatz zu schnellen oder gar abrupten Änderungen? E<strong>in</strong>ige der<br />

menschlichen Anpassungsprozesse s<strong>in</strong>d schnell andere, etwa <strong>in</strong>stitutioneller oder gar kultureller Art,<br />

s<strong>in</strong>d im allgeme<strong>in</strong>en sehr langsam, können aber mitunter sehr schnell ablaufen (Gibson et al. 2000).<br />

Das hier vorgestellte Konzept versucht die Dynamik durch die Beschreibung des Systems durch<br />

Trajektorien zu erfassen. Auf diese Weise erhält man mathematisch sogenannte<br />

Funktionalgleichungen, die ganze Trajektorien e<strong>in</strong>zelner Komponenten des Mensch-<strong>Umwelt</strong><br />

Systems mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Bezug setzen können. Auf diese Weise können – zum<strong>in</strong>dest idealerweise –<br />

die relevanten Zeitskalen der Vulnerabilität aus e<strong>in</strong>er ex-post Analyse bekannter Zeitreihen<br />

relevanter Basis<strong>in</strong>dikatoren gewonnen werden.<br />

Schließlich gilt es, die gerade <strong>in</strong> der Klimadiskussion e<strong>in</strong>geengte Sicht auf e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen<br />

„Stressfaktor“ zu erweitern <strong>und</strong> multiple Stressoren zu berücksichtigen. Hierbei gilt es zu beachten,<br />

welche <strong>Umwelt</strong>veränderungen die Dynamik von Mensch-<strong>Umwelt</strong> Systemen exogen bestimmen,<br />

bzw. endogen <strong>und</strong> somit <strong>in</strong>tegraler Bestandteil des Systems s<strong>in</strong>d. Nicht zuletzt der <strong>WBGU</strong> hat <strong>in</strong><br />

zahlreichen se<strong>in</strong>er Gutachten nicht nur auf die Parallelität dieser Veränderungen h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

sondern u.a. im Rahmen des Syndromkonzepts deren gegenseitige Abhängigkeit, bzw. die enge<br />

Verschränkung vieler dieser <strong>Umwelt</strong>veränderungen mit menschlichen Systemen betont (z.B. <strong>WBGU</strong><br />

1997; s.a. Schellnhuber et al. 1997; Petschel-Held et al. 1999).<br />

Die konzeptionelle – <strong>und</strong> auch wissenschaftshistorische – Nähe des Vulnerabilitätskonzepts zur<br />

Risiko- <strong>und</strong> Katastrophenforschung br<strong>in</strong>gt an dieser Stelle Schwierigkeiten hervor, gerade im<br />

H<strong>in</strong>blick auf die enge Vernetzung von <strong>Umwelt</strong>veränderungen <strong>und</strong> gesellschaftlicher oder<br />

menschlicher Dynamik. Inwieweit ist es möglich, Vulnerabilität e<strong>in</strong>es Mensch-<strong>Umwelt</strong> Systems<br />

gegenüber Veränderungen zu konzeptionieren, die selbst Teil des Systems s<strong>in</strong>d? Der hier<br />

vorgestellte Zugang wird dies mit Hilfe e<strong>in</strong>es Konzepts versuchen, das sich je nach Sichtweise,<br />

partieller Ableitungen (mathematisch), e<strong>in</strong>es ceteris paribus Ansatzes (ökonomisch), oder e<strong>in</strong>es<br />

multiplen Regressionsverfahrens (statistisch) bedient.<br />

Schließlich wird der Ansatz aber auch im H<strong>in</strong>blick auf die Zielvariable, die „negative Bee<strong>in</strong>trächtigung“<br />

versuchen, expliziter zu werden <strong>und</strong> die Multidimensionalität dessen zu berücksichtigen, was heute als<br />

menschliches Wohlergehen (human well-be<strong>in</strong>g) bezeichnet wird. Die Idee des menschlichen Wohlergehens<br />

ist zwar e<strong>in</strong>gängig, aber schwer zu konzeptionieren <strong>und</strong> erfreut sich daher <strong>in</strong> den vergangenen ca. 20 Jahren<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Untersuchung, die hier zusammen zu fassen nicht möglich ist (e<strong>in</strong>e systematische<br />

Übersicht f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Gasper (2004)). Es soll hier nur auf die Multidimensionalität rekurriert werden,<br />

wobei wir uns der vom Beirat vorgegeben Klassifikation der „menschlichen <strong>Armut</strong>sdimensionen“ bedienen<br />

werden.<br />

Im folgenden Anschnitt werden wir zunächst das Konzept darlegen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e mathematischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

erläutern. Die Abschnitte 3-5 widmen sich dann der Umsetzung <strong>in</strong> den beiden Beispielregionen Burk<strong>in</strong>a<br />

<strong>Faso</strong> <strong>und</strong> Nordost-<strong>Brasilien</strong> 3 : während <strong>in</strong> Abschnitt 3 die Expositionen, also die zu analysierenden Störungen<br />

kurz diskutiert werden, wird <strong>in</strong> Abschnitt 4 die Vulnerabilitätsmatrix bestimmt. Der daran anschließende<br />

Abschnitt 5 widmet sich der Frage, wie aus den <strong>in</strong> Abschnitt 4 gewonnenen Ergebnissen, Implikationen für<br />

mögliche Maßnahmen zur M<strong>in</strong>derung der Vulnerabilität gewonnen werden können. Hier muss betont<br />

werden dass die Daten, die zur Abschätzung der Vulnerabilitäten herangezogen wurden, nur begrenzt<br />

belastbar ersche<strong>in</strong>en. Daher zielt Abschnitt 5 auf die Darlegung e<strong>in</strong>er Methodik <strong>und</strong> weniger auf die<br />

Bewertung oder gar Empfehlung e<strong>in</strong>zelner Maßnahmen ab. Schließlich fasst Abschnitt 6 die Ergebnisse kurz<br />

3 Während Burk<strong>in</strong>a <strong>Faso</strong> als Region vom Beirat vorgeschlagen wurde, hat sich die Ausdehnung auf Nordost-<br />

<strong>Brasilien</strong> aus den Arbeiten der Potsdamer Arbeitsgruppe im Rahmen e<strong>in</strong>es DFG Projekts ergeben.

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