Heißwasserbeizung zur Bekämpfung von ... - Dottenfelder Hof
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Berichte aus der Landbauschule <strong>Dottenfelder</strong>hof e.V.<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Haferflugbrand (Ustilago avenae)<br />
Boutayeb, K., A. Vortmann, M. v. Mackensen, C. Matthes und H. Spieß<br />
Bad Vilbel • <strong>Dottenfelder</strong>hof • 2005<br />
Heft 1
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1 Einleitung ................................................................ 3<br />
2 Problemstellung ................................................................ 3<br />
2.1 Behandlungsmittel auf der Basis <strong>von</strong> Naturstoffen .................. 5<br />
2.2 Physikalische Saatgutbehandlungsverfahren .............................. 6<br />
3 Material und Methoden ................................................................ 7<br />
2<br />
SEITE<br />
3.1 Feldversuch ................................................................ 10<br />
3.2 Parzellenversuch ................................................................ 11<br />
3.3 Laborversuch ................................................................ 11<br />
4 Ergebnisse und Diskussion ................................................................ 12<br />
4.1 Praxisversuch ................................................................ 12<br />
4.2 Parzellenversuch ................................................................ 13<br />
4.3 Kalttests <strong>zur</strong> Bestimmung der Triebkraft .............................. 14<br />
4.3.1 Kalttest zum Parzellen-Beizversuch ......................................... 14<br />
4.3.2 Kalttest zum Labor-Beizversuch ..................................................... 14<br />
5 Zusammenfassung ................................................................ 15<br />
6 Literaturverzeichnis ................................................................ 16
1 Einleitung<br />
3<br />
Die Verwendung <strong>von</strong> gesundem Saatgut stellt eine Schlüsselfrage für einen erfolgreichen<br />
ökologischen Anbau dar. Mit Inkrafttreten der EU-Richtlinien 1452/2003, welche einen<br />
Rückgriff auf Saatgut aus konventioneller Produktion stark einschränkt, hat diese Problematik<br />
stark an Bedeutung gewonnen.<br />
Dem Ökologischen Landbau steht - neben präventiven Maßnahmen wie Saatgutreinigung,<br />
Sortenwahl oder Saatzeitpunkt - ergänzend eine Reihe kurativ wirkender Saatgutbehand-<br />
lungsverfahren <strong>zur</strong> Verfügung. Diese Methoden sind allerdings unterschiedlich ausgereift und<br />
einsetzbar (SPIEß 1999 a, b).<br />
Gegenstand dieser Forschungsarbeit war es, die Wirksamkeit der viel versprechenden Heiß-<br />
wasserbeizung bei der <strong>Bekämpfung</strong> des Haferflugbrandes unter Praxisbedingungen zu unter-<br />
suchen. Für die Wirksamkeit dieser Methode ist entscheidend, dass die Höhe der Temperatur<br />
und die Dauer der Hitzebehandlung die <strong>Bekämpfung</strong> der samenbürtigen Krankheitserreger<br />
gewährleisten, ohne dass die Keimfähigkeit und Triebkraft des Saatgutes vermindert werden.<br />
Zur Bearbeitung dieser Frage wurden im Frühjahr 2005 Parzellen- und Praxisversuche mit<br />
dem Hafersortengemisch PANTHER/ERBGRAF angelegt. Das verwendete Saatgut war mit<br />
Ustilago avenae in einer Höhe <strong>von</strong> 13,2 % natürlich befallen. Bei dem Parzellenversuch wur-<br />
de die Wirkung <strong>von</strong> fünf verschiedenen Varianten der <strong>Heißwasserbeizung</strong> auf den Feldauf-<br />
gang und den Flugbrandbefall im Vergleich <strong>zur</strong> unbehandelten Kontrolle untersucht.<br />
Bei dem Feldversuch wurde das Hafersaatgut in großen Mengen, nach vorliegenden Empfeh-<br />
lungen, mit Heißwasser (55 °C) 10 Minuten lang behandelt (KIRCHNER 1975). Analysiert wur-<br />
den der Feldaufgang und der Flugbrandbefall im Vergleich zu unbehandeltem Saatgut.<br />
Darüber hinaus wurde mit Hilfe des Kalttestes die Wirkung der <strong>Heißwasserbeizung</strong> auf die<br />
Triebkraft und Vitalität der Haferkeimlinge untersucht.<br />
2 Problemstellung<br />
Der Haferflugbrand Ustilago avenae gehörte vor der Einführung der chemischen Saatgutbei-<br />
zung zu den wichtigsten Getreidekrankheiten im gemäßigten Klima. In einigen Gebieten tra-<br />
ten wie z.B. in den USA Ausfälle bis zu 90 %, in Mitteleuropa <strong>von</strong> 10 bis 20 % auf. Flug-<br />
brandbefall war lange Zeit der wichtigste Grund für die Aberkennung <strong>von</strong> Hafervermeh-<br />
rungsbeständen.
4<br />
Der Erreger Ustilago avenae gehört systematisch <strong>zur</strong> Abteilung der Eumycota. Er ist ein Pilz<br />
im engeren Sinn, dessen Thallus hyphenbildend, hyphenartig oder tubulär ist. Weiterhin stel-<br />
len die Basidiomyceten (Unterabteilung) die höchstentwickelte Gruppe der Pilze dar und sind<br />
charakterisiert durch die Bildung einer Basidie (Promycel) mit meist vier Basidiosporen (Spo-<br />
ridien). Zuletzt wird der Haferflugbrand unterteilt in der Ordnung Ustilaginales, der Familie<br />
Ustilaginaceae und der Gattung Ustilago. Der Name Brandpilz besteht aufgrund der Bildung<br />
<strong>von</strong> brandartigen, schwarzen Sporenmassen in bestimmten Pflanzenorganen (HOFFMANN et al.<br />
1985). Mit dem Schieben der Rispe werden typische Blütenveränderungen erkennbar. Es tre-<br />
ten aus dem mittleren und unteren Teil der Spelzen dunkelbraune, stäubende Sporenlager her-<br />
vor, die oberflächlich auch an den Achsen gebildet werden. Am Fruchtknoten ist eine kom-<br />
paktere Sporenmasse zu finden. Das Krankheitsbild ist nicht einheitlich, da es häufig nur zu<br />
einem Teilbefall der Rispe kommt, auch finden sich Übergänge zum ’gedeckten Haferbrand’.<br />
Latenter Befall ist möglich, wobei die Pflanzen verkürzt sind. Selten treten Brandsporenlager<br />
an den oberen Blättern auf, wobei Verdrehungen und Hellverfärbung des ersten Blattes die<br />
Erkrankung der Pflanze frühzeitig ankündigen können. Die Sporenlager stäuben rasch aus,<br />
weshalb <strong>zur</strong> Erntezeit nur noch Rispen mit Spelzenresten zu finden sind. Kranke Pflanzen<br />
werden im Feld wegen ihres reduzierten Wuchses häufig übersehen (HOFFMANN u. SCHMUT-<br />
TERER 1983).<br />
Die nach dem Rispenschieben freigewordenen Sporen werden <strong>zur</strong> Zeit der Haferblüte durch<br />
Wind und Regen verbreitet, wobei sie unter die geöffneten Spelzen der Blüte gelangen. Der<br />
Sporenflug erreicht in der Zeit <strong>von</strong> 11 bis 15 Uhr sein Maximum und bleibt in der Nacht sehr<br />
gering. Bei feuchtem Wetter während der Blüte werden die Spelzen nur wenig geöffnet, die<br />
Kontamination <strong>von</strong> anfälligem Gewebe erfolgt seltener. Die Brandsporen keimen bei feuchter<br />
Witterung sofort und das Mycel besiedelt die äußeren Zellschichten <strong>von</strong> Karyopse und Spel-<br />
zen, bevor es in ein Ruhestadium übergeht. Andererseits kann sich dieser Vorgang später<br />
vollziehen, z.B. unter feuchten Bedingungen während der Saatgutlagerung. Häufiger ist ein<br />
Überdauern ungekeimter Sporen an der Karyopse. Allerdings können Sporen, die äußerlich an<br />
den Spelzen haften, das Korn kaum infizieren.<br />
Die Keimung der Brandsporen erfolgt optimal bei 15 °C, das Temperaturminimum liegt bei<br />
0 bis 1 °C, das Maximum bei 31 bis 34 °C. Aus der Spore wächst ein vierzelliges Promycel,<br />
welches Seitenverzweigungen bildet, seltener Sporidien abschnürt. Das infektiöse, dikaryoti-<br />
sche Mycel entsteht nach paarweiser Fusion <strong>von</strong> Promycelzellen. Es vermag Haferpflanzen<br />
nur im Keimlingsstadium zu befallen und wächst durch die Koleoptile und die ersten Interno-<br />
dien in die Blätter; über das dritte bis vierte Blatt wird der Vegetationspunkt innerhalb <strong>von</strong> 14
5<br />
bis 21 Tagen erreicht. Der Erreger wird durch das Strecken der Internodien mitgetragen. In<br />
den Ovarien entwickelt sich stärkeres Mycel, welches später in Brandsporen umgebildet wird.<br />
Das Ausmaß der Keimlingsinfektion wird wesentlich <strong>von</strong> den Umweltbedingungen nach der<br />
Aussaat bestimmt. Auflauftemperaturen unter 7 o C reduzieren die Infektionschancen stark, bei<br />
16 bis 18 °C wird das Befallsmaximum erreicht. Bei geringer Bodenfeuchte ist der Anteil<br />
kranker Pflanzen deutlich reduziert. Der Haferflugbrand tritt daher häufiger an Südhängen<br />
und in mäßig feuchten Lagen auf. Alle Bedingungen, welche Keimung, Aufgang und Jugend-<br />
entwicklung fördern, mindern den Infektionserfolg des Pathogens. Hauptwirte des Haferflug-<br />
brands sind zahlreiche Avena-Arten (A. sativa, A. byzantina, A. fatua, A. ludoviciana, A. steri-<br />
lis) und Trisetum flavescens. Eine Übertragung auf andere Getreidearten findet nicht statt.<br />
Besondere Anfälligkeit und Resistenz treten in Abhängigkeit der Hafersorten unterschiedlich<br />
auf. Dabei kommen Eindringungs- und Ausbreitungsresistenz verschiedenen Grades zu Wir-<br />
kung. Zahlreiche Rassengruppen des Erregers kommen vor, die auf bestimmten Arten, wie<br />
z.B. auf A. brevis und A. nuda ssp. strigosa spezialisiert sind; auch Hybridformen aus natürli-<br />
chen Kreuzungen zwischen U. avenae und U. kolleri sind bekannt. Einzelne Arten unter-<br />
scheiden sich in der Art der Brandsporenlager, welche lockerer (pulvrig) oder kompakter sein<br />
können (HOFFMANN u. SCHMUTTERER 1983).<br />
2.1 Behandlungsmittel auf der Basis <strong>von</strong> Naturstoffen<br />
Seit Mitte der 80er Jahre gibt es intensive Bemühungen, Saatgutbehandlungsmittel für den<br />
Ökologischen Landbau auf der Basis <strong>von</strong> Naturstoffen zu entwickeln. Der Anlass war das<br />
stark zunehmende Auftreten des Weizensteinbrandes (Tilletia tritici) im ökologischen Anbau,<br />
einer Ährenerkrankung des Weizens, die aufgrund der chemischen Beizung über die Jahr-<br />
zehnte bedeutungslos geworden war. Die Versuche am Institut für Biologisch-Dynamische<br />
Forschung mit Pflanzenextrakten wie Knoblauch, Meerrettich, Senf und organischen Produk-<br />
ten zeigten teilweise recht gute Wirkungsgrade gegen die Krankheit (SPIEß u. DUTSCHKE<br />
1991). Auch Magermilchpulver wurde als Saatgutbehandlungsmittel erfolgreich getestet<br />
(BECKER et al. 1990). Ein Senf-Präparat unter der Bezeichnung ’Tillecur’ ist in die Liste der<br />
Pflanzenstärkungsmittel bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft<br />
(BBA) aufgenommen worden. Mit diesem Präparat lassen sich selbst bei starkem Befall des<br />
Saatgutes sehr gute Wirkungsgrade erreichen; deutliche Mehrerträge ergeben sich allerdings<br />
nur bei starkem Befall (vgl. SPIEß 2003, SPIEß u. KOCH 2004). Zu weiteren <strong>Bekämpfung</strong>sver-<br />
fahren saatgutbürtiger Erreger im Öko-Landbau liegen erste Ergebnisse vor, die jedoch noch
6<br />
nicht hinreichend unter Praxisbedingungen getestet wurden (WILBOIS et al. 2005). Zu klären<br />
sind noch Unsicherheiten bei der Applikation oder eventuelle phytotoxische Wirkungen.<br />
2.2 Physikalische Saatgutbehandlungsverfahren<br />
Die Sanierung <strong>von</strong> Saatgut mit Hitze ist eine alte Methode, bei der die Erwärmung des Saat-<br />
gutes mit Wasser, Dampf, Luft oder einem anderen wärmeleitenden Medium erfolgen kann.<br />
Die Heißwasserbehandlung wurde bereits im späten 19. Jahrhundert bei der Kartoffel durch-<br />
geführt und in den 50er und 60er Jahren gegen Flugbrand bei Weizen und Gerste sowie gegen<br />
spezielle Erreger an Gemüsesamen eingesetzt. Um die Hitzebehandlung wirksam durchführen<br />
zu können, muss ein konstantes und präzises Erhitzen für eine definierte Zeitdauer möglich<br />
sein. Wenn die Behandlungstemperatur zu niedrig ist, überlebt der Krankheitserreger, wäh-<br />
rend bei zu hohen Temperaturen auch das Saatgut geschädigt wird. Je größer die Differenz<br />
der Hitzetoleranz zwischen Krankheitserreger und Saatgut ist, desto besser sind die Bedin-<br />
gungen für eine erfolgreiche Wärmebehandlung. Die Hitzetoleranz des Saatgutes wird <strong>von</strong><br />
verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie dem Feuchtigkeitsgehalt, der Keimruhe, dem Alter<br />
und der Vitalität des Saatgutes, der Samenschale sowie der Korngröße. Je höher der Feuch-<br />
tigkeitsgehalt, desto empfindlicher ist das Saatgut. Besonders empfindlich ist Saatgut, das sich<br />
nicht in Keimruhe befindet, älteres und schwächeres Saatgut sowie der Zustand der schützen-<br />
den Schichten, aber auch kleinere Samen. Selbst bei gleicher Sorte und gleicher Saatgutfeuch-<br />
te können sich einzelne Partien deutlich in ihrer Hitzeempfindlichkeit unterscheiden. Daher<br />
kann man nur in Einzelfalldarstellungen absolute Temperaturwerte für die Behandlung ange-<br />
ben. Je nach Rasse des Pathogens dürfte ebenfalls eine unterschiedliche Empfindlichkeit für<br />
die Hitzebehandlung vorliegen. Die Wirksamkeit des Verfahrens hängt weiterhin <strong>von</strong> der Lo-<br />
kalisierung des zu bekämpfenden Schadorganismus am Korn ab. Dabei sind Pathogene, die<br />
außen am Getreidekorn haften, wie Steinbrand und Roggenstängelbrand, aber auch der Hafer-<br />
flugbrand, der unter der Spelze oder in äußeren Zellschichten lokalisiert ist, recht gut zu be-<br />
kämpfen. Auch samenbürtige Fusarien werden gut erfasst. Krankheitserreger wie der Weizen-<br />
und Gerstenflugbrand, die sich im Getreidekorn (Embryo) befinden, sind schwieriger abzutö-<br />
ten (KRAUTHAUSEN u. KOCH 2002).<br />
Die Heißwasserbehandlung nach Tabelle 1 zeigt eine besonders gute Wirkung gegen Getrei-<br />
deflugbrände. Demgegenüber erwies sie sich nach WINTER et al. (1998 a) bei der Netzfle-<br />
ckenkrankheit als weniger wirksam. Bei starker Kontamination des Saatgutes mit Weizen-<br />
stinkbrand- oder Gerstenhartbrandsporen sowie mit Streifenkrankheiten der Gerste wurde
7<br />
eine ungenügende Wirkung festgestellt. Die Heißwasserbehandlung kann sich besonders bei<br />
Gerste negativ auf deren Keimfähigkeit auswirken.<br />
Die Warmwasserbehandlung (s. Tab. 1) eignet sich besonders für die <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Keim-<br />
lings- und Auflaufkrankheiten wie Fusarium nivale, F. graminearum und Septoria nodorum<br />
(WINTER et al. 1997, 1998 b). Diese thermische Beizung wurde <strong>von</strong> Winter et al. (1998 a)<br />
aber auch <strong>zur</strong> <strong>Bekämpfung</strong> des Gerstenflugbrandes (Ustilago nuda) für zertifiziertes Saatgut<br />
empfohlen. Weniger Wirkung zeigte sich bei der <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Saatgutposten mit starkem<br />
Weizenstinkbrand- (Tilletia tritici) oder Gerstenhartbrandbefall (Ustilago hordei) sowie bei<br />
starker Saatgutinfektion mit der Streifenkrankheit der Gerste (Drechslera/Helminthosporium<br />
gramineum). Ungenügend erwies sich die Wirkung gegenüber der Netzfleckenkrankheit<br />
(Drechslera/Helminthosporium teres) an Gerstensaatgut.<br />
Die Elektronenbehandlung wurde speziell für die <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Weizensteinbrand (Tille-<br />
tia tritici) entwickelt. Das Prinzip der Elektronenbeizung beruht auf der keimabtötenden Wir-<br />
kung niederenergetischer Elektronen, die ausschließlich auf die äußere Samenschale einwir-<br />
ken sollen (LINDNER 1999). LINDNER et al. (1992) fanden, dass die Wirkung dieses Verfah-<br />
rens praktisch gleich gut war wie die chemische Beizung. Sie stellten jedoch fest, dass Keim-<br />
lings- und Auflaufkrankeiten mit der Elektronenbehandlung weniger gut eingedämmt wurden.<br />
Tabelle 1: Thermische Verfahren <strong>zur</strong> <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Getreidebrand (SPIEß 1999 b)<br />
Saatguterkrankung / Beizverfahren Behandlungsdauer<br />
Flugbrand des Weizens und der Gerste Weizen Gerste<br />
Warmwasserbeizung 2,5 Std. bei 46 °C 2 Std. bei 45 °C<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
4 Std. vorquellen (25-30 °C)<br />
10 min bei 51 – 52 °C<br />
Haferflugbrand, Roggenstängelbrand Hafer, Roggen<br />
Unterbrochene <strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
3 Material und Methoden<br />
10 min bei 55 – 56 °C<br />
4 Std. vorquellen (25-30 °C)<br />
10 min bei 48 - 50 °C<br />
in 10 min etwa 20 Tauchungen je 10-20 Sek. Dauer<br />
Im Getreideanbau des <strong>Dottenfelder</strong>hofes zeigte sich in der Vergangenheit eine besondere<br />
Steinbrandanfälligkeit bei Weizenweizen und es trat Flugbrand bei Gerste, Weizen und Hafer
8<br />
auf. Aufgrund der dadurch entstandenen Probleme wird seit 1984 in der Zweigstelle des Insti-<br />
tuts für Biologisch-Dynamische Forschung auf dem <strong>Dottenfelder</strong>hof (Bad Vilbel) nach Stra-<br />
tegien für die Regulierung <strong>von</strong> saatgutübertragbaren Krankheiten geforscht (SPIEß 1999 b).<br />
Für die <strong>Bekämpfung</strong> der Flugbrände in der Praxis des <strong>Dottenfelder</strong>hofes wurde aktuell eine<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong>sanlage unter der Leitung <strong>von</strong> Ansgar Vortmann gebaut, so dass eine grö-<br />
ßere Menge an Saatgut gleichzeitig behandelt werden kann (Bild 1a, b). Unter Praxisbedin-<br />
gungen sollte untersucht werden, wo die Optima der Temperatur und der Behandlungsdauer<br />
der <strong>Heißwasserbeizung</strong> für eine vollständige Abtötung des Krankheitserregers Ustilago ave-<br />
nae bei Erhalt der Keimfähigkeit und der Triebkraft des Kornes liegen. Das sich jeweils in<br />
Jutesäcken befindende Saatgut (25 kg) wurde bei Wassertemperaturen <strong>von</strong> 55, 56 bzw. 59 0 C<br />
für die Dauer <strong>von</strong> 6 bis zu 20 Minuten eingetaucht und die Saatgutchargen auf den Erfolg<br />
dieser Behandlungen versuchsmäßig geprüft.<br />
Für alle Versuche wurde eine hofeigene Saatgutcharge des Sortengemisches ERBGRAF und<br />
PANTHER mit einer natürlichen Infektion in Höhe <strong>von</strong> 13,2 % Ustilago avenae verwendet.<br />
Das Funktionsschema der Heißwasserbeizmaschine ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Ma-<br />
schine besteht aus einem mit Holzfeuer betriebenen Heizkessel (100 l), dem Heißwasserspei-<br />
cher (1000 l), dem Beizbecken (300 l), dem Kaltwasserbecken (500 l) und dem elektrogetrie-<br />
benen Seilzug mit Führungsschiene für die Verladung des Saatgutes. Zwei <strong>von</strong> einander un-<br />
abhängige Wasserkreisläufe, der Speicherwasser- und der Beizwasserkreislauf, werden durch<br />
Pumpen und Temperatursensoren mittels eines zentralen Steuerungssystems automatisch ge-<br />
lenkt. Die Temperatur des Beizwassers wird durch einen Wärmeaustauscher und ein Misch-<br />
ventil reguliert. Zu diesem Zweck wurden während der gesamten Behandlungsdauer die<br />
Temperatur des Tauchbeckens und die Oberflächentemperatur des Saatgutes gemessen. Zur<br />
Erprobung der unterbrochenen Heißwasserbeize (s. Tab. 1) wurde das Getreide in Jutesäcke<br />
(25 kg) abgesackt und mehrere Male ca. 10-15 Sekunden in das Heißwasser eingetaucht bis<br />
die Temperatur im Sack konstant blieb. Wie sich zeigte, macht diese Behandlung wenig Sinn,<br />
da bei dieser Menge an Saatgut (100 kg pro Behandlung) die Oberflächentemperatur an den<br />
Körnern nur geringfügig beim Auftauchen der Säcke abnahm (Abb. 2).<br />
Eine thermische Rücktrocknung war nicht vorgesehen, da das Saatgut aufgrund der kurzen<br />
Behandlungsdauer wenig quoll. Einen Tag später konnte das Hafersaatgut mittels einer her-<br />
kömmlichen Drillmaschine einwandfrei, d.h. ohne Rieselprobleme gesät werden.
Bild 1a,b: Heißwasserbeizanlage <strong>Dottenfelder</strong>hof. Eigenbau 2005 (Fotos: Stefan Klause)<br />
Abbildung 1: Konstruktionszeichnung der Heißwasserbeizanlage <strong>Dottenfelder</strong>hof 2005<br />
9
10<br />
Abbildung 2: Temperaturverlauf in °C an der Kornoberfläche und im Wasser während der<br />
Heißwasserbehandlung [blaue Linie: Saatgut, rote Linie: Wasser]. Beizapparatur Dottenfel-<br />
derhof 2005<br />
3.1 Feldversuch<br />
Für den Praxisversuch wurden ca. 1,4 Tonnen Hafer der gleichen Sortenmischung PANTHER<br />
und ERBGRAF für den Schlag Pfaffenwald II für ca. 7,5 ha (400 Körner/m²) bereitgestellt.<br />
Das Saatgut war mit Heißwasser am 19. März bei 55 °C für 10 Minuten behandelt worden.<br />
Dieses wurde ohne thermische Rücktrocknung am 21. März mit einer herkömmlichen Säma-<br />
schine gedrillt. Untersucht wurden der Feldaufgang und der Flugbrandbefall. Der Feldaufgang<br />
wurde durch Auszählung der Keimdichte auf 1 m² in fünffacher Wiederholungen im 2-Blatt-<br />
Stadium ermittelt. Der Befall wurde durch Auszählung der kranken Rispen in Prozent der<br />
Bestandesdichte auf zwei Parzellen je 150 m² untersucht. Kontrollvariante war ein am selben<br />
Tag auf dem Himmelacker-Kirchberg gesäter unbehandelter Hafer der gleichen Partie.<br />
Tabelle 2: Versuchsanordnung ’<strong>Heißwasserbeizung</strong> gegen Flugbrand an Hafer’. Feldversuch,<br />
Pfaffenwald II, Himmelacker-Kirchberg, <strong>Dottenfelder</strong>hof 2005<br />
Versuchsanlage <strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
• Feldgröße: 7,5 ha<br />
• Sorte: Gemisch PANTHER/ERBGRAF<br />
• Untersuchungen:<br />
Feldaufgang<br />
Flugbrandbefall auf 2 x 150 m²<br />
Labor-Keimtest<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
16:47 16:52 16:57 17:02 17:07<br />
• Triebkrafttest (6 °C) in Petrischalen bei Dunkelheit<br />
1. 10 min in Wasser bei 55 °C<br />
2. Abschrecken bei 18 °C<br />
3. Rücktrocknung an der frischen Luft
3.2 Parzellenversuch<br />
11<br />
Im Rahmen eines Feldversuches wurden fünf verschiedene Heißwasserbeizen (variierte Tem-<br />
peratur und Behandlungsdauer) auf ihre Wirksamkeit gegenüber der unbehandelten Kontrolle<br />
getestet (Tab. 3). Es wurde die gleiche Saatgutcharge wie oben aufgeführt verwendet. Auf-<br />
grund technischer Probleme mit der Beizanlage konnte erst sehr spät am 11. Mai ausgesät<br />
werden. Ein Vorteil der verzögerten Aussaat könnte der erfahrungsgemäß erhöhte Befallsgrad<br />
sein, was deutlichere Unterschiede zwischen den Behandlungen erwarten ließe. Der Feldauf-<br />
gang wurde durch Auszählung der Keimdichte in allen Parzellen im 2-Blatt-Stadium ermittelt.<br />
Der Befallsgrad wurde durch Bestimmung der Bestandesdichte gesunder und kranker Rispen,<br />
ebenfalls auf allen Parzellen, ermittelt.<br />
Ein Kalttest <strong>zur</strong> Bestimmung der Triebkraft wurde bei 10 °C unter Lichtausschluss über 12<br />
Tage im Kühlkeimschrank durchgeführt. Jede Variante wurde in sechs Keimschalen mit je-<br />
weils 100 Körnern angesetzt. Die Körner wurden auf eine 1 cm hohe Substratschicht aus Erde<br />
und Sand ausgelegt und mit einer 0,7 cm Sandschicht abgedeckt. Es wurde auf 60 % Wasser-<br />
kapazität angefeuchtet. Im Anschluss an die Kaltphase wurden die Proben bei Raumtempera-<br />
tur drei Tage im Licht aufgestellt, danach die Keime geerntet, getrocknet und gewogen.<br />
Tabelle 3: Versuchsanordnung ’<strong>Heißwasserbeizung</strong> gegen Flugbrand an Hafer’. Blockversuch,<br />
Pfaffenwald I, <strong>Dottenfelder</strong>hof 2005<br />
Versuchsanlage Saatgutbehandlungen<br />
• Randomisierte Blockanlage 1. Unbehandelt<br />
• Wiederholungen: 4 2. 10 min in Wasser bei 55 °C<br />
• Parzellengröße: 6 m² 3. 7 min in Wasser bei 56 °C<br />
• Sorte: Gemisch PANTHER/ERBGRAF 4. 10 min in Wasser bei 56 °C<br />
• natürlicher Flugbrandbefall: 13,24 %<br />
Keimtest<br />
• Kalttest (10 °C) 23.06.-08.07.<br />
5. 7 min in Wasser bei 58 °C<br />
6. 6 min in Wasser bei 59 °C<br />
• je Variante 6 x 100 Körner (12 Tage bei 10 °C Dunkel, 3 Tage bei 20 °C Licht)<br />
• Wiederholungen: 6<br />
3.3 Laborversuch<br />
Bei diesem Versuch wurden kleinere Mengen an Hafer (gleiche Charge) unter Laborbedin-<br />
gungen mit Heißwasser gebeizt. Da der Hafer im Parzellenversuch trotz einer Heißwasserbei-<br />
zung <strong>von</strong> 6 Minuten bei 59 °C üppig wuchs, wurde die Behandlungsdauer erhöht, um den
12<br />
Grenzwert für eine Saatgutschädigung zu ermitteln. Als Vergleichsvarianten dienten die Be-<br />
handlungen ’2’ (10 min, 55 °C) und ’6’ (6 min, 59 °C), die bereits bei dem Feldversuch ein-<br />
gesetzt wurden.<br />
Ein Kalttest <strong>zur</strong> Ermittlung der Triebkraft des behandelten Saatgutes wurde mit befeuchtetem<br />
Erde-Sand-Gemisch bei 10 °C unter Lichtausschluss über 13 Tage im Kühlkeimschrank<br />
durchgeführt. Anschließend wurden die Proben bei Raumtemperatur vier Tage im Licht auf-<br />
gestellt.<br />
Als Signifikanz-Prüfverfahren diente der multiple range test nach Tukey.<br />
Tabelle 4: Versuchsanordnung ’<strong>Heißwasserbeizung</strong> gegen Flugbrand an Hafer’. Kalttest<br />
<strong>Dottenfelder</strong>hof 28.06.-15.07.2005<br />
Keimtest Saatgutbehandlung<br />
• Kalttest (10 o C): 13 Tage bei Dunkelheit 7. 10 min in Wasser <strong>von</strong> 55 o C<br />
anschließend 4 Tage Licht bei 20 °C 8. 6 min in Wasser <strong>von</strong> 59 o C<br />
• je Variante 6 x 100 Körner 9. 10 min in Wasser <strong>von</strong> 59 o C<br />
• Wiederholungen: 6 10. 15 min in Wasser <strong>von</strong> 59 o C<br />
• Sorte: Gemisch PANTHER/ERBGRAF 11. 20 min in Wasser <strong>von</strong> 59 o C<br />
4 Ergebnisse und Diskussion<br />
4.1 Praxisversuch<br />
Wie die Ergebnisse in Tabelle 5 zeigen, war die <strong>Heißwasserbeizung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Bekämpfung</strong> des<br />
Flugbrandes an Hafer besonders effektiv. Die Behandlung bewirkte eine signifikante Redu-<br />
zierung des Befalles um 99,9 % im Vergleich <strong>zur</strong> unbehandelten Kontrollparzelle. Bezüglich<br />
des Feldaufganges des behandelten Saatgutes trat eine Hemmung auf, die bei rd. 30 % lag. Es<br />
wird noch zu zeigen sein, dass der Blockversuch und der Kaltkeimtest diesen Sachverhalt<br />
nicht vollständig wider spiegelten. Einschränkend muss betont werden, dass die Zugrundele-<br />
gung der Saatstärke in Höhe <strong>von</strong> 400 keimfähigen Körnern/m² tatsächlich überschritten wor-<br />
den sein muss, da der Feldaufgang bei Unbehandelt über 100 % betrug. Es dürfte sich hier um<br />
eine praxisbedingte Ungenauigkeit in der Bestimmung der Saatstärke handeln.
Tabelle 5: Wirkung der Heißwasserbehandlung auf Feldaufgang und Befall <strong>von</strong> natürlich<br />
13<br />
infiziertem Hafer im Praxisanbau. <strong>Dottenfelder</strong>hof 2005<br />
Saatgutbehandlung abs.<br />
[%]<br />
Feldaufgang Befall Wirkung<br />
rel.<br />
[%]<br />
abs.<br />
[%]<br />
Kontrolle; ungebeizt 103,4 a* 100 10,49 a -<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong>; 10 min bei 55° C 72,7 b 70,3 0,01 b 99,9<br />
*) ungleiche Buchstaben: Irrtumswahrscheinlichkeit Tukey-Test α < 0,05<br />
4.2 Parzellenversuch<br />
Aus der Ergebniszusammenstellung in Tabelle 6 ist zu entnehmen, dass alle Behandlungsva-<br />
rianten den Flugbrandbefall im Vergleich <strong>zur</strong> Kontrolle signifikant reduzierten, selbst wenn<br />
ein niedriger Befall - entgegen der Erwartung - vorlag. Innerhalb der Behandlungen sind die<br />
Unterschiede statistisch nicht gesichert. Allerdings wurde in den Varianten 2 und 3 der ge-<br />
setzlich geregelte Höchstbefall <strong>von</strong> < 0,01 % (5 Pflanzen/150 m²) für zertifiziertes Saatgut<br />
nicht unterschritten. Als Beizung mit der besten Wirkung hinsichtlich Erhalt der Keimfähig-<br />
keit und <strong>Bekämpfung</strong>serfolg ist die Behandlung mit 6 min bei 59 °C hervorzuheben.<br />
Tabelle 6: Wirkung der Heißwasserbehandlung auf Feldaufgang und Befall <strong>von</strong> natürlich<br />
infiziertem Hafer im Parzellenversuch. <strong>Dottenfelder</strong>hof 2005<br />
Saatgutbehandlung abs.<br />
WG<br />
[%]<br />
Feldaufgang Befall Wirkung<br />
[%]<br />
rel.<br />
[%]<br />
[%]<br />
ln(x+1)<br />
1 Kontrolle; ungebeizt 78,0 a* 100 0,35 0,26 a -<br />
2 Heißwasserbeize; 10 min bei 55 °C 82,6 ab 105,8 0,02 0,03 b 94,5<br />
3 Heißwasserbeize; 7 min bei 56 °C 75,6 a 96,9 0,06 0,04 b 84,1<br />
4 Heißwasserbeize; 10 min bei 56 °C 83,9 ab 107,5 0,00 0,00 b 100<br />
5 Heißwasserbeize; 7 min bei 58 °C 79,9 ab 102,4 0,00 0,00 b 100<br />
6 Heißwasserbeize; 6 min bei 59 °C 91,8 b 117,7 0,00 0,00 b 100<br />
*) ungleiche Buchstaben: Irrtumswahrscheinlichkeit Tukey-Test α < 0,05<br />
[%]
4 Kalttests <strong>zur</strong> Bestimmung der Triebkraft<br />
14<br />
4.3.1 Kalttest zum Parzellen-Beizversuch<br />
Wie die Ergebnisse vom Kalttest in Tabelle 7 zunächst zeigen, führte die <strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
unter Kältestress <strong>von</strong> 12 Tagen generell zu einer signifikant verminderten Triebkraft. Die<br />
Triebkraftminderung lag zwischen 15 und 28 Prozent. Diese Unterschiede nivellierten sich<br />
nach der Warmphase, so dass nur noch geringe Differenzierungen festzustellen waren. Ledig-<br />
lich die Beizung <strong>von</strong> 10 min bei 56 °C führte zu einem signifikanten Triebkraftverlust <strong>von</strong> rel.<br />
16 % gegenüber der Kontrolle. Erstaunlicherweise war die Keimung durch die Beizung in der<br />
Kaltphase generell beschleunigt. In allen Fällen verkürzte sich statistisch gesichert die Mittle-<br />
re Keimdauer gegenüber Unbehandelt um zwei bis fast drei Tage. Dies deutet auf einen Vor-<br />
keimeffekt der Heißwasserbehandlung. Nimmt man jedoch das Blattgewicht der Keime <strong>zur</strong><br />
Beurteilung der Heißwasserbeize hinzu, zeigt sich, dass die Behandlung zu schwächeren<br />
Keimen führt. Dies betrifft die Varianten mit längerer Einwirkungsdauer bzw. mit höheren<br />
Temperaturen. In diesen Fällen liegt eine signifikante Minderung der Keimlingsmasse vor.<br />
Tabelle 7: Wirkung der praxisorientierten <strong>Heißwasserbeizung</strong> auf Keimrate, Keimdauer und<br />
Trockenmassebildung <strong>von</strong> Hafer im Kalttest. <strong>Dottenfelder</strong>hof 23.06.2005<br />
Praxis-<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
Versuchsansatz<br />
23.06.2005<br />
Keimrate 5.7.05,<br />
kalt<br />
12. Tag nach<br />
Aussaat<br />
Keimrate 8.7.05,<br />
warm<br />
15. Tag nach<br />
Aussaat<br />
Mittlere Keimdauer<br />
30.6.05, kalt<br />
Blatt-<br />
Trockenmasse<br />
ab Auflaufbeginn 15. Tag nach<br />
Aussaat<br />
% rel. % rel. Tage rel. mg/Pfl. rel.<br />
1 Unbehandelt 78,50 a* 100 87,17 a 100 8,95 a 100 8,42 a 100<br />
2 55 °C, 10 min 62,83 b 80 85,83 a 98 6,20 bc 69 8,00 ab 95<br />
3 56 °C, 7 min 66,83 ab 85 84,50 a 97 6,57 b 73 8,45 a 100<br />
4 56 °C, 10 min 49,00 c 62 73,33 b 84 5,11 c 57 6,99 c 83<br />
5 58 °C, 7 min 60,83 bc 77 85,33 a 98 6,45 bc 72 7,55 bc 90<br />
6 59 °C, 6 min 56,50 bc 72 83,17 a 95 6,03 bc 67 7,39 bc 88<br />
*) ungleiche Buchstaben: Irrtumswahrscheinlichkeit Tukey-Test α < 0,05<br />
4.3.2 Kalttest zum Labor-Beizversuch<br />
Obwohl eine unbehandelte Kontrolle in diesem Test nicht enthalten war, kann man die Kon-<br />
trollvariante des vorhergehenden Tests zum Vergleich heranziehen. Danach zeigt sich auch
15<br />
hier, dass am Ende der Kaltphase erhebliche Einbußen der Triebkraft zu verzeichnen sind<br />
(Tab. 8). Bei Auslotung der Beizdauer auf 20 min bei 59 °C keimten lediglich nur noch rd. 10<br />
Prozent der Karyopsen. Aber auch hier stieg die Anzahl der Keime in der Warmphase noch<br />
an, zeigt aber weiterhin erhebliche Unterschiede. Danach verschlechtert sich bei der Beiztem-<br />
peratur <strong>von</strong> 59 °C die Triebkraft nahezu linear mit steigender Einwirkungszeit. Bei der Mittle-<br />
ren Keimdauer differenzieren sich die Behandlungen kaum. Lediglich die Variante 59 °C, 20<br />
min weist eine signifikante Verlangsamung der Keimung um anderthalb Tage auf. Die Ergeb-<br />
nisse der Tabelle 8 verdeutlichen, dass bei einer Beiztemperatur <strong>von</strong> 59 °C ein Behandlungs-<br />
zeitraum <strong>von</strong> mehr als 10 Minuten nicht überschritten werden darf, wenn man nicht eine sig-<br />
nifikante Verminderung der Keimfähigkeit in Kauf nehmen will.<br />
Tabelle 8: Wirkung der <strong>Heißwasserbeizung</strong> im Labormaßstab auf die Keimrate und die<br />
Keimdauer im Kalttest mit Hafer. <strong>Dottenfelder</strong>hof 28.06.2005<br />
Labor-<br />
<strong>Heißwasserbeizung</strong><br />
Versuchsansatz<br />
28.06.2005<br />
Keimrate 11.7.05, kalt Keimrate 15.7.05, warm Mittlere Keimdauer<br />
11.7.05, kalt<br />
13. Tag nach Aussaat 17. Tag nach Aussaat ab Auflaufbeginn<br />
% rel. % rel. Tage rel.<br />
7 55 °C, 10 min 53,2 a* 100 65,0 a 100 10,1 a 100<br />
8 59 °C, 6 min 52,0 a 98 68,0 a 105 10,0 a 99<br />
9 59 °C, 10 min 44,0 ab 83 56,0 a 86 10,2 a 102<br />
10 59 °C, 15 min 27,0 bc 51 38,0 b 58 10,1 a 101<br />
11 59 °C, 20 Min 9,7 c 18 12,8 c 20 11,4 b 113<br />
*) ungleiche Buchstaben: Irrtumswahrscheinlichkeit Tukey-Test α < 0,05<br />
5 Zusammenfassung<br />
Die hier dokumentierten Versuchsergebnisse haben den Nachweis erbracht, dass die Heiß-<br />
wasserbeizung mit der neu entwickelten Beizanlage des <strong>Dottenfelder</strong>hofes für die Praxis-<br />
anwendung in der Landwirtschaft geeignet ist. Die hier dargestellten Befunde belegen die<br />
guten Erfolge bei der <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Flugbrand bei Hafer der Sorten PANTHER und<br />
ERBGRAF, ohne dass dadurch die Keimfähigkeit zu stark beeinträchtigt wurde. Optimal für<br />
eine erfolgreiche Hitzebehandlung erwies sich ein Temperaturfenster <strong>von</strong> 55 bis 57 °C bei<br />
einem Behandlungszeitraum <strong>von</strong> 10 Minuten, sowie <strong>von</strong> 58 bzw. 59 °C bei einer Behand-<br />
lungsdauer <strong>von</strong> höchstens 7 bzw. 6 Minuten. Dieser relativ weite Behandlungsspielraum be-<br />
günstigt die Nutzung <strong>von</strong> großtechnischen Anlagen, da bei Behandlung <strong>von</strong> größeren Saat-
16<br />
gutmengen das Einhalten einer konstanten Wassertemperatur während der gesamten Tauch-<br />
phase erschwert ist. Es gilt dabei zu bedenken, dass je nach Saatgutcharge und Jahr eine un-<br />
terschiedliche Verträglichkeit der Karyopsen für die Heißwasserbehandlung vorliegen kann,<br />
weshalb die hier erzielten positiven Resultate bei hohen Temperaturen, die <strong>von</strong> der üblichen<br />
Empfehlung abweichen, zu überprüfen sind.<br />
Infolge der guten Wirksamkeit der <strong>Heißwasserbeizung</strong> bei Haferflugbrand sollen die Versu-<br />
che mit dem <strong>Dottenfelder</strong> Heißwasser-Beizgerät auf die <strong>Bekämpfung</strong> <strong>von</strong> Flugbrand an Wei-<br />
zen und Gerste ausgedehnt werden.<br />
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