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Der ganze Gottesdienst zum Ausdrucken

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Dazu Bild „Die Sturmstillung“ von Bruegel<br />

Genauso kann es ein Arzt oder eine Schwester hier im Krankenhaus erleben: Wie in einem<br />

Sturm, scheinbar hilflos, ausgesetzt und allein. Wo bist Du Gott in all diesen Gesprächen, die<br />

wir Pflegende und Ärzte mit Patienten über ihre Wahrheit führen? Schläfst Du? Ich kann Dich<br />

nicht spüren! - Du hast mich verlassen!<br />

Dabei brauchte ich es so sehr, dass Du jetzt Deine Hände warm und fest auf meine Schultern<br />

legst. Dass Du mir Kraft gibst, die Reaktionen der Patienten zu ertragen. Ich habe<br />

unermessliche Angst, vom Ansturm des Schmerzes der Patienten überspült zu werden!<br />

Angst davor, selber einmal vor einer solchen Wahrheit zu stehen und nicht mehr klar zu<br />

kommen. Angst, falsche Wahrheiten zu vermitteln, nur um Patienten nicht zu enttäuschen!<br />

Meine Ohnmacht beschämt mich! Aber oft bin ich auch wütend auch Dich, Gott! Warum<br />

schläfst Du? Manchmal möchte ich nur noch fliehen! Aber wohin? Ich drohe zu ertrinken ....<br />

Predigt über die „Wahrheit, die befreit?!“<br />

Ganz plötzlich war er ins Krankenhaus gekommen. Er wollte es erst nicht, denn er stand kurz<br />

vor seinem 60. Geburtstag. Da passte der Krankenhausaufenthalt gar nicht in das Programm.<br />

Jetzt fühlt er sich besser und rechnet fest damit, dass er noch vor dem Wochenende entlassen<br />

werden kann. Und da erhält der Stationsarzt den Untersuchungsbefund, dass er doch schwer<br />

erkrankt ist. <strong>Der</strong> Arzt wird es ihm sagen müssen, aber dann stockt er: Soll er es ihm heute<br />

sagen? Heute am Freitag, so kurz vor seinem 60. Geburtstag? <strong>Der</strong> Arzt überdenkt den Befund:<br />

Es kommt bei seiner Erkrankung nicht auf 2-3 Tage an. Man wird in Ruhe alles besprechen<br />

müssen, die möglichen Therapien, die Aussichten, aber alles dies könnte auch in der nächsten<br />

Woche geschehen. Ja, das wäre die Lösung.<br />

Aber wäre das nicht eine Lüge? Jedenfalls <strong>zum</strong> Wohle des Patienten. Schließlich lautet das<br />

erste Prinzip der Medizin ›Du sollst nicht schaden‹. Und wäre es nicht gerade besonders<br />

menschlich, den Patienten noch zwei bis drei Tage in seiner derzeitigen guten Stimmung zu<br />

belassen? Soll der Arzt dem Patienten die Wahrheit sagen? Das ist eine ethische Frage. <strong>Der</strong><br />

Arzt muss sie beantworten, denn er muss reagieren. Was ich hier am Zentrum für Ethik tue,<br />

ist solche Fragen zu besprechen: in der Ausbildung von jungen Ärztinnen und Ärzten in der<br />

Krankenpflegeschule Wenn ich hier um Rat gefragt werde, dann geht es mir immer darum zu<br />

sehen, was für den Patienten jetzt das angemessene in dieser Situation ist. Ich finde es<br />

grundsätzlich gut und wichtig, dem Patienten die Wahrheit über seine Erkrankung zu sagen<br />

und dann offen dafür zu sein, wie viel der Patient hören will und wie viel er besprechen will.<br />

Ich finde der Patient hat ein Recht darauf zu erfahren, wie es um ihn steht, denn es ist sein<br />

Leben und er muss es weiterführen. Es war für mich ein einschneidendes Erlebnis, wie eine<br />

Patientin, der die Wahrheit über ihren Zustand nicht gesagt wurde, sich betrogen fühlte. Sie<br />

fühlte sich betrogen um ihre Lebenszeit, sie hatte das Gefühl dass man ihr wertvolle Zeit<br />

vorenthalten hatte, als man sie im Glauben ließ, sie sei gar nicht so krank. Jeder Patient, da<br />

waren wir uns in der Vorbereitungsgruppe einig, sollte die Wahrheit erfahren, er sollte sie<br />

angeboten bekommen. Aber was ist denn in dem konkreten Einzelfall?<br />

Nun, ich bin als Ethiker nicht der, der festlegt, was getan werden sollte. Als Ethiker versuche<br />

ich etwas, was wir Christen alle als unsere Aufgabe verstehen können, andere darin zu<br />

unterstützen, ihre Entscheidung zu treffen und zu verantworten. Wir heben nicht den<br />

moralischen Zeigefinger, sondern setzen auf das Gespräch, auf den Austausch. Und so erlebe<br />

ich es oft, dass alle nach einem solchen Gespräch anders herausgehen, mit mehr Aspekten und<br />

größeren Perspektiven.

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