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Der ganze Gottesdienst zum Ausdrucken

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Oft sind die Situationen hier im Krankenhaus so, gerade auf der Intensivstation, dass der<br />

Patient selbst durch seine Erkrankung oder einen Unfall gar nicht in der Lage ist, zu sprechen,<br />

er ist bewusstlos, nicht ansprechbar - und dann stellt sich immer wieder die Frage: Was würde<br />

der Patient jetzt sagen, was würde er wollen? Möchte er das alles medizinisch-mögliche für<br />

ihn getan wird? Oder möchte er an einer bestimmten Stelle eine Grenze ziehen?<br />

Die Bayerische Landeskirche hatte schon vor Jahren eine Patientenverfügung in ihr<br />

Gesangbuch hinten mit abgedruckt, sicher auch um zu zeigen, dass es für Christen kein<br />

Hindernis ist, sich über diese Dinge Gedanken zu machen. Es ist ein wichtiges Argument,<br />

wenn gesagt wird, dass niemand sich in gesunden Tagen so richtig vorstellen kann, wie es ist,<br />

wenn man schwer krank ist, und dass sich die Meinung sehr schnell ändern kann, wenn man<br />

spürt, wie das eigene Leben bedroht ist. Aber Sie und ich wissen, dass unser Leben begrenzt<br />

ist, wir alle wissen, dass unser Leben hier auf der Erde einmal zu Ende gehen wird. Und jeder<br />

zweite von uns wird sein Leben in einem Krankenhaus beenden. Das ist seit Jahren die<br />

Situation, und es ist das Bemühen von Ärzten und Pflegenden, dies angemessen zu gestalten.<br />

Dazu gehört aber auch zu wissen, wie jeder Einzelne behandelt werden möchte.<br />

Da werden Sehnsüchte und Erwartungen geweckt.<br />

Für mich ist in diesem Zusammenhang eines der eindrücklichsten Darstellungen das Bild von<br />

Lukas Cranach. Viele von Ihnen werden es kennen. Es heißt: ›<strong>Der</strong> Jungbrunnen‹ und obwohl<br />

es schon fast 450 Jahre alt ist, so zeigt es doch für mich in beindruckender Weise unsere<br />

Hoffnungen und Sehnsüchte, die wir mit der modernen Medizin verbinden: von links<br />

kommen alte und kranke Menschen, die <strong>zum</strong> Teil nicht mehr alleine laufen können, an den<br />

Jungbrunnen heran, steigen in das Wasser hinab und durchwaten das heilkräftige Wasser.<br />

Wenn Sie genau hinschauen werden Sie feststellen, dass die Menschen, die durch das Wasser<br />

waten und schwimmen immer jünger und gesünder werden. Dann steigen Sie am anderen<br />

Ende heraus, kleiden sich neu ein und genießen das Leben.<br />

Wenn Sie das Bild Hausärzten und Internisten zeigen, dann graust es sie oft, weil sich die<br />

frisch Gesundeten an keine ärztliche Anordnung mehr halten, nicht mehr auf Blutzucker und<br />

Cholesterinwerte achten, sondern alles essen und trinken, was ihnen schmeckt. Und wenn es<br />

uns wieder schlecht geht, dann können wir uns wieder auf der linken Seite anstellen, durch<br />

das Wasser der Diagnostik und Therapie hindurchwaten. Ein schier endloser Kreislauf, so<br />

scheint es. Und doch, es ist nur die halbe Wahrheit. <strong>Der</strong> Medizinhistoriker Dietrich von<br />

Engelhardt hat mir hier bei einem Vortrag einmal die Augen geöffnet, indem er auf die<br />

Perspektive hingewiesen hat: Schauen Sie sich einmal das Bild an und Sie werden sehen, dass<br />

die Bewegung des Bildes von links nach rechts geht.<br />

Wir lesen das Bild, wie wir ein Buch lesen, von links nach rechts. Es fehlt aber die Tiefe, es<br />

fehlt das oben und unten. Viele andere Bilder aus dem Mittelalter folgen einer anderen<br />

Richtung: Sie richten den Blick von unten nach oben auf etwas Höheres. Dadurch erfährt sich<br />

der Mensch ganz anders eingebunden: Er steht in der Welt, eingerahmt vom Schöpfergott.<br />

Auf diese Weise durchkreuzen sich zwei Sichtweisen, zwei Hoffnungen (und es entsteht ein<br />

Kreuz). Für mich ergibt sich daraus ein ganz neues Bild und ich verstehe das Jesuswort in<br />

diesem Zusammenhang ganz neu. "Wenn ihr bleiben werdet in meiner Rede (..) dann werdet<br />

ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird Euch frei machen." (Joh 8, 31-32)<br />

Die Wahrheit erkennen heißt für mich als Christ, den gesamten Zusammenhang des<br />

Weltlaufes zu erkennen, das Horizontale und das Vertikale. Das unser Leben aufgehoben ist<br />

in Christus. Diese Wahrheit macht mich nicht frei von Sorgen, sie verhindert nicht, dass ich<br />

krank werde, dass ich mir ein Bein breche und Krebs bekomme.

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