2005_02.pdf - Georg-Kerschensteiner-Schule
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<strong>Georg</strong> <strong>Kerschensteiner</strong> Gymnasium<br />
Müllheim (Baden)<br />
Woher kommt das Vitamin C<br />
im Sauerkraut?<br />
vorgelegt von<br />
Astrid Jurischka<br />
Ismet Hakan Bilgic<br />
Alexander Moritz<br />
jugend forscht <strong>2005</strong><br />
j<br />
d<br />
u n<br />
ge<br />
t<br />
h<br />
c<br />
s<br />
r<br />
o<br />
f
nd<br />
2 Edition 2008 by Stefan Müller and Otto Schäfer<br />
30 Jahre<br />
jugend forscht<br />
d<br />
ju n<br />
t<br />
h<br />
an der <strong>Georg</strong>-<strong>Kerschensteiner</strong> <strong>Schule</strong><br />
Technisches Gymnasium Müllheim<br />
ge<br />
c<br />
s<br />
r<br />
o<br />
f<br />
1978-2008
I. VORWORT<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
II. DIE SAUERKRAUTBEREITUNG – EIN KOMPLEXER VORGANG<br />
1. Haltbarmachung von Lebensmitteln<br />
2. Der Weißkohl<br />
3. Einmachen<br />
a. Gefäße<br />
b. Einmacharten<br />
III. DIE GÄRUNG<br />
1. Bildung von Nitrit aus Nitrat<br />
2. Bildung von Milchsäure aus Glucose<br />
3. Verbleib des Vitamin C in der Lake<br />
IV. HYPOTHESEN FÜR DAS ERNEUTE AUFTRETEN<br />
VON VITAMIN C NACH ABSCHLUSS DER GÄRUNG<br />
V. LITERATURVERZEICHNIS<br />
VI. BILDNACHWEIS<br />
VII. DANKSAGUNG<br />
VIII. EXPERIMENTELLER TEIL
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
I. VORWORT<br />
Die Idee zu dieser Arbeit wurde vor fast einem Jahr geboren. Unser betreuender Lehrer Herr<br />
Schäfer macht jedes Jahr im Herbst ca. 6-8 Wochen vor Weihnachten Sauerkraut ein. Anfang<br />
des neuen Jahres werden dann gute Freunde zum großen „Sauerkrautgelage“ eingeladen. Da<br />
das Kraut dabei zwei Stunden gekocht wird, meinte eine der eingeladenen Damen: „Da ist<br />
bestimmt kein Vitamin C mehr drin.“ Als guter Chemiker hat man natürlich diverse<br />
Teststreifen sofort zur Hand und siehe da, Vitamin C war in beachtlicher Menge (200 mg/l)<br />
vorhanden. Dies erstaunte Herrn Schäfer umso mehr, als er eindeutig festgestellt hatte, dass<br />
die bei der Gärung entstehende Salpetrige Säure die gesamte im Kohl vorhandene<br />
Ascorbinsäure zuvor oxidativ vernichtet hatte. Was lag näher, als der Frage nach dem<br />
erneuten Auftreten von Vitamin C nachzugehen und sie zum Thema einer „Jugend Forscht“-<br />
Arbeit zu machen. Bereits 1990 hatten zwei Schülerinnen und ein Schüler die<br />
Sauerkrautgärung untersucht, aber ohne auf die Vitamin C-Problematik einzugehen. Das<br />
Ergebnis der damaligen Arbeit gab wertvolle Hinweise für eine gute Sauerkrautbereitung aus<br />
Weißkohl. Von der jetzigen Arbeit versprachen wir uns die Klärung der Tatsache, dass das<br />
anfänglich im Kohl vorhandene Vitamin C zuerst aufgrund der entstehenden Salpetrigen<br />
Säure verschwindet, dann aber, wenn alle Salpetrige Säure im CO2–Strom als NO, NO2<br />
ausgetrieben wurde, wieder auftritt und ganz offensichtlich in größeren Mengen als zuvor.<br />
1
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
II. DIE SAUERKRAUTBEREITUNG – EIN KOMPLEXER VORGANG<br />
1. Haltbarmachung von Lebensmitteln<br />
Die Haltbarmachung von Lebensmitteln insbesondere über die Wintermonate war in<br />
früheren Zeiten überlebenswichtig.<br />
Neben dem sachgerechten Lagern z.B. von Kartoffeln und Äpfeln spielte das Einwecken<br />
und das Einmachen eine besondere Rolle. Während beim Einwecken die Inhaltsstoffe<br />
weitgehend unverändert bleiben, wird die Haltbarkeit beim Einmachen durch die bakterielle<br />
Bildung von Milchsäure aus Zucker erreicht. Der abgesenkte pH-Wert ist für die meisten<br />
Schimmelpilze tödlich und damit ist die Haltbarkeit des Lebensmittels gesichert.<br />
2. Der Weißkohl<br />
„1. Der Kohl gehört zur Pflanzengattung der Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae, ehemals<br />
Cruciferae) 1) mit weichen Blättern und gelben oder weißen Blüten, darunter die Gemüsearten<br />
Kopfkohl (Weißkohl, Rotkohl und Wirsing) sowie Blattkohl (Blätter-, Grün-, Braunkohl),<br />
Rosen- und Blumenkohl ferner der Rübenkohl mit weißer Rübe (Brach-, Saat-, Stoppel-,<br />
Wasserrübe), Teltower Rübe (Märkische Rübe)und Rübsen, der Rapskohl mit Raps und<br />
Kohlrübe, der schwarze Senf (nebst anderen Senfarten). 2. Viele kohlähnlich beblätterte, auch<br />
wohl als Gemüse oder Grünfutter benutzte Kräuter, wie Hasenkohl, Beißkohl, Geißkohl,<br />
Schweinekohl, Kohldistel und Meerkohl.“ 2)<br />
3. Einmachen<br />
a. Gefäße<br />
Zum Einmachen von Weißkohl eignen sich speziell dazu hergestellte Fässer aus<br />
Eichenholz oder Steingut. Die Erfahrung zeigt, dass die heute gebräuchlichen Steingutfässer<br />
den früher verwendeten Eichenfässern überlegen sind. Bei den Holzfässern lässt sich nicht<br />
vermeiden, dass Saft (Lake) durch Kapillarwirkung einige Zentimeter über den Flüssigkeitsstand<br />
gesaugt wird, was ideale Verhältnisse für die Bildung und Ausbreitung von<br />
Schimmelpilzen bietet. Durch Ausstreichen dieser Stellen mit fein pulverisiertem Salz lässt<br />
2
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
sich die Schimmelpilzbildung und Ausbreitung zwar einschränken, aber nicht vollständig<br />
unterbinden.<br />
Diese Probleme treten bei den heute üblichen Steingutfässern nicht auf. Eine am oberen Rand<br />
angebrachte Wasserrinne sorgt außerdem mit dem dazu passenden Deckel für einen sauberen,<br />
hygienisch einwandfreien Abschluss. Die Gärgase können das Fass verlassen, ohne dass<br />
Bakterien oder Insekten ins Fassinnere gelangen.<br />
b. Einmacharten<br />
Der weitaus größte Teil des produzierten Weißkohls wird zuerst mit Hilfe eines speziellen<br />
Hobels in dünne Scheiben geschnitten, die in Streifen zerfallen. Diesem gehobelten Kraut<br />
wird dann das Salz und je nach Rezept noch Zucker zugesetzt. Bewährt hat sich ein Zusatz<br />
von 1% Salz und 2% Zucker, bezogen auf die Fassgröße (Beispiel: 40 l Fass: 400 g Salz,<br />
800 g Zucker). Diese Mischung wird dann mit Hilfe eines Stampfers im Fass gestampft, bis<br />
der Saft austritt und das Kraut bedeckt. Wenn das Kraut das Fass gefüllt hat, werden als<br />
Gewürz Wacholderbeeren und Lorbeerblätter mit der Hand im Kohl gleichmäßig verteilt.<br />
Anschließend werden die Decksteine und der Deckel aufgelegt und die Rinne mit Wasser<br />
gefüllt. Nach etwa 6 Wochen ist das Sauerkraut für den Verzehr geeignet. 3)<br />
Neben dieser, der bekanntesten Möglichkeit der Sauerkrautbereitung, gibt es eine<br />
interessante Variante aus dem Kaukasus. Hier werden die möglichst kleinen Kohlköpfe mit<br />
dem Messer halbiert oder gevierteilt. Diese Teile werden zusammen mit Zwiebelringen,<br />
ganzen Knoblauchzehen, in Streifen geschnittenem rotem Paprika, grünem Paprika und<br />
Sellerie ins Fass eingelegt. Die Zutaten für die erforderliche „Lake“ wird aus dem Grünschnitt<br />
der Sellerieknollen gewonnen. Dieser Grünschnitt wird in Wasser mit Salz und einigen<br />
Pfefferkörnern aufgekocht, abgekühlt und dann auf die eingelegten Köpfe gegossen. Das Fass<br />
wird auf die übliche Weise verschlossen. 4) Auch hier dauert die Gärung etwa 6 Wochen.<br />
Interessant bei dieser Variante ist, dass auch nach der Gärung Vitamin C in der Lake<br />
nachweisbar ist. Dies ist nicht verwunderlich, da es sich bei den im Knoblauch und Zwiebeln<br />
vorhandenen Mercapto-Verbindungen um Reduktionsmittel handelt und auch der anfängliche<br />
Vitamin C-Gehalt auf Grund der Vitamin C-haltigen Paprika erhöht wird.<br />
3
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
III. DIE GÄRUNG<br />
1. Bildung von Nitrit aus Nitrat<br />
Abb. 1: Hobeln (links) und Stampfen (rechts) des Kohls.<br />
Direkt nach dem Hobeln des Krauts lässt sich in der Lake nur Nitrat nachweisen. Als<br />
Schnelltest eignen sich Quantofix ® Teststreifen für Nitrat und Nitrit. Der Nitratgehalt<br />
schwankt je nach Herkunft des Weißkohls erheblich. So stellte Herr Schäfer vor Jahren fest,<br />
dass teurer Weißkohl von Demeter ® mit einem Gehalt von 750 mg/l erheblich mehr Nitrat<br />
enthielt als billiger Weißkohl aus dem Supermarkt mit 100 mg/l. Die Reduktion von Nitrat<br />
(NO3 - ) zu Nitrit (NO2 - ) setzt anaerobe Bedingungen voraus. Bedingt durch den<br />
Einstampfvorgang dürfte anfänglich noch gelöster Sauerstoff in der Lake sein. Dies würde<br />
erklären, weshalb Nitrit erst nach 24 bis 48 Stunden auftritt, dann aber sehr schnell in hoher<br />
Konzentration. Dieser Prozess wird von Bakterien bewirkt. Chemisch handelt es sich dabei<br />
um eine Redox-Reaktion:<br />
+V<br />
NO3 + 2e - + 2H<br />
Schema 1: Reduktion von Nitrat zu Nitrit.<br />
Nitrat wird dabei zu Nitrit reduziert.<br />
+III<br />
NO2 + H 2O<br />
4
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
Mit abnehmendem pH-Wert, hervorgerufen durch die parallel stattfindende<br />
Milchsäuregärung, werden Nitrit-Ionen protolysiert.<br />
NO2 + H3O H2O + HNO2 Schema 2: Bildung von Salpetriger Säure aus Nitrit.<br />
Die Salpetrige Säure ist nicht beständig, sie zerfällt zu Stickstoffmonoxid NO,<br />
Salpetersäure HNO3 und Wasser:<br />
3HNO 2<br />
HNO 3<br />
+<br />
2NO<br />
+<br />
H 2O<br />
Schema 3: Zerfall von Salpetriger Säure zu Salpetersäure, NO und Wasser.<br />
Die entstehende Salpetersäure dissoziiert zu einem Proton und Nitrat, letzteres wird wieder<br />
zu Nitrit reduziert (Schema 1). Das Stickstoffmonoxid (NO) wird im Kohlendioxidstrom der<br />
Milchsäuregärung aus dem Gärtopf in die mit Wasser gefüllte Rille ausgetrieben. Dort lässt<br />
sich ein Gemisch aus Salpetriger Säure und Salpetersäure nachweisen (Schema 4).<br />
H2O + NO<br />
2NO2 +<br />
2NO<br />
H2O<br />
+<br />
+<br />
+<br />
NO2<br />
O2<br />
½O2<br />
Schema 4: Reaktionen der Stickoxide mit Wasser.<br />
2HNO 2<br />
2NO 2<br />
2HNO 3<br />
Aus diesem Grund muss die Rille öfter (einmal wöchentlich) geleert und mit sauberem<br />
Wasser gefüllt werden. Nach etwa sechs Wochen Gärdauer lässt sich kein Nitrit mehr in der<br />
Lake nachweisen.<br />
2. Bildung von Milchsäure aus Glucose<br />
Die Bildung von Milchsäure lässt sich durch die Beobachtung des pH-Werts der Lake gut<br />
verfolgen. Mit mehrtägiger Verzögerung setzt dann auch die Freisetzung von Kohlendioxid<br />
ein, was man am „Blubbern“ in der Wasserrinne gut hören kann. Die zeitliche Verzögerung<br />
bei der Freisetzung von Kohlenstoffdioxid erklärt sich vermutlich aus der Löslichkeit von<br />
5
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
Kohlenstoffdioxid in der Lake. CO2 tritt erst aus, wenn die Sättigung erreicht ist. Dies dauert<br />
je nach Temperatur zwei bis drei Tage. Der pH-Wert ist in dieser Zeit von 6,41 auf 5,12<br />
gefallen (vgl. Abb. 2). Die Bildung der Milchsäure lässt sich summarisch wie folgt darstellen<br />
(Schema 5):<br />
CH2OH<br />
H<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
H<br />
H<br />
CH3C(OH)HCOOH OH<br />
OH<br />
H OH<br />
L-Milchsäure<br />
α-D-Glucose<br />
Schema 5: Verstoffwechselung von Glucose durch Milchsäurbakterien.<br />
+ CO 2 + CH3CH2OH<br />
Ethanol<br />
Sie wird von Milchsäurebakterien durchgeführt, die die Energiedifferenz zwischen dem Edukt<br />
Glucose und den Produkten Milchsäure und Kohlenstoffdioxid nutzen. Die<br />
Glucosekonzentration lässt sich mit Hilfe von Teststreifen (Bayer) ermitteln. Nach 3 Wochen<br />
wurde ein Wert von mindestens 2000 mg/l (Maximalwert der Teststreifen) gemessen, und<br />
nach weiteren 4 Wochen ist die Konzentration auf 0 mg/l gefallen. Nach zweistündigem<br />
Kochen ist jedoch wieder sehr viel Glucose vorhanden. Dies erklärt sich durch die Spaltung<br />
der beim Einmachvorgang zugefügten Saccharose (Haushaltszucker) in Glucose und<br />
Fructose.<br />
3. Verbleib des Vitamin C in der Lake<br />
Nach dem Einstampfen lässt sich mit Hilfe von Teststäbchen (Merck) der<br />
Vitamin C-Gehalt halbquantitativ schnell bestimmen. Die Farbe eines Teststreifens verändert<br />
sich bei Anwesenheit von Vitamin C und der Farbton kann dann nach 10 Sekunden mit einer<br />
Farbskala verglichen werden auf der die Vitamin C-Konzentration abgelesen werden kann.<br />
Die Abstufung geht dabei von 0 mg/l bis maximal 2000 mg/l. Es zeigte sich im untersuchten<br />
Fall, dass in der Urlake direkt nach dem Einstampfen des Weißkohls der Vitamin C-Gehalt<br />
< 50 mg/l lag.<br />
HO<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
O<br />
H<br />
HO OH<br />
L-Ascorbinsäure<br />
HO<br />
H<br />
OH<br />
O<br />
H O O<br />
O<br />
L-Dehydroascorbinsäure<br />
Schema 6: Bildung und Reaktionen von Dehydroascorbinsäure. 5)<br />
+ 2e - + 2H<br />
6
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
Mit dem Auftreten von Nitrit NO2 - verschwindet Vitamin C, d.h. der Gehalt geht auf<br />
0 mg/l zurück. Da es sich bei Vitamin C um ein starkes Reduktionsmittel handelt und Nitrit<br />
ein kräftiges Oxidationsmittel ist, verwundert dies nicht. Vitamin C ist ein Endiol<br />
(Schema 6) 5) . Denkbar wäre eine Oxidation zur Dehydroascorbinsäure durch Salpetrige<br />
Säure. Wenn dies tatsächlich geschieht, dann sollte dies experimentell mit reiner<br />
Ascorbinsäure, Natriumnitrit und Milchsäure überprüft werden können.<br />
Experimentell zeigt sich, dass das Vitamin C sehr schnell in milchsaurer Lösung durch<br />
Nitrit oxidiert wird. Eine Rückreduktion mit Hilfe von Ammoniumsulfid schlägt jedoch fehl.<br />
Die Irreversibilität der Oxidation beruht wohl auf weiterem Abbau der entstandenen<br />
Dehydroascorbinsäure zu Oxalsäure, Threonsäure, Glyzerinsäure, Milchsäure und<br />
Glykolsäure 6) oder der Inertheit der Folgeprodukte nach der Oxidation (Schema 6).<br />
Ascorbinsäuregehalt (mg/l)<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
pH-Wert<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
Nitritgehalt (mg/l)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Zeit (d)<br />
Abb. 2: Verlauf der Konzentrationen von Nitrit und Ascorbinsäure sowie dem pH-Wert während der Gärung<br />
(Nullpunkt der Zeitachse ist der Zeitpunkt des Einmachens des Sauerkrauts).<br />
Nach etwa 6 Wochen fiel der Nitritgehalt der Lake auf 0 g/ml ab, nachdem er die ganze Zeit<br />
beim Detektionsmaximum der benutzten Teststreifen lag. Ab diesem Zeitpunkt stieg der<br />
Vitamin C-Gehalt kontinuierlich an und erreichte nach etwa 17 Wochen nach dem Einmachen<br />
einen Gehalt von 500 bis 700 mg/l.<br />
7
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
IV. HYPOTHESEN FÜR DAS ERNEUTE AUFTRETEN VON VITAMIN C<br />
NACH ABSCHLUSS DER GÄRUNG<br />
Für das Wiederauftreten von Vitamin C nach abgeschlossener Gärung lassen sich mehrere<br />
Hypothesen aufstellen:<br />
a. Dehydroascorbinsäure wird reduziert zu Ascorbinsäure.<br />
b. Vitamin C wird mit Hilfe von Bakterien, z.B. aus Glucose neu synthetisiert.<br />
c. Chemisch gebundene (maskierte) Ascorbinsäure, die in dieser Form gegenüber<br />
Salpetrige Säure resistent ist, wird später z.B. durch Hydrolyse freigesetzt.<br />
Hypothese a lässt sich leicht experimentell verifizieren. Dazu wurde zuerst Vitamin C mit<br />
Salpetriger Säure oxidiert und danach versucht, dieses Oxidationsprodukt mit Hilfe von<br />
Ammonsulfid zu Vitamin C zu reduzieren. Da dies nicht gelang, spricht dieses dafür, dass<br />
Ascorbinsäure unter den herrschenden Bedingungen entweder weiter als nur zur<br />
Dehydroascorbinsäure umgewandelt wird oder sich die Folgeprodukte der Oxidation<br />
gegenüber der Rückreaktion inert verhalten.<br />
Hypothese b wäre überprüfbar, indem durch starkes Erhitzen die Bakterien abgetötet werden.<br />
Wenn dann unter sterilen Bedingungen der Vitamin C - Anteil steigt, spricht dies für<br />
Hypothese c und gegen Hypothese b.<br />
Zu diesem Zweck wurden Sauerkrautportionen (3 Stück) zu einem Zeitpunkt eingeweckt,<br />
nach dem der Nitritgehalt auf 0 mg/ml zurückgegangen war. Dies war sechs Wochen nach<br />
dem Einstampfen der Fall. (Der Vitamin C-Gehalt lag bereits bei 0-50 mg/l.)<br />
Ab diesem Zeitpunkt stieg der Vitamin C-Gehalt im Fass wie oben erwähnt kontinuierlich an.<br />
Zwei der eingeweckten Proben wurden nach 2 Monaten geöffnet. In der Lake der Proben war<br />
kein Zuwachs an Vitamin C nachweisbar. Der Gehalt lag noch immer zwischen 0-50 mg/l.<br />
Zur gleichen Zeit lag der Vitamin C-Gehalt im Fass zwischen 500 und 700 mg/l.<br />
Dieser Sachverhalt stützt Hypothese b welche eine bakterielle Synthese von Ascorbinsäure<br />
annimmt. Um dies zu untermauern werden weitere Untersuchungen durchgeführt, deren<br />
Ergebnisse beim Landeswettbewerb vorgestellt werden.<br />
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Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
V. LITERATURVERZEICHNIS<br />
1: Die Bemerkung „ehemals Cruciferae“ wurde von den Autoren in dieses Zitat eingefügt.<br />
2: Der neue Brockhaus, Wiesbaden 1960 Bd.3, 153.<br />
3: Richard Willfort, Gesundheit durch Heilkräuter, Rolf Trauner Verlag Linz 1959, 288-299.<br />
4: Das Einsäuern von Gemüse in Gärtöpfen aus Steinzeug, Rezeptblatt der Harsch<br />
Steinzeugwerke 7518X Bretten.<br />
5: Jörg Steffan, Bestimmung von L-Ascorbinsäure und Dehydro-L-ascorbinsäure<br />
in Humanplasma und Leukozyten mit HPLC/UV und HPLC/EC: Methodenentwicklung,<br />
Validierung und Anwendung, Diplomarbeit Universität-Gesamthochschule Paderborn<br />
1999, 2.<br />
6: Persönliche Mitteilung von Dr. Joachim Veits, Hoffman-La Roche AG Grenzach.Wyhlen,<br />
Schweiz vom 02.05.1996.<br />
VI. BILDNACHWEIS<br />
Titelblatt: aus Armin Roßmeier, Gesunde Köstlichkeiten mit Sauerkraut<br />
Ernährungsratgeber Südwest<br />
Abb. 1: eigenes Bild.<br />
Abb. 2: Abtragung der Nitrit- und Ascorbinsäurekonzentration in der Sauerkrautlake<br />
sowie dem pH-Wert der Lake gegen die Zeit. Punkte im Diagramm geben die gemessenen<br />
Werte wieder (Nitritkonzentration gemessen mit Teststreifen von Quantofix ® ;<br />
Ascorbinsäurekonzentration gemessen mit Teststreifen von Merck ® ).<br />
VII. DANKSAGUNG<br />
Wir danken unserem betreuenden Lehrer Herrn Oberstudienrat Otto Schäfer, der<br />
Schulleitung der <strong>Georg</strong>-<strong>Kerschensteiner</strong> <strong>Schule</strong> Müllheim Frau Oberstudiendirektorin<br />
Beate Wagner und Herrn Dipl. chem. Stefan Müller.<br />
9
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
VIII. EXPERIMENTELLER TEIL<br />
Verwendete Teststreifen:<br />
Teststreifen auf Nitrat und Nitrit von Quantofix ®<br />
Teststreifen auf Ascorbinsäure von Merck ®<br />
Teststreifen auf Glucose von Bayer ®<br />
Versuch 1: Zersetzung von Ascorbinsäure durch Zugabe von Nitrit<br />
200 mg Ascorbinsäure wurde in einem Liter demineralisiertem Wasser gelöst. Zu dieser<br />
Lösung wurden 3 g Natriumnitrit und 5 ml Milchsäure zugegeben.<br />
Nach den durchgeführten Messungen konnte festgestellt werden, dass die Ascorbinsäure nach<br />
20 bis 30 Minuten nicht mehr nachweisbar war.<br />
Versuch 2: Reaktion von nitrosen Gasen mit Ascorbinsäure<br />
Jeweils zwei Waschflaschen wurden mit einer Lösung von 150 ml demineralisiertem Wasser<br />
und 40 mg Ascorbinsäure gefüllt. Eine dritte Waschflasche wurde mit 100 ml dem. Wasser<br />
und 6,9 g Natriumnitrit sowie 5 ml Milchsäure gefüllt. Diese wurde vor die anderen beiden<br />
Flaschen geschaltet. Nun wurden die entstandenen nitrosen Gase aus der ersten Waschflasche<br />
durch die anderen mit Vitamin C-Lösung gefüllten Waschflaschen mit einem kontinuierlichen<br />
CO2-Strom geleitet.<br />
Nach kurzer Zeit (10 min) konnte man feststellen, dass durch die Einwirkung der Stickoxide<br />
kein Vitamin C mehr in den beiden Waschflaschen nachzuweisen war.<br />
Zur Entfernung der überschüssigen Stickoxide wurde mit CO2 gespült. Dies führte jedoch<br />
nicht zum gewünschten Erfolg. Aus diesem Grund fügte man Harnstoff bis zu negativem<br />
Nitrittest hinzu.<br />
Um die möglicherweise entstandene Dehydroascorbinsäure zur Ascorbinsäure zu reduzieren,<br />
wurden 1 ml Ammoniumsulfidlösung (Merck, ca. 20% Sulfid, wässrige Lösung) als<br />
Reduktionsmittel hinzugegeben. Ein Test mit einem Vitamin C-Teststäbchen war positiv.<br />
Als Kontrollversuch wurden 200 ml Wasser auch mit 3 Tropfen Ammoniumsulfid versetzt.<br />
Auch hier ergaben die Vitamin C-Teststreifen einen positiven Wert. Die Folgerung war dass<br />
die Teststäbchen auf Reduktionsmittel reagieren und nicht spezifisch auf Vitamin C.<br />
10
Jugend forscht <strong>2005</strong> Woher kommt das Vitamin C im Sauerkraut?<br />
Zu dem obigen Reduktionsversuch von Dehydroascorbinsäure mit Ammoniumsulfid wurde<br />
zur quantitativen Fällung des Sulfids als Bleisulfid Bleiacetatlösung zugegeben. Nach<br />
Filtration ließ sich im Filtrat kein Vitamin C mehr nachweisen.<br />
Die Schlussfolgerung ist, dass die Salpetrige Säure offensichtlich Ascorbinsäure weiter als<br />
nur bis zur Dehydroascorbinsäure abbaut.<br />
11