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Download - Handelslehranstalt HLA Bühl

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100 Jahre Mädchen an der Handelsschule <strong>Bühl</strong><br />

Im laufenden Schuljahr 2006/07 besuchen insgesamt 440 Schülerinnen und 203 Schüler die <strong>Handelslehranstalt</strong><br />

<strong>Bühl</strong> im Voll- und Teilzeitbereich. Damit liegt der Anteil der Schülerinnen mit 68 % deutlich über dem der Schüler<br />

mit 32 %. Eine solche Verteilung wäre in den Anfängen der Schule zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch<br />

völlig unvorstellbar gewesen, waren anfänglich doch Schülerinnen vom Besuch der Handelsabteilung der Gewerbeschule<br />

ausgeschlossen.<br />

Auseinandersetzungen um die Zulassung von Mädchen 1907/08<br />

Obwohl lt. Ortsstatut von 1901 nur männliche Handlungslehrlinge und Gehilfen zum Schulbesuch zugelassen sind, wird<br />

schon sehr früh von verschiedener Seite die Öffnung für Mädchen gewünscht. Bereits 1903 ersucht der Handels- und Gewerbeverein<br />

den Gemeinderat, für schulentlassene Mädchen im Anschluss an die Handelsabteilung einen separaten Kurs in<br />

Handelsfächern einzurichten. Dies würde „einen günstigen Einfluss auf die Erwerbsverhältnisse, insbesondere des Handwerkerstandes“<br />

ausüben. 1906 bezeichnet das Großherzogliche Landesgewerbeamt, dem das gewerbliche und kaufmännische<br />

Schulwesen untersteht, anlässlich einer Visitation der Handelsabteilung die Ausdehnung des Schulbesuchs auf Mädchen<br />

im kaufmännischen Bereich als wünschenswert. So sei es den „Töchtern der Handwerker“ möglich, „zu Hause dann<br />

die schriftlichen Arbeiten besorgen zu können“. Vom <strong>Bühl</strong>er Handelsschulrat angeschriebene badische Gemeinden, in<br />

denen Mädchen der Besuch der Handelsschule erlaubt ist, berichten über ausschließlich positive Erfahrungen mit den<br />

Schülerinnen. So „beehrt“ sich der Gewerbeschulrat Ebersbach „ergebenst mitzuteilen, dass die Erfahrungen in jeder Beziehung<br />

gut und die Mädchen eifriger sind als die Knaben“. Am 16.O4.1907 berichtet das „<strong>Bühl</strong>er Wochenblatt“ über die<br />

positiven Erfahrungen, die an der Kaufmännischen Fortbildungsschule Karlsruhe seit der Einführung des obligatorischen<br />

Unterrichts auch für Mädchen gemacht wurden: Das Allgemeinverhalten der Knaben wurde durch die Anwesenheit der<br />

Mädchen vorteilhaft beeinflußt. Die Erfahrung hat gelehrt, daß wohlerzogene Mädchen ein veredelndes Element in der<br />

Klasse bilden.“ Ab Ostern 1907 können dann auch in <strong>Bühl</strong> Mädchen die Handelsabteilung besuchen.<br />

Am 24. Juli 1908 beschließt der Gemeinderat ein neues „Statut für die Gewerbeschule mit Handelsabteilung<br />

<strong>Bühl</strong>“. Danach sind nun auch alle weiblichen kaufmännischen Gehilfen und Lehrlinge zum<br />

Besuch der Handelsabteilung verpflichtet. In vorhergehenden Stellungnahmen zum Entwurf des<br />

Statuts hatten der Handels- und Gewerbeverein, der Katholische Arbeiterverein für <strong>Bühl</strong> und Umgebung<br />

sowie der Handwerker-Verein <strong>Bühl</strong>/Baden die neuen Bestimmungen befürwortet. Entschieden<br />

Einspruch gegen den „kaufmännischen Unterricht an weiblichen Personen“ die Ortsgruppe <strong>Bühl</strong> des<br />

Deutschnationalen Handlungsgehilfen -Verbands, weil sie darin eine „Verschwendung öffentlicher<br />

Mittel“ sieht. Stattdessen fordert sie „obligatorischen Unterricht an staatlichen Haushaltungsschulen<br />

für alle weiblichen Angestellten bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres“. In einer dem<br />

Gemeinderat vorgelegten fünfzehnseitigen Denkschrift des Gesamtverbandes versucht die Ortsgruppe<br />

ihre Ablehnung zu untermauern. So beweise die Statistik, dass bis zum 30. Lebensjahr bereits<br />

neun Zehntel der Handlungsgehilfinnen ihren Beruf wieder verlassen und sich die Entlohnung<br />

der Frauen durch kaufmännischen Fachunterricht nicht verbessere. Außerdem müsse „das von Natur<br />

aus schwächere Mädchen“ logischerweise „den kaufmännischen Berufskrankheiten noch mehr<br />

Opfer bringen... als der männliche Handlungsgehilfe“ und überall zeige sich, „dass beim kaufmännischen<br />

Personal das weibliche Geschlecht länger unter den Krankheiten leidet als das männliche:“<br />

Dass der obligatorische Berufsschulunterricht für Mädchen zu dieser Zeit im Deutschen Reich nicht<br />

selbstverständlich war, zeigt ein Schreiben des „Kaufmännischen Verbandes für weibliche Angestellte<br />

e.V.“ aus Berlin von 1912 an den „Magistrat zu <strong>Bühl</strong> in Baden“. Darin bittet der Verband um „gefl.<br />

Mitteilung“ darüber, ob Zeitungsnachrichten zutreffend seien, wonach in <strong>Bühl</strong> für weibliche Handlungsgehilfen<br />

und Lehrlinge die Pflicht zum Besuch einer kaufmännischen Fach-Fortbildungsschule<br />

besteht.<br />

Die Zahl der Schülerinnen nahm an der Handelsabteilung kontinuierlich zu. 1908 waren von 49 Schülern<br />

7 weiblich (darunter 4 Gastschülerinnen), 1912 von 53 Schülern bereits 15.<br />

Kaufmännischer Unterricht wichtiger als Kochunterricht<br />

1922 wird die Handelsabteilung von der Gewerbeschule getrennt und als eigenständige Handelschule<br />

weitergeführt. Bereits im ersten Jahr der Selbständigkeit der Schule kommt es zu einer<br />

Auseinandersetzung mit der allgemeinen Fortbildungsschule in <strong>Bühl</strong>, die von allen nicht in einem<br />

Ausbildungsverhältnis stehenden Jugendlichen besucht werden muss. In einer Eingabe vom 22.<br />

Juni 1922 an das Badische Ministerium des Kultus und Unterrichts ersuchen die rund 20 unterzeichnenden<br />

Eltern um Befreiung ihrer Töchter vom Unterricht der Fortbildungsschule, da diese<br />

freiwillig am Unterricht der städtischen Handelsschule teilnehmen. Die Eltern sind der Auffassung,<br />

dass die Schülerinnen Haushaltungskenntnisse auch zu Hause bei der Mutter erlernen können und<br />

die Mädchen häufig im Laufe des Schuljahres eine Lehrstelle in einem fremden Geschäft finden<br />

und dadurch zu Pflicht-Handelsschülerinnen werden. Eine Rolle dürfte u.a. auch der Männermangel<br />

in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg gespielt haben, denn die Eltern verweisen auf die<br />

sehr große Nachfrage nach Stenotypistinnen, Buchhalterinnen und sonstigem Kontorpersonal für<br />

größere Betriebe und Behörden und eine Statistik, wonach „heutzutage die Hälfte aller berufstätigen<br />

Frauen keine Möglichkeit mehr zur Verehelichung“ findet. Frauen müsse deshalb eine gründli-

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