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DON CARLOS - Landestheater Niederösterreich

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Leseprobe1: KÖNIG und MARQUIS<br />

Der folgende Dialog ist der Textfassung unserer Inszenierung von <strong>DON</strong> <strong>CARLOS</strong> entnommen.<br />

Lest den Dialog in verteilten Rollen.<br />

Situation: MARQUIS VON POSA wird zum König gerufen, nachdem dieser sich durch die Intrigen,<br />

die um ihn gesponnen werden, von allen Vertrauenspersonen verlassen fühlt und sich nach<br />

einem Menschen sehnt, der den Mut hat, ihm gegenüber offen seine ehrliche Meinung zu sagen.<br />

33. Auftritt<br />

König Philipp, Marquis von Posa<br />

[…]<br />

KÖNIG<br />

Ihr möchtet Gutes stiften.<br />

Wie Ihr es stiftet, kann dem Patrioten,<br />

Dem Weisen gleich viel heißen. Suchet Euch<br />

Den Posten aus in meinen Königreichen,<br />

Der Euch berechtigt, diesem edeln Triebe<br />

Genug zu thun.<br />

MARQUIS<br />

Ich finde keinen.<br />

KÖNIG<br />

Wie?<br />

MARQUIS<br />

Was Eure Majestät durch meine Hand<br />

Verbreiten - ist das Menschenglück? Ist das<br />

Dasselbe Glück, das meine reine Liebe<br />

Den Menschen gönnt? -<br />

Weiß ich ihn glücklich - eh' er denken darf?<br />

KÖNIG<br />

Ihr seid ein Protestant.<br />

MARQUIS<br />

Ihr Glaube Sire, ist auch der meinige.<br />

Die lächerliche Wuth der Neuerung, die nur<br />

der Ketten Last,<br />

Die sie nicht ganz zerbrechen kann,<br />

vergrößert,<br />

Wird mein Blut nie erhitzen. Das<br />

Jahrhundert<br />

Ist meinem Ideal nicht reif. Ich lebe<br />

Ein Bürger derer, welche kommen werden.<br />

KÖNIG<br />

Bin ich der Erste, der Euch von dieser Seite<br />

kennt?<br />

MARQUIS<br />

Ja!<br />

KÖNIG<br />

Neu zum wenigsten ist dieser Ton!<br />

Warum nicht auch einmal Die Probe von<br />

dem Gegenteil.<br />

MARQUIS<br />

Ich höre, Sire, wie klein,<br />

Wie niedrig Sie von Menschenwürde<br />

denken,<br />

Selbst in des freien Mannes Sprache nur<br />

Den Kunstgriff eines Schmeichlers sehen,<br />

und<br />

Mir däucht, ich weiß, wer Sie dazu<br />

berechtigt.<br />

Die Menschen zwangen Sie dazu; die haben<br />

Freiwillig ihres Adels sich begeben,<br />

Freiwillig sich auf diese niedre Stufe<br />

Herab gestellt.<br />

Gefallen sich in ihrer Armuth, schmücken<br />

Mit feiger Weisheit ihre Ketten aus,<br />

Und Tugend nennt man, sie mit Anstand<br />

tragen.<br />

So übergab man Ihnen diese Welt. So ward<br />

Sie Ihrem großen Vater überliefert.<br />

Wie könnten Sie in dieser traurigen<br />

Verstümmlung - Menschen ehren?<br />

KÖNIG<br />

Etwas Wahres find' ich in diesen Worten.<br />

MARQUIS<br />

Aber Schade!<br />

Da Sie den Menschen aus des Schöpfers<br />

Hand<br />

In Ihrer Hände Werk verwandelten<br />

Und dieser neugegoßnen Kreatur<br />

Zum Gott sich gaben - da versahen Sie's<br />

In etwas nur: Sie blieben selbst noch Mensch<br />

–<br />

10

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