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Direktabrechnung Laborgemeinschaft erstellt von: RA Peter Peikert ...

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Memo<br />

Betreff: <strong>Direktabrechnung</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong><br />

<strong>erstellt</strong> <strong>von</strong>: <strong>RA</strong> <strong>Peter</strong> <strong>Peikert</strong>, <strong>RA</strong> Dr. Spiegel, <strong>RA</strong> Dr. Willaschek<br />

Datum: 23.06.2008<br />

_______________________________________________________________<br />

I. Sachverhalt<br />

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 sind die §§ 25 Abs. 3 Bundesmantelvertrag Ärz-<br />

te (BMV-Ä) und 28 Abs. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte Ersatzkassen (zur Vereinfa-<br />

chung wird im Folgenden nur auf den BMV-Ä Bezug genommen, die Aussagen<br />

gelten entsprechend für die gleichlautenden Regelungen des EKV) geändert wor-<br />

den und die sog. „<strong>Direktabrechnung</strong> <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en“ eingeführt worden.<br />

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung beabsichtigt nunmehr eine Verfahrens-<br />

richtlinie gem. § 75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V zur Umsetzung des Kostennachweises<br />

<strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en nach § 25 Abs. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte zu erlas-<br />

sen. Nach der Neuregelung des § 25 Abs. 3 BMV-A rechnen die Laborgemein-<br />

schaften die über ihre vertragsärztlichen Mitglieder in Auftrag gegebenen Leistun-<br />

gen direkt mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung unter Angabe der<br />

Betriebsstättennummer der anfordernden Praxis, der Betriebsstättennummer der<br />

<strong>Laborgemeinschaft</strong> und der Arztnummer des anfordernden Arztes sowie der Höhe<br />

der je abgerechneten Parameter in der <strong>Laborgemeinschaft</strong> nachweislich anfallen-<br />

den Kosten direkt ab.<br />

Nach dem Entwurf der Verfahrensrichtlinie haben die <strong>Laborgemeinschaft</strong>en bis<br />

zum Ablauf des jeweils ersten Quartals nach Abschluss des Geschäftsjahres ihren<br />

„entsprechenden Jahresabschluss“ der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung<br />

vorzulegen.


Seite 2 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Die Kassenärztliche Vereinigung leitet den Jahresabschluss und die Quartalsab-<br />

rechnungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung bzw. an ein errichtetes<br />

Kompetenzzentrum Labor weiter. Die KBV oder das Kompetenzzentrum Labor<br />

überprüfen den vorgelegten Jahresabschluss und sprechen eine Empfehlung über<br />

die Höhe möglicher Ausgleichszahlungen aus. Die zuständige Kassenärztliche<br />

Vereinigung stellt insbesondere aufgrund des erzielten Jahresüberschusses ggf.<br />

Ausgleichsforderungen an die <strong>Laborgemeinschaft</strong>.<br />

Als Anhang 2 zu dem Entwurf der Verfahrensrichtlinie existiert zudem ein „Fragen-<br />

katalog KBV <strong>Direktabrechnung</strong>“. Darin nimmt die KBV zu häufig gestellten Fragen<br />

im Zusammenhang mit der <strong>Direktabrechnung</strong> Stellung.<br />

Vorüberlegungen:<br />

Das vertragsärztliche System verlangt für die Behandlung gesetzlich Krankenver-<br />

sicherter einen Status (Zulassung, Ermächtigung etc.). Wer Inhaber eines solchen<br />

Status werden kann, regelt das Gesetz und ӆnicht<br />

eine untergesetzliche Norm.<br />

Wer Inhaber eines solchen Status ist, erwirbt einen Anspruch auf Teilhabe an der<br />

Gesamtvergütung. Er hat dazu eine Abrechnung - und zwar bei der Kassenärztli-<br />

chen Vereinigung, bei der er Mitglied ist, abzugeben und erhält - insoweit aus-<br />

schließlich <strong>von</strong> dieser - einen rechtsmittelfähigen Honorarbescheid. Allein zur Er-<br />

reichung dieses Zwecks ist der Schutz der Patientendaten im Hinblick auf die Be-<br />

fugnis zur Weitergabe an eine bestimmte Kassenärztliche Vereinigung, gelockert.<br />

Die Einführung der <strong>Direktabrechnung</strong> geht weit über diese grundsätzliche Syste-<br />

matik hinaus und greift daher in grundgesetzlich geschützte Rechtspositionen ein.<br />

Dieser Eingriff kann und muss nur hingenommen werden, wenn die hier im Streit<br />

stehenden untergesetzlichen Vorschriften sich zumindest aus einer gesetzlichen<br />

Ermächtigungsgrundlage ableiten lassen, was sehr eindeutig nicht der Fall sein<br />

dürfte.


Seite 3 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Im Folgenden sei zunächst auf eine umfangreiche Stellungnahme aus Mai/Juni<br />

diesen Jahres verwiesen. Die daraus resultierenden Fragen sollen hier noch ein-<br />

mal nachfolgend aufgelistet werden:<br />

1. Wer ist Leistungserbringer und Leistungsabrechner ausgehend vom ver-<br />

tragsärztlichen System, der Vertragsarzt oder die <strong>Laborgemeinschaft</strong>?<br />

2. Wie wird die Abrechnung abgewickelt? Stellt eine Kassenärztliche Vereini-<br />

gung die abrechenbaren Kosten mit Bindungswirkung für alle Mitglieder ei-<br />

ner <strong>Laborgemeinschaft</strong> fest? Auch für Nichtmitglieder?<br />

3. Ist die Feststellung der abrechenbaren Kosten Bestandteil des Honorarbe-<br />

scheides oder ergeht eine gesonderte Mitteilung oder ein gesonderter BE-<br />

scheid?<br />

4. Wie ist die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Abrechnung bei der Ein-<br />

beziehung eines Dritten in die Abrechnung 茀Ң zu regeln?<br />

5. Wem gegenüber ergeht ein solcher Bescheid/eine solche Mitteilung?<br />

6. Welche Rechtsbeziehung besteht zwischen der beauftragten Laborgemein-<br />

schaft und der die Abrechnung entgegennehmenden KV?<br />

7. Wie ist der Begriff „Kosten“ zu verstehen?<br />

8. Was wird abgerechnet? Die Kosten der <strong>Laborgemeinschaft</strong> oder die Analy-<br />

sekosten?<br />

9. Wie sind die entstandenen Kosten nachzuweisen?<br />

10. Dürfen Versichertendaten an Kassenärztliche Vereinigungen, zu denen<br />

kein Mitgliedschaftsverhältnis besteht, übermittelt werden?<br />

11. Wer kann Rechtsmittel gegen die Honorarfestsetzung einlegen?


Seite 4 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

II. Rechtliche Bewertung<br />

Wie schon die Regelung der §§ 25 Abs. 3 BMV-Ä selbst wirft diese Verfahrens-<br />

richtlinie zahlreiche rechtliche Fragen auf. Diese sind insbesondere:<br />

1. Stellt § 75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage zum Er-<br />

lass konkretisierender Regelung bei der Einführung der <strong>Direktabrechnung</strong><br />

für <strong>Laborgemeinschaft</strong>en dar?<br />

2. Können <strong>Laborgemeinschaft</strong>en verpflichtet werden, ihren Jahresabschluss<br />

an die Kassenärztlichen Vereinigungen zu übermitteln?<br />

3. Sind die Kassenärztlichen Vereinigungen befugt, die erhaltenen Daten an<br />

die Kassenärztliche Bundesvereinigung oder an ein <strong>von</strong> der KBV beauftrag-<br />

tes Kompetenzzentrum Labor zu übermitteln?<br />

Ҡ<br />

4. In welchem Maße sind die Kassenärztlichen Vereinigungen an die Empfeh-<br />

lungen der KBV bzw. des Kompetenzzentrums Labor gebunden?<br />

5. Aufgrund welcher Regelungen können die Kassenärztlichen Vereinigungen<br />

unter Einbeziehung des erzielten Jahresüberschusses Ausgleichsforderun-<br />

gen gegen die <strong>Laborgemeinschaft</strong> geltend machen?<br />

Der vorgelegte Entwurf der Verfahrensrichtlinie zur Umsetzung des Kostennach-<br />

weises <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en enthält Regelungen zu Plausibilitätsprüfungen<br />

<strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en. Insbesondere hieraus ergeben sich folgende Fragen:<br />

1. Welche Informationen für die Durchführung einer Plausibilitätsprüfung sol-<br />

len sich aus der Vorlage des Jahresabschlusses ergeben, der eine Auf-<br />

schlüsselung der Kosten für einzelne Parameter gar nicht enthält?


Seite 5 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

2. Wie soll die Kassenärztliche Vereinigung sich verhalten, wenn eine Labor-<br />

gemeinschaft die Übermittlung eines Jahresabschlusses verweigert?<br />

3. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage kann die Kassenärztliche Vereinigung<br />

Jahresabschlüsse an einen Dritten übermitteln?<br />

4. Nach welchem Verfahren und nach welchen Grundsätzen überprüft die<br />

KBV bzw. das Kompetenzzentrum Labor den Jahresabschluss der Labor-<br />

gemeinschaft auf Plausibilität?<br />

5. In welchem Umfang und nach welchem Verfahren berücksichtigt die KBV<br />

bzw. das Kompetenzzentrum Labor dabei die zu Lasten anderer Kostenträ-<br />

ger erbrachten Leistungen der <strong>Laborgemeinschaft</strong>?<br />

6. Ist es ausreichend, wenn Leistungen zu Lasten anderer Kostenträger nur<br />

entsprechend ihrer Anzahl berücksichtigt werden? Muss nicht vielmehr<br />

auch berücksichtigt werden, dass Ҡ bei geringeren Frequenzen höhere Kos-<br />

ten zum Ansatz gebracht werden müssten? Wird dies entsprechend bei der<br />

Plausibilitätsprüfung zu Gunsten der <strong>Laborgemeinschaft</strong>en berücksichtigt?<br />

7 Was versteht die Kassenärztliche Bundesvereinigung unter Ausgleichszah-<br />

lungen oder Ausgleichsforderungen?<br />

8. Die ist die Geltendmachung <strong>von</strong> Ausgleichsforderungen gegen eine Labor-<br />

gemeinschaft mit dem <strong>von</strong> der KBV selbst hervorgehobenen Grundsatz der<br />

Mischkalkulation <strong>von</strong> Labor-Parametern vereinbar?<br />

9. In welchem Umfang übermittelt die KBV bzw. das Kompetenzzentrum La-<br />

bor den Kassenärztlichen Vereinigungen die Ergebnisse der Plausibilitäts-<br />

prüfung?<br />

10. Soll die <strong>Laborgemeinschaft</strong> über die festgesetzte Ausgleichsforderung<br />

einen Bescheid erhalten?


Seite 6 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

11. Kann die <strong>Laborgemeinschaft</strong> selbst Rechtsmittel hiergegen einlegen?<br />

12. Wie findet eine Überprüfung der Prüfergebnisse statt?<br />

1. Stellt § 75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage zum<br />

Erlass konkretisierender Regelung bei der Einführung der Direktab-<br />

rechnung für <strong>Laborgemeinschaft</strong>en dar?<br />

a. Vorbemerkung<br />

Sowohl die Neuregelung des § 25 Abs.3 BMV-Ä als auch der Entwurf der Verfah-<br />

rensrichtlinie werfen die Frage nach dem Status der <strong>Laborgemeinschaft</strong>en auf.<br />

Bei <strong>Laborgemeinschaft</strong>en handelt es sich nach § 1a Nr. 14a BMV-Ä um Gemein-<br />

schaftseinrichtungen <strong>von</strong> Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratori-<br />

umsmedizinische Analysen regelmäßig in Ҡderselben,<br />

gemeinschaftlich genutzten<br />

Betriebsstätte zu erbringen. Sie sind keine Berufsausübungsgemeinschaften (vgl.<br />

§ 1a Nr. 12a BMV-Ä). Alle Rechte und Pflichten <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en müssen<br />

daher aus der Rechtsbeziehung der die <strong>Laborgemeinschaft</strong> bildenden Vertrag-<br />

särzte zu der Kassenärztlichen Vereinigung abgeleitet werden, d. h. Laborgemein-<br />

schaften können keine anderen Rechte und Pflichten treffen als die Vertragsärzte<br />

selbst. Alle Rechte und Pflichten, die der <strong>Laborgemeinschaft</strong> auferlegt werden,<br />

müssen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen Vertragsarzt und Kassenärzt-<br />

licher Vereinigung abgeleitet werden.<br />

Eine Rechtsgrundlage dafür, eine <strong>Laborgemeinschaft</strong> faktisch wie ein Mitglied zu<br />

behandeln oder zu einem eigenständigen „faktischen Mitglied“ einer Kassenärztli-<br />

chen Vereinigung zu machen, besteht nicht (s. unser Schreiben vom 09.05.2008)<br />

b. § 75 Abs.7 Nr.1 SGB V als Rechtsgrundlage zur „Umsetzung des Kosten-<br />

nachweises“ <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en


Seite 7 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Der vorgelegte Entwurf der Verfahrensrichtlinie der KBV soll der Umsetzung des<br />

Kostennachweises <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en dienen und wird auf § 75 Abs. 7.<br />

Nr. 1 SGB V gestützt. Fraglich ist, ob diese Rechtgrundlage den Regelungsinhalt<br />

des Entwurfs trägt.<br />

§ 75 Abs. 7 lautet:<br />

„Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben<br />

1. die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der <strong>von</strong> ihnen im<br />

Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen.“<br />

Richtlinien nach § 75 Abs.7 Nr.1 SGB V sind bindende Regelungen für Vertrag-<br />

särzte, wenn sie höherrangiges Recht nicht verletzen und im Rahmen der Zustän-<br />

digkeit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erlassen worden sind.<br />

Die Zuständigkeit der KBV ist nach dem ɤ Wortlaut des § 75 Abs. 7 Nr. 1 für die<br />

Durchführung <strong>von</strong> Verträgen gegeben. Die KBV hat damit die Befugnis, durch<br />

Richtlinien den Inhalt vertraglicher Vereinbarungen weiter zu konkretisieren (Or-<br />

lowski et al., SGB V, § 75 Rn. 47), v. a. im Sinne administrativer Regelungen. Re-<br />

gelungen hingegen, die außerhalb der Rahmenvorgabe der vertraglichen Verein-<br />

barung konstitutiv zusätzliche Pflichten der Normadressaten festlegen oder weiter-<br />

gehende Rechtsfolgen bestimmen, können nicht mehr als Durchführungsbestim-<br />

mungen angesehen werden, die wirksam in einer Richtlinie nach § 75 Abs.7 SGB<br />

V festgelegt werden können.<br />

Die vorgelegte Richtlinie enthält unseres Erachtens jedoch solche Bestimmungen.<br />

Die Richtlinie beschränkt sich nicht auf die Durchführung der im Bundesmantelver-<br />

trag vereinbarten Abrechnungsregelung. Allenfalls die Verpflichtung zur Vorlage<br />

eines Jahresabschlusses (Ziff. 1 der Verfahrensrichtlinie) kann als Konkretisierung<br />

der Formulierung „bei der Abrechnung nachzuweisender Kosten“ angesehen wer-<br />

den.


Seite 8 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

In den Ziff. 2-5 der Verfahrensrichtlinie hingegen wird bereits dem Wortlaut nach -<br />

der Richtliniengeber selbst verwendet in Nr. 3 und Nr. 5 der Begriff „Plausibilitäts-<br />

prüfung“ - ein eigenständiges (einmaliges) Verfahren zur Durchführung einer Plau-<br />

sibilitätsprüfung geregelt.<br />

Regelungen der Plausibilitätsprüfung sind etwas anderes als Bestimmungen zur<br />

Durchführung eines Vertrages. Sie sind nicht Gegenstand einer Richtlinie nach §<br />

75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V, sondern des Bundesmantelvertrages und <strong>von</strong> Rahmen-<br />

richtlinien nach § 106 a Abs. 6 SGB V<br />

Die Partner der Bundesmantelverträge haben <strong>von</strong> ihrer Regelungskompetenz so-<br />

wohl zur Abrechnung als auch Plausibilitätsprüfung Gebrauch gemacht. Neben<br />

diesen Regelungswerken verbleibt kein Raum für eine Verfahrensrichtlinie nach §<br />

75 Abs.7 Nr. 1 SGB V zur „Umsetzung des Kostennachweises <strong>von</strong> Laborgemein-<br />

schaften“. Eine einseitige Verfahrensrichtlinie kann die Regelungen des BMV-Ä<br />

und der Richtlinien nach § 106a SGB V weder verdrängen, noch ersetzen oder er-<br />

gänzen.<br />

Ҡ<br />

Wollte man eine inhaltliche Regelung treffen, wie mit dieser Verfahrensrichtlinie<br />

der KBV intendiert, so müsste diese systematisch in eine Rahmenvereinbarung<br />

nach § 106a Abs. 6 SGB V eingefügt werden. Diese kann jedoch nicht allein durch<br />

die KBV erlassen werden, sondern nur gemeinsam mit den Spitzenverbänden der<br />

Krankenkassen (ab dem 01.07.2008 dem Spitzenverband Bund). Zudem müsste<br />

eine derartige Richtlinie dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor-<br />

gelegt werden.<br />

C. Zwischenergebnis<br />

Der vorgelegte Entwurf der Verfahrensrichtlinie kann nicht auf § 75 Abs. 7 Nr.1<br />

SGB V gestützt werden, da es sich nicht um bloße Durchführungsbestimmung zu<br />

§ 25 Abs.3 BMV-Ä handelt, sondern die Plausibilitätsprüfung Gegenstand der Ver-<br />

fahrensrichtlinie ist.<br />

.


Seite 9 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

2. Können <strong>Laborgemeinschaft</strong>en auf der Grundlage untergesetzlicher<br />

Regelungen verpflichtet werden, ihren Jahresabschluss an die Kas-<br />

senärztlichen Vereinigungen zu übermitteln?<br />

Unt<strong>erstellt</strong> man, dass eine ausreichende rechtliche Grundlage zur Regelung der<br />

Durchführung der Plausibilitätsprüfung gegeben ist, so stellt sich im Weiteren die<br />

Frage, ob <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en die Übermittlung des Jahresabschluss zur<br />

Durchführung einer Plausibilitätsprüfung gefordert werden kann.<br />

a. Verpflichtung <strong>von</strong> Nicht-Systemteilnehmern<br />

Die <strong>Laborgemeinschaft</strong> ist kein zugelassener Leistungserbringer. Eine Laborge-<br />

meinschaft - wie übrigens jeder andere Dritte auch - kann auch nicht verpflichtet<br />

werden, Leistungserbringer zu werden. Dazu bedarf es immer noch eines (freiwilli-<br />

gen) Antrags.<br />

Ҡ<br />

Selbst wenn eine <strong>Laborgemeinschaft</strong> den entsprechenden Willen hätte, kann eine<br />

untergesetzliche Norm - ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundla-<br />

ge - den gesetzlich vorgegebenen Kreis der Leistungserbringer nicht erweitern.<br />

Sämtliche Regelungen des Leistungserbringerrechts, wie auch die daraus resultie-<br />

renden, untergesetzlichen Normen, begründen aber ausschließlich Rechte und<br />

Pflichten gegenüber Leistungserbringern. Eine wirksame Anordnung gegenüber<br />

einer <strong>Laborgemeinschaft</strong> - sofern man sie überhaupt als Träger <strong>von</strong> Rechten und<br />

Pflichten einordnen will - ist auf Basis der derzeitigen rechtlichen Grundlagen gar<br />

nicht möglich.<br />

b. Jahresabschluss und Sozialgeheimnis<br />

Nach Nr. 1 des Entwurfs der Verfahrensrichtlinie sollen <strong>Laborgemeinschaft</strong>en ver-<br />

pflichtet werden, ihre entsprechenden Jahresabschlüsse den Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen vorzulegen. Was unter „Jahresabschluss“ im Sinne der Nr. 1 des<br />

Entwurfs der Verfahrensrichtlinie zu verstehen ist, ist unklar.


Seite 10 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Nach § 242 Abs. 3 HGB bilden die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung<br />

den Jahresabschluss. Die Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses<br />

trifft nach dem HGB ausschließlich Vollkaufleute. BGB-Gesellschaften sind nach<br />

§ 141 AO verpflichtet, einen Jahresabschluss zu erstellen.<br />

Nur Kapitalgesellschaften sind nach § 325 HGB zur Offenlegung des Jahresab-<br />

schlusses verpflichtet. Für natürliche Personen und BGB-Gesellschaften sind Jah-<br />

resabschlüsse Betriebsgeheimnisse.<br />

Ebenso wie Jahresabschlüsse <strong>von</strong> Vertragsärzten oder Gemeinschaften <strong>von</strong> Ver-<br />

tragsärzten genießen daher auch Jahresabschlüsse <strong>von</strong> <strong>Laborgemeinschaft</strong>en- je-<br />

denfalls dann wenn diese als BGB-Gesellschaften betrieben werden - den Schutz<br />

<strong>von</strong> § 35 SGB I. § 35 Abs. 4 SGB I erklärt insofern ausdrücklich, dass Betriebs-<br />

und Geschäftsgeheimnisse Sozialdaten gleich stehen.<br />

Die Übermittlung eines solchen Betriebsgeheimnisses ɤ<br />

(Sozialgeheimnisses) kann<br />

<strong>von</strong> der <strong>Laborgemeinschaft</strong> nur dann gefordert werden, wenn eine ausdrückliche<br />

gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gegeben ist oder eine Zustimmung vorliegt.<br />

Da die <strong>Laborgemeinschaft</strong> im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht<br />

Träger eigener Rechte und Pflichten ist, ist zu prüfen, ob einzelne Vertragsärzte<br />

oder Zusammenschlüssen <strong>von</strong> Vertragsärzte auf der Grundlage einer gesetzlichen<br />

Bestimmung verpflichtet sind, Jahresabschlüsse zum Zweck der Plausibilitätsprü-<br />

fung zu übermitteln.<br />

c. Gesetzliche Übermittlungsbefugnis<br />

Die Übermittlung <strong>von</strong> Abrechnungsdaten ist in § 295 SGB V geregelt.<br />

aa. Nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V sind in den Abrechnungsunterlagen für die<br />

vertragsärztlichen Leistungen die erbrachten Leistungen einschließlich des<br />

Tages der Behandlung und der Diagnose zu übermitteln.


Seite 11 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Gem. § 295 Abs.1a SGB V sind Vertragsärzte lediglich verpflichtet, den<br />

Kassenärztlichen Vereinigungen die zur Erfüllung der Aufgaben nach § 106<br />

a SGB V erforderlichen - medizinischen - Befunde vorzulegen, so dass eine<br />

Übermittlung des Jahresabschlusses an die Kassenärztlichen Vereinigun-<br />

gen nicht auf § 295 Abs. 1 und Abs. 1a SGB V gestützt werden kann.<br />

bb. Eine Verpflichtung zur Übermittlung des Jahresabschlusses könnte sich aus<br />

§ 285 Abs.1 Nr. 2 SGB V ergeben. Nach dieser Vorschrift ist es zulässig,<br />

dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Einzelangaben über die persönli-<br />

chen und sachlichen Verhältnisse der Ärzte erheben, soweit dieses zur Er-<br />

füllung der Sicherstellung und Vergütung der vertragsärztlichen Versorgung<br />

einschließlich der Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrech-<br />

nung erforderlich ist.<br />

§ 285 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gestattet Kassenärztlichen Vereinigungen grund-<br />

sätzlich, bei den Vertragsärzten die Ҡzur<br />

Durchführung der Plausibilitätsprü-<br />

fung erforderlichen Daten zu erheben und ist eine ausreichende gesetzliche<br />

Grundlage zur Übermittlung <strong>von</strong> abrechnungsbegründenden Unterlagen.<br />

Der Erforderlichkeitsgrundsatz des § 67 Abs. 1 SGB I wird insoweit für die<br />

Kassenärztlichen Vereinigungen durch § 285 SGB V konkretisiert und ein-<br />

gegrenzt. Die Erforderlichkeit muss im Zeitpunkt der Erhebung feststehen<br />

(Hauck/Noftz, SGB V, § 284 Rn. 8).<br />

Es stellt sich die Frage, ob es sich bei den Jahresabschlüssen um für die<br />

Durchführung der Prüfung erforderlichen Unterlagen handelt.<br />

Nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit als Teilprinzip des Grundsatzes<br />

der Verhältnismäßigkeit ist eine Maßnahme stets dann erforderlich, wenn<br />

kein milderes Mittel zur Zweckerreichung zur Verfügung steht. Dabei steht<br />

vorliegend zunächst in Frage, ob die Übermittlung des Jahresabschlusses<br />

überhaupt zur Zweckerreichung führen kann.


Seite 12 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Die Übermittlung des Jahresabschlusses wäre nur dann zulässig, wenn der<br />

Jahresabschluss Informationen enthielte, die geeignet sind, die zur Abrech-<br />

nung gebrachten Kosten zu plausibilisieren. Jahresabschlüsse weisen aber<br />

typischerweise keine Kosten je Parameter aus, sondern z. B. „Ausgaben für<br />

Reagenzien“. Diese zulässige Pauschalisierung im Jahresabschluss ist<br />

nicht geeignet, die parameterbezogene Abrechnung <strong>von</strong> Laborkosten ge-<br />

genüber der Kassenärztliche Vereinigung in irgendeiner Weise zu plausibili-<br />

sieren.<br />

d. Übermittlung auf der Grundlage sonstiger gesetzlicher Bestimmungen<br />

Sonstige gesetzliche Bestimmungen, aus denen sich eine Verpflichtung zur<br />

Übermittlung des Jahresabschlusses ergibt, bestehen nicht. Insbesondere ergibt<br />

sich aus § 60 SGB I keine Übermittlungspflicht. Diese Vorschrift, die die Mitwir-<br />

kung bei Sozialleistungen regelt, ist allenfalls für den vorliegenden Fall entspre-<br />

chend heranzuziehen. Aber auch nach dieser Vorschrift dürfen nur die Daten er-<br />

hoben werden, die zur Erreichung des Zwecks Ҡ erforderlich sind. Da der Jahresab-<br />

schluss keine zweckgerichteten Informationen enthält und die Informationen nicht<br />

erforderlich sind, kann auch nicht auf dieser Grundlage die Herausgabe des Jah-<br />

resabschlusses gefordert werden.<br />

e. Zwischenergebnis<br />

Die Übermittlung des Jahresabschlusses kann nicht auf eine ausreichende ge-<br />

setzliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden. Weder Vertragsärzte noch La-<br />

borgemeinschaften können auf der Grundlage vertraglicher Regelung oder durch<br />

Richtlinien zur Übermittlung gezwungen werden. Im Übrigen sind Jahresabschlüs-<br />

se nicht geeignet, die abgerechneten Kosten zu plausibilisieren.<br />

3. Sind die Kassenärztlichen Vereinigungen befugt, die erhaltenen Daten<br />

an die Kassenärztliche Bundesvereinigung oder an ein <strong>von</strong> der KBV<br />

beauftragtes Kompetenzzentrum Labor zu übermitteln?


Seite 13 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Unt<strong>erstellt</strong> man, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen den Jahresabschluss<br />

der <strong>Laborgemeinschaft</strong>en zulässigerweise entgegennehmen dürften, so stellt sich<br />

im Weiteren die Frage, ob die Kassenärztlichen Vereinigungen befugt sind, diese<br />

Jahresabschlüsse, bei denen es sich – soweit BGB-Gesellschaften betroffen sind -<br />

um Sozialgeheimnisse handelt, an die Kassenärztliche Bundesvereinigung bzw.<br />

an ein Kompetenzzentrum Labor zu übermitteln.<br />

Die Übermittlung dieser Daten wäre zulässig, wenn die Übermittlung auf eine aus-<br />

drücklichen gesetzlichen Ermächtigung gestützt werden könnte. Die Datenüber-<br />

mittlung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen ist abschließend in § 285<br />

SGB V geregelt.<br />

a. Regelung des § 285 Abs. 3 Satz 3 SGB V<br />

Nach § 285 Abs. 3 S. 3 SGB V können Kassenärztliche Vereinigungen, die nach<br />

§ 285 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozial-<br />

daten der für die überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft ѥ<br />

zuständigen Kas-<br />

senärztlichen Vereinigungen übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in Abs. 1<br />

Nr. 1, 2, 4, 5 und 6 genannten Aufgaben erforderlich ist. Sie dürfen die nach den<br />

Absätzen 1 und 2 rechtmäßig erhobenen Sozialdaten der nach § 24 Abs. 3 S. 3<br />

der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ermächtigten Vertragsärzte und auf<br />

Anforderungen auch untereinander übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in<br />

Abs. 1 Nr. 2 genannten Aufgaben erforderlich ist. Die zuständigen Kassenärztli-<br />

chen Vereinigungen dürfen die nach Abs. 1 und 2 rechtmäßig erhobenen und ge-<br />

speicherten Sozialdaten der Leistungserbringer auf Anforderungen untereinander<br />

übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in Abs. 1 Nr. 2 sowie in § 106 a SGB V<br />

genannten Anforderungen erforderlich ist.<br />

Eine Datenübermittlung auf der Grundlage einer Richtlinie zur Durchführung eines<br />

Vertrages sieht diese Vorschrift dagegen nicht vor.<br />

Unt<strong>erstellt</strong> man, dass es sich bei der Verfahrensrichtlinie der KBV eben um eine<br />

Regelung zur Plausibilitätsprüfung nach § 106a SGB V handelt, so ist zu prüfen,<br />

ob auf der Grundlage der Vorschrift des § 285 Abs. 3 S. 3 SGB V eine Datenüber-


Seite 14 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

mittlung <strong>von</strong> einer Kassenärztlichen Vereinigung an die KBV oder an eine andere<br />

Kassenärztliche Vereinigung zulässig wäre.<br />

Die Regelung des § 285 Abs.3 S. 3 ff. SGB V ist durch das Vertragsarztrechtsän-<br />

derungsgesetz eingefügt worden und soll die Plausibilitätsprüfung für überörtliche<br />

Berufsausübungsgemeinschaften ermöglichen. Bei <strong>Laborgemeinschaft</strong>en handelt<br />

es sich nicht um überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften. Auch wenn die<br />

<strong>Laborgemeinschaft</strong> durch § 25 Abs. 3 SGB V Bundesmantelvertrag zur Abgabe ei-<br />

ner „Abrechnung“ verpflichtet wird, wird sie hierdurch nicht zu einer überörtlichen<br />

Berufsausübungsgemeinschaft. Da<strong>von</strong> gehen offensichtlich die Partner des Bun-<br />

desmantelvertrages selbst aus, indem sie in § 1a Nr. 12a ausdrücklich klarstellen,<br />

dass <strong>Laborgemeinschaft</strong>en keine Berufsausübungsgemeinschaften sind. Auch<br />

wenn die Kassenärztliche Bundesvereinigung die <strong>Laborgemeinschaft</strong>en faktisch<br />

wie überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften behandelt, führt dies nicht dazu,<br />

dass sie rechtlich zu überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften werden und<br />

der Regelung des § 285 Abs. 3 SGB V unterfallen. Im übrigen rechtfertigt § 285<br />

Abs. 3 SGB V auch nur die Datenübermittlung 遰ѥ an die „zuständige“ Kassenärztliche<br />

Vereinigung und nicht an die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Dieses wäre al-<br />

lenfalls denkbar, wenn insoweit eine Datenverarbeitung im Auftrag vorläge.<br />

Eine entsprechende Anwendung des § 285 Abs. 3 S. 3 SGB V scheidet aus. Der<br />

Gesetzgeber kannte zum Zeitpunkt des Erlasses der Regelung die Leistungser-<br />

bringung in <strong>Laborgemeinschaft</strong>en und hat diese nicht in den Anwendungsbereich<br />

des § 285 Abs. 3 S. 3 SGB V einbezogen, so dass auch keine planwidrige Rege-<br />

lungslücke vorliegt.<br />

b. Übermittlung aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen?<br />

Wenn § 285 Abs. 3 SGB V nicht als ausreichende gesetzliche Ermächtigungs-<br />

grundlage zur Übermittlung der Jahresabschlüsse an die Kassenärztliche Bundes-<br />

vereinigung herangezogen werden kann, so stellt sich die Frage, ob aufgrund ei-<br />

ner anderen gesetzlichen Bestimmung diese Übermittlung zulässig wäre. Als mög-<br />

liche Übermittlungsbefugnis könnte der Sicherstellungs- und Gewährleistungsauf-<br />

trag der Kassenärztlichen Vereinigungen herangezogen werden. Geht man da<strong>von</strong>


Seite 15 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

aus, dass die Leistungserbringung im <strong>Laborgemeinschaft</strong>en eine besondere Aus-<br />

prägung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung ist, folgt daraus,<br />

dass den Partnern der Bundesmantelverträge, die diese besondere Form der Leis-<br />

tungserbringung vereinbart haben, auch die Befugnis zusteht, weitere Regelungen<br />

vorzunehmen. Aber selbst wenn man den Partnern der Bundesmantelverträge die<br />

Befugnis einräumen würde, die Plausibilitätsprüfung im Rahmen eines „KV-über-<br />

greifenden Verfahrens“ durchzuführen, so muss sich die Durchführung der Plausi-<br />

bilitätsprüfung auf die Erhebung der hierfür geeigneten und erforderlichen Daten<br />

beschränken.<br />

Hierzu kann auf das oben Ausgeführte verwiesen werden. Vor diesem Hintergrund<br />

würde die Übermittlung des Jahresabschlusses an Dritte ebenfalls datenschutz-<br />

rechtliche Grundsätze verletzen.<br />

4. Nach welchen Regelungen werden Plausibilitätsprüfungen durchge-<br />

führt?<br />

遰ѥ<br />

Der vorgelegte Entwurf der Verfahrensrichtlinie legt lediglich fest, dass eine Plau-<br />

sibilitätsprüfung durchgeführt wird. Inhaltliche Anforderungen an die Plausibilitäts-<br />

prüfung enthält die Richtlinie nicht. Unklar ist, ob insoweit auf die Richtlinie der<br />

Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkas-<br />

sen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfung der Kassenärztli-<br />

chen Vereinigungen und der Krankenkassen zurückgegriffen werden soll. Nach §<br />

7 Abs. 6 jener Richtlinie bezieht sich die Plausibilitätsprüfung - soweit möglich -<br />

insbesondere auf den Zusammenhang zwischen den verwendeten Sachmitteln<br />

und deren Indikationsbereich sowie auf die Menge der abgerechneten Sachkos-<br />

ten. Die Prüfung erfolgt durch vergleichende Betrachtung der Arztpraxis mit dem<br />

Durchschnitt der Arztgruppe.<br />

Nach der vorgelegten Verfahrensrichtlinie bleibt offen, ob gem. § 7 Abs.6 der<br />

Richtlinie die Plausibilitätsprüfung durchgeführt wird oder aber ob das Kompetenz-<br />

zentrum Labor eigene Prüfkriterien entwickelt. Dies allein zeigt, wie problematisch<br />

eine einseitige Regelung auf der Grundlage des § 75 Abs.7 SGB V ist.


Seite 16 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Unklar bleibt auch, ob und inwieweit die Tätigkeit für sonstige Kostenträger in die<br />

Plausibilitätsbetrachtung einbezogen werden. Nach dem vorliegenden Fragenka-<br />

talog (Anlage 2 des Schreibens vom 16.06.08) sollen möglicherweise die für ande-<br />

re Kostenträger erbrachten Leistungen entsprechend ihrer Anzahl berücksichtigt<br />

werden. Eine solche Vorgehensweise führt dazu, dass Rationalisierungsreserven<br />

und Kosteneinsparungen, die durch einen hohen Anteil <strong>von</strong> erbrachten Leistungen<br />

für Nicht-GKV-Versicherte erzielt werden können, zu einer Minderung der abre-<br />

chenbaren Kosten innerhalb der GKV führen. Andererseits werden Leistungen, die<br />

nur oberhalb der Kostensätze erbracht werden, nicht berücksichtigt. Eine solche<br />

Vorgehensweise führt dazu, dass <strong>Laborgemeinschaft</strong>en, die einen hohen Leis-<br />

tungsanteil für nicht GKV-Versicherte erbringen, im Vergleich zu anderen Laborge-<br />

meinschaften (aber auch zu anderen Leistungserbringern, die ebenfalls Sachkos-<br />

ten abrechnen und bei denen das Verfahren ausschließlich über § 44 Abs. 5 Bun-<br />

desmantelvertrag abgewickelt wird) schlechter gestellt werden. Eine solche Diffe-<br />

renzierung ist sachlich nicht gerechtfertigt.<br />

Zudem scheint die KBV nicht realisiert zu 遰ѥ haben, dass die Änderung des § 25<br />

Abs. 3 BMV-Ä die Abkehr <strong>von</strong> einer Mischkalkulation im Laborbereich bedeutet.<br />

So teilt sie im Anhang 2 unter 2.2. auf die Frage nach der Vergütung <strong>von</strong> Parame-<br />

tern, die bereits jetzt nicht kostendeckend erbracht werden können mit.<br />

„Die Vergütungsregelungen basieren auf einer Mischkalkulation aller<br />

Laborleistungen. Entsprechend der Kostenentwicklung wird diese Misch-<br />

kalkulation regelmäßig überprüft und angepasst. Das in der Fragestellung<br />

genannte Beispiel einer gefäßchirurgischen Praxis ist offenbar theoreti-<br />

scher Natur, eine <strong>Laborgemeinschaft</strong>, die ausschließlich auf Gerinnungspa-<br />

rameter spezialisiert ist, ist uns nicht bekannt.“<br />

Wie bereits in unserer Stellungnahme vom 09.05.2008 ausgeführt, wird dieser –<br />

<strong>von</strong> der KBV ausdrücklich hervorgehobene – Grundsatz der Mischkalkulation <strong>von</strong><br />

der geplanten Neuregelung gerade nicht beachtet. Wenn ein Arzt bei bestimmten<br />

Analysen Verlust macht (weil die tatsächlichen Kosten über dem EBM-Satz<br />

liegen), kann er diese entgegen der Aussage der KBV nicht mehr mit anderen Pa-<br />

rametern ausgleichen, bei denen die tatsächlichen Kosten unterhalb des im An-


Seite 17 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

hang zu Kapitel 32.2 EBM enthaltenen Sätzen liegen. Somit ist nicht ausgeschlos-<br />

sen, das die Neuregelungen möglicherweise eine kostendeckende Vergütung ins-<br />

gesamt (bezogen auf das gesamte Analysespektrum) in Frage stellen.<br />

5./6. In welchem Maße sind die Kassenärztlichen Vereinigungen an die<br />

Empfehlungen der KBV bzw. des Kompetenzzentrums Labor gebun-<br />

den? Aufgrund welcher Regelungen können die Kassenärztlichen Ver-<br />

einigungen unter Einbeziehung des erzielten Jahresüberschusses<br />

Ausgleichsforderungen gegen die <strong>Laborgemeinschaft</strong> geltend ma-<br />

chen?<br />

Nach den Entwurf der Verfahrensrichtlinie spricht die KBV bzw. das Kompetenz-<br />

zentrum Labor eine Empfehlung über die festzusetzende Höhe der Ausgleichszah-<br />

lungen aus. Die Kassenärztliche Vereinigung macht diese Ausgleichszahlungen<br />

insbesondere unter Einbeziehung des Jahresüberschusses gegenüber der Labor-<br />

gemeinschaft geltend.<br />

遰ѥ<br />

Mit der Leistungserbringung erwerben Leistungserbringer einen Anspruch auf Teil-<br />

nahme an der Honorarverteilung und Ersatz der aufgewandten Kosten. Kommt es<br />

bei der Abrechnung auf Grund <strong>von</strong> fehlerhaften Angaben zu Überzahlungen, kön-<br />

nen diese mit Honoraransprüchen aufgerechnet werden.<br />

Nr. 5 des Entwurfs der Verfahrensrichtlinie scheint dieses Verfahren auf die Ab-<br />

rechnung der Kosten der <strong>Laborgemeinschaft</strong> zu übertragen, wobei allerdings ein<br />

neuer Terminus „Ausgleichzahlungen/Ausgleichsforderung“ eingeführt wird. Un-<br />

abhängig <strong>von</strong> der gewählten Terminologie bedürfen Honorarkürzung, Aufrechnun-<br />

gen oder Regresse einer gesetzlichen Grundlage. Belastende Verwaltungsent-<br />

scheidungen, die auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen erfolgen, sind zu<br />

begründen und unterliegen der gerichtlichen Kontrolle.<br />

Vernachlässigt man an dieser Stelle die Frage, ob die Feststellung der „Überzah-<br />

lung“ unter Einbeziehung des Jahresabschlusses erfolgen kann, so stellen sich<br />

dennoch zahlreiche Fragen. Unklar ist insbesondere, auf welcher rechtlichen


Seite 18 des Schreibens der Sozietät Dr. Rehborn vom 9. Juli 2008<br />

Grundlage die Kassenärztlichen Vereinigung Rückforderungen gegen die Labor-<br />

gemeinschaften gelten machen und in welcher Weise die Vertragsärzte, die die<br />

<strong>Laborgemeinschaft</strong> bilden, in das Verfahren einbezogen werden.<br />

Im Übrigen ergibt sich aus Nr. 5 des Entwurfs der Verfahrensrichtlinie nicht, ob<br />

und in welchen Umfang die Kassenärztliche Vereinigung, die die Ausgleichsforde-<br />

rungen geltend macht, einen eigenen Ermessens- und Beurteilungsspielraum hat<br />

oder ob da<strong>von</strong> auszugehen ist, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Hinblick<br />

auf die Regelungen des Fremdkassenzahlungsausgleichsverfahrens verpflichtet<br />

ist, die Rückforderung in der <strong>von</strong> dem Kompetenzzentrum ermittelten Umfang gel-<br />

tend machen.<br />

Auch die Bezugnahme auf den erzielten Jahresüberschuss ist nicht nachvollzieh-<br />

bar. Sollen der Jahresüberschuss, der sich auf die gesamte Tätigkeit der Laborge-<br />

meinschaft bezieht, in Relation zu einzelnen Laborparametern gesetzt werden?<br />

Auch hierdurch würde der <strong>von</strong> der KBV selbst hervorgehobene Grundsatz der<br />

Mischkalkulation der einzelnen Laborparameter 遰ѥ nicht beachtet.<br />

gez.: Rechtsanwalt <strong>Peikert</strong>

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