Tierrundschau Ausgabe 75 Jahr 2011 - Mobile Tierrettung eV
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Tier & Mensch<br />
Brief aus der Zukunft<br />
Seit <strong>Jahr</strong>en werden die Vorschriften zum Halten von Hunden immer umfangreicher.<br />
Ein nicht ganz ernst gemeinter Brief von Uschi Lohse.<br />
Liebe Uromi,<br />
ich wünsche mir, gegen alle Vernunft, einen Hund. Und jetzt endlich sieht es so aus, als ob mein Wunsch<br />
Wirklichkeit werden kann. In den letzten <strong>Jahr</strong>en habe ich nach und nach alle Voraussetzungen erfüllt:<br />
1. Den Charaktertest habe ich bestanden. Zum Glück rauche und trinke ich nicht und nehme auch keine<br />
anderen Drogen, deshalb wurde ich als belastbar und zuverlässig eingestuft. Suchtgefährdete Menschen<br />
bekommen keinen Hund.<br />
2. Mein polizeiliches Führungszeugnis ist einwandfrei und ich habe auch keine Punkte in Flensburg.<br />
3. Ich konnte zwei Bürgen stellen, die notfalls für mich und meinen Hund haften.<br />
4. Die Prüfung nach dem dreijährigen Hundehalter-Vorbereitungskurs habe ich mit Auszeichnung bestanden.<br />
Jährlich muss ich eine Nachprüfung machen.<br />
5. Der medizinische Check bescheinigt mir, dass ich die Kraft und Fitness besitze, dass ich einen Hund bis zu<br />
einem Gewicht von zehn Kilogramm sicher halten kann, also bis zur erlaubten Höchstgrenze.<br />
6. Mein Sparkonto mit 50.000 Euro habe ich als Sicherheit hinterlegt, für den Fall, dass ich die obligatorische<br />
Haftpflichtversicherung und die Steuer nicht mehr bezahlen kann.<br />
7. 10.000 Euro Steuern habe ich im Voraus bezahlt.<br />
8. In unserem Haushalt leben keine Kinder unter zehn <strong>Jahr</strong>en und keine Alten über 40.<br />
9. Alle Nachbarn haben sich damit einverstanden erklärt, dass ich einen Hund halte. Sie können das<br />
allerdings jederzeit widerrufen.<br />
10. Ich habe mich verpflichtet, ausschließlich Tranqui-Happi zu füttern, weil die beigefügten Psychopharmaka<br />
Stimmungsschwankungen des Hundes unterdrücken. Außerdem wird das Futter völlig rückstandslos<br />
verwertet, was das Kotproblem löst.<br />
11. Natürlich habe ich mich verpflichtet, zweimal wöchentlich mit meinem Hund zu einem Erziehungskurs zu<br />
gehen, den Hund immer an kurzer Leine zu führen und nur morgens zwischen vier und sechs und abends<br />
zwischen 23 und 24 Uhr mit ihm raus zu gehen und ihn an Wochenenden in der Wohnung zu lassen.<br />
12. Mein IQ ist auch kein Problem: Ich bin nicht dumm, aber auch nicht so klug, dass man Aufmüpfigkeit<br />
befürchtet.<br />
13. Ich habe unterschrieben, dass ich die installierte Sprengladung per Fernzündung auslöse, wenn der Hund<br />
trotz aller Vorsicht außer Kontrolle gerät.<br />
Nun endlich kann mein Traum in Erfüllung gehen. Ich werde den Hund Servus nennen. Wahrscheinlich kann<br />
ich ihn schon am Wochenende abholen. Bis dahin hat er sich hoffentlich von der OP der Stimmbänder erholt.<br />
Nachdem man herausgefunden hat, dass ein plötzliches Bellen Menschen so erschrecken kann, dass sie in Panik<br />
vor ein Auto laufen, muss das Bellen von Anfang an zuverlässig verhindert werden. Zum Glück müssen meinem<br />
Servus die Fangzähne nicht gekappt werden. Er ist nämlich genmanipuliert: Er hat gar keine Zähne mehr.<br />
Ich hoffe, dass ich deshalb die Ausnahmegenehmigung bekomme, ihn zu Hause ohne Maulkorb laufen zu lassen.<br />
In deinen alten Fotoalben habe ich gesehen, wie du und Oma und Mama mit Hunden gelebt habt. Die sind ja<br />
sogar noch frei herum gelaufen! Und sie haben mit kleinen Kindern gespielt. Ich kann das gar nicht glauben.<br />
Mir kommt das vor wie ein Märchen. Drück mir die Daumen, dass es gut wird mit meinem Wunschhund.<br />
Deine Uschi<br />
15.06.2020<br />
Seite 21