Treffen der Mauloff-Gruppe - oberschlesien-aktuell.de
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Hinter einem hohen Zaun und viel<br />
Grün hat er sich in einem alten<br />
Bürgerhaus am Stadtrand von<br />
Oppeln vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit verschanzt.<br />
Im Garten fin<strong>de</strong>n sich hier<br />
und da kleine Skulpturen. Und ein<br />
ungewöhnlicher Würfel,<br />
ein Glückswürfel.<br />
Der Versuch, ihn hochzuheben,<br />
scheitert kläglich.<br />
Der Glückswürfel<br />
ist schwer, und es ist<br />
eben schwer zu handhaben,<br />
das Glück...<br />
Glück heißt für <strong>de</strong>n<br />
oberschlesischen Künstler<br />
Adolf Panitz arbeiten<br />
und schaffen können.<br />
Die Kunst? Sie ist alles<br />
für ihn. ,,Wissen Sie,<br />
Schubert war froh,<br />
gebrochen von seiner<br />
tödlichen Krankheit<br />
noch spielen zu können.<br />
Ich bin gottfroh noch<br />
arbeiten zu können,<br />
obschon mein Körper<br />
nicht mehr so mitmacht<br />
wie früher”, lächelt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
69jährige. Ein besseres<br />
Ambiente dafür hätte<br />
sich wohl ein Künstler<br />
nicht wünschen können.<br />
Es ist ruhig, wie auf<br />
einem Dorf. Nur die<br />
Vögel zwitschern. Das<br />
Haus haben die Panitz’<br />
von einer alten Oberschlesierin<br />
gekauft. Sie<br />
ging in <strong>de</strong>n Westen und<br />
war glücklich, ihr Domizil<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> an Oberschlesier verkaufen<br />
zu können.<br />
TALENTE UNTER<br />
EINEM DACH<br />
Nun gehört das Haus einer Künstlerfamilie.<br />
Die Frau <strong>de</strong>s Bildhauers,<br />
Ruta Molin, ist Malerin und<br />
<strong>de</strong>m einzige Sohn <strong><strong>de</strong>r</strong> Panitz’ wur<strong>de</strong><br />
das künstlerische Talent in die<br />
Wiege gelegt. Er arbeitet gera<strong>de</strong> an<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Büste seiner Mutter. Sie ist <strong>de</strong>n<br />
wirklichen Gesichtszügen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau<br />
zu verwechseln ähnlich, bewun<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachter. Die Gemäl<strong>de</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> zierlichen Hausdame hängen<br />
überall im Haus. Adolf Panitz malt<br />
ebenfalls, vor allem Ölgemäl<strong>de</strong>.<br />
Die Regale im Arbeitszimmer<br />
platzen vor Büchern. Man fin<strong>de</strong>t<br />
Literatur über Kunst, Malerei, die<br />
Geschichte Schlesiens.<br />
So manche wichtige Persönlichkeit<br />
hat Adolf Panitz mit seinen<br />
flinken Hän<strong>de</strong>n in Stein, Holz,<br />
Bronze o<strong><strong>de</strong>r</strong> Granit verewigt. Je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
,,Ich bin das Salz dieser Er<strong>de</strong>”<br />
Zu Besuch im Atelier <strong>de</strong>s Oppelner Bildhauers Adolf Panitz<br />
Graf Matuschka im Panitz’schen Atelier.<br />
Auftrag ist eine neue Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
für ihn, je<strong>de</strong>s Projekt mühsame<br />
Arbeitsstun<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sohn mit Rat und Tat zur Seite<br />
steht.<br />
Adolf Panitz scheint kein schweig-<br />
Die Eingangstür zur Oppelner Kathedrale, die die<br />
Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt erzählt, ist eine Arbeit von<br />
Adolf Panitz.<br />
samer, melancholischer Künstler<br />
zu sein. Ganz in Gegenteil, er<br />
spricht viel und nimmt dabei kein<br />
Blatt vor <strong>de</strong>n Mund.<br />
VON HINDENBURG<br />
NACH OPPELN<br />
Sein Deutsch klingt heimisch<br />
oberschlesisch, eben wie das eines<br />
Mannes, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterstadt<br />
Hin<strong>de</strong>nburg zwischen Donnersmarckhütte<br />
und Steinkohlengruben<br />
aufgewachsen ist. Er wuchs im<br />
Hin<strong>de</strong>nburger Stadtteil Guido auf.<br />
Sein Großvater, <strong><strong>de</strong>r</strong> Sattlermeister<br />
Alfred Panitz, führte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stein-<br />
kohlengrube Guido ein großes<br />
Unternehmen. Adolfs Vater kannte<br />
sich dagegen mit Maschinenbau<br />
hervorragend aus und war bei <strong>de</strong>n<br />
Oberschlesischen Elektrizitätswerken<br />
in Hin<strong>de</strong>nburg beschäftigt.<br />
Das wur<strong>de</strong> ihm zum Verhängnis.<br />
Den Einmarsch <strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen<br />
Roten Armee überlebte <strong><strong>de</strong>r</strong> Familienvater<br />
nur knapp. Wie Zehntau-<br />
sen<strong>de</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Oberschlesier wollten<br />
die Sowjets <strong>de</strong>n hochqualifizierten<br />
Panitz in die unbekannten<br />
Weiten <strong>de</strong>s russischen Imperiums<br />
<strong>de</strong>portieren. Aber auf abenteuerliche<br />
Weise gelang ihm die Flucht,<br />
weil er dank <strong><strong>de</strong>r</strong> Hilfe von<br />
Eisensägeblättern aus <strong>de</strong>m<br />
Waggon fliehen konnte.<br />
Die Mutter von Adolf<br />
Panitz stammte aus<br />
Jeschona im Kreis Groß<br />
Strehlitz und hat bei <strong>de</strong>n<br />
Grafen in Zyrowa gearbeitet.<br />
Der „Adi“, wie man<br />
<strong>de</strong>n kleinen Adolf rief,<br />
wuchs zum Teil in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Gegend am Annaberg auf.<br />
Das rußgeschwärzte Industriegebiet,<br />
die malerische<br />
Landschaft <strong>de</strong>s Annaberger<br />
Lan<strong>de</strong>s sollten <strong>de</strong>n<br />
Lauf seines Lebens prägen.<br />
In ihm ist von all <strong>de</strong>m<br />
etwas drin. „Ich bin halt<br />
das Salz dieser Er<strong>de</strong>“, sagt<br />
er über sich selber.<br />
Aufgrund seines Verhaltens<br />
in <strong>de</strong>n frühen Lebensjahren<br />
wur<strong>de</strong> seiner Mutter<br />
empfohlen, <strong>de</strong>n kleinen<br />
Adi dringend mal <strong>de</strong>m<br />
Arzt vorzustellen. Denn er<br />
zeichnete von klein auf,<br />
worin die Erwachsenen<br />
eine Krankheit vermute-<br />
ten. Doch krank war er<br />
ganz bestimmt nicht, und<br />
eine Verhaltenstherapie,<br />
wie das heute immer häufiger<br />
<strong>de</strong>n Kleinen empfohlen<br />
wird, brauchte er erst recht nicht.<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule war er <strong>de</strong>n Klassenkamera<strong>de</strong>n<br />
weit voraus und übersprang<br />
sogar einige Klassen. Am<br />
En<strong>de</strong> schaffte er es bis zur Krakauer<br />
Aka<strong>de</strong>mie, wo er als ,,Oberschlesier”<br />
aufgrund seiner<br />
Abstammung oft von <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Stu<strong>de</strong>nten verpönt wur<strong>de</strong>. Während<br />
die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en das Stu<strong>de</strong>ntenleben<br />
genossen, hat er, wie es sich<br />
für einen waschechten Oberschlesier<br />
gehört, fleißig gelernt und<br />
gearbeitet. Jahrelang als Steinmetz<br />
und später als Lehrer am Kunstlyzeum<br />
in Oppeln, wo er sich<br />
schließlich nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ließ. Hier gehört<br />
er zum anerkannten Künstlerkreis,<br />
sein Name hat einen Klang. Viele<br />
Werke aus seinem Atelier<br />
schmücken heute die Kulturlandschaft.<br />
WOHIN MIT<br />
MATUSCHKA?<br />
Eigentlich sollte die Sandsteinplatte<br />
für <strong>de</strong>n Oppelner Landrat und<br />
Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standskämpfer Graf<br />
Matuschka längst das Atelier <strong>de</strong>s<br />
Bildhauers verlassen haben. Unter<br />
einer Folie offenbart sich das Bildnis<br />
Matuschkas. Viel Arbeit und<br />
Liebe steckt in dieser Platte.<br />
Panitz studierte anhand von alten<br />
Fotos die Gesichtszüge von<br />
Matuschka, um ihn am En<strong>de</strong> möglichst<br />
getreu im edlen Material<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong>zugeben. Die Platte ähnelt<br />
<strong>de</strong>m Sandstein <strong>de</strong>s römischen Pantheons.<br />
Edle Menschen verdienen<br />
schließlich im edlem Material verewigt<br />
zu wer<strong>de</strong>n, erzählt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Künstler. Der Graf schaut etwas<br />
traurig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Platte, als ob er<br />
wüßte, daß ihre Anbringung <strong>de</strong>n<br />
Initiatoren viel Kopfzerbrechen<br />
bereiten wür<strong>de</strong>. Das ursprüngliche<br />
Datum <strong><strong>de</strong>r</strong> Einweihung hat längst<br />
das Zeitliche gesegnet. Denn nicht<br />
alle Einwohner <strong>de</strong>s Hauses, in <strong>de</strong>m<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung einst<br />
beliebte Landrat arbeitete, können<br />
sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehrung anfreun<strong>de</strong>n.<br />
Man muß die Rückständigkeit im<br />
Denken vielleicht im anti<strong>de</strong>utschen<br />
Klima suchen, welches man<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt und vielen seiner heutigen<br />
Bewohner immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> vorwirft.<br />
Die Angelegenheit ist aber<br />
längst noch nicht entschie<strong>de</strong>n und<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tunnel ist Licht zu<br />
ent<strong>de</strong>cken, nach<strong>de</strong>m die <strong>de</strong>utschoberschlesische<br />
Professorin Johanna<br />
Rostropowicz vom Denkmalkomitee<br />
überraschend von ihren polnischen<br />
Stu<strong>de</strong>nten unterstützt<br />
wird. Jetzt wollen die Stu<strong>de</strong>nten<br />
vermitteln und mit <strong>de</strong>n Einwohnern<br />
re<strong>de</strong>n. Auch Adolf Panitz<br />
drückt ihnen die Daumen. Er<br />
möchte nicht, daß „sein“ Matuschka<br />
irgendwo im Museum lan<strong>de</strong>n<br />
wird.<br />
Der Kopf von Panitz steckt noch<br />
voller I<strong>de</strong>en. „Oberschlesien hat so<br />
viele be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> und verdiente<br />
Persönlichkeiten vorzuzeigen,“<br />
beteuert Panitz. „Man sollte sie<br />
ehren.“ Von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> organisierten<br />
<strong>de</strong>utschen Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit wür<strong>de</strong><br />
viel zu wenig in dieser Hinsicht<br />
unternommen, kritisiert er. Er grübelt<br />
darüber nach, ob er sein Projekt<br />
einer eisernen Tür mit <strong>de</strong>n<br />
Der Künstler scheut Fotografen,<br />
aber nicht das Talent <strong>de</strong>s Sohnes:<br />
Die Büste zeigt Adolf<br />
Panitz.<br />
zwölf schlesischen Nobelpreisträgern<br />
irgendwann einmal verwirklichen<br />
könne. Momentan arbeitet<br />
er an <strong><strong>de</strong>r</strong> Büste eines berühmten<br />
Deutschen. Mehr will er aber nicht<br />
verraten. Auch fotografieren läßt<br />
sich Adolf Panitz nicht, da ist<br />
nichts zu machen. Vielleicht beim<br />
nächsten Mal...<br />
EVA CZECZOR (OS)