Trainieren, was bewertet wird In dieser Ausgabe - FN
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22 Dressurausbildung<br />
Foto: Julia Wentscher<br />
Das Pferd ist deutlich<br />
hinter der<br />
Senkrechten und<br />
nicht genügend vor<br />
seiner Reiterin.<br />
das Pferd sich dabei im Hals dehnt,<br />
wodurch das Nackenband gespannt<br />
und der Rücken aufgewölbt <strong>wird</strong>.<br />
Wie <strong>wird</strong> die Dehnung<br />
und damit die Balance erreicht?<br />
Ein Pferd, das sich gleichmäßig an<br />
beide Zügel und damit an das Gebiss<br />
herandehnen soll, muss die vortreibende<br />
Hilfe des Reiters annehmen.<br />
Dies ist eine Schlüsselqualifikation,<br />
die jedes Pferd – unabhängig vom Alter<br />
– erlernen muss. Das Pferd muss<br />
lernen, den vortreibenden Schenkel<br />
so anzunehmen, dass es nicht vor<br />
diesem „flieht“. Ferner sollte die Stute<br />
der Reiterin eher das Gefühl geben,<br />
et<strong>was</strong> phlegmatisch auf die Schenkelhilfe<br />
zu reagieren. Um das zu erreichen,<br />
muss das Pferd als zweite<br />
Schlüsselqualifikation den seitwärts<br />
treibenden Schenkel akzeptieren,<br />
<strong>was</strong> für das Reiten von Schenkelweichen<br />
und Viereck verkleinern und<br />
vergrößern später auch für die Seitengänge<br />
von zentraler Bedeutung ist.<br />
Je sensibler das Pferd den seitwärts<br />
treibenden Schenkel akzeptiert, desto<br />
„stumpfer“ <strong>wird</strong> es auf den vortreibenden<br />
Schenkel reagieren. Das ist<br />
eine entscheidende Voraussetzung<br />
für eine gute Dehnungsbereitschaft<br />
des Pferdes.<br />
Als sehr geeignete Übung bietet es<br />
sich an, Pferde – zunächst im Schritt,<br />
später im ruhigen Arbeitstrab – auf<br />
der offenen Zirkelseite vom inneren<br />
Schenkel her<br />
überfußen zu<br />
lassen. Dieses<br />
Überfußen muss<br />
auf beiden Händen<br />
gleichmäßig<br />
sicher erfolgen.<br />
Es ist dabei<br />
ent scheidend,<br />
dass der äußere<br />
Schenkel – in<br />
Verbindung mit<br />
dem äußeren<br />
Zügel (verwahrende<br />
Hilfen) –<br />
verhindert, dass<br />
sich die Hinterhand<br />
des Pferdes<br />
zu weit von der<br />
Zirkellinie entfernt. Es ist wichtig,<br />
dass in <strong>dieser</strong> Übung die Hinterhand<br />
möglichst dicht an der offenen Seite<br />
der Zirkellinie bleibt und dabei das<br />
innere Hinterbein über das äußere<br />
fußt. Der Reiter hat darauf zu achten,<br />
dass bei <strong>dieser</strong> Übung stets die Vorwärtstendenz<br />
erhalten bleibt und das<br />
Pferd deshalb mehr in Vorwärts, als in<br />
Seitwärts geritten <strong>wird</strong>.<br />
Festzuhalten ist: Je sicherer das<br />
Pferd den inneren Schenkel des Reiters<br />
akzeptiert, je besser <strong>wird</strong> es sich<br />
an das Gebiss herandehnen. Dieses<br />
Herandehnen muss ganz konsequent<br />
auf beiden Händen erarbeitet werden<br />
und sollte durch häufiges Zügelaus-der-Hand-kauen-lassen(mehrmals<br />
in einer Trainingseinheit) immer<br />
wieder überprüft werden.<br />
Zunächst erfolgt das Zügel-aus-der-<br />
Hand-kauen-lassen bis zum „langen<br />
Zügel“, später sogar bis zum Anfassen<br />
an der Schnalle. Je häufiger der<br />
Reiter dies praktiziert, desto wohler<br />
<strong>wird</strong> das Pferd sich fühlen und desto<br />
mehr Bereitschaft zeigen, sich im<br />
Hals zu dehnen. Diese Dehnung ist<br />
eine entscheidende Voraussetzung<br />
dafür, dass später spezielle Lektionen<br />
im A/L-Bereich erarbeitet werden<br />
können.<br />
Merksatz: Eine gute Halsdehnung<br />
<strong>wird</strong> vom Pferd als eine Art „Wellnesshaltung“<br />
empfunden. Deshalb<br />
<strong>wird</strong> sie von einem gut gerittenen<br />
Pferd immer wieder angestrebt.<br />
Erst wenn die Stute die Dehnungsbereitschaft<br />
zeigt, sollte die Reiterin<br />
mit dem gezielten Üben spezieller<br />
Lektionen der Klasse A/L beginnen.<br />
Das Üben bzw. Reiten von Lektionen,<br />
ohne eine gute Dehnungsbereitschaft<br />
sichergestellt zu haben, führt<br />
immer in eine Sackgasse; denn das<br />
Pferd <strong>wird</strong> die Lektionen nicht oder<br />
nur schwer erlernen. Sollte die Lektion<br />
dennoch vom Pferd „verstanden“<br />
sein, so <strong>wird</strong> sich diese nicht gut reiten<br />
lassen und <strong>wird</strong> nicht richtig ausgeführt,<br />
<strong>was</strong> auf Turnieren zu niedrigen<br />
Noten führt.<br />
Fazit: Pferde, die erst im fortgeschrittenen<br />
Alter reiterlich ausgebildet werden,<br />
müssen so geritten werden, als<br />
wären sie noch Remonten. Eine Ausbildung<br />
im Zeitraffer ist leider auch<br />
bei diesen Pferden nicht möglich!<br />
Foto: U. Helkenberg<br />
PM-Leserinnen und -Leser können<br />
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