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Sießegger, Thomas: PDL praxis 02/2008: Overheadkosten

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pdl-<strong>praxis</strong> <strong>02</strong>-<strong>2008</strong><br />

<strong>Overheadkosten</strong><br />

Was ist gerecht?<br />

Haben Sie das Gefühl, Sie zahlen zu viel?<br />

Bei ambulanter Pflege denkt jeder zunächst an die Kosten des<br />

Personals, was für die Pflege eingesetzt wird.<br />

Doch das Pflegepersonal muß geplant werden, es muß abgerechnet<br />

und verwaltet werden, es sollte eine Vertretung nach außen haben<br />

(z.B. für Verhandlungen), und die Löhne und Gehälter müssen auch<br />

von jemandem gebucht werden.<br />

Es entstehen also zusätzliche Kosten, außerhalb der Pflege. Und über<br />

diese Kosten besteht oft Uneinigkeit. Subjektiv werden sie meist als<br />

zu hoch angesehen.<br />

Ziel dieses Beitrages ist es, ein Gefühl zu vermitteln, was<br />

angemessen sein könnte, wie groß die Spanne sein kann, und wie<br />

wichtig es ist, mit diesen Kosten bewusst umzugehen.<br />

Oftmals werden die Kosten, welche nichts direkt mit der Pflege zu tun haben, als <strong>Overheadkosten</strong> bezeichnet. Oder als Regiekosten. Es gibt<br />

keinen gängigen einheitlich definierten Begriff hierfür.<br />

Manche bezeichnen Sie deshalb als „Wasserkopf“. Meist zu unrecht. Denn irgendwie müssen die administrativen Aufgaben bewältigt werden.<br />

Außerdem besteht durchaus das legitime Recht eines Betreibers oder Trägers eines ambulanten Pflegedienstes, über den Weg der <strong>Overheadkosten</strong><br />

„Betriebspolitik“ innerhalb seines Betriebes auszuüben.<br />

Bei privaten Pflegediensten ist es so, dass in diesem Teil der <strong>Overheadkosten</strong> auch die Renditen „versteckt“ sind. Das was bei<br />

Wohlfahrtsverbänden als Umlagen oder Verwaltungsgemeinkosten verbucht wird, ist bei privatwirtschaftlichen Unternehmen die Rendite. Sie<br />

steckt dann oft in Positionen wie „Geschäftsführungs-Gehältern“ oder<br />

Spart man z.B. an den eigentlichen administrativen Kosten, bleibt mehr an Rendite übrig.<br />

Zunächst einmal: Die <strong>Overheadkosten</strong> können nicht eindeutig den Personalkosten oder den Sachkosten zugewiesen werden. Denn wenn ein<br />

Pflegedienst Umlagen zu zahlen hat für seinen Träger, wird dies zwar in vielen Fällen als Sachkosten (unter dem Namen „Verwaltungsaufwand“<br />

oder „zentrale Dienstleistungen“) gebucht, doch wenn man es genau betrachtet sind es zum überwiegenden Teil Personalkosten. Es geht um die<br />

Aufgaben der Lohnbuchhaltung, der Finanzbuchhaltung, der Geschäftsführung, der Verwaltungskräfte, ... aber im weitesten Sinn auch um die<br />

Sachkosten, die im Pflegedienst selbst anfallen.<br />

Oder anders ausgedrückt: Alles was keine Pflege-Personalkosten sind, betrachten wir als <strong>Overheadkosten</strong>. Nur so können wir eine Vergleichbarkeit<br />

unter verschiedensten Pflegediensten herstellen.<br />

No. <strong>02</strong> <strong>2008</strong> pdl-<strong>praxis</strong> - Anteil <strong>Overheadkosten</strong> - Version <strong>02</strong> © 2007 – <strong>2008</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Sießegger</strong> Seite 1


Schön wäre es für Bewertungen, wenn es eine verbindliche rechtliche Vorgabe gäbe, dass alle Pflegedienste den gleichen Kontenrahmen und<br />

Kontenplan verwenden müssten und wenn es eine einheitliche Definition der Begriffe gäbe. Das wäre sicher transparent. Selbst die auslaufende<br />

Pflege-Buchführungs-Verordnung ließ da sehr viel Spielraum. Allerdings wäre bei einer solch strikten Vorgabe die unternehmerische Freiheit<br />

massiv eingeschränkt. Oft ist zu aber viel innerbetriebliche Transparenz eher schädlich. Die Diskussion von zu hohen <strong>Overheadkosten</strong> lenkt oftmals<br />

ab von Defiziten in der eigenen Organisation.<br />

Übersicht über unterschiedliche realitätsnahe Overheadanteile<br />

Overhead<br />

Kostenstruktur von verschiedenen ambulanten Pflegediensten<br />

Pflegedienst A Pflegedienst B Pflegedienst C Pflegedienst D<br />

absolut in % absolut in % absolut in % absolut in % absolut in %<br />

Personalkosten<br />

Pflege-Personalkosten 605.000 € 69,4% 5<strong>02</strong>.000 € 74,3% 573.500 € 65,2% 863.500 € 67,0% 636.000 € 68,5%<br />

Personalkosten Pflegedienstleitung 77.500 € 8,9% 46.000 € 6,8% 62.500 € 7,1% 72.000 € 5,6% 64.500 € 6,9%<br />

sonstige Overhead-Personalkosten<br />

Sachkosten<br />

39.000 € 4,5% 11.000 € 1,6% 31.000 € 3,5% 0 € 0,0% 20.250 € 2,2%<br />

Verwaltungsgemeinkosten 14.000 € 1,6% 25.000 € 3,7% 52.000 € 5,9% 111.000 € 8,6% 50.500 € 5,4%<br />

"restliche" Sachkosten 136.500 € 15,7% 92.000 € 13,6% 161.000 € 18,3% 242.000 € 18,8% 157.875 € 17,0%<br />

Gesamtkosten 872.000 € 100% 676.000 € 100% 880.000 € 100% 1.288.500 € 100% 929.125 € 100%<br />

Overhead-Kosten-Anteil<br />

"im engeren Sinn"<br />

Overhead-Kosten-Anteil (alles "außerhalb"<br />

der Pflege-Personalkosten)<br />

15,0% 12,1% 16,5%<br />

Mittelwert<br />

14,2% 14,6%<br />

30,6% 25,7% 34,8% 33,0% 31,5%<br />

Diese Zahlen sind aus der Praxis, aber aus Gründen der Anonymität minimal verändert und angepasst. Es handelt sich um 3 Pflegedienste von<br />

Wohlfahrtsverbänden und einen kommunalen Träger. Somit sind diese Auswertungen natürlich nicht repräsentativ. Etwas problematisch wäre es,<br />

in dieser Übersicht private Pflegedienste einzubeziehen, da der Gewinn nur schwer zuzuordnen wäre.<br />

Der Aufbau dieser Kostenstruktur entspricht nicht dem üblichen Aufbau einer Gewinn- und Verlustrechnung, die <strong>Overheadkosten</strong> stehen hier in der<br />

Mitte. Alle aufgezeigten Kostenbestandteile sind sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen berechnet.<br />

Der Autor verfügt über wesentlich mehr Daten, aber es ist selbst für ihn schwierig, diese Daten sinnvollerweise miteinander zu vergleichen.<br />

Alles ist auch eine Frage der Zuordnung.<br />

No. <strong>02</strong> <strong>2008</strong> pdl-<strong>praxis</strong> - Anteil <strong>Overheadkosten</strong> - Version <strong>02</strong> © 2007 – <strong>2008</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Sießegger</strong> Seite 2


Checkliste <strong>Overheadkosten</strong><br />

1. Zu den <strong>Overheadkosten</strong> (OK) im engeren Sinn gehören die<br />

Kosten für Geschäftsführung, Pflegedienstleitung,<br />

Verwaltungskräfte, Lohnbuchhaltung, Finanzbuchhaltung,<br />

allgemeine Verwaltung.<br />

2. Bei den OK im weiteren Sinn kommen noch die Sachkosten<br />

hinzu, auch die Sachkosten im Pflegedienst selbst.<br />

3. OK müssen über die Preise (Leitungsentgelte) mit verdient<br />

werden.<br />

4. Über die OK kommt es oft zum Streit, denn sie werden meist<br />

als zu hoch empfunden. Eigentlich sollte ein Vergleich<br />

angestellt werden, was diese internen Leistungen kosten<br />

würden, wenn man sie durch externe erbringen lassen würde.<br />

5. OK sind teilweise ein legitimes Mittel der Betriebspolitik, um<br />

zwischen unterschiedlich finanzierten Kostenstellen innerhalb<br />

eines Verbandes regulieren zu können.<br />

6. Zu viel Transparenz bei OK kann schaden und v.a. intern zu<br />

unnötigen Diskussionen führen.<br />

7. Zuschläge aus OK sind keine Frage der Wirtschaftlichkeit<br />

sondern der Verhältnismäßigkeit oder der Gerechtigkeit.<br />

8. Zuschlagsätze im Rahmen einer internen Kalkulation sind<br />

immer gleich, gleichgültig welche Qualifikation berechnet<br />

wird.<br />

9. Im Rahmen einer differenzierten Kostenrechnung können die<br />

Zuschläge für OK zu den jeweiligen Stundensätzen der<br />

Qualifikationen 10 – 15 EUR betragen.<br />

- Ex. Pflegefachkräfte: 30,- €/Std. + 12,50 €/Std. = 42,50 €/Std.<br />

- Helferinnen: 17,- €/Std. + 12,50 €/Std. = 29,50 €/Std.<br />

- angelernte Mitarbeiter: 10,- €/Std. + 12,50 €/Std. = 22,50 €/Std.<br />

10. OK können sogar höher sein als die eigentlichen<br />

Stundenkosten. Besonders deutlich wird das bei<br />

„Ehrenamtlichen Mitarbeitern“ (mit geringer<br />

Aufwandsentschädigung), die auch organisiert werden müssen:<br />

- Ehrenamtliche: 2,- €/Std. + 12,50 €/Std. = 14,50 €/Std.<br />

Fazit<br />

Abschließend muß ich die anfangs gestellte Frage leider ziemlich unkonkret beantworten.<br />

„Üblich“ sind Kostenanteile – neben den Pflege-Personalkosten – in Höhe von 30% +/-5%. Ob das „gerecht“ ist wird eine Frage bleiben.<br />

Wichtig ist, dass Sie sich als <strong>PDL</strong> mit den gegebenen Forderungen Ihres Trägers abfinden, und unter diesen Umständen arbeiten, und versuchen,<br />

die restlichen 70% (nämlich die Pflege-Personalkosten) zu optimieren, oder ggf. gegenüber Ihrem Träger auf andere Pflegedienste verweisen.<br />

Leider ist es so, dass bei einer Analyse eines Pflegedienstes fast nie die Effizienz der Lohnbuchhaltung und der Finanzbuchhaltung auf dem<br />

Prüfstand steht.<br />

<strong>PDL</strong><strong>praxis</strong>-Tipp:<br />

Versuchen Sie den Wert in den<br />

<strong>Overheadkosten</strong> zu sehen: Vergleichen Sie<br />

Ihre dafür aufgewendeten Kosten mit den<br />

Kosten externer Dienstleister. Achten Sie<br />

aber bitte auch auf Qualität,<br />

Vertraulichkeit und Zeitnähe.<br />

BWL-Lexikon:<br />

Gemeinkostenwertanalyse<br />

Bei der Gemeinkostenwertanalyse handelt<br />

es sich um systematische Verfahren zur<br />

Kostensenkung im Gemeinkostenbereich.<br />

Kosten und Nutzen der Leistungen (z.B.<br />

der Finanzbuchhaltung oder der<br />

Lohnbuchhaltung) werden untersucht oder<br />

mit externen Leistungen verglichen, um<br />

Möglichkeiten zum Abbau nicht<br />

notwendiger Leistungen oder zur<br />

rationelleren Erbringung zu finden.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Sießegger</strong><br />

Dipl. Kfm., Organisationsberater und<br />

Sachverständiger für ambulante<br />

Pflegedienste<br />

Internet: www.siessegger.de<br />

Email: pdl-<strong>praxis</strong>@siessegger.de<br />

No. <strong>02</strong> <strong>2008</strong> pdl-<strong>praxis</strong> - Anteil <strong>Overheadkosten</strong> - Version <strong>02</strong> © 2007 – <strong>2008</strong> <strong>Thomas</strong> <strong>Sießegger</strong> Seite 3

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