1-24 - Diemelbote
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Ein Interview zum Tag des Friedhofs<br />
Der Tag des Friedhofs wird<br />
seit dem Jahr 2001 immer<br />
am dritten Septemberwochenende<br />
begangen. Lüder<br />
Nobbmann ist Vorsitzender<br />
des Bundes deutscher<br />
Friedhofsgärtner<br />
(BdF) im Zentralverband<br />
Gartenbau e.V. (ZVG) mit<br />
Sitz in Berlin und Bonn. Er<br />
ist Inhaber einer Gärtnerei<br />
in Hüttenberg-Rechtenbach<br />
in der Nähe von<br />
Wetzlar und Gießen. Er<br />
beantwortete Fragen zum<br />
diesjährigen Motto des Tages<br />
des Friedhofs.<br />
Das Thema »Formen,<br />
Farben, Vielfalt - Es lebe<br />
der Friedhof!« ist ein eher<br />
ungewöhnlicher Titel für<br />
Veranstaltungen, die auf<br />
dem Friedhof stattfinden?!<br />
Ja, das ist richtig. Es<br />
wird ein Widerspruch hergestellt<br />
zwischen dem<br />
gängigen Bild eines Friedhofs,<br />
das viele Menschen<br />
im Kopf haben und den<br />
aktuellen Entwicklungen.<br />
Auf Friedhöfen findet nämlich<br />
ein sehr facettenreiches<br />
Leben statt.<br />
Auf dem Friedhof sind<br />
doch nur die Toten?<br />
Gerade so ist es eben<br />
nicht. Der Friedhof ist<br />
natürlich in erster Linie der<br />
Ort, an dem wir unsere<br />
Verstorbenen bestatten.<br />
Sie bekommen damit einen<br />
letzten Ort der Ruhe.<br />
Aber der Friedhof ist ebenso<br />
ein Ort der Lebenden.<br />
Denn die Hinterbliebenen<br />
sind es, die diesen Ort<br />
brauchen und nutzen, um<br />
ihre Trauer zu verarbeiten.<br />
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Da gibt es doch heute<br />
ganz andere Möglichkeiten,<br />
z.B. den Bestattungswald<br />
oder sogar<br />
Forderungen, die Urne<br />
zu Hause aufzubewahren.<br />
Diese Alternativen sind<br />
sehr kurzsichtig, denn sie<br />
Lüder Nobbmann, Vorsitzender Bund deutscher<br />
Friedhofsgärtner. Quelle: BdF, Bonn<br />
berücksichtigen nicht,<br />
dass die Hinterbliebenen<br />
mit dem Tod ihrer Lieben<br />
weiterleben müssen. Und<br />
das heißt, sie sollten auch<br />
räumlich den letzten Ruheort<br />
ihres Verstorbenen von<br />
ihrem »neuen« Leben trennen<br />
- sonst werden sie nie<br />
die Balance für ihr weiteres<br />
Leben finden. Habe ich<br />
ständig die Urne meines<br />
Verstorbenen bei mir im<br />
Wohnzimmerschrank oder<br />
trage sogar einen<br />
Diamantring aus der<br />
Asche des Verstorbenen<br />
an meinem Finger, wird der<br />
Hinterbliebene diese Trennung<br />
nicht schaffen. Es<br />
muss Orte der Besinnung<br />
und Orte des Weiterlebens<br />
geben. Und die Bestattungswälder<br />
haben einen<br />
anderen entscheidenden<br />
Nachteil: Hier dürfen die<br />
Hinterbliebenen nicht das<br />
tun, was sie in ihrer Trauer<br />
gerne tun möchten, wie<br />
beispielsweise Blumen<br />
und kleine Geschenke mitbringen,<br />
am Grab arbeiten,<br />
einfach etwas für den Verstorbenen<br />
tun. All das ist<br />
nicht erlaubt. Hinzu<br />
kommt, dass die Bestattungswälder<br />
vor allem für<br />
ältere Menschen sehr<br />
schlecht zu erreichen sind<br />
und auch auf dem Gelände<br />
das Laufen äußerst beschwerlich<br />
ist. Viele ältere<br />
Menschen würden ja auch<br />
sonst nicht auf die Idee<br />
kommen, eine längere<br />
Waldwanderung bei Wind<br />
und Wetter zu unternehmen.<br />
Wenn sie aber das<br />
Bedürfnis haben, ihre Verstorbenen<br />
zu besuchen,<br />
dann müssen sie diese<br />
Unannehmlichkeiten in<br />
Kauf nehmen.<br />
»Es lebe der Friedhof!«<br />
kann schnell missverstanden<br />
werden.<br />
Der Titel, der auch<br />
gleichzeitig ein Aufruf ist,<br />
stammt aus unserer aktuellen<br />
Kampagne, die dieses<br />
Motto trägt. Wir wollen<br />
damit eine gesamtgesellschaftlicheAuseinandersetzung<br />
in Gang setzen.<br />
Wir sind uns bewusst,<br />
dass wir so auch eine kritische<br />
Diskussion eröffnen.<br />
Aber das schreckt uns<br />
nicht ab, denn wir müssen<br />
auch über den Tod und die<br />
Friedhöfe öffentlich sprechen.<br />
Die Friedhöfe und<br />
das individuelle Grab erfüllen<br />
wichtige Aufgaben in<br />
der Trauerarbeit. Viele<br />
Menschen machen sich<br />
dies im Alltag gar nicht<br />
mehr bewusst. Und das<br />
wollen wir ändern. Erst die<br />
Reflektion dieser Themen<br />
kann zu einer verantwortungsvollen<br />
Entscheidung<br />
im Ernstfall führen.