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200 Jahre Ansiedlung der Deutschen im Schwarzmeergebiet

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<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Ansiedlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>im</strong> <strong>Schwarzmeergebiet</strong><br />

Evangelisch-Lutherische Kirche in Petrodolinskoje (Peterstal), Gebiet Odessa (Aufnahme<br />

von 1998).<br />

Kolonisten-Hof in Nowogradowka (Neuburg), Gebiet Odessa (Aufnahme von 1998).<br />

(Kronau-Orloff) und Weselinowo (Landau) überzeugen und<br />

darüber <strong>der</strong> Bundesregierung berichten. Die Einladung des<br />

ukrainischen Präsidenten kam daher für Bonn nicht überraschend.<br />

Die Umsiedlung sollte schnell vonstatten gehen, denn <strong>der</strong><br />

Vertreibungsdruck infolge des Aufbaus von Nationalstaaten<br />

in Kasachstan und Mittelasien, begleitet von Islamisierung<br />

und wirtschaftlichem Nie<strong>der</strong>gang, war stark. Im Mai 1992<br />

wurde deshalb vereinbart, den Umsiedlern Wohncontainer<br />

als provisorischen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die<br />

ukrainische Seite hatte sich für <strong>der</strong>en Aufstellung sowie für<br />

die Versorgung <strong>der</strong> Umsiedler mit Arbeit verpflichtet. Auf<br />

ukrainischer Seite wurde mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> geplanten<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> Ukrainisch-Deutsche Fond betraut.<br />

Bis zum Sommer 1993 zogen ca. <strong>200</strong> Familien in das Gebiet<br />

Odessa, die meisten davon aus Kasachstan (93 %). Der weit<br />

überwiegende Teil <strong>der</strong> älteren Generation (74 %) stammte<br />

nicht aus <strong>der</strong> Ukraine, und die mittlere und jüngere Generation<br />

sah die Ukraine zum ersten Mal. Nur 13 % dieser Um-<br />

16<br />

siedler nannten den Wunsch, in die<br />

He<strong>im</strong>at ihrer Vorfahren zurückzukehren,<br />

als Beweggrund ihrer Umsiedlung<br />

in das Gebiet Odessa.<br />

Der wirtschaftliche Nie<strong>der</strong>gang, eine<br />

rasante Inflation, oft auch übermäßige<br />

Bürokratie führten dazu, dass die Anzahl<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Ukraine aufgenommenen<br />

Umsiedler stark beschränkt wurde.<br />

Umsiedler bekamen die in Aussicht gestellte<br />

ukrainische Staatsangehörigkeit<br />

nicht, konnten somit keinen Grund und<br />

Boden privatisieren und waren von einigen<br />

staatlichen Unterstützungsmaßnahmen<br />

ausgeschlossen. Das erzeugte<br />

Unruhe, bei vielen auch den Wunsch,<br />

nach Deutschland auszuwan<strong>der</strong>n, obwohl<br />

sie das ursprünglich nicht vorhatten.<br />

Am 1. Januar <strong>200</strong>0 hielten sich, offiziellen<br />

Angaben zufolge, in <strong>der</strong> Ukraine<br />

1.207 deutsche Umsiedler auf, davon<br />

<strong>im</strong> Gebiet Odessa 661, <strong>im</strong> Gebiet Cherson<br />

195, <strong>im</strong> Gebiet Nikolajew 68 und<br />

<strong>im</strong> Gebiet Saporoshje 199. Sie trafen<br />

noch da und dort auf alteingesessene<br />

Deutsche, die zum größten Teil ass<strong>im</strong>iliert<br />

waren.<br />

Resümee<br />

<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> nach <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> ersten<br />

Kolonisten in Odessa können wir festhalten,<br />

dass sie sich in <strong>der</strong> neuen Umgebung<br />

nach anfänglichen Schwierigkeiten<br />

zurechtfanden. Das <strong>Schwarzmeergebiet</strong><br />

wurde ihre He<strong>im</strong>at, die sie<br />

zusammen mit ihren Mitbürgern gegen<br />

äußere Feinde verteidigten und <strong>der</strong> sie<br />

durch den Fleiß ihrer Hände zu Wohlstand<br />

verhalfen.<br />

Sie waren sicher kein “Staat <strong>im</strong> Staate”,<br />

schon gar nicht eine Bedrohung, keine “fünfte Kolonne”.<br />

Die angebliche Selbstisolation war das Festhalten an ihrer<br />

Kultur und ihrem Glauben. Das hin<strong>der</strong>te sie aber nicht<br />

daran, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen und nach Wegen in<br />

die Zukunft zu suchen.<br />

Im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t mussten die Schwarzmeerdeutschen dem<br />

Druck <strong>der</strong> Diktaturen weichen. Die meisten von ihnen konnten<br />

schon <strong>im</strong> Zuge <strong>der</strong> Familienzusammenführung nach<br />

Deutschland ausreisen bzw. ihre Ausreiseanträge stellen.<br />

Viele von ihnen sind <strong>im</strong> wahrsten Sinne des Wortes in ihre<br />

historische He<strong>im</strong>at, nach Baden, nach Württemberg, in die<br />

Pfalz o<strong>der</strong> nach Hessen zurückgekehrt.<br />

Im <strong>Schwarzmeergebiet</strong> leben heute wenige tausend alteingesessene<br />

Deutsche und knapp über 1.000 Zuwan<strong>der</strong>er aus an<strong>der</strong>en<br />

Republiken, mit an<strong>der</strong>en historischen und kulturellen<br />

Wurzeln. Ob sie sich zusammenfinden und eine beständige<br />

Siedlungsgruppe werden bilden können, muss die Zukunft<br />

zeigen. Wir jedenfalls wollen, bei aller Weltoffenheit, unser<br />

Kulturerbe weiterhin bewahren.

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