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200 Jahre Ansiedlung der Deutschen im Schwarzmeergebiet

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<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Ansiedlung</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>im</strong> <strong>Schwarzmeergebiet</strong><br />

Namensliste <strong>der</strong> Kolonisten, die am 24. August 1803 mit dem<br />

ersten Transport aus Ulm in Dubosary ankamen.<br />

nung nicht mehr. Das Gesangbuch wurde bereits 1791 geän<strong>der</strong>t<br />

und enthielt nur mehr 29 Lie<strong>der</strong> in gewohnter alter Fassung.<br />

Die Unruhe in den Gemeinden war so groß, dass 1800<br />

sogar Militär zur Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Ordnung einschreiten<br />

musste. Die Erregung darüber war noch nicht abgeklungen,<br />

da wurde 1809 die Liturgie geän<strong>der</strong>t. Viele suchten für<br />

sich nach Rettung und glaubten ihr Heil fern <strong>der</strong> He<strong>im</strong>at, in<br />

Neurussland finden zu können.<br />

Der erste Transport brauchte von Galaz bis zur russischen<br />

Grenzstadt Dubosary zehn Tage. Auf dieser Strecke verstarben<br />

sechs Personen. Viele <strong>der</strong> Ankömmlinge, die am 24.<br />

August 1803 Dubosary erreichten, waren krank. Der zweite<br />

Transport mit 94 Personen kam am 28. August an. Bis zum<br />

<strong>Jahre</strong>sende kamen insgesamt neun von zehn Transporten an.<br />

Der französische Offizier Franz Ziegler hatte dafür insgesamt<br />

325 Männer und 245 Frauen mit 571 Kin<strong>der</strong>n angeworben.<br />

Die Überfahrt von Ulm bis Galatz auf <strong>der</strong> Donau und<br />

von dort auf dem Landweg weiter nach Dubosary dauerte<br />

zwischen 82 und 88 Tagen.<br />

91 Personen des ersten Transports konnten die Quarantäne<br />

am 4. September verlassen. 61 von ihnen wurden nach<br />

Odessa weiter geleitet, die restlichen 30 blieben vorerst in<br />

Dubosary.<br />

Am 5. Oktober wurde Samuel Kontenius, <strong>der</strong> Oberrichter<br />

des Neurussischen Fürsorgekontors für ausländische Ansiedler<br />

war, die Leitung <strong>der</strong> Kolonisation anvertraut. Am 17. Oktober<br />

unterzeichnete Zar Alexan<strong>der</strong> I. eine Verfügung über<br />

4<br />

den Ankauf von Land in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Stadt Odessa, auf dem<br />

Bauernkolonien angelegt werden sollten. Diesen Tag kann<br />

man als Gründungstag <strong>der</strong> Kolonien bei Odessa betrachten,<br />

doch noch war kein Spatenstich getan. Ende November nahmen<br />

Abgesandte von sechs bereits in Odessa angekommenen<br />

Transporten das Land in Augenschein.<br />

Den ersten Winter verlebten die Kolonisten in bereitgestellten<br />

Kasernen. Herzog Richelieu, Samuel Kontenius und ihre<br />

Mitarbeiter bemühten sich währenddessen, ausreichende<br />

Flächen geeigneten Landes ausfindig zu machen und für die<br />

Anlage von Kolonien zu bekommen. Dies gelang <strong>im</strong> Frühjahr<br />

und Sommer 1804, so dass an Stelle <strong>der</strong> früheren Bauerndörfer<br />

Akarscha und Jewstafiewka die ersten Kolonien<br />

Groß-Liebental und Klein-Liebental gegründet werden<br />

konnten. Etwas später entstanden in ihrer Nähe Neuburg, Peterstal<br />

und Josefstal. Im nächsten Jahr kamen die Kolonien<br />

Alexan<strong>der</strong>hilf, Franzfeld, Mariental und Lustdorf, das bei<br />

<strong>der</strong> Gründung Kaiserhe<strong>im</strong> hieß, und 1806 Freudental dazu.<br />

Richelieu nannte diese Kolonien in einem Brief an Kontenius<br />

“unser kleines Fürstentum”.<br />

Im Sommer 1808 machten sich Handwerker und Bauern aus<br />

Baden und dem Elsass auf den Weg nach Odessa. Die russische<br />

Regierung hatte die Obergrenze für Einwan<strong>der</strong>er auf<br />

<strong>200</strong> Familien pro Jahr gesenkt, um die Ankömmlinge aufnehmen<br />

und ansiedeln zu können. Vor Ort bemühte man<br />

sich, Land für die <strong>Ansiedlung</strong> vor <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> Kolonisten<br />

zu besorgen.<br />

Die Kolonistenbezirke Glückstal und Kutschurgan entstanden<br />

fast gleichzeitig. Im Juli 1808 wurde Land für die Kolonien<br />

Neudorf, Bergdorf und Glückstal zur Verfügung gestellt.<br />

Da weitere Kolonisten unterwegs waren, in <strong>der</strong> Nähe<br />

von Odessa aber kein Land schnell genug beschafft werden<br />

konnte, entschloss sich Richelieu, Land am Kutschurganer<br />

L<strong>im</strong>an zu kaufen. 1808 konnten darauf die Kolonien Kandel,<br />

Selz und Straßburg gegründet werden.<br />

Richelieu<br />

Armand-Emmanuel-Sophie-Sept<strong>im</strong>anie<br />

du Plessis duc de Richelieu (1766-<br />

1822) aus einer alten und vornehmen<br />

französischen Adelsfamilie (seit 1791<br />

Herzog) trat 1803 in russische Dienste<br />

über und wurde Statthalter von Odessa.<br />

Zwei <strong>Jahre</strong> später wurde er Generalgouverneur<br />

von Neurussland und kümmerte<br />

sich um alle Belange einer Region,<br />

die sich vom Dnjestr bis zum Kuban erstreckte. Bekannt<br />

sind sein kriegerischer Einsatz und <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong><br />

Häfen und Festungen Cherson, Kinburn, Sewastopol und<br />

Odessa. Wenig bekannt ist dagegen, das Richelieu ab Februar<br />

1804 und bis zu seiner Abreise nach Frankreich 1814<br />

die Oberaufsicht über die ausländische Kolonisation Neurusslands<br />

inne hatte.<br />

Richelieu und Kontenius kümmerten sich gemeinsam, je<strong>der</strong><br />

<strong>im</strong> Rahmen seiner Zuständigkeit, um die Kolonisten.<br />

Diese Verbindung bestand auch dann fort, als Richelieu<br />

1814 Ministerpräsident Frankreichs wurde. Überliefert<br />

sind über 90 private Briefe Richelieus an Kontenius, in denen<br />

viele Fragen <strong>der</strong> Kolonisation bis ins Detail erörtert<br />

wurden.

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