Afrikaner in Hamburg - Museum für Völkerkunde
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Heimat und Fremde als Interviewthemen<br />
Journalistik-Studierende sprechen mit <strong>in</strong> der Hansestadt lebenden <strong>Afrikaner</strong>n<br />
über Heimat, Heimweh und <strong>Hamburg</strong> Swenja Kopp<br />
Heimweh ist die Sehnsucht <strong>in</strong> der Fremde, wieder daheim zu se<strong>in</strong>. Für die mehr als 30.000 <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> lebenden<br />
<strong>Afrikaner</strong><strong>in</strong>nen und <strong>Afrikaner</strong> ist die Hansestadt ihr Wohnort – aber ist es auch ihre Heimat? In welchen Situationen<br />
verspüren sie Heimweh und welche Strategien helfen gegen die Sehnsucht? Diese und weitere Fragen stellten<br />
Studierende des Master-Studiengangs Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität <strong>Hamburg</strong> zum<br />
Beispiel e<strong>in</strong>er Sänger<strong>in</strong> aus Südafrika, e<strong>in</strong>em Food Manager aus Gu<strong>in</strong>ea, e<strong>in</strong>em Ingenieur aus dem Senegal und<br />
e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derbuchautor<strong>in</strong> aus Uganda. Die Interviews entstanden exklusiv <strong>für</strong> das Projekt „<strong>Afrikaner</strong> <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong>. E<strong>in</strong>e<br />
Begegnung mit kultureller Vielfalt“ im Rahmen e<strong>in</strong>es Interview-Sem<strong>in</strong>ars an der Universität <strong>Hamburg</strong>. Ausschnitte aus<br />
den Gesprächen s<strong>in</strong>d im Folgenden zusammengefasst. Die Aussagen der <strong>Afrikaner</strong><strong>in</strong>nen und <strong>Afrikaner</strong> zeigen, dass<br />
Heimat ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>dimensionales Konzept ist und dass Heimweh sehr unterschiedlich empfunden werden kann.<br />
Heimat<br />
Für Ingenieur Adama Diène aus dem Senegal ist Heimat „das Land <strong>in</strong> dem du geboren bist, mit all se<strong>in</strong>en Sitten,<br />
der Sprache und wo du erwachsen geworden bist.“ Die Ugander<strong>in</strong> Luisa Natiwi, die <strong>in</strong> Deutschland erfolgreich K<strong>in</strong>der-<br />
und Märchenbücher schreibt, kommt aus e<strong>in</strong>er Nomadenfamilie und hat e<strong>in</strong> anderes Verständnis von Heimat:<br />
„Wir Nomaden s<strong>in</strong>d überall zuhause. Da, wo wir mit unseren Tieren h<strong>in</strong>ziehen und Wasser, grünes Gras und Früchte<br />
f<strong>in</strong>den, da wird e<strong>in</strong> Zelt hergerichtet. Und wir fühlen uns genauso gut wie an jedem anderen Ort.“ Auch <strong>für</strong> den Senegalesen<br />
Jospeh Mané, der als Platzwart bei der Großflottbeker Spielvere<strong>in</strong>igung arbeitet, ist Heimat nicht an e<strong>in</strong>en<br />
Ort gebunden: „Heimat ist <strong>für</strong> mich, da, wo der Mensch sich wohl fühlt. Da, wo er sich richtig denkt.“ Wer lange <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em fremden Land lebt, kennt das Gefühl, zwei Heimaten zu haben. Dies beschreibt auch die Senegales<strong>in</strong> Djeynaba<br />
Siby im Interview. Sie sagt: „Ich habe zwei Heimaten: Deutschland und Senegal. Me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d Deutsche, aber<br />
ich werde immer Senegales<strong>in</strong> bleiben. Das wissen me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der auch.“ Ähnlich empf<strong>in</strong>det es auch Luisa Natiwi. Sie<br />
berichtet über ihre Reise <strong>in</strong> ihr Heimatland Uganda: „Als ich morgens aufwachte, war ich noch voller Uganda Euphorie.<br />
Und nach e<strong>in</strong>er Woche hatte ich Heimweh nach <strong>Hamburg</strong>. Das ist nach e<strong>in</strong>iger Zeit verfallen, aber nach sechs<br />
Wochen wollte ich wirklich wieder zurück. Und jetzt wo ich hier b<strong>in</strong>, juckt es mich wieder und ich muss wieder nach<br />
Uganda. Das heißt, ich habe jetzt zwei Heimaten, von denen ich ke<strong>in</strong>e missen möchte.“<br />
Staatsbürgerschaft<br />
Neben der emotionalen Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>em Land gibt es die formale, die Staatsbürgerschaft. Da <strong>in</strong> Deutschland<br />
doppelte Staatsbürgerschaften nicht erlaubt s<strong>in</strong>d, müssen viele <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> lebenden <strong>Afrikaner</strong><strong>in</strong>nern und <strong>Afrikaner</strong><br />
e<strong>in</strong>e schwierige Entscheidung treffen. Djeynaba Siby hat sich entschieden, ihren senegalesischen Pass zu behalten:<br />
„Ich würde gerne beide Staatsangehörigkeiten haben, aber das geht nicht. Dann habe ich lieber auf den deutschen<br />
Pass verzichtet.“ Gu<strong>in</strong>eer Kalidou Barry dagegen hat mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft. Für die Reise <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong> Heimatland braucht der Fast Food Manager seitdem e<strong>in</strong> Visum. Barry sagt: „Das ist irgendwie komisch, aber<br />
es ist so: Ich habe e<strong>in</strong>e Entscheidung getroffen. E<strong>in</strong>e Entscheidung, die ich gerne vertrete und die ich nicht bereue,<br />
deswegen lebe ich mit den Konsequenzen.“<br />
Lebo Masemola | Foto: Sab<strong>in</strong>a Remus<br />
Kalidou Barry | Foto: Stefanie Michels<br />
Djeynaba Siby | Foto: Julia Wehmeier<br />
Joe Mané | Foto: Torben Weiß<br />
Luisa Natiwi | Foto: Kim Schwarz<br />
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