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Interkulturelle Hürden erkennen und überwinden - JP|KOM GmbH

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Internationale Kommunikation<br />

<strong>Interkulturelle</strong> <strong>Hürden</strong> <strong>erkennen</strong> <strong>und</strong> <strong>überwinden</strong><br />

Von Jörg Pfannenberg <strong>und</strong> Dr. Markus Müller, JP│KOM<br />

Seite 1<br />

Wer in internationalen Teams Kommunikation koordiniert <strong>und</strong> steuert merkt schnell: Das<br />

Standardrepertoire des Kommunikationsmanagers reicht hier nicht aus. Schnell kommt es zu<br />

Missverständnissen <strong>und</strong> Fehlsteuerung, Ineffektivität <strong>und</strong> Frustration sind dann die Folge. Das fängt<br />

schon bei Telefonaten <strong>und</strong> Meetings an <strong>und</strong> hört bei den unterschiedlichen Erwartungshaltungen an<br />

die Unternehmen <strong>und</strong> die anders strukturierten Medienlandschaften <strong>und</strong> Issues in anderen Ländern<br />

noch lange nicht auf.<br />

Kommunikation im internationalen Kontext muss eine hohe organisatorische<br />

Komplexität <strong>und</strong> gleichzeitig kulturelle Diversität bewältigen (vgl. Abbildung<br />

Multidimensionales Internationales Kommunikationsmanagement): Menschen mit<br />

andersartigen kulturellen Voraussetzungen <strong>und</strong> Interessenlagen müssen in das<br />

Unternehmen integriert werden.<br />

Die Unterschiede in der Wahrnehmung von Menschen in verschiedenen<br />

Kulturkreisen <strong>und</strong> die resultierenden Unterschiede im Verhalten einschließlich des<br />

Kommunikationsverhaltens sind der Ausgangspunkt der Analyse. Hieraus lassen<br />

sich teilweise die unterschiedlichen Schwerpunkte in der öffentlichen<br />

Kommunikation (Themen <strong>und</strong> Issues) r<strong>und</strong> um das Unternehmen in verschiedenen<br />

Ländern erklären. Auch die unterschiedlichen Ausprägungen der Mediensysteme<br />

werden so verständlich.<br />

Dieser Text folgt einem<br />

Beitrag aus dem Buch<br />

„Veränderungskommunikation“<br />

von Jörg<br />

Pfannenberg (Hg.). Im Juni<br />

erscheint die 2., vollständig<br />

überarbeitete Auflage im<br />

F.A.Z.-Verlag.<br />

Die neue Auflage enthält<br />

neben Darstellungen der<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Instrumente<br />

der Veränderungskommunikation<br />

sieben Fallstudien u.<br />

a. von BASF, Deutsche Post,<br />

Evonik, IBM <strong>und</strong> Eplus.


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Multidimensionales Internationales Kommunikationsmanagement<br />

Seite 2<br />

Wahrnehmung, Verhalten, Kommunikation. Die Analyse der Landes- <strong>und</strong> Unternehmenskulturen kann<br />

auf die kulturvergleichenden Theorien von Hofstede, Trompenaars/Hampden-Turner <strong>und</strong> Hall/Hall<br />

zurückgreifen: Trompenaars <strong>und</strong> Hampden-Turner unterscheiden zwischen Kulturen mit sequenzieller oder<br />

synchroner Wahrnehmung der Zeit (vgl. 1997: 123ff.). Danach werden Ereignisse entweder als getrennt<br />

nacheinander ablaufend gesehen oder die Gegenwart wird in enger Beziehung zu Erfahrungen<br />

(Vergangenheit) <strong>und</strong> Erwartungen (Zukunft) wahrgenommen. Nach Geert Hofstede unterscheidet sich das<br />

Verhalten von Angehörigen verschiedener Kulturen in den Dimensionen Machtdistanz,<br />

Unsicherheitsvermeidung, Individualismus/Kollektivismus <strong>und</strong> Maskulinität/Femininität (Hofstede 1980: 11).<br />

Die Dimension Machtdistanz erfasst dabei, inwieweit Mitglieder einer Gesellschaft erwarten <strong>und</strong><br />

akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist. Im Unternehmenskontext bezeichnet die Machtdistanz das<br />

Maß an Machtungleichheit zwischen hierarchischen Ebenen, das Angehörige der jeweiligen Ebenen als<br />

angemessen empfinden (ebd: 92). Unsicherheitsvermeidung beschreibt, wie sehr sich Menschen durch<br />

unsichere Situationen bedroht fühlen <strong>und</strong> diese Bedrohung durch das Aufstellen von Regeln zu eliminieren<br />

versuchen (ebd: 154). Individualismus/Kollektivismus bezeichnet das Ausmaß, in dem entweder<br />

Eigeninitiative <strong>und</strong> Selbstversorgung oder Fürsorge der Gemeinschaft betont werden (ebd: 214f.).<br />

Maskulinität/Femininität bezeichnet die Dominanz leistungsbezogener, materieller oder sozialer Werte in der


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Gesellschaft (ebd: 262f.). Edward <strong>und</strong> Mildred Reed Hall unterscheiden das Kommunikationsverhalten in<br />

High-Context- <strong>und</strong> Low-Context-Kulturen. Damit wird das Maß des impliziten Vorwissens bezeichnet, das in<br />

der Kommunikation in verschiedenen Kulturen vorausgesetzt wird (Hall/Hall 1990: 6ff.). In High-Context-<br />

Kulturen wie China werden Erwartungshaltungen nur indirekt geäußert oder aus dem Verhalten der<br />

Personen erkannt, während sie in Low-Context-Kulturen wie Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz explizit formuliert<br />

werden.<br />

Diese Kulturdimensionen ermöglichen zunächst die Analyse des Verhaltens von Menschen, wirken sich<br />

aber auch unmittelbar auf die Kommunikation von Unternehmen aus:<br />

Anbindung der Kommunikation in Unternehmen. Die Kommunikation ist tendenziell eher eine<br />

Managementfunktion, je individualistischer <strong>und</strong> maskuliner eine Kultur ist. Je geringer die Machtdistanz,<br />

desto häufiger ist die Kommunikationsabteilung direkt der Unternehmensleitung zugeordnet; auch ist PR in<br />

individualistischen Kulturen häufiger Teil des internen Führungszirkels <strong>und</strong> hat einen größeren Einfluss auf<br />

organisatorische Entscheidungen als in kollektivistischen Kulturen (vgl. Huck 2004: 195ff.).<br />

Kommunikations- <strong>und</strong> Themenfelder. Die unterschiedlichen Erwartungshaltungen <strong>und</strong> Interessenlagen<br />

der Stakeholder können dazu führen, dass die Issues in unterschiedlichen Ländern stark divergieren <strong>und</strong><br />

Themenkarrieren <strong>und</strong> -konstellationen ungleichzeitig, in unterschiedlichen Geschwindigkeiten <strong>und</strong><br />

Intensitäten beziehungsweise in verschiedenen Mischungen die öffentliche Kommunikation prägen.<br />

Während in individualistisch geprägten Kulturen wie in den USA zum Beispiel die Person des CEO stark im<br />

Vordergr<strong>und</strong> steht, interessiert in kollektivistisch geprägten Kulturen wie in China eher der Konsens im<br />

gesellschaftlichen Umfeld. Kulturen mit geringerer Unsicherheitsvermeidung stehen Veränderungen im<br />

Unternehmen möglicherweise aufgeschlossener gegenüber. Weitere typische Unterschiede beziehen sich<br />

auf die Orientierung am Gemeinwohl oder auch auf den Anspruch, Veränderungen detailliert begründen zu<br />

müssen – hier werden in Low-Context-Kulturen wesentlich mehr Rechtfertigungen erwartet. Durch Issue-<br />

Landkarten behält die Kommunikationsabteilung den Überblick <strong>und</strong> reduziert Kontrollverluste.<br />

Mediales Umfeld. Internationale Kommunikation arbeitet in stark variierenden medialen Umfeldern. Diese<br />

werden neben den oben erwähnten Kulturdimensionen durch eine Reihe weiterer Faktoren geprägt. Dazu<br />

gehören unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bei den Medien, Funktionen der Medien in der Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Erwartungen an die Medien, entsprechende journalistische Berufsbilder <strong>und</strong><br />

Redaktionsmanagement-Systeme sowie ungleichzeitige technologische Entwicklungen <strong>und</strong> damit<br />

Verfügbarkeit der Medien. Ländern mit einer starken unabhängigen Presse stehen Länder wie China mit<br />

einer weitgehend staatlich regulierten Medienlandschaft gegenüber. Das Berufsbild von Journalisten ist<br />

selbst in westlichen Ländern unterschiedlich ausgeprägt – es reicht vom angloamerikanischen investigativen<br />

Reporter bis zum deutschen aufklärerischen Gesellschaftskritiker. In Japan dagegen bestimmt das Ideal des<br />

Kollektivismus auch die Arbeitsweise der Medien, Journalisten stimmen ihre Berichterstattung miteinander


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ab („Konvoi-System“). Für Unternehmen bedeutet dies, dass eine bestimmte Tendenz in der<br />

Berichterstattung nur sehr schwer zu korrigieren ist, wenn sie in den japanischen Medien erst einmal<br />

etabliert ist. In High-Context-Kulturen gibt es generell weniger Schriftlichkeit als in Low-Context-Kulturen.<br />

Auch variiert die Akzeptanz für PR als Teil des medialen Systems.<br />

Kulturvergleichstheorien wie die von Hofstede, Trompenaars <strong>und</strong> Hall/Hall bieten Scanning-Muster <strong>und</strong><br />

Interpretationshilfen für Verhaltensweisen <strong>und</strong> Meinungsbilder in anderen Ländern. Teilweise lassen sich<br />

daraus auch strategische Prinzipien für die Koordination <strong>und</strong> Steuerung der internen Kommunikation<br />

ableiten:<br />

• Zentrale Programmierung, lokale Kommunikation. Das Kommunikationskonzept für das<br />

Veränderungsprojekt legt fest, welche Botschaften in den Kommunikationsfeldern Externe<br />

(Unternehmens-) Kommunikation, Finanzkommunikation, Interne Kommunikation <strong>und</strong> Marketing-<br />

Kommunikation zentral generiert <strong>und</strong> in allen Ländern der Geschäftstätigkeit kommuniziert werden<br />

müssen, zum Beispiel die Eckpunkte der Unternehmensstrategie, das Leistungsportfolio des<br />

Unternehmens <strong>und</strong> zentrale Implementierungsschritte der Internationalisierung. Weitere Botschaften<br />

<strong>und</strong> Story-Elemente, die konform mit der Unternehmensstrategie <strong>und</strong> dem Markenbild gehen, werden<br />

von der Zentrale zur optionalen/empfohlenen Verwendung in den einzelnen Ländern gemäß den dort<br />

relevanten Issues <strong>und</strong> Gegebenheiten bereitgestellt. Die Veränderungskommunikation sollte jeweils im<br />

betroffenen Land gesteuert werden – wenn auch mit Unterstützung der Zentrale. Das lokale<br />

Management kann gezielter auf die Anforderungen der dortigen Mitarbeiter <strong>und</strong> Journalisten eingehen.<br />

Weil es bei komplexen Themen auf sprachliche Feinheiten ankommt, sollte es lokale Ansprechpartner<br />

geben.<br />

• Managementinstrumente. Zur Steuerung der Internationalen Kommunikation werden Guidelines,<br />

Tools <strong>und</strong> Controlling-Intrumente eingesetzt, zum Beispiel Botschaftenkataloge <strong>und</strong> ein Standard-<br />

Abbinder für Pressemitteilungen (Boilerplate), Präsentationen für Führungskräfte <strong>und</strong> Questions &<br />

Answers, Guidelines für Werkseröffnungen, vorgefertigte Berichte zum Einsatz in regionalen Medien,<br />

Themenmanagement-Tools, Scorecards <strong>und</strong> Reporting-Instrumente. In Trainings <strong>und</strong> Workshops<br />

erhalten die lokalen Kommunikationsverantwortlichen die notwendigen Informationen <strong>und</strong> Kenntnisse,<br />

um das Botschaften- <strong>und</strong> Maßnahmen-Set in ihren Ländern adäquat einzusetzen.<br />

• Erfahrungswissen von fremden Kulturen vermitteln. Erfolgreiches soziales Verhalten beruht auf der<br />

Fähigkeit, die Erwartungen der anderen Seite einschätzen <strong>und</strong> damit das Verhalten der anderen Seite<br />

erfolgreich erwarten zu können. Das erfolgreiche Erwarten fremden Verhaltens basiert auf einem<br />

gemeinsamen Erfahrungshorizont. Dieses Erfahrungswissen anderer Kulturen muss die Interne<br />

Kommunikation den Mitarbeitern von internationalen Unternehmen in einem fortlaufenden Prozess<br />

vermitteln, zum Beispiel durch Fotoreportagen aus dem Leben von Mitarbeitern aus anderen Ländern


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<strong>und</strong>/oder ungefilterte Statements, was diesen Mitarbeitern in Beruf <strong>und</strong> Privatleben wichtig ist. Ebenso<br />

sollte über Traditionen <strong>und</strong> gesellschaftliche Rahmenbedingungen, über Arbeits- <strong>und</strong> Tagesabläufe etc.<br />

berichtet werden.<br />

• Genaue Festlegung der Abstimmungsprozesse. Damit die Kohärenz der Botschaften in den<br />

unterschiedlichen Ländern der Geschäftstätigkeit gesichert ist <strong>und</strong> die Unternehmenskommunikation<br />

das Issue Management in der Hand behält, sind für wichtige Maßnahmen die Abstimmungsprozesse<br />

genau zu definieren <strong>und</strong> mit den lokalen Verantwortlichen zu trainieren.<br />

Literatur:<br />

Trompenaars, Fons/Hampden-Turner, Charles (1997): Riding the Waves of Culture. London.<br />

Hofstede, Geert (1980): Culture’s Consequences. International Differences in Work Related Values. Beverly<br />

Hills.<br />

Hall, Edward/Hall, Mildred Reed (1990): Understanding Cultural Differences: Germans, French and<br />

Americans. Boston/ London.<br />

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