Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
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Wie ein guter Moderator, sollte auch der Berater nicht in der Materie stecken, um<br />
“Besucheraugen“ auf Problemstellung <strong>und</strong> System zu behalten.<br />
Aufgabe des Beraters ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, was nichts anderes<br />
bedeutet, als das System zur Eigenlösung der ja ursprünglich vom System<br />
selbstgenerierten Probleme anzuregen. Dazu müssen bestehende Strukturen <strong>und</strong><br />
Dogmen in Frage gestellt werden.<br />
Der Berater nutzt die Methodik der “zirkulären Fragens“, insbesondere in der ersten<br />
Informationsphase, um bestehende Beziehungsnetze sichtbar zu machen.<br />
Dabei geht es zunächst nicht um einen Abgleich von Selbst- <strong>und</strong><br />
Fremdwahrnehmung, denn die jeweilige Sicht, die sich aus den zirkulären Fragen<br />
ergibt, bildet schließlich ein System für den Befragten <strong>und</strong> stellt somit seine<br />
“Realität“ dar.<br />
Der Berater sollte einem System keine von aussen gesteuerte Rationalität aufzwingen.<br />
Vertritt man die Annahme, dass soziale Systeme sinngesteuert agieren, ergibt sich<br />
vielmehr zuerst die Notwendigkeit, den hinter den funktionalen Strukturen <strong>und</strong><br />
Prozessen wirkenden Sinn zu verstehen.<br />
Anders als Sokrates, welcher auch ungefragt die Athener Bürger vor gut<br />
zweieinhalbtausend Jahren auf dem Marktplatz in ein Gespräch verwickelte, findet<br />
der Berater ein System vor, das sich Hilfe bei der Lösung eines Problems wünscht.<br />
Der Berater hat die Gewissheit, dass im System die Mittel der Problemlösung<br />
immanent vorhanden sind, ebenso wie Sokrates sich als Hebamme einer Wahrheit<br />
verstand, welche immer schon in den Menschen steckte.<br />
Eine punktuelle Veränderung von Handlungsweisen allein kann keine permanente<br />
Zustandsänderung eines Systems bewirken. Demnach ist die eigenverantwortliche<br />
Änderung des Zustands die einzige Möglichkeit für dauerhaften Erfolg.<br />
7. Methodische Verallgemeinerung<br />
Eine sehr gute Einführung in die sokratische Fragetechnik finden wir im Dialog<br />
“Laches“.<br />
Zunächst geht es darum, zu klären, ob die Fechtkunst ein geeignetes Mittel sei, um<br />
Tapferkeit zu erreichen. Sokrates wird zur Klärung dieser Frage hinzugezogen.<br />
Anstatt aber die Frage zu beantworten, hinterfragt er die Fechtkunst, <strong>und</strong> zu welchem<br />
Zweck sie erlernt werden soll. Ist es die Tapferkeit, die damit erreicht werden soll, so<br />
beginnt Sokrates einen allgemeinen Diskurs, der untersuchen soll, was Tapferkeit<br />
denn eigentlich sei. Letztendlich zeigt sich, dass niemand angeben kann was<br />
Tapferkeit ist. Auftrag an Sokrates war es aber, zu klären, ob Fechtkunst geeignet sei,<br />
um tapfer zu werden. Wenn aber das Ziel nicht definiert werden kann, wie kann man<br />
dann zielführende Mittel hierfür definieren?<br />
Sokrates macht also nichts anderes als seinen Auftrag „Klarzuziehen“. Kann der<br />
Zweck des Auftrages nicht definiert werden, so kann er auch keinen Ratschlag zu<br />
sinnvollen Mitteln geben.<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 - 12