Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
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Die kybernetische Analysemethode ist allerdings der komplexen Wirklichkeit<br />
angemessener als die vorherrschende Ursache-Wirkungs-Erklärung.<br />
Das Denken in Ursache <strong>und</strong> Wirkung ist eine lineare Denkweise, welche durch die<br />
Frage „Warum?“ erforscht wird. Diese kausale Frage mag bei einfachen<br />
Zusammenhängen sinnvoll sein, Beziehungen mit dauerhaften Interaktionen können<br />
mit dieser Denkweise jedoch nicht angemessen beschrieben werden.<br />
Im Bereich der unbelebten Materie sind kausale Zusammenhänge von bloßem<br />
Nacheinander relativ einfach abzugrenzen.<br />
Im zwischenmenschlichen Bereich ist das wesentlich komplexer.<br />
Bei der Frage nach Beweggründen von Menschen für bestimmte Verhaltensweisen<br />
ist ein einfaches „weil“ unangemessen. Zuvor erhaltene Informationen, z.B. Erlerntes<br />
aus der Kindheit, tragen zum aktuellen Verhalten bei.<br />
Im Bereich der Kommunikation kann somit keine einzelne Ursache als Begründung<br />
herausgestellt werden, da die letzte Information lediglich den Endauslöser darstellt.<br />
Schließlich ist die Vergangenheit im gegenwärtigen Verhalten immer vorausgesetzt.<br />
Auch in Beziehungen mit verfestigten Kommunikationsmustern ist die Interaktion<br />
nicht auf einen der Akteure reduzierbar, da jeweils ein Verhalten das andere bewirkt<br />
<strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Als Beispiel kann hier eine Lehrer-Schüler-Beziehung dienen, bei der sich die<br />
Lehrerin bezüglich der Unterrichtsbeteiligung fordernd verhält. Der Schüler zieht sich<br />
daraufhin stärker zurück, worauf die Lehrerin noch mehr die Beteiligung einfordert<br />
usw.<br />
Beobachtet man die sich ständig gleich vollziehenden Interaktionen zwischen den<br />
Beziehungspartnern, so könnte man nach der kausalen Erklärung folgern, dass die<br />
Lehrerin fordernd ist, weil der Schüler sich zurückhält. Dies wäre jedoch eine<br />
willkürliche Einschätzung, denn genauso könnte die entgegengesetzte Kausalwirkung<br />
genannt werden: der Schüler ist zurückhaltend, weil die Lehrerin fordernd ist.<br />
Angemessener ist es also, die Aktionen <strong>und</strong> Reaktionen nicht linear, sondern als<br />
Kreislauf – zirkulär - zu beschreiben.<br />
Um ein allgemeines kybernetisches System anschaulich zu machen, wird häufig das<br />
Beispiel einer Zentralheizung verwendet.<br />
Der Thermostat hält die Zimmertemperatur durch einen Soll-Ist-Wert-Vergleich<br />
konstant. Fällt die Zimmertemperatur (Ist-Wert) auf Gr<strong>und</strong> von Umwelteinflüssen<br />
unter den Soll-Wert zurück, wird die Differenz ausgeglichen. Ziel ist also ein<br />
Gleichgewicht, eine gleich bleibende Zimmertemperatur.<br />
Da die Wärme im Zimmer an die Umwelt abgegeben wird, ist eine völlige Stabilität<br />
nicht möglich. Durch die Regulierung des Thermostates wird jedoch ein sogenanntes<br />
Fliessgleichgewicht aufrechterhalten, das trotz geringer Abweichungen eine relativ<br />
konstante Temperatur gewährleistet. Dieses Gleichgewicht ist nur durch einen<br />
beständigen Soll-Ist-Wert-Vergleich möglich, wobei die Differenz zurückgemeldet<br />
wird. Diese Rückmeldung wird in der Kybernetik Rückkopplung oder Feedback<br />
genannt.<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 - 6