Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Nicht anders ist heute ein systemischer Berater tätig, der etwa geeignete Mittel<br />
erarbeiten soll, welche die Mitarbeitermotivation erhöhen.<br />
Der Berater wird hier anhand der sokratischen Methodik Fragen nach dem<br />
Allgemeinen stellen, indem er zunächst den Auftrag klar definiert.<br />
Was meint der Auftraggeber damit, wie ist das Ziel messbar, was genau ist darunter<br />
zu verstehen?<br />
Unter Umständen ergibt sich daraus, dass der Berater nicht die Mittel umsetzt, die im<br />
Auftrag ursprünglich festgesetzt waren, sondern völlig andere Mittel bei geänderter<br />
Zielsetzung notwendig werden.<br />
Wie Sokrates ist der Berater nur der Fragende. Er stellt die Fragen, enthält sich aber<br />
selbst der Behauptungen.<br />
Sokrates war der erste, der solche Fragen gestellt hat, nämlich methodische Fragen<br />
nach dem Allgemeinen.<br />
Aber wir finden noch mehr sokratische Stilmittel, welche heutzutage implizit den<br />
Weg in die aktuellen Beratungsmethoden gef<strong>und</strong>en haben.<br />
In Ergänzung zur oben aufgeführten Methode der Verallgemeinerung soll im<br />
Weiteren auf die sokratischen Stilmittel der Aporie <strong>und</strong> der Ironie eingegangen<br />
werden.<br />
8. Aporie <strong>und</strong> Ironie<br />
Die Tatsache, dass der sokratische Dialog oft in einer Aporie endet, ist nicht<br />
gleichbedeutend damit, dass das Gespräch kein Ergebnis hat.<br />
Der Befragte entlarvt sich, nichts über das, wozu er befragt wird, zu wissen. Sokrates<br />
weiß ebenfalls nichts darüber, hat aber dem Befragten voraus, das er sich zumindest<br />
über diesen Zustand des Nichtwissens im Klaren ist, was als sokratische Ironie<br />
bezeichnet wird.<br />
Als Ergebnis ist dennoch festzuhalten, dass man am Ende mehr wieß als vorher,<br />
nämlich zumindest die Negation der Richtigkeit von Sachverhalten feststellen kann.<br />
Hierbei kann der Berater aber nicht stehen bleiben.<br />
Im Gegensatz zum freien Philosophieren, welches durchaus in der Aporie enden kann,<br />
darf die Aporie im Beratungsgespräch nur eine Zwischenbilanz sein.<br />
Sie wird bei festgestelltem Irrtum des ursprünglichen Auftrags (also der Ziele <strong>und</strong> der<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Mittel) zur Formulierung eines neuen Auftrages führen.<br />
Die Aporie ist somit letztendlich kein Selbstzweck, aber zur klaren Definition eines<br />
Auftrages, u.U. auch zur Vermeidung von Manipulationen ein notwendiges Stadium<br />
im Beratungsprozess.<br />
Wir wollen noch einmal die Gemeinsamkeiten zwischen sokratischer Methodik <strong>und</strong><br />
systemischer Beratung zusammenfassen:<br />
Die Systemtheorie schließt sich dem sokratischen Menschenbild an, indem es davon<br />
ausgeht, dass das Wissen im System vorhanden ist <strong>und</strong> von einem neutralen Berater<br />
nur unterstützt werden muss, um hervorzutreten. Der Berater trägt die Lösung nicht<br />
von aussen an das System heran.<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 - 13