Wiener Kommentar Strafgesetzbuch - Manz
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Lässig Zu § 108 StPO § 201<br />
erster Satz grundsätzlich die Zustellung an die Finanzstrafbehörde ohne Zustellnachweis<br />
an.<br />
Zustellungen mit Zustellnachweis sind nur (mehr) für die Ladung zur Hauptverhandlung<br />
sowie dann vorgesehen, wenn der Finanzstrafbehörde gegen den betreffenden<br />
hoheitlichen Akt ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf zusteht. Hinsichtlich<br />
des Zustellnachweises verweist das Gesetz (bloß) auf §§ 13–20 ZustG; die Zustellung<br />
zu eigenen Handen (§ 21 ZustG) kommt aber hier ohnedies nicht in Betracht,<br />
weil die Finanzstrafbehörde keine physische Person ist (vgl iÜ die korrespondierende<br />
Bestimmung des § 83 Abs 3 zweiter Satz StPO für Verteidiger und<br />
Rechtsanwälte).<br />
Substituiert kann die Zustellung mit Zustellnachweis (Rz 2) durch eine solche<br />
per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr werden. Letzterer ist in<br />
§§ 89a–89d GOG geregelt. Ist die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr<br />
nicht möglich, kann sie ersatzweise über elektronische Zustelldienste (§§ 29–34<br />
ZustG) erfolgen (§ 89a Abs 3 GOG).<br />
Zu § 108<br />
Zu § 108 StPO<br />
201 § 201. Ein Antrag auf Einstellung gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 StPO darf frühestens sechs<br />
Monate ab dem ersten an die Staatsanwaltschaft erstatteten Bericht (§ 100 Abs. 2 StPO) gestellt<br />
werden.<br />
IdF BGBl I 2007/44<br />
Nach § 108 Abs 1 Z 2 StPO hat das Gericht das Ermittlungsverfahren auf<br />
Antrag des Beschuldigten einzustellen, wenn der bestehende Tatverdacht nach<br />
Dringlichkeit und Gewicht sowie im Hinblick auf Verfahrensdauer und Verfahrensumfang<br />
die Fortsetzung nicht rechtfertigt und von weiteren Aufklärungen<br />
eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist. Ein solcher Antrag kann<br />
nach der StPO frühestens drei Monate, soweit dem Beschuldigten ein Verbrechen<br />
(§ 17 Abs 1 StGB) angelastet wird, ehestens sechs Monate nach Verfahrensbeginn<br />
eingebracht werden (§ 108 Abs 2 zweiter Satz StPO). Da Finanzstrafverfahren üblicherweise<br />
deutlich komplexer und demnach wesentlich zeitintensiver sind als<br />
vergleichbare allgemeine Strafverfahren, gelangt hier die sechsmonatige Sperrfrist<br />
generell zur Anwendung (EBRV 81 BlgNR 23. GP 14).<br />
§ 53 teilt die Zuständigkeit zur Ahndung von Finanzvergehen zwischen dem<br />
Gericht und der Finanzstrafbehörde auf, wobei die originäre Gerichtszuständigkeit<br />
von der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags abhängt (§ 53 Abs 1 und<br />
2). Da diese und damit auch die Zuständigkeitsfrage zu Beginn der Ermittlungen<br />
oft noch nicht geklärt ist (vgl § 53 Abs 8), kommt es nicht selten zur Überleitung<br />
von verwaltungsbehördlichen in gerichtliche Finanzstrafverfahren (§ 54 Abs 1).<br />
Auch diesem Umstand trägt § 201 Rechnung, indem er als Beginn der sechsmonatigen<br />
Sperrfrist (Rz 1) den Zeitpunkt der ersten Berichterstattung an die Staatsanwaltschaft<br />
iSd § 100 Abs 2 StPO vorsieht (EBRV 81 BlgNR 23. GP 14). Dieser<br />
Fristbeginn gilt – lege non distinguente – freilich auch dann, wenn im Ermittlungsverfahren<br />
nicht die Finanzstrafbehörde, sondern die Kriminalpolizei einschreitet<br />
(§ 196 Abs 2).<br />
Stellt sich heraus, dass die Tat keinem in die Zuständigkeit des Gerichts fallenden<br />
Finanzvergehen zu subsumieren ist, wird das Verfahren durch Einstellung<br />
(§ 202 Abs 1, § 210 Abs 1, § 212 Abs 1) oder Freispruch (§ 214) wegen gerichtlicher<br />
Unzuständigkeit erledigt. Demgemäß ist in Finanzstrafsachen ein Tatverdacht<br />
in Richtung eines in die gerichtliche Zuständigkeit ressortierenden Finanz-<br />
<strong>Wiener</strong> <strong>Kommentar</strong> 2 , 87. Lfg. (Juni 2012) (13)<br />
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