Wiener Kommentar Strafgesetzbuch - Manz
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Lässig Zu § 195 StPO §§ 203–205<br />
sachen nicht vorsieht. Demnach können gerichtliche Jugend-Finanzverfahren mittels<br />
Diversion erledigt werden, wobei aber § 24 Abs 1 die Möglichkeit des Tatausgleichs<br />
(§ 204 StPO) ausschließt. Als diversionelle Maßnahmen kommen somit die<br />
Zahlung eines Geldbetrags (§ 200 StPO), die Erbringung gemeinnütziger Leistungen<br />
(§ 201f StPO) und die Bestimmung einer Probezeit iVm Bewährungshilfe und<br />
der Erfüllung von Pflichten (§ 203 StPO) in Betracht.<br />
In Bezug auf die in (Jugend-)Finanzstrafsachen zulässigen Diversionsmaßnahmen<br />
(Rz 1) sieht das Gesetz jeweils eine – mit eingehender Information (§ 207<br />
StPO) zu verbindende – Mitteilung an den Beschuldigten vor, dass beabsichtigt<br />
sei, die in Aussicht genommene Maßnahme anzuwenden (§ 200 Abs 4, § 201<br />
Abs 4, § 203 Abs 3 StPO), weil jedes Vorgehen iSd 11. Hauptstücks der StPO die<br />
Zustimmung des Beschuldigten voraussetzt (§ 207 StPO; zu diesem Erfordernis<br />
ausführlich Schroll, WK-StPO § 198 Rz 9–12). Solcherart stellt diese Mitteilung<br />
gleichsam ein verbindliches Diversionsanbot dar, dessen Annahme durch den Beschuldigten<br />
der letzte Schritt vor der Effektuierung der Maßnahme ist. Das in<br />
§ 202a normierte Anhörungsrecht der Finanzstrafbehörde dient dazu, vor diesem<br />
letzten Schritt iSd § 206 Abs 1 erster Satz StPO die Interessen des Opfers (also des<br />
in seinem Fiskalinteresse geschädigten Bundes) zu wahren (EBRV 1581 BlgNR<br />
20. GP 34).<br />
203<br />
204<br />
§ 203. (Aufgehoben durch BGBl I 2007/44)<br />
§ 204. (Aufgehoben durch BGBl I 2007/44)<br />
Zu § 195<br />
Zu § 195 StPO<br />
205 § 205. Hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines Finanzvergehens abgesehen<br />
und das Ermittlungsverfahren eingestellt, so ist die Finanzstrafbehörde berechtigt, die<br />
Fortführung des Ermittlungsverfahrens nach § 195 StPO zu beantragen.<br />
IdF BGBl I 2007/44<br />
§ 195 Abs 1 StPO räumt dem Opfer einer Straftat (§ 65 Z 1 StPO) das Recht<br />
ein, beim Landesgericht als Senat von drei Richtern (§ 31 Abs 5 Z 3 StPO) die<br />
Fortführung eines von der Staatsanwaltschaft eingestellten Ermittlungsverfahrens<br />
zu beantragen. „Opfer“ eines Finanzvergehens ist der Bund, vertreten durch die<br />
Finanzstrafbehörde (vgl EBRV 1581 BlgNR 20. GP 34), weshalb § 205 dieser folgerichtig<br />
das Antragsrecht nach § 195 StPO gewährt.<br />
Der Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens bezieht sich auf die<br />
„Tat“ (§ 195 Abs 1 StPO), also einen Lebenssachverhalt. Durch diesen können<br />
mehrere strafbare Handlungen (rechtliche Kategorien) verwirklicht werden (zu<br />
den Begrifflichkeiten: Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 1). Solcherart ist es<br />
möglich, dass eine Tat zugleich den Tatbestand eines Finanzvergehens und den<br />
einer gerichtlich strafbaren Handlung anderer Art erfüllt. Da bei dieser Konstellation<br />
generell die Vorschriften des Dritten Unterabschnitts anzuwenden sind<br />
(§ 195 Abs 2), steht der Finanzstrafbehörde auch in solchen Fällen der – vom Gericht<br />
unter dem Aspekt aller möglichen Subsumtionen zu prüfende – Fortführungsantrag<br />
zu.<br />
Durch den in § 202 Abs 2 enthaltenen Klammerhinweis auf § 194 StPO wird<br />
klargestellt, dass die Finanzstrafbehörde auch dann berechtigt ist, die Fortführung<br />
des Ermittlungsverfahrens zu beantragen (§ 195 StPO), wenn die Staatsanwaltschaft<br />
dieses gem § 202 Abs 1 eingestellt hat. Zu den weiteren diesbezüglichen<br />
prozessualen Optionen s § 202 Rz 2.<br />
<strong>Wiener</strong> <strong>Kommentar</strong> 2 , 87. Lfg. (Juni 2012) (15)<br />
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