Unsigned Sounds - Underground Music Magazine, Ausgabe 05
unsignedsounds@gmx.net
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19 MOLLLUST<br />
re Sprünge singen. Ihre Auf-<br />
nahmen klingen echt und unge-<br />
künstelt, und ich habe großen<br />
Respekt vor ihrer Kunst. (Ganz<br />
anders klingt ihr männliches<br />
Konterfei: Frank Schumacher<br />
hat leider keine sehr angenehme<br />
Stimme!)<br />
Anders als bei NIGHTWISH<br />
wird hier noch alles handge-<br />
macht. Die verwendeten klassi-<br />
schen Instrumente sind echt und<br />
klingen auch so. Außerdem<br />
stehen hier weniger individuali-<br />
sierte Songs, sondern vielmehr<br />
die Originale im Vordergrund,<br />
die durch Schlagzeug und Gitar-<br />
re bloß ergänzt werden.<br />
Das Ergebnis jagt dem Hörer<br />
das eine oder andere Mal (samt<br />
und sonders in „Ave“) einen<br />
wohligen Schauer über den<br />
Rücken. „Bach con fuoco“ ist<br />
sperrig, aber auf seine eigene,<br />
einzigartige Weise auch wun-<br />
derschön; ein gelungenes, ge-<br />
konntes Werk. 2012 haben die<br />
Jungs und Mädels sogar die<br />
Bachspiele gewonnen.<br />
Wie seid ihr darauf gekommen,<br />
DAS aus klassischer Musik zu<br />
machen? Wir wollten eine Brü-<br />
cke bauen zwischen den heuti-<br />
gen Hörgewohnheiten und der<br />
Kunst der alten Meister. Als<br />
klassischer Musiker wächst man<br />
fast automatisch in zwei Welten<br />
gleichzeitig auf: in der Klassik<br />
und mit all dem, was das Um-<br />
feld an einen heranträgt. Was<br />
spricht dagegen, diese zu ver-<br />
binden? Ich wollte allerdings nie<br />
Bach einfach irgend etwas über-<br />
stülpen. Zunächst habe ich mich<br />
intensiv mit seinem Werk ausei-<br />
nandergesetzt und die darin<br />
enthaltenen Aussagen extrahiert.<br />
Als Kunstgriff habe ich mir<br />
lediglich die Freiheiten genom-<br />
men, diese mit den heutigen<br />
Möglichkeiten zu unterstreichen<br />
oder einen ganz bestimmten<br />
enthaltenen Aspekt mehr in den<br />
Vordergrund zu heben. Bach<br />
war Kirchenmusiker und hatte<br />
in seinem Arbeitsvertrag stehen,<br />
dass er nichts zu aufwühlendes<br />
schreiben dürfe, was der An-<br />
dacht abträglich wäre. Heute ist<br />
eine andere Zeit: Jeder wird von<br />
einem wahren Blitzlichtgewitter<br />
an Reizen täglich überfallen. Da<br />
muss man meiner Meinung<br />
nach auch andere Akzente set-<br />
zen, um die Menschen zu errei-<br />
chen, um ihnen einen Zugang<br />
zu solchen Werken zu schaffen.<br />
Wie geht ihr beim Umschrei-<br />
ben, Arrangieren vor? Ich habe<br />
mich vor den Klavierauszug<br />
gesetzt, mir klar gemacht, was<br />
mir dieses Stück jeweils sagt und<br />
mit welcher musikalischen Spra-<br />
che ich dies umsetzen würde. Z.<br />
B. bei „Blute nur“ steht der<br />
Judas-Verrat im Raum, das<br />
Unheil kündigt sich an. Daher<br />
hörte ich für mich den Gang<br />
zum Schafott, die Trommeln,<br />
das Bedrohliche, und im Gegen-<br />
satz dazu die unschuldige Klage<br />
der Frauenstimme. Die Violinen<br />
im Original waren mir zu ver-<br />
spielt. Ich habe also das Thema<br />
der tieferen Instrumente ge-<br />
nommen und ausgeweitet sowie<br />
das Werk etwas von der baro-<br />
cken, verspielteren Auffüh-<br />
rungspraxis gelöst und stattdes-<br />
sen mit der Gefühlsintensität<br />
der Romantik angestrichen. Aus<br />
rein technischer Sicht habe ich<br />
ganz verschiedene Kniffe ange-<br />
wendet: Teilweise habe ich<br />
etwas gekürzt oder bestimmte<br />
Parts wiederholt, die Taktart<br />
geändert, den Rhythmus präg-<br />
nanter gesetzt,<br />
uminstrumentiert, stärkere Kon-<br />
traste geschaffen, bestimmte<br />
Themen betont, andere wegge-<br />
lassen, den Stückaufbau leicht<br />
verändert, etwas eingefügt, den<br />
Text abgewandelt – je nachdem,<br />
was mir an welcher Stelle gerade<br />
als passend erschien.<br />
Wer ist bei euch federführend?<br />
Ich, die Frau an Tasten und<br />
Mikro (Janika). Das Songwri-<br />
ting kommt fast ausschließlich<br />
von mir, allerdings fließen auch<br />
immer wieder beim Proben die<br />
Impulse meiner Bandkollegen<br />
mit ein. Ich schreibe erst einmal<br />
alle Stimmen und schicke sie<br />
herum, aber jeder für sich macht<br />
sich Gedanken, wie man noch<br />
mehr aus der eigenen Linie<br />
herausholen kann. Bei den Ei-<br />
genkompositionen fließt auch ab