Unsigned Sounds - Underground Music Magazine, Ausgabe 05

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29 Midsummer Records Midsummer Records In einem kleinen Ort im Saarland betreibt Tim das Label Midsummer Records. Leben kann er davon nicht. Er bekommt meist nicht mal das Geld wieder rein, welches er in die Mu- sik investiert. Tim betreibt Midsummer Records, weil es ihm Freude macht. Ein paar Fragen an einen, von denen es leider viel zu we- nige gibt. Wie kamst du denn auf die Idee oder was hat dich dazu bewo- gen, Midsummer Records zu gründen? Midsummer Records ist eigentlich aus dem Midsummer Open Air entstanden, zumindest der Name. Das Midsummer Open Air ist ein „umsonst & draußen“-Festival und findet seit 2004 jährlich in meinem Heimatort Halver (Sauerland, Märkischer Kreis) statt. Ich hab‘ damals viele kleine Konzerte hier und da veranstaltet und war ebenfalls wieder mit einer neuen Band aktiv, sodass ich neben der eigenen Musik auch zig andere Bands kennenlernte, und irgendwie ist dadurch das Verlan- gen größer geworden, diesem Ganzen eine Plattform zu bie- ten. So ist das Ganze peu-a-peu gewachsen. Kannst du mal ein bisschen von der Arbeit erzählen, die für dich als Labelinhaber anfällt? „Labelinhaber“ klingt immer so falsch, da ich das Label nach wie vor aus Überzeugung und aus Leidenschaft mache, als „Hob- by“. Diese geschäftliche Note kann ich nie greifen, da das Label auch nach wie vor sich finanziell nicht selbst trägt. Aber nun gut, ich schweife ab, was mache ich für Arbeit? Vor allem viele E-Mails schreiben, Briefe und Pakete verschicken, diverse Menschen mit neuer Musik bemustern, extrem viel Geld ausgeben, was am Ende nicht wieder reinkommt, diverse Zeit- abläufe mit den Bands koordi- nieren, ab und an, sehr selten, beim Booking aushelfen, und hin und wieder selbst Shows organisieren und so ‘n Zeug halt … Wie läuft denn der Aufnahme- prozess einer neuen Band bei deinem Label ab? Was sind für dich die wichtigsten Punkte, die bei einem neuen „Signing“ er- füllt werden müssen? Die per- sönliche Komponente kommt bei Midsummer oftmals noch vor der musikalischen. Wenn ich eine Band musikalisch supergut finde, die Menschen dahinter aber nicht auf meiner Wellenlänge sind, dann macht eine Kooperation für mich eigentlich wenig Sinn. Ansonsten muss es irgendwie für mich zu Midsummer passen, das reicht. Und natürlich muss ich die Musik gut finden. Schön ist es, wenn „Midsummer-Bands“ andere Bands empfehlen und da dann direkt auch alles passt und sich so die „Familie“ vergrößert. Allerdings habe ich mich da mittlerweile auch etwas über- nommen, denn bei vielen Bands fällt natürlich auch mehr Arbeit an, die ich dann fast nicht mehr ausreichend bearbeitet bekom- me. Von daher wird sich Midsummer eher, was das Raster angeht, verkleinern, anstatt weiterhin zu vergrößern. Es bleibt sonst einfach zu viel lie- gen und da hat keine Band was
von, und ich natürlich am Ende auch nicht. Woher kommt denn der größte Antrieb für dich, weiterzuma- chen, wenn es mal nicht so gut läuft? Es macht riesigen Spaß, zu sehen, wie die Bands wach- sen, und auch, wie dankbar manche einfach für das sind, was man für sie macht. Außerdem ist Musik meine große Leiden- schaft, die ich so mehr oder weniger aktiv ausleben kann. Als Musiker tauge ich nicht viel, so kümmere ich mich doch lieber um die, die das Ganze viel besser beherrschen und mit diesem ebenfalls ähnliche Ideale wie man selbst verfolgen. Welche Erfahrungen kannst du denn an junge Bands weiterge- ben? Vor allem im Bezug auf Labels? Schwierig zu sagen, da ich ja ein wirklich sehr, sehr kleines Label bin, wo die Bands sehr viel selbst in Eigenregie machen. Wenn man sich als Band ein Label sucht, sollte man auf keinen Fall denken: “Super, jetzt geht es los!“ Denn ohne Eigeninitiative, die meist mit dem Eingehen einer Label- Partnerschaft sogar wächst, geht es eh nicht. Man muss sich nach wie vor den Arsch abspielen. Alle beschissenen pay-to-play- Geschichten kann man dabei allerdings zu 90% komplett vergessen, und auf so etwas würde ich mich als „kleine“ Band auf keinen Fall einlassen. Das Wichtigste ist, wenn es musikalisch stimmt, dass man unentwegt Präsenz zeigt, so viel und so gut wie möglich. Alles andere kommt irgendwie schon von selbst. Falls man jedoch nur Musik macht, um hinterher „Rockstar“ zu werden, sollte man es besser gleich lassen. Was sollte deiner Meinung nach in der deutschen Indie- Musiklandschaft besser ge- macht werden? Schwer zu sagen, und vor allem ist die Frage ja doch sehr allgemein gestellt. Wo soll man da anfangen? Prin- zipiell kann man natürlich alles kritisieren und optimieren, aber was man wirklich besser machen sollte, kann ich schlecht beurteilen. Beziehungsweise: Welche Aspekte sollte man hier aufgreifen? Da gibt es so viele Felder. Allgemein gehen mir viele Din- ge mächtig gegen den Strich, aber manche Sachen werden MIDSUMMER Records 30 sich eh nie ändern. Ich fände es zum Beispiel schön, wenn hiesi- ge Künstler und Bands mehr Aufmerksamkeit bekommen würden, also, zumindest die, die es verdient haben. Aber schön und gut, wer hat es verdient? Schwer zu sagen, und das kann man wohl auch nur schlecht objektiv beurteilen. Prinzipiell könnte ich hierbei diverse The- men aufgreifen, aber das würde den Rahmen doch erheblich sprengen. Und was darf denn genauso bleiben? Die Renaissance der Schallplatte. Es ist toll, zu sehen, wie die Schallplatte in den letzten Jahren sogar im „Mainstream“ ihre Wiederaufer- stehung feiert. Das soll bitte so weitergehen. Außerdem ist die JUZ/AZ-Kultur nach wie vor extrem wichtig für Hardcore, Punkrock etc. Ich hoffe, dass es weiterhin Menschen gibt, die sich hierfür stark machen und sich einsetzen, dass diese Zen- tren am Leben bleiben. www.midsummer-records.de Olli Olli
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