Beispielseiten - JOVIS VERLAG Architektur Fotografie Berlin
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der Strukturen gelebter Räumlichkeit erfolgen, die es ermöglicht, einige<br />
der Differenzen zwischen dem gelebten Raum und der gebauten Welt<br />
genauer zu vermessen und zu kartieren.<br />
52 GEBAUTE WELT | GELEBTER RAUM<br />
1 Der Fokus der Untersuchung<br />
liegt vor allem auf<br />
solchen Beiträgen, die aus<br />
architektonischer Sicht<br />
anschlussfähig sein könnten.<br />
Diejenigen, die hier bereits<br />
selbst eine Abgrenzung<br />
vornehmen, finden daher<br />
weniger Beachtung als solche,<br />
die dies nicht tun.<br />
RäUME BEWOHNEN:<br />
PHäNOMENOLOGIscHE GRUNdLAGEN<br />
NACHDEM PERSPEKTIVE UND PROBLEMSTELLUNG DIE-<br />
SER UNTERSUCHUNG BESCHRIEBEN WORDEN SIND, GEHT<br />
ES NUN „ZU DEN SACHEN SELBST“: IN DIESEM KAPITEL<br />
WIRD DIE ANDERE, DIE PHÄNOMENOLOGISCHE PERSPEK-<br />
TIVE AUF DEN RAUM ERSCHLOSSEN, UND ES WIRD GE-<br />
ZEIGT, INWIEFERN DARIN AUCH EINE IMPLIZITE KRITIK<br />
AN ARCHITEKTONISCHEN RÄUMEN ZU FINDEN IST.<br />
„Gelebter Raum“ ist weder ein scharf umrissener Begriff noch eine<br />
homogene Theorie des Räumlichen. Wenn in diesem Kapitel einige Sichtweisen,<br />
Facetten und Strukturen gelebter Räumlichkeit zusammengetragen<br />
werden, so geschieht das entlang eines Pfades, der von dem hier<br />
verfolgten Erkenntnisinteresse erzeugt wird und das Themenfeld damit<br />
auf spezifische Weise erschließt. Die Perspektive nicht nur einer fremden<br />
Disziplin – der <strong>Architektur</strong> – sondern auch noch ihrer Praxis ist dabei naturgemäß<br />
eine andere als die, die den hier wiedergegebenen Denkansätzen<br />
ursprünglich zugrunde lag. 1<br />
Daraus ergibt sich jedoch eine zentrale Problematik dieses Ansatzes,<br />
denn die phänomenologische Raumbeschreibung erfasst zunächst überhaupt<br />
nicht die konkrete, spezifische Umwelt, die wir als Architekten<br />
und Urbanisten handelnd modifizieren, sondern geht existenziellen, zum<br />
Teil transzendentalen Fragestellungen nach. Die Strukturen, die sie erörtert,<br />
sind immer auf die persönliche Perspektive der „den Raum lebenden“<br />
Menschen bezogen – ein Umstand, der es für viele bis heute fraglich<br />
macht, inwieweit „gelebter Raum“ überhaupt in generalisierbarer Weise<br />
beschreibbar und auf gesellschaftlicher Ebene relevant ist.<br />
Gelebter Raum ist vom euklidischen Modell des konkreten Raumes,<br />
das heute immer noch den meisten Raumrepräsentationen zugrunde<br />
liegt, grundverschieden. Vor allem ist er nicht Raum „an sich“, der immer<br />
schon und unabhängig vom Menschen da ist, sondern Raum „für<br />
jemanden“, der sich demjenigen, der ihn erfährt, auf spezifische Weise<br />
erschließt. Seine Beschreibung ist daher ungemein kompliziert. Man<br />
kann den gelebten Raum nicht ausmessen, nicht abzeichnen und nicht<br />
erklären, denn das würde bedeuten, sich die Perspektive eines anderen zu<br />
eigen zu machen, mehr noch: Es wäre der Versuch, sich die Perspektive<br />
aller anderen zu eigen zu machen und diese dann für alle nachvollziehbar<br />
zu machen.<br />
Nicht genug damit, dass dies ein babylonisches Unterfangen und das<br />
Gegenteil jeder Re-Präsentation wäre: Hinzu kommt, dass „gelebter“<br />
Raum auch nicht statisch ist, sondern seine Zuständlichkeit im Gegenteil<br />
stetig ändert. Denn sein „Gelebt-Werden“ schließt notwendig einen<br />
Verlauf mit ein – sei es einfach den der chronologischen Zeitabfolge,<br />
wie wir ihn aus der zählbaren Zeit der Chronografie kennen, oder auch<br />
den der „gelebten“ Zeit, die als Dauer erfahren wird. Beide Aspekte, die<br />
RÄUME BEWOHNEN: PHÄNOMENOLOGISCHE GRUNDLAGEN<br />
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