nicht mehr geht - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele
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der vorherige Zustand wie ein Schlafwandel war. Es<br />
ist eine neue Daseinsweise <strong>und</strong> Wahrnehmungsweise<br />
– man handelt von einer ganz anderen Ebene aus. Die<br />
bisherige Wahrnehmung, die auf dem Zentrum eines<br />
Ich basierte, wird weggefegt <strong>und</strong> hinterlässt etwas<br />
völlig Neues.<br />
Ist das Erwachen ein Aha-Erlebnis oder wächst man<br />
da hinein?<br />
Sowohl als auch. Ich habe Schüler, bei denen der Prozess<br />
des Hineinwachsens deutlich zu beobachten ist. Sie<br />
machen eine Erfahrung von tiefer Stille <strong>und</strong> Unendlichkeit,<br />
in der der Verstand still ist. Diese Erfahrung dauert<br />
eine oder zwei St<strong>und</strong>en an <strong>und</strong> verschwindet dann<br />
wieder. Der Prozess besteht darin, dass die Erfahrungen<br />
zunehmen <strong>und</strong> später <strong>nicht</strong> nur in Gegenwart des Lehrers<br />
auftreten, sondern auch alleine. Und irgendwann<br />
gibt es einen Erdrutsch, wo plötzlich alles aufhört.<br />
Und nachdem alles aufgehört hat, ist diese Stille des<br />
Verstandes keine Erfahrung <strong>mehr</strong> über einen Zeitraum,<br />
sondern die dauerhafte Daseinsweise. Ich glaube, dass<br />
der Erdrutsch eine bestimmte Struktur hat. Es fühlt sich<br />
so an, als wenn man nach Innen in einen Abgr<strong>und</strong> fällt.<br />
Dieser Abgr<strong>und</strong> wird immer enger, je weiter man sich<br />
fallen lässt. Gleichzeitig verändert sich der Atem <strong>und</strong><br />
wird immer weniger, immer zarter. An dieser Stelle<br />
haben viele Menschen Angst zu ersticken. Wenn sie<br />
in der Lage sind, dieser Angst zu begegnen <strong>und</strong> sie<br />
auszuhalten, dann <strong>geht</strong> das Fallen weiter durch einen<br />
noch engeren Tunnel <strong>und</strong> irgendwann – irgendwann<br />
weitet sich der Abgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> aus dem Fallen wird ein<br />
Schweben, später ein Fliegen <strong>und</strong> dann erkennt man das<br />
Eins-Sein. Ich glaube, das ist die vollständige Erfahrung<br />
des Aufwachens. Dieser Zustand hat Ähnlichkeit mit<br />
Nahtoderfahrungen – wir sind dabei, das zu erforschen.<br />
Wichtig ist, das Fallen in diesen tiefen Raum <strong>und</strong> die<br />
offene Begegnung mit der Angst zu sterben zuzulassen,<br />
denn wenn man tief Luft holt, kommt man wieder nach<br />
oben <strong>und</strong> dann ist es vorbei. Ich glaube, dass Menschen<br />
aufwachen können, ohne durch diesen tiefen Abgr<strong>und</strong><br />
zu kommen, aber dass dann das Aufwachen zu flach<br />
Spirituelle Praxis<br />
Christian Meyer: „Um das Aufwachen geschehen zu lassen,<br />
braucht es einen anderen Umgang mit den inneren Gefühlen<br />
<strong>und</strong> Erfahrungen. Das Aufwachen geschieht, wenn ich<br />
die Fähigkeit entwickelt habe, alles in mir geschehen zu<br />
lassen, ohne einzugreifen.“<br />
<strong>und</strong> auch <strong>nicht</strong> dauerhaft ist. Wenn sie aufwachen, ohne<br />
durch diesen Abgr<strong>und</strong> zu kommen, müssen sie dieses<br />
Erleben, das die Mystiker früher das “innere Sterben”<br />
genannt haben, nachholen. Es sind bestimmte Schichten,<br />
die man einfach durchschreiten muss. Da ist die<br />
Schicht der Leere, die mit diesen existentiellen Ängsten<br />
zu tun hat, mit der Angst vor der Bodenlosigkeit, der Auflösung<br />
in der Leere, dem vollkommenen Alleinsein <strong>und</strong><br />
dem Sterben selbst. Manche durchleben diese Schicht<br />
in fünf Minuten, manche brauchen Wochen. Meistens<br />
taucht sie einige Male auf. Die Zeiträume sind individuell,<br />
aber die Struktur ist immer die gleiche.<br />
Was ist das Ergebnis, wenn man aufgewacht ist?<br />
Der Verstand ist still. Das Ergebnis ist, dass diese scheinbare<br />
Realität um uns herum <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> als wirklich<br />
wahrgenommen wird. Es löst sich auf <strong>und</strong> stattdessen<br />
ist dieser unendliche, zeitlose Frieden <strong>und</strong> die Erkenntnis,<br />
dass du selber dieser Frieden bist. Und ab dem<br />
Moment ist kein ‚Ich’ <strong>mehr</strong>. Kein ‚Ich brauche, ich tue,<br />
ich sollte...’. Zuerst hat man noch das Gefühl, dass man<br />
schwebt. Da gibt es noch jemanden in einem Raum.<br />
Selbst das Fliegen ist noch eine Erfahrung in einem<br />
KGSBerlin 05/2009 33