Arbeitshilfe Religionen in der Kita - Fachbereich Kindertagesstätten ...
Arbeitshilfe Religionen in der Kita - Fachbereich Kindertagesstätten ...
Arbeitshilfe Religionen in der Kita - Fachbereich Kindertagesstätten ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
16 17<br />
„Ali, ist de<strong>in</strong> Gott Türke?“ fragt<br />
Marie. Ali gibt ke<strong>in</strong>e Antwort.<br />
Da sagt Paul: „Klar <strong>der</strong> Gott<br />
von Ali ist Türke. Und <strong>der</strong> von<br />
Georgis ist Grieche.“<br />
So reden die K<strong>in</strong><strong>der</strong> mite<strong>in</strong>-<br />
an<strong>der</strong> im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten. Sie<br />
nehmen Unterschiede wahr<br />
und tauschen sich darüber aus<br />
– meist mit Neugier, Staunen<br />
und Selbstverständlichkeit.<br />
Ohne die Scheren im Kopf, die<br />
wir Erwachsene haben.<br />
Sab<strong>in</strong>e Müller-Langsdorf: Elternbrief 42 (2007)<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>glauben, S. 19 – 21<br />
1 Bundesvere<strong>in</strong>igung Evang. Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> e.V. (BETA): Bundesrahmenhandbuch. Leitfaden für den Aufbau e<strong>in</strong>es Qualitätsmanagementsystems <strong>in</strong> Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />
Berl<strong>in</strong> 2009. Kernprozesse zur Konzeption <strong>der</strong> evangelischen Tagese<strong>in</strong>richtung für K<strong>in</strong><strong>der</strong>, K 1.1.<br />
2 Friedrich Schweitzer und Christoph Scheilke (Hrsg.): K<strong>in</strong><strong>der</strong> brauchen Hoffnung. Münster 2. Auflage. 2006, dort S. 105 ff<br />
3 Rhe<strong>in</strong>. Verband evang. Tagese<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong><strong>der</strong> e.V. (Hrsg.): Hoffnung leben – Evangelische Anstöße zur Qualitätsentwicklung. Seelze/Velber 2002, S. 36<br />
4 Das Profil evangelischer K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> Baden, Karlsruhe, S. 44<br />
5 ebenda, S. 45<br />
6 vgl. das Bildungsziel im Orientierungsplan Baden-Württemberg: „K<strong>in</strong><strong>der</strong> kennen unterschiedliche Zugänge zum Leben ... und vielfältige religiöse und weltanschauliche Orientierungen“ o<strong>der</strong> im Bildungs- und<br />
Erziehungsplan Hessen: „Den verschiedenen <strong>Religionen</strong>, <strong>der</strong>en Religiosität und Glauben offen begegnen ... Unterschiede wahrnehmen“.<br />
7 Friedrich Schweitzer, Anke Edelbrock, Albert Bies<strong>in</strong>ger (Hg.) Interreligiöse und <strong>in</strong>terkulturelle Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>. E<strong>in</strong>e Repräsentativbefragung von Erzieher<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Deutschland, Münster u.a. 2011, S. 42 ff.<br />
8 Orientierungsplan für Bildung und Erziehung <strong>in</strong> baden-württembergischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten und weiteren K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen, 2011, Teil B 3.6.<br />
9 „Bildung von Anfang an – Bildungs- und Erziehungsplan für K<strong>in</strong><strong>der</strong> von 0 bis 10 Jahren <strong>in</strong> Hessen“, 2007, S. 79-81<br />
10 S<strong>in</strong>n, Werte und Religion <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen – E<strong>in</strong> Beitrag zur Umsetzung des Orientierungsplans. Hrsg. von <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-Stuttgart, Erzdiözese Freiburg, Evang. Landeskirche <strong>in</strong> Baden<br />
und Evang. Landeskirche <strong>in</strong> Württemberg u.a. Stuttgart 2011, S. 31-33 und S. 46<br />
11 „K<strong>in</strong><strong>der</strong> br<strong>in</strong>gen sich zusammen mit an<strong>der</strong>en <strong>in</strong> die nachhaltige Gestaltung ihres sozialen und ökologischen Umfeldes e<strong>in</strong>.“ Bildungsziel im Bildungs- und Entwicklungsfeld S<strong>in</strong>n, Werte und Religion des<br />
Orientierungsplans Baden-Württemberg.<br />
12 nach: Katr<strong>in</strong> Be<strong>der</strong>na und Hildegard König (Hrsg.): Wohnt Gott <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>? – Religionssensible Erziehung <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen. Berl<strong>in</strong> u.a., 2009<br />
13 vgl. das Bildungsziel im Orientierungsplan Baden-Württemberg: „K<strong>in</strong><strong>der</strong> kennen und verstehen die christliche Prägung unserer Kultur.“ o<strong>der</strong> im Bildungs- und Erziehungsplan Hessen: „Grundwissen über<br />
zentrale Elemente <strong>der</strong> christlich-abendländischen Kultur erwerben“.<br />
14 Handreichung S<strong>in</strong>n, Werte und Religion, S 46/47<br />
15 So das letzte Bildungsziel im Bildungs- und Entwicklungsfeld „S<strong>in</strong>n, Werte und Religion“ des Orientierungsplans Baden-Württemberg.<br />
16 siehe Anhang 8<br />
17 vgl. Christa Dommel: K<strong>in</strong><strong>der</strong> als <strong>in</strong>terreligiöse Religionsforscher. In: Be<strong>der</strong>na und König: Wohnt Gott <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kita</strong>?, S 97 f.<br />
18 Das Bildungskonzept wurde für die Altersgruppe ab vier Jahren entwickelt, die <strong>in</strong> England teilweise dem frühk<strong>in</strong>dlichen, teilweise dem Grundschul-Spektrum zugeordnet wird.<br />
3.3 Lernen von und Forschen mit an<strong>der</strong>en<br />
– <strong>in</strong>klusive Religionsbildung<br />
In Großbritannien wurde <strong>in</strong> den letzten Jahren e<strong>in</strong> neuer<br />
Ansatz <strong>in</strong>terreligiöser Bildung <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>richtungen<br />
und Schulen entwickelt. 17 Dah<strong>in</strong>ter steht die Feststellung,<br />
dass das Christentum <strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n Europas nicht mehr<br />
die „Leitwährung“ und an<strong>der</strong>e <strong>Religionen</strong> lediglich „Fremdwährungen“<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Seit den 70er-Jahren f<strong>in</strong>det „Religious Education“ <strong>in</strong> England<br />
an öffentlichen Schulen 18 nicht mehr <strong>in</strong> konfessionsgetrennten<br />
Gruppen statt, son<strong>der</strong>n als Unterricht für alle. K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
lernen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> über die eigene und<br />
an<strong>der</strong>e <strong>Religionen</strong> <strong>in</strong> ihrem Lebensumfeld. Der britische<br />
Ansatz <strong>in</strong>klusiver Religionsbildung nutzt diese Situation<br />
<strong>der</strong> religionspluralen Zusammensetzung <strong>der</strong> Lerngruppe<br />
bewusst. Es geht neben dem Unterrichten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> über<br />
<strong>Religionen</strong> (teach<strong>in</strong>g about religion) vor allem um das<br />
Lernen von Ideen, Erfahrungen und vom Glauben an<strong>der</strong>er<br />
(learn<strong>in</strong>g from religion). Religious Education wird als<br />
Bestandteil <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>bildung angesehen. Hier geht es<br />
um das Kennenlernen und Erlernen „<strong>der</strong> Sprachen <strong>der</strong> Liebe,<br />
des Glaubens und <strong>der</strong> Zärtlichkeit“. Diese Art <strong>der</strong> Kommunikation<br />
soll allen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zugänglich gemacht werden, auch<br />
denen, die nicht religiös gebunden s<strong>in</strong>d. <strong>Religionen</strong> werden<br />
als Modelle <strong>der</strong> Menschlichkeit angesehen, von denen alle,<br />
auch nicht religiös geprägte Menschen, profitieren können.<br />
Es geht um Kommunikation über religiöses Wissen und<br />
religiöse Erfahrungswelten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschützten Lernumfeld<br />
mit demokratischen Spielregeln.<br />
Grundvoraussetzung hierfür ist, dass nicht e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Religion im Zentrum steht, son<strong>der</strong>n die konkrete Kultur und<br />
gelebte Religion jedes K<strong>in</strong>des und se<strong>in</strong>er Familie. Daher<br />
nennt sich <strong>der</strong> Ansatz „<strong>in</strong>klusive Religionsbildung“. Dass die<br />
so genannten „Familienreligionen“ <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
nicht deckungsgleich s<strong>in</strong>d mit theologisch o<strong>der</strong> lehramtlich<br />
def<strong>in</strong>ierten „Weltreligionen“, macht diese Aufgabe zu e<strong>in</strong>er<br />
beson<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ung. Es kann daher nicht um<br />
Belehren über <strong>Religionen</strong> seitens des Erwachsenen gehen.<br />
Son<strong>der</strong>n K<strong>in</strong><strong>der</strong> lernen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er offenen Kommunikation<br />
über ihre existentiellen Themen vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> – und damit<br />
auch von den gelebten und erlebten Familienreligionen ihrer<br />
Freund<strong>in</strong>nen und Freunde.<br />
Diese <strong>in</strong>klusive Religionsbildung ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Mög-<br />
„Lasst uns aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> achten<br />
und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen!<br />
(Brief an die Hebräer 10, 24)<br />
lichkeit für <strong>in</strong>terreligiöses Lernen. Hier kommt beides zum<br />
Tragen: E<strong>in</strong>erseits werden die Bedürfnisse von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n aller<br />
<strong>Religionen</strong> bzw. Weltanschauungen ernst genommen, und<br />
an<strong>der</strong>erseits wird deutlich, dass es bei Religion um mehr<br />
geht als um kognitives Wissen, son<strong>der</strong>n auch um „die<br />
Sprache <strong>der</strong> Liebe“, um Spiritualität, um ethisches Handeln<br />
usw. Insofern eignet sich dieses Konzept sowohl für kirchliche<br />
<strong>Kita</strong>s, die im Konzept „Beheimatung und Begegnung“<br />
auf die Begegnung auf Augenhöhe e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Augenmerk<br />
richten wollen und an<strong>der</strong>erseits für kommunale <strong>Kita</strong>s,<br />
die K<strong>in</strong><strong>der</strong>n aller <strong>Religionen</strong> religiöses Lernen vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
und mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ermöglichen wollen.<br />
!<br />
– K<strong>in</strong><strong>der</strong> lernen nicht nur von Erwachsenen. Viele wich-<br />
tige D<strong>in</strong>ge haben wir selber als K<strong>in</strong><strong>der</strong> von Gleichalt<br />
rigen, jedenfalls von an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n gelernt, bestimmt<br />
auch Wichtiges über die Religion und die Weltanschau-<br />
ung an<strong>der</strong>er.<br />
3.4 E<strong>in</strong> Schatz für das K<strong>in</strong>d<br />
E<strong>in</strong>e Gruppe von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n sitzt im Kreis, gespannte Erwartung<br />
liegt auf den Gesichtern. Ihre Erzieher<strong>in</strong> hat gerade<br />
samtweiche rote Geheimnissäckchen verteilt, <strong>der</strong>en Inhalt<br />
von außen vorsichtig betrachtet wird. Klar ist, dass etwas<br />
Beson<strong>der</strong>es, nichts Alltägliches dar<strong>in</strong> ist. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d nach<br />
dem an<strong>der</strong>en packt se<strong>in</strong>en Schatz aus – es s<strong>in</strong>d religiöse<br />
Gegenstände aus dem h<strong>in</strong>duistischen Kulturkreis, die<br />
für „Puja“, das tägliche Gebet zu Hause o<strong>der</strong> im Tempel<br />
gebraucht werden. Die Figur des elefantenköpfigen Gottes<br />
Ganesha o<strong>der</strong> die kle<strong>in</strong>en Kerzenhalter und Behälter werden<br />
mit Respekt und Fe<strong>in</strong>gefühl <strong>in</strong> den Händen gehalten und<br />
von allen Seiten begutachtet. E<strong>in</strong> Junge, dessen Eltern<br />
aus Indien stammen und dem diese Gegenstände vertraut<br />
s<strong>in</strong>d, erzählt stolz, was er damit verb<strong>in</strong>det. An<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
– christlich, muslimisch o<strong>der</strong> konfessionslos – beteiligen<br />
sich am Gespräch, vergleichen die Inhalte ihrer Samtsäckchen<br />
und hören, was es heißt, e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>du <strong>in</strong> England<br />
zu se<strong>in</strong>. Die Lehrer<strong>in</strong> mo<strong>der</strong>iert und stellt zwischendurch<br />
Fragen o<strong>der</strong> erklärt etwas.<br />
Dommel, Christa: Mischmasch - die fe<strong>in</strong>e englische Art. Multireligiöser<br />
Religionsunterricht <strong>in</strong> England. Aus: DIE BRÜCKE. Zeitschrift für Schule<br />
und Religionsunterricht im Land Bremen. Jg.4 (1999), Heft 2