Arbeitshilfe Religionen in der Kita - Fachbereich Kindertagesstätten ...
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Mitarbeiter<strong>in</strong>nen auf den Auftrag <strong>der</strong> E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> das<br />
geme<strong>in</strong>dliche Leben reduzieren und würde vor allem den<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe vertretenen <strong>Religionen</strong> und<br />
Weltanschauungen nicht gerecht. Aber selbstverständlich<br />
s<strong>in</strong>d Eltern, die sich <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> <strong>der</strong> Kirchengeme<strong>in</strong>de verbunden<br />
fühlen, selber aber nicht zur evangelischen Kirche<br />
gehören, zum Gottesdienstbesuch herzlich e<strong>in</strong>geladen.<br />
Gestaltung des Zusammenlebens<br />
In e<strong>in</strong>er Situation religiöser Pluralisierung <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
die sich auch auf die religiöse Vielfalt <strong>in</strong> <strong>Kita</strong>s auswirkt,<br />
kommt es darauf an, <strong>in</strong> den <strong>Kita</strong>s religiös sprachfähig zu<br />
se<strong>in</strong>. Gerade diese (<strong>in</strong>ter-)religiöse Kompetenz können die<br />
Kirchen <strong>in</strong> die <strong>Kita</strong>s e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und so <strong>in</strong>terreligiöses Lernen<br />
ermöglichen, unterstützen und för<strong>der</strong>n. Mit <strong>der</strong> Gestaltung<br />
des Zusammense<strong>in</strong>s von Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft, Überzeugungen und Weltzugängen leisten die<br />
Kirchen mit ihren <strong>Kita</strong>s e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zu e<strong>in</strong>em<br />
gel<strong>in</strong>genden, erfüllten Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>leben <strong>in</strong> unserer Gesellschaft.<br />
Konkret wird dies z.B. im Engagement für Frieden<br />
und Gerechtigkeit, um den Erhalt <strong>der</strong> Schöpfung, <strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samen<br />
Ausdrucksformen wie Danken, Stillwerden, Beten, im<br />
Achten von Heiligem, Versöhnen und Vergeben.<br />
Um die <strong>Kita</strong> <strong>in</strong> ihrer anspruchsvollen Aufgabe im Umgang<br />
mit religiöser Vielfalt und zugleich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Profilbildung e<strong>in</strong>er<br />
evangelischen E<strong>in</strong>richtung zu unterstützen, muss sich die<br />
Kirchengeme<strong>in</strong>de mit <strong>der</strong> <strong>Kita</strong> über verschiedene Fragen und<br />
Handhabungen verständigen.<br />
Für <strong>Kita</strong>s <strong>in</strong> kommunaler und <strong>in</strong> kirchlicher Trägerschaft<br />
f<strong>in</strong>den sich Fragestellungen zur Unterstützung <strong>der</strong> Mitarbeitenden,<br />
zur <strong>in</strong>terreligiösen Konzeption und Qualität <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>richtung, zu Gestaltung des <strong>in</strong>terreligiösen Dialogs vor<br />
Ort usw. s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Checkliste „Abstimmungen und Vere<strong>in</strong>barungen<br />
zwischen <strong>Kita</strong> und Träger“ f<strong>in</strong>den sich im Anhang<br />
(Anhang 5).<br />
7. E<strong>in</strong>e muslimische pädagogische Fachkraft e<strong>in</strong>stellen?<br />
E<strong>in</strong>e evangelische <strong>Kita</strong> <strong>in</strong> Hessen hat gute Erfahrungen mit<br />
e<strong>in</strong>er muslimischen Berufspraktikant<strong>in</strong> gemacht. Die<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen möchten die junge Frau mit ihrer Kompetenz<br />
sehr gern behalten. Sie beantragen beim Träger, sie als<br />
pädagogische Fachkraft e<strong>in</strong>zustellen. Der Kirchenvorstand<br />
gibt sich mit e<strong>in</strong>em ablehnenden Bescheid <strong>der</strong> kirchlichen<br />
Verwaltung nicht zufrieden. In mehreren Sitzungen wird<br />
e<strong>in</strong>e ausführliche Begründung für den Antrag erarbeitet.<br />
Die muslimische Fachkraft wird e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Die E<strong>in</strong>stellung e<strong>in</strong>er muslimischen pädagogischen Fachkraft<br />
kann e<strong>in</strong> hilfreicher Beitrag für das Zusammenleben <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er <strong>Kita</strong> se<strong>in</strong>, die auch von muslimischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n besucht<br />
wird.<br />
Dass es aber <strong>in</strong> christlichen <strong>Kita</strong>s nur selten zu e<strong>in</strong>er solchen<br />
Praxis kommt, hängt mit den E<strong>in</strong>stellungsregeln <strong>der</strong><br />
Kirchen zusammen. In <strong>der</strong> Regel beschäftigen die Kirchen<br />
nur Menschen, die Mitglied e<strong>in</strong>er anerkannten christlichen<br />
Kirche s<strong>in</strong>d. Das s<strong>in</strong>d z.B. alle Kirchen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> ACK<br />
(Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft christlicher Kirchen; siehe Anhang 7)<br />
vertreten s<strong>in</strong>d. In e<strong>in</strong>igen Kirchen ist <strong>in</strong> Ausnahmefällen die<br />
E<strong>in</strong>stellung nichtchristlicher Fachkräfte möglich. Wie das<br />
aussehen kann, zeigt e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> das E<strong>in</strong>stellungsgesetz <strong>der</strong><br />
Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN).<br />
!<br />
– § 3 Personen ohne Kirchenzugehörigkeit<br />
(1) Von <strong>der</strong> <strong>in</strong> §2 genannten Kirchenzugehörigkeit<br />
kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn<br />
1. geeignete Bewerber<strong>in</strong>nen o<strong>der</strong> Bewerber, die<br />
e<strong>in</strong>e Zugehörigkeit nach § 2 aufweisen, trotz<br />
angemessener Bemühungen nicht gefunden<br />
werden können;<br />
2. die Besetzung erfor<strong>der</strong>lich ist, um den Dienst<br />
<strong>in</strong> angemessener Weise fortführen zu können,<br />
3. die Bewerber<strong>in</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bewerber auch die<br />
persönliche Eignung für den Dienst aufweist und<br />
4. die Bewerber<strong>in</strong> o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bewerber verb<strong>in</strong>dlich<br />
erklärt, <strong>in</strong> ihrem o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em Dienst das Christentum<br />
und se<strong>in</strong>e Grundüberzeugung zu achten, wie sie<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> EKHN festge halten s<strong>in</strong>d.<br />
(2) Von <strong>der</strong> <strong>in</strong> §2 genannten Kirchenzugehörigkeit<br />
kann ferner abgesehen werden, wenn die zu besetzende<br />
Stelle aufgrund ihrer spezifischen Konzeption auch <strong>der</strong><br />
Arbeit mit Menschen an<strong>der</strong>er <strong>Religionen</strong> dient und es<br />
für diese Arbeit erfor<strong>der</strong>lich ist, die Stelle mit e<strong>in</strong>er<br />
Person an<strong>der</strong>er Religionszugehörigkeit zu besetzen.<br />
Die <strong>in</strong> Absatz (1) Nr. 3 und 4 genannten Voraussetzun-<br />
gen gelten entsprechend.<br />
Amtsblatt <strong>der</strong> EKHN Nr. 1/2010 S. 24f<br />
Die E<strong>in</strong>stellung nichtchristlicher Fachkräfte setzt voraus,<br />
dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>e Konzeption vorhanden ist bzw.<br />
entwickelt wird, die beson<strong>der</strong>s die Gestaltung <strong>in</strong>terreligiöser<br />
Prozesse im Blick hat. Außerdem ist sehr genau nachzuweisen,<br />
dass ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Person für diese Aufgabe <strong>in</strong> Frage<br />
kommt.<br />
In an<strong>der</strong>en Landeskirchen gibt es e<strong>in</strong> solches Gesetz noch<br />
nicht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Kirchen wird das Thema diskutiert. Gelegentlich<br />
kommt es auch trotz an<strong>der</strong>er Rechtslage zu<br />
E<strong>in</strong>stellungen bzw. zu Beschäftigungsverhältnissen als<br />
e<strong>in</strong>malige Ausnahmeregelung o<strong>der</strong> über an<strong>der</strong>e Wege (z.B.<br />
als Sprachför<strong>der</strong>kräfte o<strong>der</strong> Integrationskräfte).<br />
Wo immer also <strong>der</strong> Wunsch bzw. <strong>der</strong> Bedarf besteht, <strong>in</strong> das<br />
<strong>Kita</strong>team e<strong>in</strong>e muslimische Fachkraft aufzunehmen, braucht<br />
es vor allem e<strong>in</strong>e tragfähige Konzeption, die die religiöse<br />
Vielfalt aufgreift und <strong>in</strong>terreligiöses Lernen vorsieht. In<br />
dieser Konzeption muss die Stelle für e<strong>in</strong>e Person an<strong>der</strong>er<br />
Religionszugehörigkeit fachlich gut verortet se<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>em<br />
solchen vielfältigen bzw. „bunten“ Team darf die E<strong>in</strong>zelne<br />
nicht überfor<strong>der</strong>t und als Repräsentant<strong>in</strong> für alle Angehörigen<br />
ihrer Bevölkerungs- bzw. Religionsgruppe gesehen<br />
werden. Vielmehr gilt: Zuerst kommt <strong>der</strong> Mensch, dann die<br />
Frage nach se<strong>in</strong>er kulturellen und religiösen Identität.<br />
?<br />
Wozu kann die muslimische Fachkraft beitragen?<br />
– Als Teil des Teams kann e<strong>in</strong>e muslimische Fachkraft<br />
zur Schärfung des Bewusstse<strong>in</strong>s für die Bedeutung<br />
religiöser und <strong>in</strong>terreligiöser Erziehung beitragen.<br />
– Die Mitarbeit e<strong>in</strong>er muslimischen Fachkraft kann den<br />
<strong>in</strong>terreligiösen Austausch <strong>in</strong>tensivieren.<br />
– Sie kann bei muslimischen Eltern und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
Vertrauen stiftend wirken.<br />
– Die Anwesenheit e<strong>in</strong>er muslimischen Fachkraft im Team<br />
kann bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Eltern zum Fragen nach <strong>der</strong><br />
eigenen religiösen Identität ermutigen.<br />
– Der Austausch mit e<strong>in</strong>er muslimischen Kolleg<strong>in</strong> kann<br />
zur Profilierung <strong>der</strong> religiösen und pädagogischen<br />
Positionen im Team beitragen.<br />
?<br />
– Und was ist, wenn die Kolleg<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kopftuch trägt?<br />
Diese Frage muss vor <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung e<strong>in</strong>er muslimischen<br />
Erzieher<strong>in</strong> von Träger (Kirchenvorstand), <strong>Kita</strong>team und<br />
Eltern geklärt werden. Formal gibt es ke<strong>in</strong>e kirchlichen<br />
Beschlüsse, die das Tragen e<strong>in</strong>es Kopftuches verbieten.<br />
Deshalb wird man sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis vor Ort e<strong>in</strong>igen<br />
müssen. Wenn alle e<strong>in</strong>verstanden s<strong>in</strong>d, ist das Tragen<br />
e<strong>in</strong>es Kopftuches ke<strong>in</strong> Problem.<br />
– Kommunale K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenträger s<strong>in</strong>d grundsätzlich ver-<br />
pflichtet, bei <strong>der</strong> Auswahl ihrer Beschäftigten niemand<br />
wegen <strong>der</strong> Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er bestimmten Religi-<br />
on o<strong>der</strong> Weltanschauung abzulehnen. Das Tragen e<strong>in</strong>es<br />
Kopftuchs wird jedoch <strong>in</strong> Baden-Württemberg meist<br />
unter Berufung auf § 38 des Schulgesetzes abgelehnt.<br />
Dieser Paragraf wird vom Bundesverwaltungsgericht so<br />
<strong>in</strong>terpretiert: „Das Tragen von Kleidungsstücken durch<br />
Lehrer stellt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> öffentlichen Schulen unzulässi-<br />
ge äußere Bekundung ... dar, wenn das Kleidungsstück<br />
erkennbar aus dem Rahmen <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule üblichen<br />
Bekleidung fällt und <strong>der</strong> Lehrer Schülern und Eltern<br />
die religiöse o<strong>der</strong> weltanschauliche Motivation für das<br />
Tragen des Kleidungsstücks darlegt.“ (BVerwG, Ent-<br />
scheidung vom 26.6.2008)<br />
Umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschie<br />
den ist die Frage, ob dieses „unzulässig“ auch für päda-<br />
gogische Fachkräfte <strong>in</strong> öffentlichen K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagese<strong>in</strong>-<br />
richtungen gilt. Jedenfalls wird es auch da, wie oben<br />
ausgeführt, darum gehen, ggf. das E<strong>in</strong>verständnis aller<br />
Beteiligten e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Eltern e<strong>in</strong>zuholen.