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Zum Download - Landesjugendring Berlin

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Beispiel von Bertolt Brechts Gedicht »Fragen eines lesenden Arbeiters« kann<br />

dies verdeutlicht werden. Es wird deutlich, dass die Sichtweisen anderer, hier<br />

die der Arbeiter, nicht vorkommen. Das heißt, die (heterogene) Zielgruppe der<br />

Geschichtslernenden wird unterschiedlich bei der Erzählung angesprochen. Die<br />

einen erfahren »Bestätigung« und die anderen »Entfremdung«. Mechanismen<br />

von Ein- und Ausgrenzung schließen sich hier leicht an. Dies muss beim historischen<br />

Lernen beachtet und reflektiert werden.<br />

Gegenwärtig wird unzureichend reflektiert, dass Geschichte / Geschichtsschreibung<br />

bis heute meist dominant, hegemonial, eben »imperialistische« Züge aufweist,<br />

die national, patriarchalisch, elitär, christlich und europäisch sind. 41 Diese<br />

Betrachtungsweisen (wie Männerhistorie, Oberschichtengeschichte, weiße Erzählungen<br />

…) sind kenntlich zu machen und sollten einer Reflektion unterzogen<br />

werden. Die Identitäten der Zielgruppe und das Niveau des Verunsicherungsvermögens<br />

und dem Verständnis, dass Geschichte und letztlich auch die eigene<br />

Identität von Aushandlungsprozessen abhängig ist, muss berücksichtigt werden.<br />

Daher sind existentielle Erzählungen (wie Krieg) anfangs zu vermeiden oder setzen<br />

Erfahrungen im Geschichtslernen / historischen Denken voraus. Ansonsten<br />

schnappt die Falle zu und ein historisches Lernen (wie Multiperspektivität, Kontroversität,<br />

Pluralität) wird unmöglich.<br />

2.5.3. Falle der »Heterogenität« und »Hybridität« von<br />

Identitäten<br />

Bei jeder Gruppenzuschreibung – erst recht bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

– sind Differenzierungen zwangsläufig geltend zu machen. Gruppen<br />

sind heterogen, nicht geschlossen und einheitlich. Die Mitglieder unterscheiden<br />

sich in der Kultur (Sprache, Religion, Werte, Gesellschaftsmodelle …), im Rechtsstatus<br />

(manche haben nur eine »Duldung« um hier zu leben) oder sie kommen<br />

aus unterschiedlichen Einwanderungsgenerationen (Urgroßeltern 1945/48,<br />

Großeltern um 1960/65, Eltern um 1990) oder sie sind als Kind selbst nach dem<br />

Jahr 2000 eingewandert. Zudem spielt die ökonomische, kommunikative und<br />

bildungsmäßige Integration in der Aufnahmegesellschaft eine Rolle. 42<br />

Gruppen sind in sich vielfältig und dies muss auch im historischen Denken beachtet<br />

werden. Im Geschichtslernen sollen gruppenspezifische Themen (wie Religion<br />

oder Gastarbeiter) einbezogen werden. Dies bedeutet aber kein automatisches<br />

Identifizieren der vermeidlichen oder tatsächlichen Lerngruppenmitglieder mit<br />

den historischen Figuren, die angeblich zu ihnen passen. Auch Abgrenzungen<br />

sind möglich, denn Migranten_innen haben oft eine hybride Identität, die einer<br />

gruppenspezifischen Zuschreibung von außen widerstrebt. Ein »Deutschtürke«<br />

etwa »sitzt eben zwischen zwei Stühlen oder auf zwei Stühlen«.<br />

41 Ebd. S. 34.<br />

42 Ebd. S. 36.<br />

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