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Sprachkontakte - Universität Konstanz

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(iii) Das „hot news“-Perfekt des irischen Englisch:<br />

Für das irische Englische sind Konstruktionen belegt, die den Nachzustand einer Person nach<br />

einem bestimmten Ereignis bezeichnen. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Present Perfect<br />

wird diese Konstruktion nicht mit have gebildet (She has sold the boat.), sondern mithilfe<br />

einer Gerundialform (auf -ing) und der Präposition after; vgl.<br />

(8) She’s after selling the boat. (= She has just sold the boat.)<br />

Als Komplement der Präposition kann auch ein gewöhnliches Substantiv stehen, z.B.<br />

(9) He’s after the flu. (= He just had the flu.)<br />

(Vgl. Heine/Kuteva 2005:102 mit weiteren Angaben.)<br />

Im Keltischen – darunter auch im Irischen – sind solche Konstruktionen an der Tagesordnung.<br />

Ihr Eindringen ins Englische in Irland darf im Zusammenhang mit einem Sprachwechsel der<br />

ursprünglich irisch (= Lx) sprechenden Bevölkerung zum Englischen (= Ly) bewertet werden.<br />

Es handelt sich also auch hier um ein Substrat.<br />

(iv) Prädikative Possession bzw. existenzielle Kopula:<br />

Von einem (vermutlich ebenso keltischen) Substrat darf man bei der französischen<br />

Konstruktion il y a (+ NP) ausgehen. Hier wurde das Possessionsverb avoir ,haben’ zu einem<br />

Teil einer Kopula-Konstruktion, die die Existenz eines Referenten ausdrückt, welcher auf<br />

diese Kopula folgt.<br />

Wenn nun allerdings im alemannischen Deutschen statt der standarddeutschen Kopula-<br />

Konstruktion es gibt (+ NP) eine analoge Konstruktion es hat (+ NP) verwendet wird, dann<br />

handelt es sich hier um ein Adstrat. Denn es findet kein Sprachwechsel statt; die Lx (=<br />

Deutsch) wird nur durch Einfluß einer Ly (= Französisch) verändert.<br />

• soziolinguistische Dominanz, Sprecherzahl<br />

Im allgemeinen lässt sich sagen, dass soziale Variablen verhältnismäßig wenig Voraussagen<br />

darüber erlauben, welcher Art die strukturellen Ergebnisse des Sprachkontakts sein werden.<br />

Als einigermaßen zuverlässig erweisen sich in dieser Hinsicht anscheinend nur die<br />

Proportionen der Sprecherzahlen der Kontaktsprachen zueinander: je mehr Sprecher der<br />

Sprache Lx gegenüber einer deutlich kleineren Anzahl von Sprechern einer Ly existieren,<br />

desto wahrscheinlicher ist es, dass nur Ly von Lx beeinflusst wird. Nehmen wir weiter an, dass<br />

Lx in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens funktioniert, Ly dagegen nur im<br />

privaten Bereich seiner primären Sprecher (L1-Sprecher). Damit korreliert gewöhnlich die<br />

Erscheinung, dass die L1-Sprecher von Ly zugleich Lx sprechen, die L1-Sprecher von Lx<br />

jedoch in aller Regel nicht Ly. Die kollektive Zweisprachigkeit ist dadurch asymmetrisch, und<br />

im allgemeinen werden immer mehr Sprecher von Ly zu Lx übertreten (bis in einer der<br />

Folgegenerationen kein Sprecher mehr Ly aktiv beherrscht). Damit wird der Einfluß von Lx<br />

auf Ly zu einem Adstrat (oder Superstrat).<br />

Ob sich dagegen in Lx ein Substrat aus Ly finden wird, hängt offenbar am ehesten von der<br />

M e n g e der noch verbleibenden Ly-Sprecher ab. Im Zusammenhang damit spielt es ferner<br />

eine Rolle, wie hoch der Anteil an z w e i s p r a c h i g e n Lx-Ly-Sprecher aus beiden (allen)<br />

Teilen der „Kontaktgemeinschaft“ ist. Schließlich sollte noch darauf verwiesen werden, dass<br />

sich u.U. ein dritter Faktor darauf auswirkt, ob sich in Lx ein Substrat aus Ly festsetzt,<br />

nämlich: das T e m p o des Sprachwechsels von Ly zu Lx, gemessen z.B. anhand der Anzahl<br />

von Generationen, die der Sprachwechsel von einsprachigen Ly-Sprechern zu einsprachigen<br />

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