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Ästhetische Erziehung oder Bildung in der zweiten Moderne? Über ...

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Sie folge ihr, sagt Waentig, »<strong>in</strong>dem sie die Wirtschaft<br />

zur Kultur empor bilde(n) und erst damit erlebenswert<br />

mache(n)«. (Waentig, 409 f.) Waentig <strong>in</strong>terpretiert<br />

wirtschaftlichen Erfolg als kulturelles Ereignis, beidem<br />

hat ästhetische <strong>Erziehung</strong> zuzuarbeiten – e<strong>in</strong> sehr<br />

m<strong>o<strong>der</strong></strong>ner Standpunkt. Man kann auch von e<strong>in</strong>er ideologischen<br />

Kontextualisierung sprechen <strong>o<strong>der</strong></strong> von <strong>der</strong><br />

Beseitigung e<strong>in</strong>er Differenz.<br />

Wir f<strong>in</strong>den diesen Strang funktionaler Bestimmtheit<br />

<strong>in</strong> den Programmen <strong>der</strong> Kunsterziehungsbewegung<br />

wie<strong>der</strong>, allerd<strong>in</strong>gs überlagert von <strong>der</strong> Idee e<strong>in</strong>er von<br />

Zwecken eher freigehaltenen subjektiven Bereicherung<br />

durch Kunst, die wir als zunächst funktionsfreie<br />

<strong>Bildung</strong>sidee identifizieren können.<br />

Der funktionale Strang ästhetischer <strong>Erziehung</strong> ist<br />

historisch leicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt,<br />

dass Deutschland damals vor <strong>der</strong> Eroberung des Weltmarkts<br />

technischer Industrieerzeugnisse stand und<br />

die technisch-ästhetische Intelligenz, vertreten durch<br />

Museumsdirektoren wie Jessen und Lichtwark,<br />

durch Werkbundmitglie<strong>der</strong> wie Muthesius und<br />

Kerschenste<strong>in</strong>er, sich zum Anwalt brauchbarer Qualifikationen<br />

für e<strong>in</strong>e ästhetische Aufrüstung machte. (vgl.<br />

Selle 1981, 118 f.)<br />

Das ist die e<strong>in</strong>e, handfest ökonomisch begründete<br />

Seite <strong>der</strong> Reform. H<strong>in</strong>gegen sagt <strong>der</strong> Lehrer He<strong>in</strong>rich<br />

Wolgast 1902 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vortrag über die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Kunst für die <strong>Erziehung</strong> auf <strong>der</strong> Deutschen Lehrerversammlung,<br />

also zur Zeit und im Umkreis <strong>der</strong><br />

Kunsterziehungstage: »Das Fundament unserer Arbeit ist<br />

die Anschauung. Die künstlerische <strong>Erziehung</strong> will nichts<br />

an<strong>der</strong>es, als dieses Fundament tiefer begründen. Mehr<br />

als <strong>der</strong> Intellekt und das sittliche Handeln hält sich<br />

die künstlerische Tätigkeit wie das künstlerische<br />

Genießen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sphäre <strong>der</strong> S<strong>in</strong>ne (…). Die künstlerische<br />

<strong>Erziehung</strong> will (…) dem K<strong>in</strong>de fe<strong>in</strong>ere Augen und<br />

Ohren geben, <strong>in</strong>dem sie es anleitet, künstlerisch zu sehen<br />

und zu hören.« (Wolgast 1903, 6 zit. In: Selle 1981, 123)<br />

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