Wirtschaft & Steuern aktuell - MDS Möhrle & Partner
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6<br />
Arbeitgeber/Arbeitnehmer<br />
Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in drei steuerzahlerfreundlichen<br />
Urteilen entschieden, dass ein<br />
Arbeitnehmer bei mehreren Tätigkeitsstätten<br />
nicht mehr als einen regelmäßigen Arbeitsplatz<br />
innehaben kann. Dies ist deshalb von besonderer<br />
Bedeutung, weil für Fahrten zwischen Wohnung<br />
und der regelmäßigen Arbeitsstätte nur die Entfernungspauschale<br />
von 30 Cent pro Entfernungskilometer<br />
in Betracht kommt. Aufwendungen für<br />
Fahrten zu allen anderen Einsatzorten können<br />
dagegen nach den Grundsätzen für Auswärtstätigkeiten<br />
geltend gemacht werden; für Fahrten<br />
mit dem PKW sind dies die tatsächlichen Aufwendungen<br />
(oder pauschal 30 Cent pro gefahrenen<br />
Kilometer).<br />
Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung<br />
in allen offenen Fällen an. Sie hat dabei<br />
Grundsätze festgelegt, nach denen bei mehreren<br />
Einsatzorten die regelmäßige Arbeitsstätte<br />
zu bestimmen ist. Maßgebend sind danach<br />
Werbungskosten/Betriebsausgaben<br />
Aktuelle Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung<br />
Müssen Arbeitnehmer oder selbstständig Tätige<br />
aus beruflichen Gründen neben ihrer (Familien-)<br />
Wohnung eine zweite Wohnung am Beschäftigungsort<br />
beziehen, können sie die damit zusammenhängenden<br />
Aufwendungen im Rahmen ihrer<br />
Einkommensteuererklärung als Werbungskosten<br />
bzw. Betriebsausgaben abziehen – oder der<br />
Arbeitgeber kann sie steuerfrei erstatten.<br />
Zuletzt hat der Bundesfinanzhof (BFH) in drei<br />
Urteilen jeweils Streitfälle aus dem Bereich der<br />
doppelten Haushaltsführung entschieden. Er<br />
nimmt Stellung zu den maßgeblichen Grundvoraussetzungen:<br />
y berufliche Veranlassung in Abgrenzung zu<br />
einem aus privaten Gründen unterhaltenen<br />
zweiten Haushalt,<br />
y Unterhalten eines eigenen (Haupt-)Hausstands<br />
in Abgrenzung zum Wohnen in einem<br />
fremden Haushalt,<br />
y Wohnen „am Beschäftigungsort” und die<br />
damit verbundene Frage, wie weit entfernt<br />
diese Wohnung von der Arbeitsstätte liegen<br />
darf.<br />
Damit die Kosten des doppelten Haushalts eines<br />
Steuerpflichtigen steuerlich anerkannt werden,<br />
müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:<br />
die dienstrechtlichen bzw. arbeitsvertraglichen<br />
Regelungen. Ein Einsatzort wird zur regelmäßigen<br />
Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer<br />
y einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers<br />
dauerhaft zugeordnet ist oder<br />
y in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers<br />
❘ arbeitstäglich,<br />
❘ einen Tag pro Arbeitswoche oder<br />
❘ mindestens 20 % der vereinbarten regelmäßigen<br />
Arbeitszeit<br />
tätig werden soll (Prognoseentscheidung).<br />
Hiervon abweichend kann eine andere – oder gar<br />
keine – Arbeitsstätte als „regelmäßige“ angesehen<br />
werden, wenn dies anhand des inhaltlichen<br />
(qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen<br />
Tätigkeit nachgewiesen oder glaubhaft gemacht<br />
wird.<br />
1. Der Arbeitnehmer muss die Zweitwohnung aus<br />
beruflichen Gründen beziehen.<br />
2. Die Finanzverwaltung verlangt, dass am Wohnort<br />
des Arbeitnehmers der Mittelpunkt seiner<br />
Lebensinteressen liegt, und er dort einen eigenen<br />
Haushalt unterhält. Dabei darf der eigene<br />
Hausstand nicht nur gelegentlich aufgesucht<br />
werden. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen<br />
befindet sich bei einem verheirateten Arbeitnehmer<br />
regelmäßig am Familienwohnsitz und bei<br />
ledigen Mitarbeitern dort, wo die persönlichen<br />
Beziehungen zu dessen Lebenspartner, Eltern<br />
und Freundeskreis bestehen.<br />
Bei der Frage, ob in einer Wohnung der Eltern<br />
ein eigener Hausstand unterhalten wird, sind<br />
neben Größe, Einrichtung und Ausstattung der<br />
Wohnung auch die persönlichen Lebensumstände,<br />
Alter und Personenstand zu berücksichtigen.<br />
So ist bei einem jungen Arbeitnehmer, der<br />
unmittelbar nach dem Schulabschluss eine Ausbildung<br />
begonnen hat, in der Regel davon auszugehen,<br />
dass er in den Haushalt seiner Eltern<br />
eingegliedert ist. Hatte der Steuerpflichtige<br />
dagegen schon zuvor, etwa im Rahmen einer<br />
<strong>Partner</strong>schaft oder Ehe andernorts, einen eigenen<br />
Hausstand, kann unterstellt werden, dass<br />
er einen solchen auch später in der Wohnung<br />
Auswirkungen ergeben sich auch beim Lohnsteuerabzug.<br />
Der Arbeitgeber kann die tatsächlich<br />
entstandenen Aufwendungen für Fahrten zu den<br />
Arbeitsstätten, die jetzt nicht mehr als „regelmäßige“<br />
Arbeitsstätten anzusehen sind, lohnsteuerfrei<br />
erstatten; bei Benutzung eines PKW kommt<br />
eine Pauschale von 30 Cent für den gefahrenen<br />
Kilometer in Betracht. Diese steuerfreien Reisekostenerstattungen<br />
unterliegen auch nicht der<br />
Sozialversicherung.<br />
Durch das Urteil wird die PKW-Überlassung an<br />
Arbeitnehmer ebenfalls vorteilhaft: Es entfallen<br />
z. B. die aufwendigen Berechnungen zur Ermittlung<br />
des zusätzlichen geldwerten Vorteils für<br />
Fahrten zu mehreren Arbeitsstätten. Ganz und<br />
gar fällt der Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung<br />
und Arbeitsstätte weg, wenn keine regelmäßige<br />
Arbeitsstätte vorhanden ist.<br />
im Haus seiner Eltern führt (BFH-Urteil vom<br />
28.3.2012).<br />
3. Eine doppelte Haushaltsführung kann nur am<br />
Beschäftigungsort (das ist der Ort der regelmäßig<br />
aufgesuchten Arbeitsstätte) begründet<br />
werden. Bei der Zweitwohnung kann es sich um<br />
eine Eigentums- oder Mietwohnung, ein möbliertes<br />
Zimmer, ein Hotelzimmer oder eine Gemeinschaftsunterkunft<br />
handeln. Selbst ein Zweithaushalt<br />
in einer Wohngemeinschaft ist möglich<br />
(BFH-Urteil vom 28.3.2012). Die Aufwendungen<br />
dafür muss der Steuerpflichtige durch geeignete<br />
Unterlagen nachweisen, z. B. Kopie des Mietvertrags<br />
oder der Hotelrechnung.<br />
Die Zweitwohnung muss nicht direkt am Beschäftigungsort<br />
liegen, auch eine Wohnung im Einzugsbereich<br />
wird anerkannt. Der BFH hat sogar<br />
eine doppelte Haushaltsführung bejaht, obwohl<br />
die Entfernung zwischen Zweitwohnung und<br />
regelmäßiger Arbeitsstätte rund 140 km betrug.<br />
Die Arbeitnehmerin benötigte für die tägliche<br />
Zugfahrt mit dem ICE eine Stunde – das sei angesichts<br />
steigender Mobilitätsanforderungen noch<br />
vertretbar. In diesem Fall lag der Betriebssitz<br />
zunächst am Ort der Zweitwohnung und wurde<br />
erst später rund 140 km wegverlegt (BFH-Urteil<br />
vom 19.4.2012).