Beitrag Risikomanagementsysteme - arf Gesellschaft für ...
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1<br />
Risikomanagementsystem –<br />
Praxisbeispiel: Gesundheitswesen<br />
von Dr. Horst Körner und Dr. Michael Maier<br />
<strong>arf</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Organisationsentwicklung mbH<br />
1. Methodische und rechtliche Grundlagen<br />
2. Risikomanagement-Prozess am praktischen Beispiel Gesundheitswesen<br />
3. Effizienz des Risikomanagementsystems<br />
Der folgende Artikel beschäftigt sich mit den Grundlagen von Risikomanagement-<br />
systemen und stellt die praktische Umsetzung anhand eines börsennotierten Kli-<br />
nikunternehmens beispielhaft dar.<br />
1. Methodische und rechtliche Grundlagen<br />
Aufgrund des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich<br />
(KonTraG) hat der „... Vorstand geeignete Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere<br />
ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der <strong>Gesellschaft</strong><br />
gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“ (§ 91 Abs.2 AktG).<br />
Mit Einführung des KonTraG wird die Leitungsaufgabe des Vorstands unter dem<br />
Aspekt der besonderen Verantwortung <strong>für</strong> Installation und Betrieb eines Systems<br />
zur Früherkennung bestandsgefährdender Risiken erstmals gesetzlich verankert.<br />
Zu den bestandsgefährdenden Risiken werden<br />
- risikobehaftete Geschäfte, Unrichtigkeiten in der Rechnungslegung und Verstö-<br />
ße gegen gesetzliche Vorschriften<br />
- mit Wirkung auf Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der <strong>Gesellschaft</strong><br />
gezählt (Vgl. hierzu die in § 91 Abs. 2 AktG kodifizierten Ausführungen).
1.1 Wesen und Bedeutung des Risikomanagements<br />
1.1.1 Zum Begriff „Risiko“<br />
2<br />
Generell wird unter dem Begriff Risiko eine Gefahr verstanden, die als Folge von<br />
Ereignissen und Handlungen bezogen auf die Erreichung eines bestimmten Zieles<br />
auftritt. Im unternehmerischen Sinne bezeichnet Risiko folglich die Gefahr unter-<br />
nehmerische Ziele aufgrund von (Fehl-)Entscheidungen zu verfehlen. Ursächlich ist<br />
hier<strong>für</strong> eine generelle Unsicherheit bezüglich künftiger Ereignisse als Folge unvoll-<br />
ständiger Informationen.<br />
1.1.2 Management von Unternehmensrisiken<br />
Das KonTraG spricht jedoch nicht obigen umfassenden Risikobegriff an, sondern<br />
beschränkt sich auf bestandsgefährdende und wesentliche Risiken. Somit können<br />
die Regelungen des KonTraG lediglich eine grobe Vorgabe darstellen, welche zur<br />
Sicherung von Erfolg und Fortbestand der Unternehmung zu berücksichtigen sind.<br />
Unter dem Begriff Risikomanagement seien im Folgenden alle Maßnahmen ver-<br />
standen, die vom Management vollzogen werden, um Risiken zu erkennen und<br />
entsprechend den Zielen des Unternehmens zu steuern. Die Anforderungen des<br />
KonTraG sind dabei verpflichtend zu erfüllen. Dies bedingt, dass zunächst sämtli-<br />
che betrieblichen Prozesse und Geschäftsbereiche auf Risiken zu untersuchen<br />
sind, die den Bestand des Unternehmens gefährden oder die Vermögens-, Ertrags-<br />
und Finanzlage wesentlich beeinträchtigen können. Frühzeitige Erkennung bedeu-<br />
tet in diesem Zusammenhang, bestandsgefährdende Entwicklungen bereits zu<br />
einem Zeitpunkt zu identifizieren, zu dem geeignete Maßnahmen zur Sicherung<br />
des Fortbestands der <strong>Gesellschaft</strong> getroffen werden können.<br />
Da nahezu jede unternehmerische Tätigkeit mit Risiken verbunden ist, können<br />
bestandsgefährdende Risiken naturgemäß nicht ausgeschlossen werden. Ziel der<br />
mit dem KonTraG verknüpften Novellierungen der einschlägigen Gesetze (AktG,<br />
HGB, PublG, EGHGB) kann somit lediglich eine systematische und kontinuierliche
3<br />
Analyse derartiger Risiken durch Vorstand und Aufsichtsrat bedeuten. Die Forde-<br />
rung nach einem Risikomanagementsystem beinhaltet also nicht, daß der Vorstand<br />
sämtliche Risiken selbst steuert, sondern sich der vorhandenen Strukturen und<br />
Instrumente im Unternehmen zur Risikosteuerung pflichtgemäß bedient und dabei<br />
durch ein effektives Risikocontrolling unterstützt wird.<br />
Risikomanagement ist im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten als<br />
konzernweite Aufgabe zu verstehen, da auch von Tochterunternehmen als Folge<br />
von Ergebnisabführungs- bzw. Verlustausgleichsverpflichtungen wesentliche Risi-<br />
ken ausgehen können. Die Verpflichtung zur eigenständigen Wahrnehmung einer<br />
Risikovorsorge durch die Geschäftsleitung einer Tochtergesellschaft ist davon nicht<br />
ausgenommen.<br />
1.1.3 Unterstützung durch das Risikocontrolling<br />
Das Risikocontrolling soll der Unternehmensführung durch geeignete Instrumente<br />
Informationen zu Risiken möglichst frühzeitig aufbereiten, so daß es möglich wird,<br />
auf Risiken frühzeitig zu reagieren, diese abzuwehren oder deren Auswirkungen zu<br />
minimieren. Hierzu ist es erforderlich, daß das Risikocontrolling am gesamten Pro-<br />
zeß des Managements von Risiken mitwirkt. Dies bedeutet Risiken<br />
- zu identifizieren,<br />
- mit Frühwarnindikatoren zu bewerten und<br />
- Limits oder Grenzwerte je Frühwarnindikator zu definieren.<br />
Das Controlling soll Informationsermittlung, -auswertung und -bereitstellung bei der<br />
Planung, Realisierung und Kontrolle betrieblicher Aktivitäten auf die unternehmeri-<br />
schen Risiken hin synchronisieren und durch Soll-Ist-Vergleiche im Rahmen einer<br />
regelmäßigen oder fallweisen Berichterstattung an die Geschäftsleitung transparent<br />
und operational weiterleiten.<br />
1.1.4 Internes Kontrollsystem<br />
Um bestandsgefährdende Risiken zu erkennen, sind sämtliche betriebliche Prozes-<br />
se und Geschäftsbereiche auf Risiken zu untersuchen, die den Bestand des Unter
4<br />
nehmens gefährden oder die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage wesentlich<br />
beeinträchtigen können. Frühzeitige Erkennung bedeutet in diesem Zusammen-<br />
hang, bestandsgefährdende Entwicklungen zu einem Zeitpunkt zu identifizieren, zu<br />
dem geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestands der <strong>Gesellschaft</strong> noch<br />
getroffen werden können.<br />
1.1.5 Entwicklung einer Risikostrategie<br />
Als Folge der Beschäftigung des Managements mit den unternehmerischen Risiken<br />
ergibt sich eine Risikostrategie als organisationstypisches Verhaltensmuster bei der<br />
abwägenden Wahrnehmung von Chancen und Risiken. Die konkrete Ausprägung<br />
einer Risikostrategie hängt dabei naturgemäß von einer Vielzahl von Wirkfaktoren<br />
ab:<br />
- Unternehmenssituation im Wettbewerb, Wettbewerbsstruktur<br />
- spezifische Wettbewerbsvor- und -nachteile<br />
- Marktstruktur und -veränderung<br />
- Preis-, Kosten- und Margensituation<br />
- Relative Ressourcenstärke<br />
- Unternehmenskultur<br />
- Mentalität der Führungskräfte und Mitarbeiter<br />
Eine systematische, aber nicht einzelfallbezogen agierende Risikostrategie ist da-<br />
bei von folgenden Prozeßelementen geprägt:<br />
- regelmäßige Identifikation und Bewertung von Kernchancen und damit verbun-<br />
denen Kernrisiken<br />
- regelmäßige Prüfung, ob periphere Risiken (Schadensgefahren) aus grundsätz-<br />
lichen Erwägungen oder Kostenwirtschaftlichkeitsaspekten vom Markt getragen<br />
werden sollten (make-or-buy-Entscheidung, Outsourcing)<br />
- aktives Management der Kernchancen und –risiken mit Erarbeitung von Aktions-<br />
und Kontrollplänen
1.1.6 Risiko-Richtlinien<br />
5<br />
Zur Unterstützung eines vernünftigen Umgangs mit Chancen und Risiken wird die<br />
schriftliche Erstellung sog. „Risiko-Richtlinien“ empfohlen, um Mitarbeiter zu risiko-<br />
bewußtem (nicht: risiko-scheuem) Verhalten anzuhalten. Typische Inhalte sind:<br />
- Die Realisierung von Chancen und die Erzielung wirtschaftlichen Erfolgs ist<br />
notwendigerweise immer mit Risiken verbunden. Risiken müssen durch entste-<br />
hende Chancen in einem angemessenen Verhältnis kompensiert werden. Dabei<br />
müssen Chancen die zugrundeliegenden Risiken mindestens kompensieren.<br />
- Keine Handlung oder Entscheidung d<strong>arf</strong> ein nicht steuerbares, bestandsgefähr-<br />
dendes Risiko <strong>für</strong> das Unternehmen nach sich ziehen.<br />
- Verstöße gegen Gesetze oder ethische Grundsätze geschäftlichen Handelns bei<br />
Mitarbeitern werden nicht geduldet.<br />
- Alle Aktivitäten, die Mitarbeiter oder Ressourcen des Unternehmens dauerhaft<br />
mit Verlusten einsetzen, sind zu vermeiden.<br />
- Interne Kontrollen/Revisionsmaßnahmen sind konsequent durchzuführen, um<br />
unnötige Vermögensverluste und Unterschlagungen zu verhindern bzw. aufzu-<br />
decken.<br />
- Das Rechnungswesen muß Geschäftsvorfälle sorgfältig und vollständig im Ein-<br />
klang mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung dokumentieren,<br />
damit Geschäfte transparent und effektiv geführt werden können.<br />
- Kein Mitarbeiter oder dessen Angehörige dürfen Zuwendungen Dritter oder<br />
Vorteile aufgrund von Aktivitäten <strong>für</strong> das Unternehmen akzeptieren, die dazu<br />
verleiten können, persönliche Interessen vor das Interesse des Unternehmens<br />
zu stellen – es sei denn, dies ist von der Geschäftsleitung ausdrücklich geneh-<br />
migt worden.<br />
- Zur Verantwortung von Führungskräften und Prozeßverantwortlichen gehören<br />
die Identifikation und zeitnahe Kommunikation von bestandsgefährdenden und<br />
wesentlichen Risiken. Diese liegen immer dann vor, wenn ein Risikosachverhalt<br />
z.B. 10% des geplanten Jahresergebnisses oder 5% des bilanziellen Eigenka-<br />
pitals übersteigt.
1.2 Auswirkungen auf Jahresabschluß und Jahresabschlußprüfung<br />
6<br />
Mit Ausnahme der kleinen <strong>Gesellschaft</strong>en haben alle Kapitalgesellschaften im La-<br />
gebericht auch Risiken der künftigen Entwicklung zu beleuchten (§§ 289, 315<br />
HGB). Nach alter Formulierung sollte im Lagebericht die „voraussichtliche Ent-<br />
wicklung der Kapitalgesellschaft“ in Form eines Prognoseberichts skizziert werden.<br />
Dieser Prognosebericht läßt sich vom neu geforderten Risikobericht inhaltlich nicht<br />
sch<strong>arf</strong> trennen. Während im Prognosebericht die erwartete künftige Entwicklung als<br />
„wahrscheinlichstes Szenario“ darzustellen ist, beinhaltet der Risikobericht Informa-<br />
tionen über<br />
- Risiken, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage spürbar beeinflussen<br />
können und<br />
- Bestandsgefährdende Risiken <strong>für</strong> die künftige Unternehmensentwicklung.<br />
Diese Risiken sind auf Wesentlichkeit und Eintrittswahrscheinlichkeit zu prüfen, um<br />
den Berichtsinteressen der Adressaten gerecht zu werden. Zur Vorbereitung des<br />
Risikoberichts ist eine Risikoinventur zum Bilanzstichtag mit einem Prognosezeit-<br />
raum von 12 Monaten durchzuführen. Dabei ist bei absehbaren und wesentlichen<br />
Risiken auf eingeleitete Gegenmaßnahmen einzugehen.<br />
Die erhöhten Anforderungen des §289 HGB haben nicht zu unterschätzende Aus-<br />
wirkungen auf die Jahresabschlußprüfung von Lageberichten. Der Abschlußprüfer<br />
muß dabei die Darstellung der künftigen Entwicklung und der Risiken auf Informati-<br />
onsgehalt, Realitätsnähe und Widerspruchsfreiheit auf Plausibilität prüfen und bei<br />
börsennotierten Kapitalgesellschaften Methodik und Funktionsfähigkeit des gefor-<br />
derten Risikomanagementsystems bewerten. Die damit verbundene Systemprü-<br />
fung umfaßt folgende Schritte:<br />
- Feststellung des installierten oder beabsichtigten Risikofrüherkennungssystems,<br />
- Beurteilung der Eignung des installierten oder beabsichtigten Systems,<br />
- Prüfung der Einhaltung der installierten Systemrichtlinien.<br />
Auch aus Gründen der Nachprüfbarkeit sollten Einrichtung und Durchführung eines<br />
Risikomanagementsystems in hinreichender Form dokumentiert werden. Da eine
7<br />
Vielzahl von (insbesondere börsennotierten) Unternehmen über die Grundzüge<br />
eines integrierten Managementsystems verfügen (z.B. Qualitätsmanagementsys-<br />
tem nach DIN-ISO- oder EFQM-Modell, Umweltmanagementsystem), liegt es nahe,<br />
vorhandene Managementsysteme um ein Risikomanagementsystem zu erweitern,<br />
um ein integriertes, prozessual geschlossenes und administrativ beherrschbares<br />
Managementsystem als Grundlage der Unternehmenssteuerung zu konzipieren.<br />
Nachfolgend wird ein vom Verfasser entwickeltes Risikomanagementsystem <strong>für</strong><br />
eine börsennotierte Klinikgruppe dargestellt, um die sachlich-inhaltliche Ausprä-<br />
gung der zu beobachtenden Parameter, deren Fokussierung auf die unterneh-<br />
menskritischen Faktoren sowie deren organisatorisch-operative Umsetzung, Über-<br />
wachung und Berichterstattung an einem praktischen Beispiel zu skizzieren.<br />
2. Risikomanagement-Prozess am praktischen Beispiel Gesundheitswesen<br />
2.1 Die Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen<br />
2.1.1 Einordnung in den deutschen Gesundheitsmarkt 2000<br />
Das Gesundheitswesen in Deutschland wird im Bereich der Gesetzlichen Kranken-<br />
versicherung weitgehend durch gesetzliche Vorgaben (SGB; BPflV) und die Kran-<br />
kenhausbed<strong>arf</strong>splanung der Länder reglementiert. Der Betrieb des Unternehmens<br />
unterliegt zwar nicht dem direkten Einfluß der Gesetzlichen-Krankenversicherungs-<br />
Gesetzgebung, dennoch finden über einen längeren Zeitraum hinweg Angleichun-<br />
gen privater und gesetzlicher Versicherungsstrukturen und Entgeltgefüge statt, so<br />
daß der Markt <strong>für</strong> Privatversicherte nicht frei von den Einflüssen der Sozialgesetz-<br />
gebung ist.<br />
Die Wettbewerbssituation im Markt <strong>für</strong> stationäre Krankenhausleistungen wird sich<br />
künftig weiter stetig verschärfen. Da die Umsatzpotentiale aus GKV-Leistungen <strong>für</strong><br />
Plan- und Versorgungskrankenhäuser durch Globalbudgets, Deckelung und<br />
Punktwertverfall weiter reduziert werden, ist mit zusätzlichem Wettbewerbsdruck<br />
auf den Privaten-Krankenversicherungs-Markt zu rechnen: kurzfristig können Um-<br />
satzausfälle im GKV-Bereich nur durch die Behandlung Privatversicherter kompen
8<br />
siert werden. Einschlägige Marktstudien gehen von einem Bettenüberhang von ca.<br />
40% aus, der zur Schließung jedes vierten Versorgungskrankenhauses in den<br />
nächsten 10-15 Jahren führen wird. Gleichzeitig kann sich die Trägerstruktur dra-<br />
matisch zugunsten privater Träger verändern: Die Zahl öffentlich-rechtlich bzw.<br />
freigemeinnützig betriebener Häuser wird sich im gleichen Zeitraum halbieren, wo-<br />
hingegen sich die Zahl der privat betriebenen Häuser verfünffachen wird. Damit<br />
wird zwangsläufig eine Kettenbildung im Krankenhauswesen einhergehen, da v.a.<br />
kleinere Anbieter weder über das Know-How noch die finanzielle Leistungskraft<br />
zum Ausbau, zur strategischen Positionierung oder zur Kostenstraffung ihres Leis-<br />
tungsangebotes verfügen. Überdies sind öffentlich-rechtlich verfaßte Anbieter durch<br />
eine Vielzahl von Reglementierungen (BAT, Mitbestimmungsrecht, kommunalpoliti-<br />
sche Interessen) faktisch nicht in der Lage effizienzsteigernde Maßnahmen in hin-<br />
reichender Geschwindigkeit umzustzen.<br />
2.1.2 Marktvolumen<br />
Nach der Gesundheitsberichterstattung des Bundes liegt der Anteil der Privatversi-<br />
cherten <strong>für</strong> 1998 bei ca. 9% der Gesamtbevölkerung oder ca. 7,4 Mio. Bürgern. Die<br />
Anzahl der GKV-Versicherten mit privater Zusatzversicherung liegt bei ca. 7,0 Mio.<br />
Bürgern. Für Deutschland ergibt sich damit ein Kundenpotential von ca. 15 Mio.<br />
inklusive reiner Selbstzahler. Das Volumen des PKV-Marktes wird durch die Aus-<br />
gestaltung der <strong>Beitrag</strong>sbemessungs- bzw. Versicherungspflichtgrenzen direkt<br />
beeinflußt: Erhöhungen der gesetzlichen Pflichtversicherungsgrenzen führen un-<br />
mittelbar zu einer Reduktion des PKV-Kundenpotentials. Dies bedeutet langfristig<br />
ein bestenfalls stagnierendes Kundenpotential.<br />
2.1.3 Regionale Struktur<br />
Der Patientenbestand des Unternehmens weist nach Erhebungen der letzten fünf<br />
Jahre eine starke regionale Dominanz auf: Zwei Drittel der stationären Patienten<br />
entstammen einem regionalen Umkreis von bis zu 200 km. In diesem Großraum<br />
hat das Unternehmen einen Marktanteil von 10% erreicht. Der Anteil außereuropäi-<br />
scher Patienten ist unverändert gering.
2.1.4 Preisgestaltung und Abrechnung<br />
9<br />
Da auch privatmedizinische Leistungen der Preisadministration unterliegen (Bun-<br />
desärztekammer, Bundesverband der Privaten Krankenkassen), spielt die Preis-<br />
gestaltung in den Entgeltbereichen der Sonderentgelte sowie der Basis- und Ab-<br />
teilungspflegesätze mit Zuschlägen <strong>für</strong> Wahlleistungen eine wichtige Rolle <strong>für</strong> die<br />
Rentabilität stationärer Leistungen. Die bis 2000 geltenden Preise entsprechen den<br />
einschlägigen BPflV-Regelungen <strong>für</strong> Sonderentgelte. Die Preisgestaltung wurde<br />
bislang von den privaten Krankenversicherungen nicht beanstandet. Dennoch ist<br />
davon auszugehen, daß aufgrund absehbarer Gesetzesänderungen bzw. Neure-<br />
gelungen langfristig kein Spielraum zur Anhebung von Preisen besteht.<br />
2.1.5 Ansatz von Investitionskosten bei frei finanzierten Krankenhäusern<br />
Im Gegensatz zur Förderung von im Landeskrankenhausplan verzeichneten Plan-<br />
krankenhäusern nach dem dualen Modell (§4 KHG: Investitionen werden durch<br />
öffentliche Fördermittel finanziert und bleiben damit im Pflegesatz außer Ansatz)<br />
können bei nicht geförderten Krankenhäusern nach §17 Abs.5 KHG i.V.m. §8 BPflV<br />
ausnahmsweise Investitionskosten im Pflegesatz berücksichtigt werden, wenn da-<br />
durch Vergleichspflegesätze geförderter Einrichtungen nicht wesentlich überschrit-<br />
ten werden. Insoweit ist mit einer nachweispflichtigen Obergrenze <strong>für</strong> künftige<br />
Preisbildungen auf der Grundlage der BPflV zu rechnen.<br />
2.2 Risikomanagement-Prozess<br />
Die oben skizzierten Risiken sind nun in den Prozess des Risikomanagements<br />
systematisch einzubeziehen. Dabei fällt zwangsläufig eine starke Ähnlichkeit zu<br />
Schemata und Inhalten des strategischen Controllings auf. Der Risikomanagement-<br />
Prozeß beinhaltet nachfolgende Teilaktivitäten, an denen sich auch das Unterneh-<br />
men orientiert:
- Risikoidentifikation<br />
- Risikobeurteilung<br />
- Festlegung von Risikoindikatoren<br />
10<br />
- Festlegung von Risikolimits und -grenzwerten<br />
- Risikosteuerung<br />
- Risikoüberwachung<br />
- Risikoberichterstattung<br />
Folgende Abbildung verdeutlicht das Vorgehen zum Management der Risiken<br />
nochmals graphisch.<br />
Prozessüberwachung<br />
Abb. 1: Vorgehen zum Management der Risiken<br />
Risikoidentifikation<br />
Risikobeurteilung<br />
Risikosteuerung<br />
Risikoüberwachung<br />
Berichterstattung<br />
Quelle: In Anlehnung an Hornung; Reichmann; Dietrichs, S. 320.<br />
2.3 Risikoidentifikation<br />
2.3.1 Generelles Vorgehen<br />
Risiken (und Chancen) lassen sich anhand geeigneter Instrumente sowohl nach<br />
Geschäftsfeldern als auch nach Unternehmensprozessen bzw. -funktionen klassifi
11<br />
zieren. Um diese vernünftig systematisieren zu können, ist es erforderlich Risiken<br />
nach einem einheitlichen Schema zu erfassen. In der einschlägigen Literatur wer-<br />
den üblicherweise folgende in Tabelle 1 dargestellte sechs Klassen nach Einfluss-<br />
faktoren gebildet, mit Beispielen unterlegt und nach ihrer internen bzw. externen<br />
Beeinflussbarkeit näher beschrieben.<br />
Einflußfaktoren Beispiele<br />
Generell Externe Umwelteinflüsse,<br />
natürliche<br />
Ressourcen,<br />
Wirtschaftsord-<br />
Marktveränderungen<br />
nung<br />
Absatz Kundenpotential,<br />
Neuprodukte,<br />
Beschaffung<br />
Preise<br />
Verfügbarkeit,<br />
Einkaufspreise<br />
Beeinflussbarkeit<br />
intern extern<br />
X<br />
Unternehmensspezifische<br />
Risiken<br />
X X a), b), c), d)<br />
X X<br />
Leistungserstellung Technologie X b), c)<br />
Organisation Aufbauorganisation,Ablauforganisation,<br />
DV-Systeme<br />
X b), c), d)<br />
Finanzen Zinsen, Börsenkurs,Kapitalverfügbarkeit<br />
X X<br />
Recht Wettbewerbsrecht,Standesrecht<br />
X a), b), c), d)<br />
Tab. 1: Klassifikation von Risiken (Eigene Darstellung)<br />
Die Relevanz der o.a. Einflußfaktoren und deren operationale Bewertung läßt sich<br />
konkret i.d.R. nur mit Blick auf Branche, Land bzw. Wirtschaftsregion der jeweiligen<br />
Aktivitäten sowie auf das individuelle Unternehmen beurteilen. Die unter 2. aufge-<br />
führten, konkreten Risiken des Unternehmens wurden den Einflussfaktoren in o.a.<br />
Tabelle zugeordnet.
2.3.2 Unternehmensspezifische Klassifikation von Risiken<br />
2.3.2.1 BGH-Urteil vom 4.8.2000: Wahlleistungszuschläge<br />
12<br />
Nach dem Urteil des BGH vom 4.8.2000 werden Zuschläge <strong>für</strong> Wahlleistungen <strong>für</strong><br />
Einbett- und Zweibettzimmer auf 80% bzw. 35% des Basispflegesatzes <strong>für</strong> Mehr-<br />
bettzimmer beschränkt. Erste private Krankenversicherungen haben bereits be-<br />
gonnen, unter Berufung auf diese Entscheidung die Erstattung höherer Zuschläge<br />
einzustellen. Der maximale Umsatzausfall wird mit unter 2% beziffert.<br />
2.3.2.2 Einführung von DRGs (Diagnosis-Related Groups: Fallpauschalierte Ent-<br />
geltabrechnung) zum 1.1.2003<br />
Mit der Ankündigung fallpauschalierter Entgelte im Rahmen der Einführung von<br />
DRGs ab dem 1.1.2003 wird der Druck auf die derzeitigen Pflegesätze bzw. Preis-<br />
regelungen noch verschärft. Schätzungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft<br />
gehen von einem Preisverfall von bis zu ca. 20% aus, wobei die Aufteilung im Ab-<br />
rechnungsverfahren auf ambulante/stationäre Entgelte sowie Sonderentgelte noch<br />
nicht abschließend geklärt ist. Der zur Ermittlung der konkreten Preisauswirkungen<br />
erforderliche betriebswirtschaftliche Aufwand ist hoch und setzt u.a. eine komplexe<br />
Kostenträgerrechnung mit Fallbezug voraus. Aufgrund des Einflusses von Verbän-<br />
den ist im politischen Entscheidungsprozeß mit langen Übergangszeiten zu rech-<br />
nen.<br />
2.3.2.3 §140a SGB V: Integrierte Patientenversorgung<br />
Die mit der Neufassung des §140a SGB V angekündigte stärkere Verzahnung<br />
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung soll zu einer weiteren Senkung<br />
der stationären Behandlungskosten beitragen. Konkrete Auswirkungen lassen sich<br />
bislang noch nicht absehen; Auswirkungen zeichnen sich derzeit organisatorisch<br />
durch die verstärkte Ausprägung von Ärztenetzen und medizinischen Verbundlö-<br />
sungen sowie finanziell auf mittlere Sicht durch deren bevorzugte Preisbehandlung<br />
durch die Kostenträger bei Nachweis geringerer Fallkosten ab.
2.3.2.4 §115b SGB V: Absenkung stationärer Behandlungsanteile<br />
13<br />
Gemäß §115b SGB V i.V.m. derzeit vorliegenden Empfehlungen auf Bundesebene<br />
werden <strong>für</strong> GKV-Versicherte ab 1.1.2001 eine Vielzahl von Operationen in Versor-<br />
gungskrankenhäusern nur noch ambulant erfolgen bzw. abgerechnet werden kön-<br />
nen. Nach den bislang nur <strong>für</strong> die Allgemeinchirurgie vorliegenden Fallisten können<br />
bis zu 85% der stationär erbrachten Eingriffe betroffen sein. Es bleibt abzuwarten,<br />
inwieweit sich die PKV diesem Vorgehen anschließen wird. Die Auswirkungen wer-<br />
den kurz-/mittelfristig als relativ gering eingeschätzt, da sich mit der Einführung von<br />
DRG-Fallpauschalen die Abrechnungssystematik ohnehin grundlegend verändern<br />
wird.<br />
Da das Marktumfeld des Unternehmens im Gesundheitswesen die wesentlichen<br />
Parameter der Existenzsicherung darstellt, werden nachfolgend die wesentlichen<br />
bestandsgefährdenden Risiken dieses Bereichs kursorisch mit Blick auf jeweils<br />
aktuelle Entwicklungen reflektiert. Typischerweise sollte von den o.a. Einflußfakto-<br />
ren den Marktveränderungen das stärkste Augenmerk gewidmet werden. In stark<br />
administrierten Märkten wie dem Gesundheitswesen ist zudem die Veränderungs-<br />
geschwindigkeit bzw. Tendenzentwicklung der relevanten gesetzlichen Rahmenbe-<br />
dingungen ein wichtiger Einflußfaktor. Ergänzend zu den vorgenannten, „systema-<br />
tischen“ Risiken existieren eine Reihe übergreifender Risikofelder, die alle Unter-<br />
nehmensbereiche tangieren und damit einer zentralen Regelung bedürfen. Hierzu<br />
zählen z.B.:<br />
Oberziele Teilziele Risiken<br />
Finanzwirtschaft<br />
Liquiditätssicherung Umsatzausfall, Kreditausfall<br />
Kapitalversorgung Währungsrisiko, Kapitalbewirtschaftung, Zinsrisiko<br />
Kapitalbewirtschaftung<br />
Optimierung Entzug Fördermittel<br />
Transaktionskosten<br />
Reduktion Working Lieferengpässe<br />
Capital<br />
Reduktion<br />
Forderungsbestand<br />
Kunden-, Umsatzverlust
Personalwirtschaft<br />
Rechtswesen<br />
Organisation<br />
Umweltschutz<br />
Sicherung von<br />
Schlüsselmitarbei-<br />
tern<br />
Rekrutierung qualifizierter<br />
neuer Mitarbeiter<br />
Durchsetzbarkeit von<br />
Ansprüchen<br />
Hinreichende bilanzielle<br />
Risikovorsorge<br />
14<br />
Mitarbeiterzufriedenheit, keine Entwicklungsmöglichkeiten<br />
Mangelhafte Weiterbildung, kein Knowledge<br />
Management, falsche Vergütungsstruktur,<br />
Standortprobleme<br />
Geschäfte/Konditionen rechtswidrig oder ver-<br />
traglich nicht ausreichend dokumentiert<br />
Unzureichende Bildung oder Bewertung von<br />
Rückstellungen oder Wertberichtigungen, mangelnde<br />
Anerkennung gewählter steuerlicher<br />
Gestaltungen<br />
EDV Systemausfall, Datenverluste, mangelnde Datensicherheit,<br />
Nichtbeachtung Datenschutz<br />
Verfahren und Pro- Mangelhafte Belegdokumentation, fehlende<br />
zesse<br />
Kontrollen, unsichere Datenbasen, Unsicherheit<br />
in der Handhabung<br />
Qualifikation Menschliches Versagen, mangelnde Ausbildung<br />
Risikovorsorge Unzureichende Versicherungsleistungen/<br />
Rückstellungen<br />
Tab. 2: Risiken einzelner Funktionsbereiche, Quelle: Eigene Darstellung<br />
2.4 Risikobeurteilung<br />
An die Identifikation der unternehmensspezifischen Risiken knüpft deren Beurtei-<br />
lung bezüglich ihrer Relevanz hinsichtlich der Erreichung der Unternehmensziele<br />
an. Ein wichtiger Parameter bei der Beurteilung eines Risikos ist dessen Entritts-<br />
wahrscheinlichkeit. Dadurch können Risikoklassen gebildet (z.B. nach gering, mit-<br />
tel, hoch) und mit quantitativen Größen (z.B. negative Ergebniswirkung in EUR)<br />
verknüpft werden. Die unternehmensspezifische Bedeutung des Risikos und die<br />
Dringlichkeit <strong>für</strong> gegensteuernde Maßnahmen ist dabei von der im Vorfeld festzule-<br />
genden Risikoschwelle abhängig. So können die besonders bedeutsamen Risiko-<br />
felder (1-6) identifiziert und dem Management transparent gemacht werden. Die<br />
Dringlichkeit <strong>für</strong> risikogegensteuernde Maßnahmen lässt sich dabei im Vorfeld un-<br />
ternehmensindividuell durch eine Risikoschwelle festlegen. Unter Managementge-<br />
sichtspunkten besonders interessant sind dann jene Risiken, die oberhalb der Risi-<br />
koschwelle angesiedelt sind (Risiken 1,4 und 5). Diese vereinen die Bedingungen<br />
einer <strong>für</strong> dieses Unternehmen hohen Eintrittswahrscheinlichkeit und stark negativen<br />
Ergebnisauswirkungen. Abbildung 2 verdeutlicht diesen Zusammenhang nochmals.
Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
gering mittel hoch<br />
65 %<br />
30 %<br />
3<br />
1<br />
2<br />
15<br />
0 5 10 >10<br />
4<br />
Risikoschwelle<br />
Ergebniseffekt in Mio. EUR<br />
Abb. 2: Risikobewertung, Quelle: Hornung; Reichmann; Diederichs (1999), S. 321.<br />
Die Beobachtung des relevanten Marktumfeldes und weiterer relevanter Risikofel-<br />
der erfolgt im Unternehmen anhand von Risikoberichten, die durch die jeweils zu-<br />
ständigen Abteilungen in festgelegten Zeitabständen erstellt und der Geschäftslei-<br />
tung zugeleitet werden. Als Umsetzungsvorschlag zu den relevanten Risikofeldern<br />
finden sich im Anhang Risk Maps, die die jeweiligen Risikofelder anhand von Pa-<br />
rametern und Grenzwerten mit Risikoabschätzungen zusammenfassend beschrei-<br />
ben und auch Eingang in die Risikoberichterstattung finden. Anhand dieser Risk<br />
Maps läßt sich das spezifische Risikoprofil des Unternehmens schnell und an-<br />
schaulich darstellen. Für Risiken aus dem Bereich Umweltschutz ist beabsichtigt,<br />
das bereits bestehende Umweltmanagementsystem in Form einer weiteren Risk<br />
Map einzubinden. Existentielle Risiken sind hieraus derzeit nicht abzuleiten.<br />
Soweit Einzelrisiken keine besondere Aufmerksamkeit <strong>für</strong> die Berichterstattung in<br />
den Quartalsberichten erfordern, erfolgt im Jahresbericht eine ausführliche Darle-<br />
gung und Bewertung der festgestellten und überwachten Risikofelder im Rahmen<br />
eines Risikoberichts. Dazu werden dem Aufsichtsrat – soweit Einzelrisiken keine<br />
besondere Aufmerksamkeit erfordern – jeweils mit dem Quartalsbericht die aktuel-<br />
len Risk Maps zugeleitet und wesentliche Änderungen detailliert erläutert. Die for<br />
6<br />
5<br />
Risikobezeichnung<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
...<br />
...<br />
...<br />
...<br />
...<br />
...
16<br />
male wie inhaltliche Bewertung des Risikoberichts und der vorgeschlagenen Risi-<br />
kosteuerungsmaßnahmen im Rahmen der Prüfungshandlungen zum Jahre-<br />
sabschluß obliegt den Abschlußprüfern.<br />
2.5 Risikosteuerung<br />
Im Rahmen der Risikosteuerung erfolgt eine aktive Beeinflussung der zuvor identi-<br />
fizierten und beurteilten Risiken. Ziel ist dabei eine optimale zielorientierte Be-<br />
handlung der Risiken durch effektive und effiziente Maßnahmen der Risikosteue-<br />
rung. Dem Unternehmen stehen dabei grundsätzlich die Alternativen<br />
vermeiden (nicht eingehen eines Geschäftes),<br />
überwälzen, (vollständiges abtreten an Dritte)<br />
vermindern (teilweises abtreten an Dritte) und<br />
akzeptieren (ohne Maßnahmen)<br />
zur Verfügung.<br />
Das Unternehmen will den vorab dargestellten, beispielhaften Risiken (a-d) des<br />
Gesundheitsmarktes durch folgende Maßnahmen begegnen:<br />
a) Wahlleistungszuschläge: Durch eine Anpassung der Preisstruktur kann der Um-<br />
satzausfall auf 2% begrenzt werden. Die Risikobewertung wäre in o.a. Tabelle mit<br />
Fall 2 oder unkritischer vorzunehmen.<br />
b) Einführung von DRGs ab 2003: Mit Vorbereitungsmaßnahmen zur Abbildung<br />
von Fallpauschalen in den DV-Systemen des Unternehmens wurde bereits 2000<br />
begonnen. Das Rechnungswesen wird in 2002 in der Lage sein, den formalen An-<br />
forderungen aus der Einführung von DRGs zu entsprechen. Die zu erwartende<br />
Preissenkung kann durch eine Steigerung der Fallzahlen im Unternehmen kom-<br />
pensiert werden. Logistik- und Patientieninformationssysteme sind auf Möglichkei-<br />
ten zur Reduktion von administrativen Bearbeitungszeiten zu prüfen (angestrebt<br />
wird eine Kostensenkung von mindestens 10%). Die Risikobewertung wäre in o.a.<br />
Tabelle mit Fall 4 vorzunehmen.<br />
c) Integrierte Patientenversorgung: Noch im laufenden Geschäftsjahr sollen Aktivi-<br />
täten zum Aufbau eines Netzwerkes zwischen ambulanter und stationärer Versor
17<br />
gung beginnen. Diese Aktionen sind mittel- und langfristig aufgrund der Auswirkun-<br />
gen auf das Kerngeschäft des Unternehmens (stationäre Belegungsquote) erfolgs-<br />
kritisch. Die Risikobewertung wäre in der o.a. Tabelle mit Fall 5 oder kritischer vor-<br />
zunehmen.<br />
d) Absenkung stationärer Behandlungsentgelte: Dieses Risiko ist in Wirkungen und<br />
Maßnahmen analog b) zu bewerten.<br />
2.6 Risikoüberwachung<br />
Die Überwachung von Risiken folgt im Managementprozess als Kontrolle der Steu-<br />
erungsmaßnahmen. Die Träger orientieren sich dabei an den operativ Verantwortli-<br />
chen bezüglich ihrer Realisierung der Steuerungsmaßnahmen. Dadurch erfolgt<br />
eine Verknüpfung von Planung und Kontrolle, so dass die Effektivität der tatsächli-<br />
chen und der definierten Risikosituation überprüfbar wird.<br />
Das Unternehmen überwacht die oben aufgeführten Maßnahmen der Risikosteue-<br />
rung durch ein Risikoberichtswesen, welches in das Standardberichtswesen des<br />
Unternehmens integriert ist. Die in Risk Maps definierten Risikofelder und zugehö-<br />
rigen Informationen werden von den <strong>für</strong> die Erfassung verantwortlichen Fachabtei-<br />
lungen dem Vorstand in vereinbarten Berichtsintervallen zugeleitet. Die strategi-<br />
schen Prämissen, die sich insbesondere aus den (preis-)rechtlichen Rahmenbe-<br />
dingungen des Gesundheitswesens ergeben, werden regelmäßig in jährlichen Vor-<br />
standsklausuren auf Konsequenzen <strong>für</strong> Geschäftsmodell, Produkte und Preise des<br />
Unternehmens analysiert.<br />
2.7 Berichterstattung<br />
Aufbauend auf die Prozesselemente Risikosteuerung und –überwachung sollte<br />
eine Risikoberichtswesen implementiert werden, das die entscheidenden Steue-<br />
rungsinformationen im Regelprozess entscheidungsorientiert bereitstellt. Dabei<br />
sollten die wesentlichen Informationen derart verdichtet werden, dass den Ent-<br />
scheidungsträgern keine Informationsüberfrachtung droht.
18<br />
Der Vorstand des Unternehmens erhält nachfolgende Informationen in den verein-<br />
barten Zeitintervallen (Auszug aus den in den Risk Maps vereinbarten Informations-<br />
und Berichtspflichten):<br />
Wesentliche<br />
Risiken<br />
Indikator Verantwortliche Stelle Berichtsintervall<br />
Liquidität Operativer Cash-Flow Rechnungswesen Monat<br />
Liquiditätsreserve (12-<br />
Monats-Durchschnitt<br />
Mittelabflüsse)<br />
Rechnungswesen Quartal<br />
Forderungsbestand Rechnungswesen Monat<br />
Warenbestand Rechnungswesen Quartal<br />
Inanspruchnahme Lieferantenkredite<br />
Rechnungswesen Monat<br />
Forderungsausfall Umsatzanteil Forderungsabschreibung<br />
Abrechnungsservice Monat/Sofort<br />
Kursrisiken Umsatzanteil<br />
Rechnungswesen Quartal<br />
Fremdwährungen Währungsausland<br />
Zinsaufwendungen<br />
Forecast Zinssätze Rechnungswesen Monat<br />
Datensicherheit Ausfälle EDV Quartal<br />
Datenschutz<br />
Patientendaten<br />
Zugriffsversuche EDV Monat/Sofort<br />
Kundenpotenzial Forecast KV-Indikatoren Controlling Quartal<br />
Preise Tagesumsatz/Fall Controlling Quartal<br />
Wettbewerbsstruktur<br />
Regionaler Marktanteil Controlling Quartal<br />
Standesrecht Zulässige Werbemaßnahmen<br />
Controlling Quartal<br />
Tab. 3: Auszug aus den in den Risk Maps festgelegten Verantwortlichen und Be-<br />
richtsintervallen<br />
3. Effizienz des Risikomangementsystems<br />
Die Festlegung der zu beobachtenden Risikofelder, die Beschaffung und Prüfung<br />
der festgelegten Parameter zur quantitativen Abschätzung des Risikogehalts sowie<br />
die Periodizität der Erhebung und Auswertung dieser Daten bilden die Grundlage<br />
<strong>für</strong> den mit Einführung und Betrieb eines Risikomanagementsystems verbundenen<br />
Aufwand.<br />
Um den Mehraufwand in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen zu halten, wird die im<br />
Unternehmen vorhandene Informationslogistik grundsätzlich genutzt bzw. der Da
19<br />
tenfluß des Risikomanagementsystems mit vorhandenen Systemen gekoppelt (z.B.<br />
Rechnungswesen <strong>für</strong> finanzwirtschaftliche Daten, Controlling <strong>für</strong> Kostenauswirkun-<br />
gen von Arbeitsrechtsveränderungen usw.).<br />
Die Effektivität eines Risikomanagementsystems hängt naturgemäß von der Treff-<br />
sicherheit der festgelegten Risikoparameter und der Erhebungsperiodizität der<br />
Risikodaten im Verhältnis zur Veränderungsgeschwindigkeit des relevanten Unter-<br />
nehmensumfeldes ab. Da das KontraG im Kern auf die frühzeitige Lokalisation von<br />
Risiken, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage spürbar beeinflussen können<br />
und bestandsgefährdende Risiken <strong>für</strong> die künftige Unternehmensentwicklung ab-<br />
zielt, sind laufende Risiken des Geschäftsbetriebs mit im normalen Geschäftsablauf<br />
beherrschbarem Risikopotential (z.B. Forderungsausfälle, Rückstellungen <strong>für</strong> un-<br />
gewisse Verbindlichkeiten oder anhängige Rechtsvorfälle) i.d.R. keine Beobach-<br />
tungsobjekte <strong>für</strong> die Berichterstattung von Frühwarn- oder Risikomanagementsys-<br />
temen, solange kritische Grenzwerte nicht überschritten werden. Üblicherweise<br />
werden laufende Risiken im vorgeschilderten Sinn qualifiziert im Rahmen der<br />
Quartals- oder Jahresberichte durch das Rechnungswesen bewertet und Risiko-<br />
vorsorge durch die ausreichende Bildung von Rückstellungen betrieben.<br />
Im Anhang findet sich auch ein vor dem praktischen Unternehmenshintergrund<br />
erarbeiteter Vorschlag zur Einteilung von Risikoklassen <strong>für</strong> die Berichterstattung im<br />
Rahmen eines Risikomanagementsystems.
20<br />
Anlage: Zusammenfassende Risk Map<br />
Identifizierte bestands- Indikator<br />
gefährdende oder quantitativ qualitativ verantwortlich<br />
wesentliche Risiken<br />
Finanzen<br />
Ermittlung Limit Bezeichnung Informationsquelle Stelle Intervall<br />
Liquidität Cash-Flow aus Betriebstätigkeit<br />
0 RW Monat<br />
Liquiditätsreserve als 12-<br />
Monats-Durch-schnitt<br />
der Mittelabflüsse<br />
>1 Monat RW Quartal<br />
Forderungsbestand RW Monat<br />
Warenbestand 2%<br />
BilSum<br />
MW Quartal<br />
Inanspruchnahme<br />
Lieferantenkredite<br />
90 Tage RW Monat<br />
Forderungsausfall Umsatzanteil Forderungsabschreibung<br />
2% RW Sofort<br />
Fremdwährungen Umsatzanteil Ausland 5% RW Quartal<br />
Zinsanstieg<br />
Daten/DV<br />
+1% Veränderung Umlaufrendite,<br />
Inflationsrate<br />
Banken, Zinsspiegel RW Monat<br />
Datensicherheit Anzahl Serverausfälle<br />
2 p.a. Laufzeit-Protokolle, EDV Quartal<br />
p.a.<br />
laufende Überwachung<br />
Datenverlust durch<br />
Stromausfall<br />
0 Laufende Überwachung EDV Quartal<br />
Anzahl kritischer<br />
0 Laufende Überwachung, EDV Quartal<br />
Vireninfektionen im<br />
System<br />
Meldungen Betroffener<br />
Datenschutz<br />
Anzahl unerlaubter<br />
0 Laufzeit-Protokolle, EDV Monat<br />
Patientendaten<br />
Markt<br />
Zugriffsversuche<br />
laufende Überwachung<br />
Kundenpotenzial Erhöhung der Bemes-<br />
+/- % Rückgang der PKV- Gesetzesvorhaben, VS Quartal<br />
sungs-/Pflichtversicherungsgrenze<br />
Versicherten<br />
Fachzeitschriften<br />
Preisverfall Tagesumatz/Fall Einführung DRGs ab Fachzeitschriften, RW Quartal<br />
1.1.2003<br />
Presse, Ärztekammer,<br />
BGH-Urteil 4.8.2000 mit<br />
80%/35% Zuschlag <strong>für</strong><br />
Ein-/ Zweibettzimmer als<br />
Wahlleistung<br />
DKHG<br />
Medizinische Verbundlö-<br />
Integrierte Patientenver- Fachzeitschriften, VS Jahr<br />
sungen in der Region<br />
sorgung, Veränderung Kongresse, §140a SGB<br />
der Einweiserstruktur,<br />
Auftreten medizinische<br />
Leistungsverbünde<br />
V, Tagespresse<br />
konkrete Fallisten Verschiebung ambulanter<br />
zu Lasten stationärer<br />
chirurgischer Eingriffe;<br />
§115b SGB V<br />
Fachliteratur, Verbände VS Quartal<br />
Wettbewerbsstruktur Regionaler Marktanteil 5% Auftreten neuer Kliniken Tagespresse, Gremiensitzungen<br />
VS Quartal<br />
Rechtssystem (ohne SV-Recht, da marktbestimmend)<br />
Steuerrecht Mehrbelastung Steuerreform, Verwal- Fachzeitschriften, RW Jahr<br />
tungserlasse<br />
Presse, Datenbanken<br />
Arbeitsrecht Mehrbelastung Kündigungsschutz, Fachzeitschriften, PE Jahr<br />
Tarifrecht, Arbeitszeitordnung<br />
Presse, Datenbanken<br />
Standesrecht Ärztekammer Zulässige Werbemaß- Fachzeitschriften, VS Sofort<br />
nahmen<br />
Presse, Ärztekammer<br />
Umweltschutzrecht Mehrbelastung aufgrund<br />
Gesetzesnovellierungen, Fachzeitschriften, CON Jahr<br />
anstehender Gesetzesnovellierungen<br />
ermitteln<br />
Verwaltungsvorschriften Presse, Datenbanken<br />
HSW = Höchstschadenswert GEW = annualisierter Gesamterwartungswert (Kleinstschaden p.a. + mittlerer Schaden p.a. + HSW p.a.)
21<br />
Literaturhinweise<br />
Baetge, J.; Jerschensky, A.<br />
Frühwarnsysteme und effizientes Risikomanagement, in: Controlling 1999, S. 171-176.<br />
Bitz, H.<br />
Risikomanagement nach KonTraG: Einrichtung von Frühwarnsystemen zur Effizienzsteigerung<br />
und zur Vermeidung persönlicher Haftung, Stuttgart, 2000<br />
Daube, C. H.<br />
Risikomanagement bei Banken, in: Controlling 1999, Heft 7, S. 209-213.<br />
Hornung, K.; Rechmann, T.; Dietrichs, M.<br />
Risikomanagement Teil I, in: Controlling 1999, Heft 7, S. 317-325.<br />
Hornung, K.; Rechmann, T.; Dietrichs, M.<br />
Risikomanagement Teil II, in: Controlling 2000, Heft 3, S. 153-161.<br />
Nipken, F.<br />
Risikomanagement und Rechnungsprüfung, in: Finanzwirtschaft 2001, Heft 7, S. 172-173.<br />
Wolf, K.; Runzheimer, B.<br />
Risikomanagement und KonTraG: Konzeption und Implementierung, Wiesbaden, 1999<br />
Über die Autoren:<br />
Dr. Horst Körner ist Geschäftsführender <strong>Gesellschaft</strong>er der <strong>arf</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Organisationsentwicklung<br />
mbH, Fürther Str. 2a, 90429 Nürnberg, www.<strong>arf</strong>-gmbh.de. Er betreut die<br />
Geschäftsbereiche Kommunen und Krankenhausmanagement.<br />
Dr. Michael Maier ist Berater der <strong>arf</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Organisationsentwicklung mbH in den<br />
Geschäftsbereichen Kommunen und Krankenhausmanagement.