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60 ausgehend von Palladio zur antiken Welt und von dort zu der des Künstlers<br />
führt: er findet den intakten Geist einer bereits wiedergeborenen Klassizität vor,<br />
in vollkommener Gestalt ohne ihren eigentlichen Ursprung zu vergessen. Es ist<br />
eine zweifach gesuchte und aufgefundene Schönheit, die sogar in Form des<br />
unvollendeten Gewölbes des Palazzo Barbaran da Porto eingefangen ist: eines<br />
Ortes, wo sich die Vorstellung vom Ende – das Fragment einer antiken Statue –<br />
mit der Vorstellung vom Anfang – eine begonnene und plötzlich unterbrochene<br />
Verzierung – verbindet. Um so mehr gilt, was auch Marguerite Yourcenar formulierte,<br />
daß die Zeit ihr Los der Kunst aufprägt, daß Anfang und Ende sich zusammenfügen,<br />
und die Rückkehr zur Natur des abgenutzten Fragments gesellt<br />
sich zur zinkweißen Wand, die nie bemalt worden ist. Formen der Erde und der<br />
Natur, die es mit einer doppelgesichtigen Schönheit aufnehmen, welche einerseits<br />
wieder zum Leben erweckt wurde, andererseits noch gar nicht entstanden<br />
ist. Eine abwesende Schönheit, die verloren gegangen ist und der nachgetrauert<br />
wird.<br />
1 Rutilius Claudius Namatianus,<br />
De reditu suo sive Iter Gallicum, Liber 1, Vers 46-54,<br />
hrsg. von Ernst Doblhofer, Heidelberg, 1972<br />
2 J. J. Winckelmann; Lettera a Gian L. Bianconi (Brief an Gian L. Bianconi,<br />
Roma, 31. Juni 1757, in italienischer Sprache verfaßt),<br />
in: Lettere italiane, hrsg. von Giorgio Zampa, Mailand 1961, S. 59<br />
3 Margerite Yourcenar, Il tempo grande scultore, Turin, 1985<br />
(Übersetzung ins Deutsche nach dieser Ausgabe) deutsche Ausgabe:<br />
Die Zeit, die große Bildnerin, München, Hanser, 1998