Manuelle Lymphdrainage: Auf die sanfte Tour Manuelle ...
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Am Jahrmarkt Jahrmarkt<br />
verloren verloren<br />
gegangen<br />
Hulda Straub-Zellweger wuchs<br />
im appenzellischen Gais auf.<br />
Nach ihrer Heirat lebte sie in Steinebrunn<br />
(Bodensee, Thurgau), nur etwa<br />
zehn Minuten von ihrem heutigen<br />
Domizil entfernt. Vor drei Jahren<br />
starb ihr Ehemann. Nach einem<br />
schweren Unfall, seit dem sie Probleme<br />
beim Gehen hat, zügelte sie<br />
ins Alterswohnheim nach Neukirch<br />
bei Egnach. Hier fühlt sie sich wohl<br />
und zu Hause. Das Altersheim sei<br />
auch sehr schön und <strong>die</strong> Leute nett.<br />
Am 20. Dezember 2004 konnte sie<br />
ihren 86. Geburtstag feiern. Hulda<br />
Straub hat vier Kinder, drei Söhne<br />
und eine Tochter, <strong>die</strong> seit 20 Jahren<br />
in den USA lebt. Zu ihrer Familie<br />
zählen ausserdem acht Enkelkinder.<br />
Ihre Geschichte vom Jahrmarkt<br />
schrieb uns Hulda Straub in schöner,<br />
deutlicher und gut lesbarer Handschrift!<br />
Dieses Märt-Erlebnis hat sie<br />
über all <strong>die</strong> Jahre hinweg begleitet<br />
und <strong>die</strong> Erinnerung an ihre lebhafte<br />
Kindheit in Gais wachgehalten. Jetzt<br />
wollen wir das Geheimnis um <strong>die</strong><br />
wundersame Rettung lüften.<br />
«Ich bin 1918 in einem grossen<br />
Appenzellerhaus in Gais geboren<br />
und zusammen mit meinem zwei<br />
Jahre älteren Bruder aufgewachsen.<br />
Mein Vater war bei meiner Geburt<br />
bereits über 50 und meine Mutter 24<br />
<strong>Auf</strong>ruf<br />
Wir richten <strong>die</strong> Bitte an alle Leserinnen<br />
und Leser, uns über Geschichten<br />
zu berichten, so wie Frau Hulda<br />
Straub. Seien <strong>die</strong>se nun selbst erlebte<br />
Begebenheiten oder solche aus<br />
dem Verwandten- und Bekanntenkreis<br />
oder aus der näheren Umgebung.<br />
Damit Sie sich mit dem Niederschreiben<br />
der Geschichte nicht<br />
schwer tun, können Sie uns auch telefonieren.<br />
Tel. 061 715 90 00. Alle<br />
Einsendungen honorieren wir mit einem<br />
Jahres-Abonnement vita sana<br />
sonnseitig leben.<br />
10 vita sana sonnseitig leben 1/2005<br />
Jahre jünger als er. In unserer Firstkammer<br />
logierte ein Maurer. Er hatte<br />
Freude an uns Kindern. In unserem<br />
Gang stand eine lange Hobelbank<br />
und auch Werkzeug war vorhanden.<br />
Unser Untermieter Jakob<br />
war sehr begabt und wusste mit Holz<br />
umzugehen. Er schreinerte für mich<br />
eine Bäbistube. Meine Mutter nähte<br />
hübsche kleine Vorhänge mit Spitzen<br />
für mein Puppenhaus. Meinem Bruder<br />
schenkte Jakob eine Eisenbahn<br />
und zimmerte einen Bahnhof sowie<br />
einen Schopf und stellte Barrieren in<br />
Laubsägearbeit her. Als Dank für das<br />
selbstgebastelte Spielzeug musste er<br />
keinen Mietzins bezahlen für sein<br />
Dachzimmer.<br />
Einmal wollte Jakob mich und<br />
meinen Bruder fotografieren lassen.<br />
Wir fuhren mit der Appenzeller-<br />
Bahn nach St. Gallen – das war für<br />
uns ein grosses Erlebnis. <strong>Auf</strong> dem<br />
Bild posiert mein Bruder neben mir<br />
stehend, ein Knie auf einer Bank aufgestützt,<br />
ich sitzend, <strong>die</strong> Hände über<br />
meinem angewinkelten Bein gekreuzt.<br />
Ein gut getroffenes Bild, welches<br />
mich mein ganzes Leben und<br />
während meinen 54 Jahren Ehe begleitete<br />
und auch in meinen zweieinhalb<br />
Jahren im Altersheim immer<br />
wieder an meine Jugendjahre erinnert.<br />
Einmal war Jahrmarkt in St. Gallen.<br />
Jakob nahm mich mit. Ich wanderte<br />
an Jakobs Hand von einem<br />
Stand zum anderen, <strong>die</strong> vielen Bäbi,<br />
Bettli, Wägeli und alle anderen<br />
gluschtigen Sachen, <strong>die</strong> ich noch nie<br />
gesehen hatte, bestaunend. Gänzlich<br />
vom Marktfieber gepackt und den<br />
unzähligen Eindrücken in Bann gezogen,<br />
liess ich plötzlich Jakobs<br />
Hand los und verirrte mich im<br />
Getümmel der vielen Menschen,<br />
Waren und Marktbuden. <strong>Auf</strong> der Suche<br />
nach meinem Begleiter lief ich<br />
in <strong>die</strong> falsche Richtung und entfernte<br />
mich immer weiter vom Markt<br />
und der Stadt. Etwas später traf ich<br />
eine alte Frau und erzählte ihr von<br />
meinem Pech, dass ich Jakob verloren<br />
hätte und meinen Heimweg nicht<br />
mehr fände. Sie schimpfte mich aber<br />
nur aus. Ein Fräulein hörte <strong>die</strong>s und<br />
kam zu mir. Sie fragte mich, wo ich<br />
denn zu Hause sei. «Ich wohne in<br />
Gais!» Ja ob ich denn den Nachhauseweg<br />
in Gais finden könne, wenn<br />
sie mich zur Bahn begleiten würde.<br />
«Ja, ja, mein Daheim finde ich dann<br />
schon», erklärte ich. Sie kaufte mir<br />
ein Billet, begleitete mich in den Wagen,<br />
überlegte kurz und sagte plötzlich:<br />
«Komm nochmals raus, wir<br />
müssen das der Polizei melden! Deine<br />
Mutter und Jakob sind sicher<br />
schon krank vor Sorge um Dich!"<br />
Später sass ich zwischen zehn Polizisten<br />
auf dem Polizeiposten und um<br />
20 Uhr kam endlich Jakob, um mich<br />
abzuholen. Durch <strong>die</strong>ses Missgeschick<br />
kamen wir erst um 21.30 Uhr<br />
in Gais an.<br />
Ich erinnere mich noch genau, wie<br />
uns meine Mutter voller <strong>Auf</strong>regung,<br />
aber dennoch erleichtert, entgegen<br />
gelaufen kam. Sie schimpfte sogar<br />
mit Jakob und wir mussten unsere<br />
abenteuerliche Geschichte immer<br />
wieder erzählen. Glücklicherweise<br />
sind wir heil daheim angekommen<br />
und trotz meiner Angst, verloren gegangen<br />
zu sein, hatte ich <strong>die</strong> ganze<br />
Zeit über keine einzige Träne vergossen!<br />
Darauf war ich sogar ein bisschen<br />
stolz. Dieser Markttag mit Irrwegen<br />
und <strong>die</strong> Rettung durch das<br />
hilfsbereite, fremde Fräulein und <strong>die</strong><br />
Polizei blieben mir als unvergessliches<br />
Erlebnis an meine Kindheit in<br />
Gais in unauslöschlicher Erinnerung.»<br />
H. Straub<br />
Das Buch kann beim Verlag<br />
bezogen werden.<br />
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