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Steuern A bis Z<br />
Abspaltung einer ausländischen<br />
Kapitalgesellschaft: Unklarheiten<br />
für deutsche Gesellschafter<br />
Teilt eine Gesellschaft aus den USA ihren Anteilseignern<br />
im Wege eines Spin-offs Aktien ihrer US-amerikanischen<br />
Tochtergesellschaft zu, so führt das bei einem<br />
deutschen Anteilseigner (Privatanleger) nur dann zu<br />
einem steuerpflichtigen Kapitalertrag, wenn sich die<br />
Zuteilung nach US-amerikanischem Handels- und<br />
Gesellschaftsrecht als Gewinnverteilung – und nicht<br />
als Kapitalrückzahlung – darstellt. Das ist der Tenor<br />
eines Urteils des Bundesfinanzhofs, das Ihnen der<br />
folgende Beitrag vorstellt.<br />
Der Kläger ist privat an einer US-Kapitalgesellschaft (A) beteiligt.<br />
Im Jahr 1998 erhielt er neben der Dividende Anteile an<br />
einer anderen US-Kapitalgesellschaft (B), die durch Abspaltung<br />
(einem so genannten Spin-off) von A entstanden war. Das<br />
Finanzamt behandelte die zugeteilten Aktien an B wie eine<br />
Bardividende. Dagegen richtete sich die Klage vor dem Bundesfinanzhof<br />
(BFH).<br />
Entscheidung<br />
Der BFH entschied: Der Kläger hat die erhaltenen B-Aktien wie<br />
eine Bardividende zu versteuern, wenn es sich bei ihnen um<br />
einen sonstigen Bezug aus Aktien im Sinne von § 20 Abs. 1<br />
Nr. 1 Einkommensteuergesetz handelt. Das ist dann der Fall,<br />
wenn es zu einer Übertragung von Vermögen von der Gesellschaft<br />
zum Gesellschafter kommt. Daran fehlt es bei Kapitalrückzahlungen,<br />
weil der Gesellschafter dann lediglich das<br />
Vermögen zurückerhält, das er der Gesellschaft zur Verfügung<br />
gestellt hat. Bei einer Abspaltung wird Vermögen von der Gesellschaft<br />
auf eine neue Gesellschaft übertragen, sodass die<br />
Anteile an der alten Gesellschaft einen Wertverlust erleiden.<br />
Werden die Gesellschafter für diesen Wertverlust dadurch entschädigt,<br />
dass sie ihrem Anteil entsprechend Anteile an der<br />
neuen Gesellschaft erhalten, schließt sich daran die Frage, ob<br />
das mit einer Realisierung der stillen Reserven verbunden ist.<br />
Was zutrifft, entscheidet sich nach den maßgeblichen Vorschriften<br />
des Handels- und Gesellschaftsrechts, hier des USamerikanischen.<br />
BFH sieht Klärungsbedarf<br />
Die Feststellungen des Finanzgerichts reichten im Streitfall<br />
dem BFH allerding für eine abschließende Entscheidung nicht<br />
aus. Das Finanzgericht, das von Einkünften ausging, die in<br />
Deutschland steuerpflichtig seien, muss jetzt im zweiten<br />
Rechtsgang erst noch prüfen, ob die Übertragung der Aktien<br />
nach US-amerikanischem Handels- und Gesellschaftsrecht als<br />
Kapitalrückzahlung oder als Gewinnausschüttung zu beurteilen<br />
ist. Handelte es sich um eine Gewinnausschüttung, muss<br />
24 <strong>PwC</strong><br />
das Gericht klären: Liegt der Ausschüttung nach den Bestimmungen<br />
des US-Rechts ein dem Gewinnverteilungsbeschluss<br />
nach vergleichbarer Rechtsakt der US-Kapitalgesellschaft zugrunde,<br />
mit dem sich der allgemeine Anspruch des Steuerpflichtigen<br />
auf den Gewinn zu einem Anspruch auf Auszahlung<br />
dieses Gewinns konkretisiert hat? Wenn in diesem Fall der<br />
Steuerpflichtige bereits zum Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung<br />
des Auszahlungsanspruchs Aktionär der US-Kapitalgesellschaft<br />
gewesen ist, liegen steuerpflichtige Kapitalerträge<br />
vor. Fehlt es an einem Rechtsakt, der den Auszahlungsanspruch<br />
begründet, entscheidet der Zeitpunkt der Ausschüttung.<br />
Fazit<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … was Kapitalrückzahlung oder Gewinnausschüttung<br />
steuerlich unterscheidet.<br />
• … warum bei einem Spin-off keine Aufteilung eines<br />
Unternehmens in mehrere Teile vorliegt.<br />
Es fällt nicht leicht, in der Zuteilung neuer Aktien an der abgespaltenen<br />
Gesellschaft eine „Rückzahlung“ des Kapitals der<br />
alten Gesellschaft zu sehen. Vielmehr wird ein entsprechender<br />
Teil des „Kapitals“ auf die neue Gesellschaft übertragen. Erhält<br />
der Gesellschafter im Ausgleich für den Wertverlust seiner<br />
Aktien solche an der neuen Gesellschaft, so wird sein „Kapital“<br />
bewahrt, ihm aber nicht zurückgegeben. Die Kapitalrückgewähr<br />
liegt eindeutig vor, wenn das Nennkapital herabgesetzt<br />
und der entsprechende Betrag dem Gesellschafter ausgezahlt<br />
wird. Im Streitfall war aber das Nennkapital der Alt-Gesellschaft<br />
unverändert geblieben, lediglich der Wert der Anteile<br />
hatte sich verringert.<br />
Autor<br />
Prof. Dr. Jörg Manfred Mössner ist<br />
emeritierter Professor für öffentliches<br />
Recht, Steuerrecht und Rechtsinformatik an der Universität<br />
Osnabrück und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von<br />
<strong>PwC</strong>.<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 20. Oktober 2010 (I R 117/08)