BWGZ 1 - Gemeindetag Baden-Württemberg
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Allgemeiner Teil<br />
Joachim Rukwied *<br />
Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe<br />
Die Land- und Forstwirtschaft erbringt wichtige Leistungen für Stadt und Land. Erste Priorität hat<br />
auch zukünftig die Produktion von Agrargütern zu Nahrungszwecken. Hinzu kommen Erhalt und<br />
Pflege unserer schönen Kulturlandschaft, ein wachsender Beitrag zur Versorgung mit erneuerbaren<br />
Energien sowie die Bereicherung des Lebens auf dem Lande, in den Gemeinden und Dörfern. Doch<br />
die moderne Agrarwirtschaft steht im globalen Wettbewerb. Landwirtschaftliche Betriebe benötigen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten, gerade im Außenbereich, und mehr Rücksicht auf den Schutz wertvollen<br />
Acker- und Grünlands. Die Gemeinden können diese Herausforderungen aktiv unterstützen.<br />
Der Strukturwandel in Deutschland und<br />
in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> geht weiter. Ein<br />
Ende ist zurzeit nicht in Sicht. Jedes Jahr<br />
hören in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> rund drei<br />
Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe<br />
auf. Dies erfolgt meistens im Generationswechsel,<br />
wenn die Eltern aufs Altenteil<br />
gehen und die Kinder oder Dritte<br />
den Betrieb nicht mehr weiterführen.<br />
Die Flächen der ausscheidenden Höfe<br />
werden von anderen Betrieben gepachtet<br />
und bewirtschaftet.<br />
Globalisierung sorgt für ständigen<br />
Wandel der Agrarstrukturen<br />
Rund 45.000 landwirtschaftliche Unternehmen<br />
gibt es noch in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />
In ganz Deutschland sind es knapp<br />
300.000 Betriebe. Im Südwesten beträgt<br />
die Betriebsgröße im Haupterwerb durchschnittlich<br />
52 Hektar landwirtschaftlich<br />
genutzte Fläche. Die Wachstumsschwelle,<br />
also die Betriebsgrößenklasse, bei der die<br />
Zahl der Betriebe zunimmt, liegt bei 100<br />
Hektar und darüber.<br />
Der Anteil landwirtschaftlicher Betriebe<br />
mit gesicherter Hofnachfolge liegt in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
bei rund einem Fünftel<br />
aller Betriebe (22,7 Prozent). Das ist ein<br />
Viertel weniger als der Bundesdurchschnitt<br />
(30,6) Prozent. Hauptursache für<br />
die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe<br />
ist das Fehlen nachfolgewilliger Kinder,<br />
die sich nicht selten auch wegen ungünstiger<br />
Betriebsstrukturen anders orientieren.<br />
Dagegen ist die früher teilweise zu<br />
beobachtende Scheu von Branchenfremden<br />
zum Erlernen eines „grünen“ Berufes<br />
nicht mehr so stark zu beobachten.<br />
Seit einigen Jahren beurteilen junge Leute<br />
den Ausbildungsberuf Landwirt/-in<br />
zunehmend als attraktiv. Sie steigen ganz<br />
bewusst und hoch motiviert in unsere<br />
Branche ein. Sicherlich hängt dieser<br />
Trend mit größerer Wertschätzung angesichts<br />
der Herausforderungen, die wachsende<br />
Weltbevölkerung zu ernähren,<br />
und zusätzlicher Aufgaben in der Energieversorgung<br />
zusammen. Bestimmt<br />
spielt die Begeisterung für Umwelt und<br />
Technik ebenfalls eine Rolle. In kaum einer<br />
anderen Branche hält die Übernahme<br />
technischen Fortschrittes so stark<br />
Einzug. Erlebbar wird das beispielsweise<br />
in der Land- und Stalltechnik, in Pflan-<br />
<strong>BWGZ</strong> 1 | 2012<br />
zenzüchtung, Pflanzenschutz und Pflanzenernährung<br />
ebenso wie im Tierschutz<br />
und artgerechter Tierhaltung.<br />
In Deutschland arbeitet jeder achte Erwerbstätige<br />
im Agribusiness, also in der<br />
Landwirtschaft mit allen ihren vor- und<br />
nachgelagerten Wirtschaftsbereichen<br />
einschließlich des Ernährungsgewerbes<br />
und Lebensmittelhandels. Bundesweit<br />
sind das etwa fünf Millionen Menschen.<br />
Die Wertschöpfung beläuft sich auf<br />
rund 150 Milliarden Euro jährlich. Manche<br />
Mitbürger staunen, wenn sie diese<br />
beachtlichen Zahlen hören.<br />
Wichtige Leistungen für alle<br />
Neben der Nahrungsmittelerzeugung<br />
und der Landschaftspflege gewinnt die<br />
Produktion nachwachsender Rohstoffe<br />
für die Erzeugung regenerativer Energien<br />
gerade mit der beschlossenen „Energiewende“<br />
an Bedeutung. Eine hypothetische<br />
Diskussion „Teller oder Tank“<br />
führt nicht wirklich weiter. Denn wir<br />
Menschen brauchen beides: Essen und<br />
Energie. Früher benötigten die Zugtiere<br />
Hafer und anderes Futter, um die Arbeit<br />
zu verrichten und die Mobilität zu sichern.<br />
Heute sind es Treibstoffe für Automobile<br />
einschließlich Traktoren.<br />
* Joachim Rukwied, Landwirt mit Ackerbau,<br />
Feldgemüse und Weinbau in Eberstadt<br />
im Landkreis Heilbronn, ist Präsident des<br />
Landesbauernverbandes in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> (LBV), Stuttgart.<br />
38 <strong>Gemeindetag</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>